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Narzerners reflexive Libido

Beitritt
18.12.2001
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Narzerners reflexive Libido

Narzerners reflexive Libido (überarbeitet)

Narzerner brach im Laufe dieser Nacht auf. Ganz unvorhergesehen, und ohne noch weiter darüber nachzudenken. Er hielt es einfach nicht mehr länger aus und konnte an nichts anderes mehr denken, als zu handeln.

Als er eben noch in der kleinen Küche seines recht schäbigen Appartements saß, mit einem gläsernen, runden Aschenbecher vor sich auf dem Tisch platziert, und noch einige letzte Züge aus seiner fast abgebrannten, qualmenden Kippe zog, dachte er daran, was er für diesen besonderen Tag, nein: diese besondere Nacht, am Besten anziehen sollte. Etwas feierliches, dem Anlass entsprechendes sollte es schon sein. Soweit seine doch eher bescheidene Garderobe diese besondere Ausnahme für ihn zu erlauben vermochte.

Er machte einen nervösen Eindruck. Seine Stirn wurde feucht. Das schien ihm jedoch nicht aufzufallen. Zu sehr hing er wohl seinen ernsten Gedanken nach und zu sehr war er von seinem immer wieder revidierten Plan für heute Nacht davon abgelenkt. Erst als der Schweiß in seinem Gesicht die Brille auf seiner Nase entlang zu gleiten veranlasste, konnte er nicht mehr anders, als diese, wenn auch sichtlich affektiert und angespannt, wieder nach oben zu seinem Nasenansatz zurückzuschieben. Er schien seine eigene Reaktion gar nicht zu bemerken.

Seine persönlichen Agenten, die ihn in den letzten Tagen und Nächten nun häufiger als sonst besuchten, manchesmal gleich mehrere von ihnen auf einmal, drängten ihn in letzter Zeit immer nachdrücklicher, endlich zur Ausführung seines Auftrages zu schreiten. Sie beschrieben ihm haarklein, was er zu tun hatte. Es sollte ja schließlich nicht daran scheitern, dass er zum entscheidenden Zeitpunkt seiner Tat nicht wüsste, was zu tun sei - wie sie ihm gegenüber immer wieder betonten. Er brauche auch keine unnötige Angst zu haben - meinte dazu gelegentlich der eine oder andere von ihnen. Wenn er sich nur immer ganz genau daran hielte, was sie ihm mitteilten, könne praktisch gar nichts schief gehen - versicherten sie ihm nachdrücklich.

Narzerner stand auf, drückte erst im Stehen noch seine Zigarettenkippe aus und begab sich aufgrund seiner Angespanntheit eher ungeschickt und fahrig in Richtung seines Schlafraumes, in dem sich sein Kleiderschrank befand. Ohne sich mehr Zeit als nötig zu lassen, holte er nach und nach seine feinsten Kleidungsstücke aus dem Schrank und zog diese daraufhin recht zügig an: ein altes, burgunderfarbenes Hemd, eine dunkelgrüne Stoffhose, sein einziger, im Laufe der Jahre schon recht abgewetzter Smoking - dessen Kragen bereits ein Brandloch aufwies, das er während des Ankleidens allerdings nicht zu bemerken schien -, und zuletzt seine dunkelbraunen Lederhalbschuhe.

Als Narzerner dann zu sich meinte, für sein geplantes Vorhaben ausreichend adrett und passend gekleidet zu sein, ging er daraufhin zielstrebig zu seiner Wohnungstür, holte dort noch seinen langen, dunklen Mantel, der neben seiner Wohnungstür hing, hervor, öffnete die Türe, ging nach draußen und verschloss diese sorgsam hinter sich. Den Mantel zog er erst während des Hinabsteigens der Stufen des Treppenhauses in diesem Anwesen an. Kurz darauf erreichte er den Hauseingang und ging hinaus.

Draußen lief er eilig zu seinem in der Nähe parkenden Wagen und stieg ein. Vor seinen Augen spulte sich in diesem Moment wie auf eine Anordnung folgend ein lückenlos erscheinender, jedoch recht kurzer, innerer Film ab. Und als dieser sein Ende erreichte, lief er wieder von Neuem ab. Und als auch dieser zweite Ablauf sein Ende erreichte, fing er wieder von Neuem an. Und immer wieder von Neuem. Dieser bemühte sich, Narzerner exakte Instruktionen für sein in Kürze stattfindendes Vorhaben zu liefern und bei Bedarf diverse Hinweise einzuflechten oder ihn in seinem momentanen Handeln zu korrigieren. Er fuhr los.

