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Nadine - Neufassung

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02.02.2002
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Nadine - Neufassung

Ich zappe vom Erotikkanal weg, finde in der Eile nur eine dümmliche Sitcom, als ich den Schlüssel im Schloss höre. Es ist schon nach Mitternacht, als Bettina nach Hause kommt. Es ist ihr Damenabend, und nach dem Outfit zu schließen, das sie sich vor dem Weggehen angezogen hat, ist es die Diskothek in der nahen Kreisstadt, die sie mit Nadine, ihrer langjährigen Freundin, angesteuert hat. Nadines Wagen bleibt an solchen Abenden in unserer Einfahrt stehen.

Wir stellen einander keine Fragen, wenn wir getrennt ausgehen. Es ist ein Ritual zwischen uns, einander ein Päckchen Kondome in die Hand zu drücken, wenn wir uns zum Abschied küssen, und es gehört auch zum Ritual, sie auf keinen Fall wieder mit nach Hause zu bringen. In den meisten Fällen habe ich meine einfach weggeworfen, nachdem ich Volker, meinen Freund, im Nachbarort abgesetzt habe, es mögen vielleicht drei, vier, fünf Male gewesen sein, bei denen sich etwas ergeben hat.

Bettina jedoch das Flirten zu verbieten, das ist so, wie einer Blume das Wasser, die Sonne und die Bienen vorzuenthalten. Sie zu beobachten, wie sie auf die Tanzfläche geht, dort zu strahlen und zu schillern beginnt, die Blicke auf sich zu ziehen beginnt, dann den einen auserwählten in ihren Bann schlägt, ihn erst im Tanz in Besitz nimmt, sich dann an einen Tisch oder die Bar führen lässt, das ist etwas, was mich gleichzeitig fasziniert und unendlich schmerzt, wenn ich mit ihr unterwegs bin. Der Gedanke, dass sie jeden mit einem Fingerschnipp haben könnte, treibt mich in den Wahnsinn, der Gedanke, dass sie meine Geliebte ist, dass der Neid der anderen deutlich spürbar ist, wenn sie an meinem Arm das Lokal verlässt, nachdem sie dort allerhand Verwirrung gestiftet hat, lässt mich oft einige Zentimeter wachsen. Natürlich gibt es immer wieder Gerede und Getuschel, doch ein bestimmtes „ich liebe sie, und ich vertraue ihr“ bringt die vermeintlichen Freunde rasch zum Schweigen, die gerne zu ihrem eigenen Vorteil Zwietracht säen möchten.

Bettina kommt ins Wohnzimmer, sehr zu meiner Überraschung hat sie noch Nadine im Schlepptau. Die beiden Frauen sind total aufgekratzt, die Hitze, das Tanzen und wohl auch ein wenig Alkohol haben Röte auf ihre Wangen gezaubert. Bettinas Kuss schmeckt nach Rauch, eine Marke, die sie liebt, aber niemals selber kauft, ihr offenes dunkles Haar hängt ihr ins Gesicht, ihr Körper riecht nach Schweiß, Resten ihres Parfums und jener leichten Erregung, die mir sagt, dass sie noch nicht schlafen gehen möchte. Sie blickt sich um, ihr Blick wird spöttisch, als sie den noch laufenden Sat-Decoder und die Sitcom auf der Mattscheibe sieht. All das „wegen mir hättest du nicht umschalten müssen“ und „seit wann schaust du denn solchen Schmarrn“ in einem einzigen Blick, in einem einzigen Blitzen ihrer Augen. Ich liebe sie einfach, diese Frau.

Nadine kommt herein, „Hallo Markus“, lächelt sie scheu. Sie ist blond, trägt ihr langes Haar locker mit einer Klammer hochgesteckt. Ich stehe auf, gehe zu ihr hinüber, „Hallo Nadine, nett dass du noch reinschaust“, umarme sie und küsse sie auf die Wange. Auch sie ist seltsam erhitzt, ihre Befangenheit wirkt kokett nach der langen Zeit, die wir uns nun schon kennen. Ich gehe zur Vitrine, nehme zwei Gläser heraus und schenke den beiden von dem Wein ein, den ich mir für meinen Herrenabend vor der Glotze geöffnet habe. Die beiden Mädchen nehmen mich auf dem Sofa in die Mitte, wir prosten einander zu, mein beiläufiges „wie war‘s denn, ihr beiden“ löst bei den beiden einen Austausch von Blicken und ein Gekicher aus, das noch aus der Zeit stammt, wo sie beide Schulmädchen waren.

