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Nackte Tatsachen

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28.02.2014
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Nackte Tatsachen

Nackte Tatsachen (2.0)

Mein Arsch ist keine Himbeere und mein Körper auch kein Tempel - eher eine Art Pommes-Bude oder so etwas wie ein Wohntrailer für meinen tollen Charakter. Es ist nicht so, dass ich alle Spiegel in unserer Wohnung verhängen muss, weil ich meinen eigenen Anblick nicht ertrage. Nein, das wäre wirklich übertrieben. Mein Körper und ich sind im Laufe meiner 29 Lebensjahre wirklich gute Freunde geworden und meine Problemzone beschränkt sich auf den Bereich oberhalb der Knie bis unterhalb der Brüste. Da gibt es immerhin noch mindestens 33 Prozent, denen ich auf jeden Fall Top-Noten geben würde. Und der gesamte Rest kann als wandelnde Warenauslage für diverse Textilien akzeptabel verhüllt werden.

Wie komme ich nun auf dieses äußerst heikle Thema? Die unerwartete Begegnung mit der fremden Nacktheit. Auslöser war ein Team-Event, welches regelmäßig von meinem Arbeitgeber organisiert wird. Bei besagtem Ereignis stand Rafting auf der Tagesordnung.
"Na supi.", dachte ich mir mit einem Hauch Ironie und erschien als absolute Paddel-Jungfrau pflichtbewusst am Treffpunkt.

Das erste Highlight konnte ich bei der Ausgabe der Neoprenanzüge in einer großen Lagerhalle vermerken. Neben meinen Kollegen, Vorgesetzten und mir wollten offensichtlich noch knapp zwei Dutzend weitere Menschen den teambildenden Tschakka-Moment erleben. Wahrscheinlich teilten wir alle dasselbe Schicksal: Einige Wochen zuvor stürmte jemand ins Büro und erzählte freudig erregt: "Neulich war ich beim Rafting und das war so cool. Wollen wir das nicht auch mal als Team machen? Ist bestimmt super für unsere interne Zusammenarbeit."
Und da niemand eine bessere Idee hatte, ein gemeinsamer Restaurant-Besuch zu langweilig erschien und ein Casino mit Stripperinnen nicht auf genug Gegenliebe stieß, befanden wir uns jetzt alle in derselben Halle und warteten.
Es vergingen keine zwei Minuten, da sprang ein athletischer Surfer-/Rafting-/Sport-Typ auf einen Tisch, begrüßte uns und verlor einige Worte zum Ablauf. Bei seinem Anblick wurde mir direkt wieder schmerzlich bewusst, dass körperliche Ertüchtigung die Mauer war, die mich von einem anmutigen Heidi-Klum-Körper trennte.
"Irgendwann schaffst du es nicht nur am Fitnessstudio vorbeizufahren, sondern dich auch dort anzumelden UND regelmäßig hinzugehen.", beschwichtigte mich mein inneres Ich.

"So, dann könnt ihr euch jetzt einen Neoprenanzüge holen. Eure Kleidergrößen müsst ihr nicht angeben, denn das sehen meine Kollegen dann schon.", beendete der Surfer-/Rafting-/Sport-Typ seine kurze Einweisung und unterbrach damit meinen gedanklichen Selbstbetrug.
Nach etwas Gewusel trennten sich die Damen von den Herren und bildeten jeweils eine Warteschlange vor den geschlechtsspezifischen Anzug-Ausgaben.
Als ich an der Reihe war, fühlte ich mich nicht sehr behaglich: Mir gegenüber stand eine sehr hübsche, sportliche Frau. Allerdings schien sie mir nicht besonders gut gelaunt, denn ihre Mundwinkel zeigten gen Boden und ihr gelangweilter Blick war direkt mit der Vermessung meines Körpers beschäftigt.
Ich wollte die Situation auflockern und meinte lachend: "Geben Sie mir doch bitte einen Anzug in leger."
Doch während ich mir selbst ein imaginäres High-Five für die - in meinen Augen - sehr witzige Aussage gab, brachte mir Körper-Scan-Woman nur ein emotionsloses "Hmmm." entgegen.
Daraufhin verschwand sie Richtung Herren-Ausgabe, kam nach wenigen Sekunden zurück und brachte mir doch tatsächlich einen Herren-Neoprenanzug in Größe 54 (normalerweise trage ich Konfektionsgröße 42). Selten hatte etwas so laut "Fette Kuh" geschrien, wie dieser Moment.