Als er ankam parkte er seinen Wagen unmittelbar vor dem Eingang des Hauses, das er als sein Ziel verstand. Er stieg aus und warf die Wagentür hinter sich zu. Den schmalen Weg zum Eingang des Hauses legte er in kürzester Zeit zurück. Je weiter er jetzt ging, desto hastiger und unachtsamer wurde er. Seine Muskeln verkrampften sich, konnten bald nur noch fest vorgeplante Bewegungen ausführen.

Während er hastig weiter lief, die Klinke der offenen Eingangstür zu dem Anwesen herunterriss, um diese zu öffnen, und in das Haus hinein preschte, blieb ihm bald nichts anderes mehr als die besinnungslose Kenntnis, längst zu einem bloßen Zuschauer seiner eigenen Handlungen degradiert worden zu sein. Degradiert von seinen zahllosen, stillen Agenten, die ihn in seinem Geiste begleiteten und jetzt nicht mehr aus den Augen verloren.

Oben im sechsten Stockwerk angelangt (er nahm die Treppen, denn der erst noch anzufordernde Aufzug wurde ihm nicht erlaubt) eilte er ohne die geringste Verzögerung oder einem Anflug von Zweifel sofort nach links in einen endlos langen, unbeleuchteten Gang. Seine mechanisierten, entfremdeten Bewegungsabläufe wiesen ihm selbst im Dunklen gewissenhaft seinen ihm vorherbestimmten Weg.

Er gelangte zu einer Tür in diesem Gang. Es war seine Tür. Narzerner erkannte sein Ziel.

Zu seiner Überraschung erschien ihm diese jetzt schmucklos und ordinär, so gewöhnlich wie jede andere Türe auch. Ganz anders, als er es eigentlich erwartete. Er fragte sich, wofür er sich eigentlich so vornehm gekleidet hatte.

Unzählige formlose Bilder und Gedanken durchschossen plötzlich seinen Kopf wie Kugeln aus einem fremden Gewehrlauf. Sie trafen und verließen ihn sofort wieder. So schnell, dass sie ihm keine Zeit ließen, sie ordnen zu können. Alles was er aus diesem diffusen Kaleidoskop der Gedanken zu erkennen vermochte, war das Bild eines fest verschlossenen, großen Tores, das es zu öffnen galt. Jetzt.

Die Tür in dem Gang öffnete sich von selbst. Zunächst nur einen Spalt weit, dann langsam und gleichmäßig immer weiter. Narzerner wusste exakt, was er zu tun hatte.

Von schwachem, inneren Deckenlicht dieser Wohnung seinen Augen anvertraut, erkannte Narzerner neben der inzwischen fast völlig offenen Türe eine hoch gewachsene, blonde, gut aussehende Frau jüngeren Alters mit verschlafenen Augen. Sie war barfüßig und trug nichts weiter als einen eher nachlässig zusammengeschnürten, leicht beige farbenen Morgenmantel an ihrem Körper. Narzerner glaubte in diesem Moment, ohne Weiteres durch ihren Mantel hindurch sehen zu können.

Die Frau, die Narzerner noch nie in ihrem Leben gesehen hatte (und auch Narzerner erkannte diese Frau in keinem Falle), fiel fast rückwärts über ihre eigenen Beine, als dieser jetzt plötzlich ohne Zögern oder einer zuvor entgegneten Warnung auf sie zu schritt und damit unvermittelt in ihre Wohnung eindrang. Er schloss gewissenhaft die Türe hinter sich.

Die Frau machte einen benommenen und schläfrigen Eindruck auf ihn. Ihre Reaktionen erschienen ihm nur wenig kontrolliert.

Ihre langen Haare waren ungeordnet und fielen ihr ins Gesicht.

Stille breitete sich in dieser Wohnung aus. Die Frau versuchte ihre Anspannung zu verbergen. Narzerner positionierte sich vor ihr in einer Art wie es die Helden in alten Western zu tun pflegten. Breitbeinig und mit seinem langen, dunklen Mantel glaubte er keine schlechte Figur zu machen. Sie standen sich jetzt unmittelbar gegenüber.