„Hast du etwas dagegen, wenn Nadine heute bei uns schläft“, fragt Bettina plötzlich. Ich blicke zu ihr hinüber, etwas enttäuscht, schüttle fast unmerklich den Kopf, möchte nur Nadine gegenüber nicht allzu offensichtlich unhöflich sein. „Nein Schatz, natürlich nicht“, sage ich mit wenig Enthusiasmus in der Stimme. So habe ich mir das nicht vorgestellt, ich werfe Bettina einen wütenden Blick zu. Sie lächelt mich nur an, wirft ihr Haar mit dieser unnachahmlichen Bewegung in den Nacken, dann tut sie etwas, was sie bisher noch nie getan hat: Sie greift in ihre Jackentasche und drückt mir das kleine Päckchen ungeöffnet wieder in die Hand, das ich ihr wie immer vor dem Weggehen zugesteckt habe. Ich verstehe gar nichts mehr, nehme daher kaum wahr, dass Nadines Atem meinen Nacken trifft, ihre Hand ganz leicht auf meinem Rücken liegt. „Geh schon mal vor, du weißt doch, dass ich kein kaltes Bett mag, Markus“.

Verwirrt stehe ich auf, wende mich zu Nadine, auf mein „Gute Nacht, schlaf gut, bis morgen früh“ lacht sie wieder auf diese mädchenhafte Art, „Ciao Markus“ antwortet sie. Ich schüttle den Kopf, „bis später Liebling, und beeil dich bitte“, und gehe ins nebenan liegende Schlafzimmer. Ein matter Versuch, ich rechne mir nicht mehr viel aus, Bettina ist laut und leidenschaftlich, und mit Nadine im Nebenzimmer ...

Es ist heiß, ich öffne das Fenster und lege mich nackt auf das Bett, so wie ich im Sommer immer schlafe, lasse nur ein kleines Licht an. Von fern dringen die Geräusche aus dem Haus, das Kichern der beiden, die Toilette, dann die Dusche. Ich denke über die Kondome nach, die sie mir wieder in die Hand gedrückt hat, bemerke, dass ich die kleine Schachtel noch immer in der Hand halte, schaue sie abwesend an, während ich über die lange Zeit der Gemeinsamkeit mit dieser Frau nachsinne. Ich muss wohl die Augen geschlossen haben, ein wenig eingedöst sein ...

Eine sanfte Berührung auf meiner Brust lässt mich leicht zusammenzucken, sanft, aber aufregend neu in ihrer Zärtlichkeit. Ich öffne die Augen und blicke in Nadines Gesicht, das sich lächelnd über das meine beugt, die Lippen zum Kuss geöffnet. Ich will mich gerade umsehen, da fühle ich die vertraute Hand auf meiner Schulter. „Schhhhhht“, macht sie leise, „nicht reden, nicht jetzt“. Ich warte ab, fühle eine heftige Woge der Erregung durch meinen Körper fluten, als die zarten Lippen Nadines die meinen berühren, während die vertraute Atem, der vertraute Herzschlag an meiner anderen Seite zu spüren sind.

Ich bin wie in Trance, als sich der grazile Körper Nadines auf mich schiebt, ihre Hände, ihre Lippen mich zu liebkosen beginnen, während Bettina meine Hand hält, liebevoll, selbstverständlich, als wäre das die natürlichste Sache der Welt. Katzengleich gleitet Nadines Körper über den meinen, ihre Küsse treffen meinen Hals, meine Schultern, saugen sich kurz an meinen aufgerichteten Nippeln fest, erst am linken, dann am rechten.