Mit einem tiefen Seufzer auf den Lippen und der gummiartigen Wahrheit über meinen Körper in der Hand, machte ich mich auf den Weg zur Umkleidekabine.
"54? Ist nicht wahr?! Das sind sechs Größen mehr als sonst. Da pass ich doch zweimal rein." Mit dem Abstand zwischen meinen Händen versuchte ich das zu visualisieren, was ich bis vor fünf Minuten für eine Größe 54 hielt.
Traumatisiert kam ich in der Umkleidekabine an. Als ich das letzte Mal einen solchen Raum von innen gesehen hatte, stand ich kurz vor dem Abitur und hatte Angst wegen Sport durchzufallen, weil ich so gelenkig war wie eine Brechstange.

"Du siehst irgendwie irritiert aus." witzelte meine Kollegin Carina, als sie kurz nach mir die Umkleide betrat. Sie war unser Küken: Anfang 20, blonde lange Haare, unschuldiger Look, schlank und mit der Fähigkeit, den männlichen Beschützer-Instinkt auf fünf Kilometer Entfernung zu wecken. Obwohl ich auf ihre Figur neidisch war, mochte ich sie wahnsinnig gern, da sie ein unglaublich lieber Mensch war.
"Japp. Ich sehe anscheinend wie jemand aus, der Kleidergröße 54 trägt.", erklärte ich mich und wedelte empört mit dem textilen Beweis rum.
"Erzähl nicht.", widersprach Carina mit ernster Miene.
"Doch. Ich bin fett. Hier steht eine große 54 in meinem Neoprenanzug.", seufzte ich und wetterte weiter: "Außerdem ist das ein Männer-Anzug. Ich bin also nicht nur körperlich überdimensioniert, sondern habe anscheinend auch noch die Figur von einem Kerl."
Inzwischen hatten Jenny, eine weitere Kollegin und Elke, unsere Teamleiterin ebenfalls die Umkleidekabine betreten. Beide hatten von der Anzugsausgaben-Doofkuh die passenden Größen - S und M - erhalten. Und weil ich mit meinen Gefühlen noch nie besonders gut hinterm Berg halten konnte, wussten die zwei, noch bevor sie ihr Taschen abgestellt hatten, wie es um mein Seelenwohl bestellt war.
Carina, Jenny und Elke fanden meine emotionale Problem-Schilderung sehr unterhaltsam und bei der wiederholten Ausführung des Dilemmas konnte ich mir ein Lachen selbst nicht mehr verkneifen. Immerhin hatte ich nach einem legeren Kleidungsstück verlangt und ganz im Sinne von "Kunde ist König" wurde mein Wunsch erfüllt.
Doch als ich beschloss, mich dem eigentlichen Thema zu widmen - dem Rafting, rollte der nächste körperbetonte Schock auf mich zu: Ich realisierte, dass es keine Einzelkabinen gab. Damit hatte ich (warum auch immer) nicht ansatzweise gerechnet. Unendlich froh darüber, dass ich ausschließlich schwarze Unterwäsche trage und somit oben immer zu unten passt, versuchte ich mich möglichst unauffällig umzuziehen: Oberteil aus, T-Shirt an, Hosen runter, Neoprenanzug hoch. Leider gestaltete sich vor allem Letzteres komplizierter als erwartet, denn ein elegantes Hineinschlüpfen in das Übergrößenmodell war nicht möglich. Trotz der Bemühung, meinen schwarz beschlüpferten Hintern nicht allzu lange zu präsentieren, stand ich eine gefühlte Ewigkeit in gebeugter Haltung, mit den Händen in Knöchelhöhe und zerrte an dem störrischen Neopren-Stoff. Irgendwann gelang es mir, mit der Eleganz einer Planierraupe, das Ding hochzuziehen.
"Geschafft.", seufzte ich erleichtert und ergänzte lachend: "Eigentlich war das genug Sport für heute."
"Nix da. Jetzt geht's erst richtig los und ihr werdet sehen, das macht so viel Fun.", widersprach mir Elke euphorisch. Sie war Mitte 40, leitete zwei Teams und sah sich selbst lieber in der Rolle der verständnisvolle Freundin, statt strengen Vorgesetzten. Meistens stürmte sie mit einem "Hallo, meine Helden!" unser Büro und versprühte dabei lebensgefährlich viel gute Laune. Davon abgesehen, war es ihr immer besonders wichtig, bei jeder Gelegenheit zu erwähnen, dass sie Action in ihrem Leben brauchte. Aus diesem Grund stand ich jetzt auch in voller Paddel-Montur am Rand einer Rafting-Anlage.
Ich nahm in der ersten Reihe des Schlauchbootes Platz und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Carina und Jenny saßen hinter mir und mit uns noch zwei weitere Kollegen. Elke saß im, von mir liebevoll getauften, Vorgesetzten-Boot. Mich erheiterte die Vorstellung, dass dieses Boot vermutlich nicht vorwärts kam. Denn die Besatzung bestand nur aus Anweisung-gebendem Personal, während die berufliche Unterschicht - also die tatsächlichen Arbeitskräfte, mit mir in einem Boot saß. Den Chef-Kahn verlor ich relativ schnell aus den Augen, denn ich paddelte mir die Seele aus dem Leib. Wir fuhren gefühlte 50 Runden durch die 270 Meter lange Rafting-Anlage. Neben dem allgemein üblichen rudern kam meinerseits auch das Kreischen und Lachen nicht zu kurz. Trotz zwei Nahtoderfahrungen durch beinahe Ertrinken kann ich zweifellos behaupten: Das hat zu meiner Überraschung wirklich Spaß gemacht.