Narzerner griff bedeutsam und mechanisch in die linke Tasche seines Mantels und ertastete dort mit einer Hand ein Wärme ausbreitendes, organisches Instrument, das er daraufhin ergriff und hervorzuholen begann. Seine andere Hand führte er synchron dazu in seine rechte Manteltasche und ertastete auch dort ein Wärme ausbreitendes, organisches Objekt, das allerdings eine andere Form als das Instrument in seiner anderen Hand aufwies.

Die Frau vor ihm wankte währenddessen wie benommen von einer Stelle auf die andere, schien aber dennoch bereits um ein Vielfaches aufmerksamer das Geschehen zu verfolgen als noch kurz zuvor. Eine leichte Angst schien sie angespannt und stumm werden zu lassen. Sie bewegte sich jetzt nicht mehr, sondern beobachtete nur noch leise. Beobachtete den Vorgang, in dem der Mann vor ihr ein eigenartiges, lang gestrecktes Instrument aus seiner Manteltasche hervorholte, dessen Lauf die Form, die Farbe und die Wärme eines Phallus besaß. Und an dessen Ansatz ein kleiner, knöcherner Abzug auf seine Betätigung wartete. Der Mann hielt sein Instrument fest entschlossen in seiner Hand.

Aus seiner anderen Manteltasche sah die Frau ihn einen kleinen, dünnwandigen, in zwei gleich große Kammern unterteilten, organischen Beutel hervorholen. Er erschien ihr unwillkürlich wie eine Art Magazin für das Instrument in seiner anderen Hand. Sie bemerkte eigenständige Bewegungen dieses Beutels: Er zog sich ähnlich einem Herzmuskel in kurzen, periodischen Abständen mal bis zur Hälfte seines entspannten Volumens zusammen und ebenso bald daraufhin erschlaffte er wieder.

Der Mann führte behutsam diesen Magazin-Beutel an das phallische, warme Instrument in seiner linken Hand und ließ beide Objekte durch eine kurze, einstudierte Handbewegung in Sekunden miteinander verwachsen. Daraufhin schritt er ohne Zögern auf die Frau vor ihm zu und hielt ihr das Instrument unmittelbar vor ihren Mund. Ihre Augen weiteten sich. Sie sah ihn an. Entschlossenheit und Zorn stachen ihr aus seinen Augen entgegen. Dann blickte sie kurz zu seinem Instrument vor ihr und bemerkte dabei, dass dieses an seiner Mündung feucht wurde. Eine helle weiße Flüssigkeit benetzte die Spitze des Laufes. Sie entschloss sich, ihren Mund zu öffnen.

Narzerner ließ sofort sein Instrument in sie eindringen. Plötzlich erschien ihm jetzt alles wie eine Art Hinrichtung. Er erschrak kurz bei diesem Gedanken, seine Hände begannen zu zittern. Die Stimmen seiner Agenten, denen er sich so ergab, ließen ihm jedoch keine Gelegenheit zur Besinnung. Entschlossen und breitbeinig stand er vor ihr, bedeutete ihr jetzt, sich vor ihm auf den Boden zu knien. Auch das war Teil seines Auftrages. Sein langer, dunkler Mantel deckte die Frau jetzt beinahe ganz zu. Und die schließlich letzte Instruktion lautete: Zu schießen, sobald sein Zielsubjekt dazu bereit war. Er drückte auf den Abzug.

Doch nichts geschah. Das beutelförmige Magazin entlud sich nicht. Er versuchte es sofort noch einmal. Doch auch mit dem zweiten Versuch behielt das Magazin seinen dickflüssigen, weißen Inhalt für sich.

Irritiert nahm er sein Instrument aus dem Mund der Frau. Er wusste mit einem Male nicht mehr, was er zu tun hatte. Der Plan, den er bis jetzt so minutiös eingehalten hatte, konnte ihm keine Antworten mehr liefern, denn er war abgelaufen. Auch seine Agenten waren mit einem Male nicht mehr aufzufinden. Er dachte daran, sie um Rat zu fragen. Doch sie verschwanden offenbar kurz zuvor.

Narzerner drückte jetzt in seiner Verzweiflung nochmals den Abzug seines phallischen Instrumentes, und daraufhin immer wieder und wieder. Dabei konnte er seine jetzt eintretende Ungeschicktheit und Nervosität nicht mehr länger verbergen. Wahllos fuchtelte er nun mit seinem Instrument in der Luft herum und versuchte dabei alle möglichen Handgriffe, die ihm einfielen, um das Instrument zur Entladung zu veranlassen. Doch nichts geschah, so sehr er sich bemühte.

