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namor nie
namor nie
Der erste Satz, wen’s da nicht hält, der ist nicht mehr zu halten
Wittiber kennt’s Leben wie die Welt.
Die Welt kennt Wittiber –
als einen angesehenen älteren Herrn, der still und bescheiden seiner Rente lebt. -
Bis er sich eines Tages in seiner Biografie verläuft und sich fragt, ob er hier noch richtig sei.
Nun hat er’s satt, allein zu sein.
(Anmerkung der Authentisten, dass der Autor gerade mal bis drei zählen könne)
Sollte Wittiber kein moderner Mensch sein?, fragt sich alle Welt.
Sicherlich ist er weder Homo erectus noch Neandertaler. Aber selbst wenn Wittiber nicht mit der Zeit ginge, ist Wittiber doch fraglos ein Homo sapiens sapiens, dass der Homo oeconomicus besorgt fragt: Weiß Wittiber denn nicht um den Vorteil, souverän einem Haushalt vorzustehn?, und ein unbedarfter Zeitgeist säuselt: Wie'n Monarch – und sei das Reich noch so winzig!
Aber Wittiber will kein König sein. Nicht einmal Baron! Ist weder von Adel noch edel und lässt den Zeitgeist wehen, wie und wo der will.
Wittiber hat gestern Bob Dylan näseln und nölen hören.
Weihnachtslieder!
Selbst ich versteh’s nicht.
Wie unzeitgemäß, Herr Wittiber!
Unter der Jauche der besten aller Welten muss einem ja die Nasenschleimhaut reißen. Wittiber aber platzt zudem neben dem Trommelfell der Kragen.
Genug des Kitsch’ und der Singlebells.
Selbst im Hospital gibt’s keine White Christmas mehr.
Der Anästhetiker gibt sich grau.
Knochenbrecher – je nach Konfession – grün oder blau.
Altertümer und Innere geben sich noch für weiße Weihnacht her.
Es reift in Wittiber der Entschluss, der ihn die halbe Rente kosten wird.
Was der gute Mann weiß, kennt er doch das Missverhältnis grenzenlosen Bedürfnisses zu knappen Mitteln. Wozu hätt’ man eines ökonomischen Studiums bedurft, wenn man kein Talent hat, andere übern Tisch zu ziehn?
Rechnen kann er, der Wittiber!
Den Kopf hat er sein Leben lang geschult.
Wissen und Fähigkeit führen den spitzen Bleistift wie eine Klinge.
Und Wittiber kalkuliert scharf.
Er verachtet jede Approximation und wird kein billiges Angebot des Fernen Ostens nehmen, mag es noch so gefügig sein.
Ihn widert Babysprache an:
Aa, ma, pa, pi, tei-tei, oh la-la, waddehaddedudeda.
Pidgin trägt er mit Humor und Witz.
Kreolisch hinwiederum bewundert er:
Aus nichts eine Sprache bilden führe zurück zu den Ursprüngen.
Also nimmt Wittiber nicht das erstbeste Angebot.
Allzu billig und somit verdächtig.
Kinderarbeit aus dem Osten.
Aber immer hinter Indien.
Wittiber ist doch nicht blöd!
Und doch erhält Wittiber ein Angebot, das er annimmt.
Bedacht.
Gesagt.
Getan!
Ficken bis der Arzt kommt.
Inmitten der Nacht dräut’s ihn.
Kein Schlaf wär’ mehr zu finden.
Es drängt ihn aus dem Ehebett.
Vorsichtig und ohne Licht schiebt Wittiber sich hinaus, auf dass die Frau, der er seinen Samen wider den Hunger der Welt gespendet hat, weiter schnarche.
Wer, wenn nicht der Hausherr kennt sich in dem dunklen Raum aus?
Wittiber kennt sich hier aus!,
tastet sich vorsichtig mit Hand und Fuß der Tür zum Flur entgegen –
als ihm ein Bein gestellt wird.
Eher nur ein kleiner Fuß.
Zierlich und doch nicht zu berechnen.
Von dem auch abgestreift nur der Pantoffel.
So hübsch wie gefährlich.
Der weilt nicht an seinem angestammten Platz.
Der arme Mann sieht ja nichts!
Zudem kennt er’s nicht, dass etwas sich ihm in den Weg stelle.
Das ist ihm in einem langen Berufsleben nicht widerfahren.
Schon gar nicht, dass ihm Pantoffeln in den Weg gelegt werden.
Das muss einen wie Wittiber verwirren!
So heißt dem Manne die sanfteste Berührung: Straucheln!,
woran er kein’ Gefallen findet, obwohl er fällt.
Dazu entlädt sich der Druck in der Hose.
Also fällt der gestandene Mann gleich dem nassen Sack.
Schwerfällig und zugleich stumm, dem Schicksal ergeben.
Einer beobachtet still den Vorfall.
Kundschaft?
Kundschaft!
Reibt sich die Hände und lächelt verlegen.
Bietet dann doch die Hand, dem Manne aufzuhelfen.
„Komm, Jung, wir gehn nach Haus, Mama und Papa warten schon“,
während Wittiber den Chor der Engel singen hört
"Mama told me not to come",
dabei hat er sein Leben lang geglaubt, Engel sängen Hebräisch und ausnahmsweise Aramäisch! Da hätt' er d'rauf gewettet!
Wittiber denkt, lasse man doch dicke Männer um ihn sein in ruhigem Gemüt, die nachts gut schlafen.
Dem armen Mann ist nicht mehr zu helfen, als das Schnarchen verstummt.
Da hat Wittiber die Hand schon angenommen.
Die Frau im Ehebett angelt nach dem Nachttischlämpchen.
Aber das ist doch niemals die Witib!
Also kann’s kommen: Der Arzt.
Immer zu spät.
Quittung gibt der Streit ums Wittum.
Eine andere Geschichte.