Nadines Zunge spielt gerade in meinem Nabel, da fühle ich, wie vertraute Hände meinen Schaft berühren, meine Vorhaut erst bewegen, dann mit einem Ruck zurückschieben, ich fühle, wie ihm ein feuchtes Kondom übergestreift wird. Man kann die Blicke spüren, die die beiden Frauen über meinen Körper hinweg austauschen, dann gleitet Nadine von mir, legt sich auf den Rücken, einladend, bereit. Ich fühle, wie mir die vertrauten Hände noch einen kleinen Schubs geben, dann bin ich bereits auf Nadine, folge der Einladung, schlinge meine Arme unter ihre Schultern, fühle, wie sie sich öffnet, als ich die Barriere überschreite, zum ersten Mal in ihren Körper eindringe. Unsere Lippen finden sich, wir suchen unseren Rhythmus, während wir die Freundin, die Geliebte neben uns aus unseren Gedanken verdrängen, uns aufeinander einlassen. Schließlich finden wir einander, ihre Reaktionen sind neu und aufregend für mich. Erst ist sie weich, nachgiebig, fast verletzlich, ich liebe sie sanft, doch plötzlich fühle ich ein Fordern, eine Kraft, eine Glut, die ich in dieser stillen Frau nicht vermutet hätte. Ich lasse mich von ihrer Leidenschaft beflügeln und nähere mich rasch dem Höhepunkt. Kurz drängt sich Bettina in mein Bewusstsein, ich spüre ihre Hand auf meinem Rücken, sehe, wie sie die der Freundin hält, ihr Halt und Stütze gibt, dann verschwindet der Gedanke, als sich die aufgestaute Anspannung in einer gemeinsame Explosion entlädt ...

Vorsichtig ziehe ich mich eine Weile später zurück, streife das Kondom ab, Bettina nimmt es mir ab, schlägt es in ein Taschentuch ein und legt es auf das Nachtkästchen. Sie nimmt eine Zigarette aus der Schachtel, zündet sie an und gibt sie uns beiden abwechselnd zum Rauchen. Die Atmosphäre hat sich verändert, entladen, wir sitzen unbefangen voreinander wie Kinder, in unschuldiger Nacktheit.

Bettina dämpft die Zigarette aus, löscht das Licht. „Gute Nacht jetzt, es ist spät“, sagt sie, als mich die beiden in die Mitte nehmen. Ich kann lange nicht einschlafen, lausche Atem der Frauen neben mir.

Früh am nächsten Morgen weckt mich Bettina, legt den Finger auf ihre Lippen, zieht mich zu sich. Wir lieben uns leise, sanft, vertraut. Ohne Kondom, wir nur wir es einander vorbehalten haben, unser Zeichen der Treue, der Zusammengehörigkeit. Erst nachher merke ich, dass Nadine nicht mehr bei uns ist. Als wir später ins Wohnzimmer kommen, hat sie bereits Frühstück gemacht, die Sonne scheint hell durch das geöffnete Fenster.

 
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Hallo Strider!

Ich kenne die alte Version nicht – diese hier finde ich mittelmäßig.

Wie Frank Stephan schon geschrieben hat, es geht um eine Dreier-Bettszene, – und das war's dann aber auch schon. Die Story mag zwar inhaltlich unterhaltsam sein, das Ende fand ich persönlich allerdings etwas enttäuschend und ich hätte mir ein wenig mehr erwartet.

Dennoch, die sprachlichen Schilderungen gefallen mir gut, der Stil ist angenehm zu lesen, und, was das "Weglassen der (meisten) Adjektive" anbelangt, es sind m. E. genügend in der Geschichte eingebaut.

Eine Sache noch:

Ohne Kondom, wir nur wir es einander vorbehalten haben
wie

Viele Grüße,

Michael :)

 

Es tut mir leid, Strider, aber ich komme drauf, dass ich diese Geschichte schlecht finde, auch jetzt noch, nach den Streichungen. Es muss damit zu tun haben, dass sie keine Brüche hat, sondern in teils staubigem, teils manieriertem Deutsch erzählt, was in drei oder vier Sätzen nun wirklich günstiger zu haben wäre. Brüche! Sprachliche, um den Leser zumindest zeitweilig aus Deiner erklärenden Prosa zu entlassen in MÖGLICHKEITEN, die lieben alle Leser - so sie denn Leser sind. Und inhaltliche Brüche. Um von der eher matten Episode loszukommen, auf die ich beim wirklich besten Willen nicht neugierig geworden bin. Entschuldige, ich merke gerade, dass ich mich nicht deutlich machen kann, es ist schwer zu erklären. Lies ein paar Anfänge von T.C.Boyle, dem Meister des ersten Satzes. Dort aufhören kannst Du eh nicht.