Für ihn völlig unvermittelt brach die noch immer vor ihm knieende Frau jetzt in schallendes Gelächter aus. Ihre Angst schien wie verflogen zu sein. Sie griff sich an den Kopf, in ihre Haare, und ihre Augen zeigten jetzt nichts anderes mehr als kindliches Staunen.

Narzerner beruhigte sich langsam. Niedergeschlagen fiel er seinerseits auf die Knie und dachte mit gesenktem Kopf nach, was er noch tun könne. In seinen Ohren hallte das helle Lachen der Frau. Dann fiel ihm ein, dass ihm noch eine letzte, noch nicht genutzte Möglichkeit blieb. Er führte kurz entschlossen sein Instrument, das er noch immer fest in seiner Hand hielt, an seinen eigenen Mund, öffnete diesen und schob es langsam und sorgfältig hinein. Dann schloss er seinen Mund wieder gerade so weit, dass dieser sein phallisches Instrument vollständig umfasste.

Als er jetzt erneut den knöchernen Abzug an seinem Instrument zudrückte, zog sich daraufhin unvorbereitet ruckartig der angewachsene Beutel unter dem Instrument eng zusammen und aus der kleinen, spaltförmigen Öffnung des langen, dicken Laufes strömte eine Flut dicker, weißer Flüssigkeit unmittelbar in seinen Mund hinein. Narzerner war so überrascht von diesem Vorgang, dass er dabei rückwärts auf den Boden hinter ihm fiel.

Die weiße Flüssigkeit wie den Lauf behielt er noch eine Weile in seinem Mund, während das Lachen der Frau inzwischen etwas verhaltener wurde. Schließlich zog er langsam den Lauf wieder aus seinem Mund heraus und schluckte die dickliche Flüssigkeit in mehreren Schüben seinen Rachen hinunter. Seinen Griff um das Instrument lockerte er jetzt langsam. Er starrte die Decke über sich an und glaubte, dass diese sich jetzt eigentlich jeden Moment aus ihrer Verankerung lösen und auf ihn niederfallen müsste. Jedenfalls wäre das ein durchaus gut gewählter Zeitpunkt, wie er fand. Genau: Jetzt!

© 2002 Die philosophische Ratte

 

Oha Thomas,

da kommst du mit tonnenschwerer Kost daher.

Ein Protagonist, der will, aber nicht kann.
Nein, eher ein Protagonist, der nicht will und auch nicht kann.
Vielschichtiger: ein Protagonist, der nicht will und doch will und nicht kann und doch kann.

Puh...ich war an manchen deiner Stellen derartig peinlich berührt, dass ich den Atem anhalten mußte, weil ich so nah am Protagonisten stand. Du führst mich als Leser mit dir, ganz dicht am Geschehen, man möchte fast glauben, die Figuren stehen vor einem und man kann ihren Atem spüren. Gut gemacht, diese Atmosphäre!

Diese Zerrissenheit, die den Protagonisten peinigt, seine Zwanghaftigkeit etwas tun zu müssen, was er eigentlich gar nicht will. Dieser Teufelskreis ein sexuell fühlender Mensch zu sein und doch nicht Sexualität als wundervolles, Lebenselexier betrachten zu könnnen, das im Miteinanderverschmelzen mit dem geliebten Partner seinen Höhepunkt hat, sondern das nur in der eigenen Ichbezogenheit ausgelebt werden kann. Diese Isolation des Protagonisten ist verdammt gut dargestellt. Sehr dicht und beeindruckend und bedrückend.


Einige Dinge am Text haben mir jedoch nicht gefallen bzw. ich halte sie für unpassend, also inhaltlich nicht passend oder schlicht für verbesserungswürdig.

Ich würde den Smoking weglassen. Man wird von dir zunächst in die karge Umgebung des scheinbar ärmlichen Protagonisten geführt, und dann holt der plötzlich aus seinem Schrank einen Smoking hervor, das paßt nicht recht.
Etwas anderes wäre es, wenn du die ganze Geschichte noch mehr ins Traumhafte bringst, dann aber eben muß das auch deutlich sein, dass der Protagonist es träumt und nun im Traum, so verrückt und wild wie Träume halt sind, ein Smoking im Schrank hängt.
Immerhin leitest du die Kleiderwahl ja mit den Worten ein:


Soweit seine doch eher bescheidene Garderobe diese besondere Ausnahme für ihn zu erlauben vermochte.