Völlig außer Puste steuerte ich nach dem Rafting mit meinen Kollegen die Umkleide an. Auf einer großen Terrasse erwartete uns zwischen Fässern und Kleiderständern schon ein Mitarbeiter mit den Worten: "Den Helm könnt ihr mir geben. Die Schuhe bitte einmal in dem Fass waschen und dann in die Tonne daneben schmeißen."
"Check." antwortete ich mit einem Lächeln und erledigte alles wie verlangt.
Als ich meine Schuhe in die besagte Tonne fallen ließ, erklärte mir der Typ: "Deinen Neoprenanzug kannst du in die Tonne hier drüben werfen.", und neigte amüsiert den Kopf in die Richtung des besagten Behälters.
Mein Entsetzen konnte ich kaum verbergen, denn ich stand auf einer großen Terrasse, im Sichtfeld von vorbeipaddelnden Rafting-Fans und neugierigen Besuchern. Es war der Präsentierteller schlechthin, auf dem ich mich mal eben aus meiner Neopren-Haut schälen sollte. Tolle Idee.
Hatte ich schon erwähnt, dass ich über meiner schwarzen Funktionsunterwäsche ein weißes - mittlerweile klitschnasses - T-Shirt trug?
Soweit es mir möglich war, quetschte ich mich an eine Hauswand und nutzte die Deckung eines Kollegen, um mich auszuziehen. Anschließend versuchte ich mein T-Shirt auf die Länge eines Kleides auszudehnen, damit ich möglichst viel von meinem Körper verstecken konnte. Mit einem weißen, nassen Shirt ist das ungefähr so sinnvoll wie eine Diät, bei der man überflüssige Pfunde wegschläft.
Peinlich berührt kam ich in der Umkleidekabine an, wo direkt die nächste Herausforderung auf mich wartete: Gemeinschaftsduschen. Da zum Team-Event auch ein abschließendes Abendessen gehörte, war das Duschen zwingend erforderlich. Obwohl es mir absolut widerstrebte, ließ ich mich vom nackten Gruppenzwang mitreißen und schaute der entblößten Wahrheit ins Gesicht. Selbstbewusst wie eh und je stand ich mit meinem Pommes-Buden-Körper und meinen Kolleginnen unter der Brause. Ich schloss die Augen und wusch mir eilig die Haare.
"Na Mädels, das war doch herrlich, oder?", ertönte plötzlich unerwartet Elkes Stimme. Überrascht öffnete ich die Augen, was ich hätte lieber lassen sollen, denn da stand sie: meine Chefin. Nackt.
"Die Frau kannst du nie wieder ernst nehmen.", dachte ich entsetzt. "Wie soll ich im nächsten Personalgespräch mit ihr über meine berufliche Entwicklung sprechen, wenn ich die ganze Zeit ihre Brüste vor Augen habe? Zum Glück hat sie kein Nippel-Piercing.", schoss es mir weiter durch den Kopf.
Grundsätzlich war ich Brüsten gegenüber sehr aufgeschlossen, schon alleine weil ich meinen eigenen Vorbau sehr mochte. Aber das, was da gerade vor mir hin und her schaukelte war der Busen meiner Chefin und nicht die wohlgeformte Oberweite von Jennifer Lopez.
Elke schien es nicht zu stören, dass ihre beiden Airbags schon etwas Luft verloren hatten, immerhin war sie keine 20 mehr. Der Rest ihres Körpers war für ihr Alter gut in Form und damit tänzelte sie jetzt fröhlich unter der Brause herum. Trotzdem gelang es mir nicht, Brüste Brüste sein zu lassen und die Situation einigermaßen entspannt über mich ergehen zu lassen.
Um weitere verstörende Bilder zu vermeiden, verließ ich schnell die Gemeinschaftsdusche, hoffte auf einen gut funktionierenden Verdrängungsmechanismus bei allen Beteiligten und verhüllte meinen Körper endlich wieder mit Kleidung in Ego-freundlicher Größe.