Alles Gute, und verzeih die Kürze, vielleicht bald mehr.

frank

 

Nu, frank, damit muss ich wohl leben; eigentlich finde ich ja auch, dass die Geschichte durch die Streichungen verloren hat. Ich hab das mit dem Weglassen der Adjektive nur schon ein paarmal in Kritiken gelesen und fand das hier eine gute Gelegenheit, das einmal auszuprobieren. Was ist eigentlich der tiefere Sinn hinter einer derartigen "Regel"?

Dagegen, dass du die Geschichte (also die Handlung) an sich langweilig findest, kann ich wohl nichts machen.

 

hi strider,

ne - die geschichte ist doch nicht schlecht - mir gefällt sie. warum? die entwicklung hin zum "Dreier" ist logisch und bei weitem nicht so abgenutzt wie "typ lernt in kneipe zwei frauen (am besten noch schwestern) kennen" - oder "ehefrau kann nicht mehr an sich halten als sie ehemann mit der geliebten erwischt" etc... ich war gespannt, wie es weiter geht.. auch wenn du - und da gebe ich frank mal recht - als die beiden ladies nach hause kommen, nicht schon so deutlich klar machen müsstest, worauf es ungefähr hinauflaufen soll - vielleicht sollte der leser beim beginn der "bettszene" ähnlich überascht sein wie markus - das wäre dann noch gelungener..

aber auch so fand ich die geschichte gut lesbar und auch erotisch - ohne dass sie mich nun umgehauen hätte..den schluß finde ich deshalb völlig okay, weil die große mega pointe, nach der jeder immer fahndet, gar nicht dazu gepasst hätte..

viele grüße, streicher

 

Was den "eigentlichen Sinn" der "Regel", mit Adjektiven sparsam umzugehen, betrifft - hierüber könnte man sich sehr lange unterhalten! Eines sollte aber auf jeden Fall bedacht werden: Adjektive schränken den Phantasieraum des Lesers ein. Kurzgeschichten sind aber deshalb so wunderbar, weil sie sprachliche Dichte erfordern, die ja wiederum dem Leser mehr Freiheit und also ein reicheres Erleben ermöglicht. Für umso wichtiger halte ich daher, dass dem Leser nichts erklärt wird, was nicht UNBEDINGT notwendig erklärt werden muss. Wir gehen ja nicht von dummen, sondern von interessierten Lesern aus. Die ertragen es, sich auf einen Text EINZULASSEN, ihm also gleichsam zu vertrauen. Und nichts ist alberner, als geschwätzige Väter.

frank

 

Geschrieben von Strider
Dagegen, dass du die Geschichte (also die Handlung) an sich langweilig findest, kann ich wohl nichts machen.

Ich denke, es ist verdammt schwierig, eine gute Form zu finden für eine solche Geschichte! Gegen die Handlung - da hast Du mich missverstanden - habe ich nichts; langweilig finde ich die Art, wie sie mir vorgeführt wird. Mein erster Eindruck war denn auch: Da phantasiert sich jemand sein bestes Stück hoch. (Geschichten in diesem Strickmuster finden wir in dreisprachigen Erotikheftchen, verziert mit entsprechenden Abbildungen.) Mir fehlt einfach ein Bruch: irgendeine Ungewissheit des Protagonisten vielleicht - oder noch besser: seiner Frau -, irgendein Kunstgriff, der mich die Geschichte nicht abtun lässt mit "aha ... sowas aber auch!", irgend ein Geheimnis, oder ich weiß nicht was.

Nein, Du hattest Recht, je länger ich überlege, desto klarer wird mir, dass ich tatsächlich die Handlung für schlecht halte. Lass mich deshalb eine Frage stellen: Warum, meinst Du, ist diese Geschichte erzählenswert? Oder ist es eine Fingerübung gewesen?

... Wir kommen schon noch auf eine Lösung :)

frank

 

Strider schrieb folgendes über seine Geschichte. Bitte derartige Kommentare immer als erstes Posting unter den Text setzen. Vielen Dank.

Auf Anregung von frank stefan eine sprachlich und inhaltlich reduzierte Fassung, die dem Leser hoffentlich mehr Raum für eigene Bilder lässt. Erstaunlich, wie viele Adjektive einsparbar sind ;)
Bin natürlich wieder auf zahlreiche Meinungen gespannt, vor allem zum Aspekt "Weglassen der (meisten) Adjektive"

 

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