Da erwarte ich als Leser nun wirklich alles, aber keinen Smoking und auch kein Dinnerjacket,falls du wiederum vorhast auf etwas Edles zu verfallen. :D

Was möchtest du mit diesem Satz besonderes aussagen?
Ich halte ihn für Füllwerk, welches getrost weggelassen werden kann. Dein Protagonist hat nun noch einen schwarzen Mantel an und gut. Ok?

(er fand: es ist herbstlich kühl draußen, genau richtig für diesen Mantel),

Trotz dieser für ihn vereinnahmenden Ablenkung war Narzerner einen Augenblick lang etwas darüber aufgeheitert, dennoch durchaus akzeptabel Auto fahren zu können, wie es ihm erschien.

Paßt das wirklich in die Stimmung deines Protagonisten?
Er ist nervös, bereitet sich vor, ihm bricht Schweiß auf der Stirn aus, er handelt aber dennoch, vielleicht sogar fast mechanisch, weil getrieben von seinem Trieb oder von den Agenten, die ihn treiben. Aber jetzt in diesen leichten Humor abzuschweifen, nimmt deiner Geschichte ein wenig die Ernsthaftigkeit und ich finde, das paßt so gar nicht. Aber ist natürlich deine Sache, zu entscheiden, was drin bleiben darf und was nicht.

Meiner Meinung nach kommt hier wieder so ein eigenartiger Schlenker in eine Richtung, die überflüssig ist. Wozu dieser Einschub? Ich vermag den Sinn dessen,was du damit aussagen willst, nicht zu verstehen, denn es ist doch eigentlich egal, wie er dorthin gelangt, in den sechsten Stock. Übrigens nicht schlecht gewählt, es ausgerechnet den 6. Stock sein zu lassen. ;)

(er nahm die Treppen, denn der erst noch anzufordernde Aufzug wurde ihm nicht erlaubt)


Diese Formulierung finde ich etwas unglücklich gewählt.

fiel fast rückwärts über ihre eigenen Beine, als dieser jetzt plötzlich

vielleicht besser: taumelte rückwärts oder stolperte über ihre Beine....


Beim nächsten Absatz habe ich gleich mehrere Dinge anzumerken:

Sie bewegte sich jetzt nicht mehr, sondern beobachtete nur noch leise. Beobachtete den Vorgang, in dem der Mann vor ihr ein warmes, organisches Instrument aus seiner Manteltasche hervorholte, ein eigenartiges, lang gestrecktes Instrument, dessen Lauf die Form, die Farbe und die Wärme eines Phallus besaß. Und an dessen Ansatz ein kleiner,

Also einmal abgesehen davon, dass ich es auch stilistischen Gründen für gar nicht erforderlich halte, dass die Frau auch noch Gefühle oder Eindrücke darstellt, denn dein Protagonist ist Aussage genug, ist es m.E. nicht möglich leise zu beobachten, das paßt irgendwie nicht.
Und sie kann auch nicht in der Lage sein, jedenfalls so wie du es schilderst, etwas Warmes zu spüren, das kann sie erst, wenn sie damit in Hautkontakt kommt oder wenigstens so nahe, dass sie es erspüren kann, weil so viel Wärme ausströmt.
Ich halte daher diese Aussagen mit der Wärme für nicht schlüssig und finde sie daher etwas dilettantisch und somit störend.

Auch an dieser Stelle habe ich ein wenig inhaltliche Probleme:

Er stand noch immer entschlossen und breitbeinig vor ihr, mit seinem langen, dunklen Mantel deckte er die Frau beinahe zu.
Wie muß ich mir das vorstellen? Deckte er sie extra damit zu? Wie soll das gehen, wenn sie beide stehen?