Obwohl ich wirklich Spaß hatte, war dieses Erlebnis etwas zu viel "Team-Event" für meinen Geschmack. Mein Selbstbewusstsein ist sicherlich nicht klein, aber das kann ich nur in vorteilhafter Kleidung und mit High Heels, die mich 10 Kilo leichter schummeln, richtig ausspielen. Das Problem bestünde natürlich nicht, wenn ich endlich anfangen würde, regelmäßig Sport zu treiben und mich gesund zu ernähren. Aber werde ich das in nächster Zeit machen? Nein. Würde ich mir das Fett absaugen lassen, wenn ich das Geld dazu hätte? Definitiv.
Fazit: Der innere Schweinehund sitzt momentan am längeren Hebel und der richtige Weg ist kilometerweit entfernt. Doch ich schätze, ich kann mich mit Body-Shaping-Unterwäsche noch etwas über Wasser halten. Außerdem werde ich in Zukunft alle Ausflüge, bei denen die Kombination "Kollegen und nackt sein" vorkommt dankend ablehnen. Obwohl ich mir eingestehen muss, dass es auch schlimmer hätte kommen können: Umkleidekabinen für Männer und Frauen - quasi ein wahr gewordener Penis-Brüste-Chef-Alptraum.

 

Hi,

der Text ist völlig okay, als freundliche Postkarte von zu Hause, wie es einer alten Schulfreundin so geht. Oder wie so ein "Bericht" für eine Schülerzeitung bzw. hier "Betriebsnachrichten". So ein bisschen Selbst-Ironie über den eigenen Körper und die Scham, dass die anderen einen sehen - so dieses "huch, ich bin aber ein bisschen neurotisch, aber so sind wir Mädchen eben."

Das ist auch in dem Kontext wirklich angebraucht. Es gibt sicher einen Markt für solche Texte, aber bei "Kurzgeschichte" oder "Literatur" ... dafür fehlt dann ein bisschen Handlung oder Widerstand oder Einsichten. Der Text ist extrem harmlos, in dem was er zu sagen hat und welche Perspektive er dem Thema gegenüber einnimmt.

Ich finde es zeigt sich schon Wortwitz und Eleganz im Umgang mit Sprache - aber ... ich frag mich, wenn ich den Text les, in welche Richtung du schreiben möchtest? Was du mit dem Text erreichen willst? Natürlich hat auch leichte Unterhaltung und ein Schmunzeln seine Berechtigung, aber auch da kann man versuchen bisschen mehr Biss reinzubringen

Literarisches Schreiben, das Erzählen von "Geschichten" - das lässt sich schwer mit Texten vereinen, die auch in einem launigen Firmen-News-Letter Platz hätten.