Willst du damit quasi zwischen Protagonisten und Leser nun so etwas wie eine Verhüllung vornehmen?
Bislang bin ich als Leser ja durch deine Schilderungen ganz dicht herangeführt worden. Fast wie in einer Peepshow. Soll jetzt mein Blick verstellt werden? Ich glaube, es ist eindringlicher, wenn du es irgendwie anders formulierst.

angeschmolzene Beutel
Sorry, aber das klingt unbeholfen. Vorher hattest du es besser dargestellt, wie der Phallus mit dem anderen Teil verbunden ist, jetzt muß ich als Leser leicht grinsen,weil es so wirkt als habe durch Hitzeeinwirkung eine Verschmelzung in Form einer Deformierung stattgefunden. Das willst du doch sicherlich nicht damit zum Ausdruck bringen.


dass es ihn dabei rückwärts auf den Boden hinter ihm warf.
Diese Formulierung wirkt auf mich so, als sei er durch Fremdeinwirkung und zwar kräftige umgeworfen worden. Vielleicht gefällt dir die Formulierung: so dass er das Gleichgewicht verlor und auf den Rücken fiel... besser.


So, ich hoffe, du nimmst mir meine ganzen Kritikpunkte nicht übel, denn die Geschichte ansich wollte ich damit nicht niedermachen, sondern eigentlich dir nur Verbesserungsvorschläge unterbreiten.

Übrigens finde ich deine Überschrift genial gewählt.
Ich hätte diese Geschichte noch lange nicht gelesen, wenn mich nicht die Überschrift magisch angezogen hätte.
Also mal wieder ein Belege dafür, dass es keineswegs unwichtig ist, wie man den Leser geneigt macht, auf den Text zu klicken.:D

LG
Lakita

 
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Liebe Philo-Ratte!

Meiner Meinung nach hat Dein Protagonist Versagensängste. Bzw. ist es so, daß ihm alles zu geplant und zu mechanisch vor sich geht.
Vielleicht weil er die Frau gar nicht liebt, vielleicht aber auch durch schlechte Erfahrungen oder ähnliches.
Oder vielleicht war er schon lange Zeit alleine und hat deshalb Versagensängste, will alles richtig machen, ist nervös. Dazu würde auch die Kleidersuche sehr gut passen, denn wenn es eine alltägliche Situation für ihn wäre, wäre es ja kein besonderer Anlaß.

Die Beschreibung der Kleidung finde ich etwas ungeschickt:

ein burgunderfarbenes Hemd, eine dunkle Stoffhose, ein passender Smoking und zuletzt seine dunkelbraunen Lederhalbschuhe.
...noch seinen langen, dunklen Mantel,
wie dunkel ist die Hose? dunkelblau, dunkelbraun, dunkelgrau? Schlägt es sich mit dem Hemd und den Schuhen? Der Mantel vielleicht noch eine weitere Farbe?
Würdest Du näher auf die Farben eingehen, wirkt es nachher vielleicht nicht so, wie es Lakita empfunden hat, daß er so fein angezogen ist. Also z.B. zum burgunderfarbenen Hemd eine dunkelgrüne oder -blaue Hose und ein Smoking, der etwas heller ist, dadurch überhaupt nicht zum Hemd paßt und die braunen Schuhe. Dann noch ein schwarzer Mantel und er ist gar nicht mehr so fein. Der Smoking könnte auch schon abgewetzt sein oder er könnte beim Anziehen ein Brandloch entdecken (er ist ja Raucher).
Der Satz in Klammer, vonwegen herbstlich kühl, ist auch meiner Ansicht nach nicht passend, ein Fremdkörper in der Geschichte. Zudem hast Du innerhalb weniger Sätze dreimal "draußen", wenn Du den Satz in Klammer wegläßt, ist schon eins weniger...

Das mit dem Aufzug und dem sechsten Stock verstehe ich nicht ganz, was Du damit aussagen willst. Soll es ein weiteres Andeuten, wie groß die Hürde zum Sex für ihn ist, sein?

Die Türe ist schmucklos und gewöhnlich - es erscheint ihm jetzt gar nicht mehr so erstrebenswert, sein Vorhaben hat den Reiz verloren?

Die Bilder und Gedanken bringen mich dann wieder zu den schlechten Erfahrungen, die er vielleicht hatte - und dann dieses "wusste exakt, was er zu tun hatte" wieder zu den Versagensängsten.

Daß die Frau einen Morgenmantel anhat, erzählst Du zweimal:

Sie trug nichts weiter als einen leicht beige farbenen Morgenmantel an ihrem Körper.
Die Frau, barfüßig und nur mit ihrem eher nachlässig zusammengeschnürten Morgenmantel bekleidet,
Ebenso liest sich das wärmeausbreitende Instrument wie eine Wiederholung, was vielleicht beabsichtigt ist, aber vielleicht kannst Du es doch jeweils ein bisschen anders beschreiben...
ertastete dort mit einer Hand ein Wärme ausbreitendes, organisches Instrument
ertastete auch dort ein Wärme ausbreitendes, organisches Objekt,
in dem der Mann vor ihr ein warmes, organisches Instrument aus seiner Manteltasche hervorholte

"minitiös" = minutiös oder - jetzt neu, auch "minuziös" (kommt nicht von mini, sondern von Minute...)

"den knöchernen Abzug an seinem Instrument zu drückte,..." würde ich zusammenschreiben: zudrückte

Die Tatsache, daß sie schallend lacht, ist natürlich gemein, unterstreicht aber meine Vermutung nach Versagensängsten. Denn genau dann passiert sowas auch. Perfektes Timing, perfekter Plan, perfekte Erwartungen - und schon sind die nötigen Gefühle den Bach runter...

Am Schluß kommt er dann drauf, daß er sich besser alles selbst macht? Jedenfalls funktioniert es ja... Und mancher Mann würde ihn wohl beneiden, daß er da selbst mit dem Mund dran kommt, hehe... Die vom chinesischen Staatszirkus können das sicher.

Trotz aller Kritik aber eine wirklich gute Geschichte, die halt nur noch ein bisschen bearbeitet gehört. :)

Alles liebe
Susi

 

Hallo Lakita & Häferl!

Ich danke euch für das Lesen und eure vielen Anregungen zu der Geschichte. Tut mir leid, dass ich erst jetzt darauf antworte, aber zum einen hab ich gerade viel mit meinem Studium zu tun, zum anderen wollte ich erst mal etwas Abstand zu dem Text gewinnen.

Ich gehe mal der Reihe nach, das heißt erst auf deine Punkte ein, lakita:

[...] etwas tun zu müssen, was er eigentlich gar nicht will.
Ob er sein Vorhaben selbst eigentlich gar nicht durchführen will (und stattdessen dazu gezwungen wird?), bleibt zumindest offen. Gegenargument: An keiner Stelle der Erzählung setzt sich der Protagonist auch nur ansatzweise gegen sein Vorhaben zur Wehr. Im Gegenteil: Er zieht sich dafür auch noch schick an! (und seine Agenten schreiben ihm in dieser Hinsicht nichts vor!)

[...], das im Miteinanderverschmelzen mit dem geliebten Partner seinen Höhepunkt hat.
ähm... nur um dein Bild zurechtzurücken: In der Geschichte existiert de facto kein "geliebter Partner". Ich wüsste auch nicht, woraus das erkenntlich sein sollte... :confused:

Da du deinen Absatz mit "den Protagonisten" beginnst, stellst du deshalb falsche Bezüge her.

Zur Kleiderfrage komm ich weiter unten noch zurück! (wie auch noch zu manchen anderen Sätzen)

Den Klammersatz mit dem "herbstlich kühl" schmeiß ich raus.

Willst du damit zwischen Protagonisten und Leser nun so was wie eine Verhüllung vornehmen?
Nein. Wenn diesen Eindruck auch noch andere haben, werd ich an dieser Darstellung was ändern. Technisch gesehen unterlief mir allerdings ein Fehler: Diese Verhüllung ist natürlich erst nennenswert, sobald sich die Frau auf ihren Knien befindet. Aber diese Handlung kommt ja erst kurz danach. Ändere ich...

Die Beschreibungen mit dem "Wärme ausbreitend" bzw. dem "angeschmolzenen Beutel" ist wohl nicht der Weisheit letzter Schluss. Da geb ich dir recht. Vielleicht fällt mir da noch was besseres ein...

Übrigens finde ich deine Überschrift genial gewählt.
Mhh... Danke, aber Leser scheine ich damit nicht zu bekommen. :(
Vielleicht ist er doch eine Spur zu bizarr ausgefallen?


@Häferl

Deine Interpretationen und Folgerungen fand ich sehr interessant. Auf den Eindruck, dass der Protagonist Versagensängste hat, würde wohl, vermute ich mal stark, sicher nicht jeder kommen! Aber gerade damit triffst du schon sehr dicht meine Intention für das Schreiben dieser Geschichte! Das freut mich natürlich! :)

Zur Kleiderfrage muss ich zugeben, dass ich zu diesem Thema sicher nicht der kompetenteste bin und die Sache mit dem Smoking auch erst ganz zuletzt in meine Geschichte einfügte. Deshalb ist mir dein Rat dazu besonders wertvoll! Den werd ich also dann noch umsetzen.