Ich kann mich an eine Geschichte erinnern, die im Prinzip in diese Richtung hier geht:
http://www.wortkrieger.de/showthread.php?37201-Einsam-im-Winterwald

Wenn man das vergleicht: Es ist noch mehr Selbst-Ironie, der Text wirkt viel ehrlicher und "ungefiltert", es wäre viel zu peinlich, den irgendwo mit der eigenen Unterschrift und "Das ist mir letzte Weihnacht passiert" irgendwo zu posten und er hat wirklich Biss.
Das wäre jetzt, finde ich zumindest, eine Richtung, in die dein Text auch gehen könnte. Wenn du das möchtest. Die Autorin dieses Textes hat übrigens damit dann auch Erfolg gehabt, wenn das motivierend wirkt. :)

Ansonsten Willkommen im Forum
Quinn

 

Hallo Rosenmond,

Bin ja mehr ein Lurker, trotzdem heiße ich dich einfach mal willkommen hier:
Hallihallo!
So jetzt aber zum Text :)

Den Einstieg finde ich gut. Nicht unbedingt für die Geschichte, aber halt gut geschrieben. So locker, wie du das erzählst, habe ich mir gedacht: Ja, dieser Charakter könnte Spaß machen.
Nachdem ich den Rest gelesen habe, muss ich dir sagen, der Einstieg schwächt den Fortlauf eher.
Denn auf mich wirkt dein Prot wie jemand, der mit seiner Figur und seinem Gewicht recht selbstbewusst umgeht- es wäre doch viel interessanter zu lesen, wie jemand, der sich für sein Aussehen schämt, in einer solchen Situation zurecht kommt.
Dann beginnt der Hauptteil, obwohl du leider nur berichtest.
Dieser Absatz zB:

Das erste Highlight konnte ich bei der Ausgabe der Neoprenanzüge vermerken. In einer kurzen Einweisung wurde uns mitgeteilt, dass wir keine Kleidergrößen angeben müssen, da die Mitarbeiter den ultimativen Größen-Scan-Blick beherrschen. In meinem Fall funktionierte er wirklich fantastisch. (Vorab: Ich trage gewöhnlich Konfektionsgröße 42). Während die Mitarbeiterin bei meinen Kolleginnen einen Neoprenanzug von einem der vor ihr liegenden Stapel nahm, verschwand sie bei mir, ging zu den Männerstapeln, kam zurück und brachte mir einen Herren-Neoprenanzug in Größe 54. Selten hatte etwas so laut "Fette Kuh" geschrien, wie dieser Moment.

Stelle dir mal diesen Absatz als Film vor, probiere mal, den zu entpacken.
Da steckt soviel Potential drin:
Gespräche in der Warteschlange, wer sind die Kollegen, was haben die für Schrullen,
vielleicht ein Streit zwischen Prot und dem Anzugverteiler ...
Alles Szenen, die du in einzelnen Sätzen abkanzelst. Da fällt es dann schwer, mit deinem Prot mitzufühlen. Er hat auch kaum Wechselwirkung mit seiner Umwelt, Was riecht/sieht/hört sie?
Show, don't tell, wie es so schön heißt.

Trotzdem hat es mich unterhalten, wie gesagt, das liegt an deinem Stil, den mag ich irgendwie. Vielleicht zu viele Adjektive.
Also, Rosenmond, ich hoffe, du kannst mit meiner Kritik etwas anfangen. Trau' dich ruhig, tiefer in deine Texte vorzudringen, mehr zu erzählen und zu implizieren.

Viel Spaß hier und tschüssi!

BadaBing

 

Hi Quinn,

ich frag mich, wenn ich den Text les, in welche Richtung du schreiben möchtest? Was du mit dem Text erreichen willst?

Mit diesen Fragen hältst du den Finger genau in die Wunde :), denn ich weiß es nicht. Und beim Schreiben fühlt es sich auch immer so an, als fehlt das Element, was den Text wirklich lesenswert macht.

Grundsätzlich freue ich mich, wenn ich jemanden zum Nachdenken oder Lachen bringen kann. Aber ich denke, ich muss diesen Anspruch noch genauer definieren bzw. besser umsetzen.

Auf jeden Fall schon mal vielen Dank für deine Kritik.


LG
Rosenmond

 

Hallo BadaBing,

vielen Dank für deine Tipps.
Was du schreibst macht absolut Sinn :). Wenn ich mich vom Protagonisten entferne und die Umwelt stärker einbeziehe/beleuchte oder mehr impliziere, habe ich allerdings immer Angst, mich irgendwo zu verlieren. Aber vermutlich würde das genau den "Biss" ausmachen, den Quinn auch schon erwähnte.

 

Rosenmond, du bezeichnet dich selbst als Laie in Sachen Schreiben, und das zeigt auch der vorliegende Text: Ein Bericht, statt Geschichte – Quinn sagte das bereits. Aber das Problem, das hier von dir angesprochen wird, ist erkennbar das der jüngeren Generation: Angst vor realen Nacktheit.