Zum Aufzug: Es passte mir nicht ins Konzept, dass Narzerner, nachdem er zu diesem Zeitpunkt bereits wie eine Maschine läuft und handelt, plötzlich eine Pause einlegen muss, um auf den Aufzug zu warten! Das erschien mir zu banal.
Andererseits hatte ich an dieser Stelle dafür wieder die Gelegenheit, die Macht seiner Agenten zu demonstrieren, die ihn eben nicht warten lassen (denn er könnte es sich ja zB. vielleicht auch wieder anders überlegen...). Nein, ich wollte ihn ohne Pause weiterrennen lassen. Ich könnte höchstens den Aufzug ganz weglassen. Aber einerseits: ein sechstes Stockwerk ohne Aufzug? Und andererseits spiele ich so gern mit Symbolen: Der Aufzugsschacht symbolisiert einen nach oben gerichteten Phallus, den man betreten kann oder nicht. Narzerner umgeht ihn allerdings! Bereits ein Omen für den Ausgang seines Vorhabens? :sconf:
(solche symbolischen Anspielungen wirst du bei mir immer wieder finden... ;) )

- Die Türe ist schmucklos und gewöhnlich - Narzerner wird mit einer ihm fremden Welt konfrontiert. Da er überrascht ist, scheint sich diese nicht mit seiner zu decken. Seine anschließenden Halluzinationen (die diese für ihn ordinäre Tür zu einem prachtvollen Tor umformen) verdrängen seine aufkommende Entäuschung allerdings sofort wieder und lassen ihm keine Zeit, trotz dieser kurzen Bewusstwerdung (wieder) selbständig zu werden. Zudem öffnet sich daraufhin die Türe...

Am Schluß kommt er dann drauf, daß er sich besser alles selbst macht?
Damit wollte ich ausdrücken, dass er nur die Wahl hat, entweder zu lieben oder nicht lieben zu dürfen (mit Ausnahme sich selbst!). Das ist auch der Grund, weshalb der Phallus bei der Frau nicht funktioniert/funktionieren darf. Er liebt sie nicht. Deshalb versagt auch seine Libido.
Kennst du den griechischen Mythos vom selbstverliebten Jüngling Narziß? Er konnte nicht von seinem eigenen Spiegelbild ablassen und wurde deshalb von den Göttern bestraft. Mit meiner Namensgebung "Narzerner" wollte ich auf diesen Mythos Bezug nehmen. Auch der Begriff "Narr" versuchte ich in seinen Namen einzuflechten. Naja... kommt wohl nicht so deutlich heraus. :(

Trotz aller Kritik aber eine wirklich gute Geschichte, die halt nur noch ein bisschen bearbeitet gehört. :)
Danke für die Anerkennung! :kuss:

Lieben Gruß
rattus philosophicus

 

Hallo philosophische Ratte,

Dein Thema ist mir zwar ein wenig fremd, doch der Wahn (in Form der Agenten, die sich aus dem Staub machen, wenn man sie wirklich braucht) der deinen Protagonisten antreibt, hast du gut geschildert. Ich finde auch toll, daß die Frau anfängt zu lachen, eine gelungene Streßabfuhr.
Am Anfang müßte es heißen: „Als er eben ...“; der Satz „... Bestimmungsort: dem Mund der Frau ...“ ist etwas verwirrend.
Das mit den Zuschriften ist halt so eine Sache, es ist sicher manchmal enttäuschend, doch Quantität ist halt nicht wichtig.

tschüß... Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Woltochinon!

ich danke dir fürs lesen und kommentieren.

Dein Thema ist mir zwar ein wenig fremd,
Ich glaube, das geht hier vielen so. Vielleicht kommt deshalb kaum Resonanz. Dass es aber trotzdem möglich ist, den Inhalt und seine Aussage halbwegs zu verstehen, hat mir vor allem Häferl hier gezeigt.
Ich finde auch toll, daß die Frau anfängt zu lachen, eine gelungene Streßabfuhr.
Genau letzteres war meine Absicht.

Deine Verbesserungsvorschläge werd ich noch berücksichtigen.

Das mit den Zuschriften ist halt so eine Sache, es ist sicher manchmal enttäuschend, doch Quantität ist halt nicht wichtig.
Naja.. hab schon schlimmeres erlebt. :(
Bei letzterem geb ich dir aber recht.

 

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