Jedenfalls gibt es dieses schamhafte Duschen in Badebekleidung trotz der nach Geschlechtern getrennten Duschräumen erst seit 5 bis 10 Jahren. Das hat absolut nichts mit dem (eingebildeten) Dicksein zu tun, sondern mit dem veränderten Blick der Jüngeren auf die reale Nacktheit. Ich sehe es alle 14 Tage im Schwimmbad: Die Jungs duschen sich regelmäßig in diesen komischen bis zum Knie reichenden Badehosen, erwachsene Männer ab ca. 25 ziehen sich dagegen (noch) nackt aus.

Es gibt eine erstaunliche Diskrepanz zwischen veröffentlichen Nacktheit und der tatsächlichen im realen Leben. Selbst die FKK-Bewegung, wo bekanntlich oder angeblich kein Sex stattfindet, kommt zunehmend in den Ruf, unanständig zu sein, allein weil es dort nackte Tatsachen gibt.

Das erwähne ich, um zu würdigen, dass du hier ein Problem anzusprechen versucht hast, das für einen Teil der Gesellschaft real besteht, für andere aber ein eingebildetes oder gar neurotisches ist. Ich bin fast geneigt zu sagen, die ganze Jugend ist in dieser Beziehung neurotisch.

Weil das Problem nicht nur persönlich ist, kann man es hier nicht so mit Selbstironie bringen, wie wenn man nicht Skifahren kann. Es sei denn, man nimmt diese gesellschaftliche Entwicklung auf den Arm und schreibt eine Satire darüber. Aber das ist mitunter das Schwierigste, was es in der Literatur gibt, also für einen Laien wie dich sicher nicht ohne weiteres machbar.

Am besten wäre, die Geschichte neu schreiben, entschiedener, pointierter (nicht so ein Singsang, egal was passiert) und mit Dialogen, dabei die Aufmerksamkeit weniger auf das Dicksein einer Person legen, als auf generationsabhängige Unterschiede bei der Beurteilung von nackten Tatsachen, so nach dem Motto, wie können sich die bloß nackt duschen, es gibt doch eine Privatsphäre, etc.
Okay, ich gebe zu, das mit geändertem Fokus, das wäre dann meine Geschichte. :D

 

Hallo zusammen,

ich habe versucht, eure Tipps umzusetzen und würde mich über eure erneute Meinung freuen.

Mir ist natürlich bewusst, dass ich hier kein tiefgründiges oder gesellschaftskritisches Werk geschaffen haben. Aber ehrlich gesagt, ist das auch gar nicht mein Anspruch. Es geht mir lediglich darum, dem ein oder anderen Leser ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Nicht mehr und nicht weniger. :)

LG

 

Hallo Rosenmond

Wenn du eine Geschichte bearbeitest, bitte editiere den ersten Eintrag (über Button "bearbeiten"). Eine neue Version mitten im Thread zu veröffentlichen ist deshalb keine gute Idee, weil jetzt jeder, der deine Geschichte anklickt, zunächst die alte (nicht mehr aktuelle) Version zu lesen bekommt (und vielleicht direkt antwortet und dabei gar nicht merkt, dass es schon eine neuere Version gibt).

Dass die erste Version dabei für die Öffentlichkeit verloren geht, sollte kein Problem sein - schließlich verstehen wir uns hier auch als Schreibwerkstatt, und da wird an den Texten gearbeitet. Der Leser sollte aber nur immer die letzte Fassung zu Gesicht bekommen, sonst gerät die Diskussion über die verschiedenen Versionen deines Textes aus den Fugen.

Grüsse,
Schwups

 

Hallo Rosenmond!

Arsch und Himbeere? Die Form kann doch nicht … Oder ist hier die Süße gemeint?
Auf jeden Fall eine neue Verbindung, Arsch und Himbeere, die dann sofort mit der altbewährten Verbindung Körper + Tempel gebrochen wird. Reizvoll.
Dann folgt „Spiegel verhängen“, das kennt man auch wieder. Da hätte ich „Spiegel zur Wand drehen“ genommen. Ist zwar praktisch nicht möglich (Aufhängung), aber gerade das hätte die gewünschte starke Wirkung vermittelt. Dieses Unüberlegte, in dem Moment.
Kurz gesagt, neue Vergleiche und Wendungen finden ist schwierig, Altbekanntes einsetzen geht flüssig von der Hand und man ist froh, was Verständliches geschrieben zu haben. Nur, von einem Erzähler wird Kreativität erwartet.

meine Problemzone beschränkt sich auf den Bereich oberhalb der Knie bis unterhalb der Brüste. Da gibt es immerhin noch mindestens 33 Prozent, denen ich auf jeden Fall Top-Noten geben würde. Und der gesamte Rest kann als wandelnde Warenauslage für diverse Textilien akzeptabel verhüllt werden.
Also, Problemzone = Oberschenkel + Hüfte + Bauch, und davon sind 33% top in Ordnung. Verstehe ich nicht, was soll das sein, der Bauchnabel? Oder etwas darunter, noch recht straffe Schamlippen? Ich steh grad auf dem Schlauch.

Wie komme ich nun auf dieses äußerst heikle Thema?
Also, ich find das Thema nicht heikel, ich find es ausgelutscht. Dann folgt noch die übliche Gegenüberstellung eines athletischen Surfer-/Rafting-/Sport-Typen mit der dem Protagonisten anhaftenden Unförmigkeit.

Was ich gut finde, ist die Selbstironie, mit die Heldin ihr Schicksal erträgt. Aber ist das nicht immer so in solchen „gewichtigen“ Geschichten? Na ja, außer in denen, wo die dicke Frau am Ende der Vorstellung durch eigene Hand stirbt. Also, dieses Ende ist hier nicht zu erwarten, orakele ich mal.

Am Ende wittere ich doch noch eine Geschichte, aber es ist nur ein schwaches Leuchten am Horizont und schon bricht die Nacht, sprich das Ende, herein.

Das Problem bestünde natürlich nicht, wenn ich endlich anfangen würde, regelmäßig Sport zu treiben und mich gesund zu ernähren. Aber werde ich das in nächster Zeit machen?
Das ist der Aufmacher und …
Fazit: Der innere Schweinehund sitzt momentan am längeren Hebel
das ist die Erkenntnis. Was fehlt, ist die Geschichte dazwischen.

Gruß

Asterix

 

Es geht mir lediglich darum, dem ein oder anderen Leser ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
Hei Rosenmond, gelesen habe ich zunächst wegen des Einstiegs; der Arsch als Himbeere, der Körper kein Tempel, sondern ein Trailer für den Charakter -- das ist ungewöhnlich, flapsig, macht neugierig.
Warum es dann zumindest bei mir mit dem Lächeln nicht geklappt hat: nach diesem selbstbewußten Einstieg verwundert mich der Rest der Geschichte. Jemand, dessen erste Worte gegenüber einem unbekannten Publikum "mein Arsch" sind (es gibt ja keine Rahmenhandlung, die etwas anderes suggerierte), ist "entsetzt" beim Anblick von Nacktheit? Die Protagonistin schaudert vorm gemeinsamen Umziehen, leidet lautstark unter der Unterstellung, sie könne fett sein (woran der Leser sieht, das ist ihre größte Furcht), und wie sie künftig ihre Chefin sieht, hängt von deren Brüsten ab? Paßt nicht, hinten und vorne nicht. Bzw.: die Erwartung, die der Einstieg bei mir geweckt hat, wird nicht erfüllt.
Wenn diese Irritation Deine Absicht ist, müßtest Du das ausarbeiten und das unkonventionelle Auftreten der Protagonistin mit ihrer Normhörigkeit unter einen Hut bringen. Andernfalls ist Deine Geschichte nix für Leute, die bei den sogenannten Mädchenthemen auf Durchzug schalten. ,) (Ich persönlich bin eine Leserin, die Qualen leidet, wenn eine geschriebene Gestalt heruntergemacht wird; in diesem Falle finde ich es besonders schlimm, weil die Protagonistin das gleich selbst erledigt.)

Zum Formalen: Die Überarbeitung war schon ein Schritt in die richtige Richtung. Was noch durchgehend verbessert gehört: in der wörtlichen Rede fallen die Satzzeichen am Ende weg, wenn der Rahmen-Satz weitergeht, also:

... das sehen meine Kollegen dann schon", beendete der Surfer-/Rafting-/Sport-Typ seine kurze Einweisung ...
Außerdem würde ich schauen, wo sich der Text noch straffen läßt. Aber das sind dann schon Details.
L.

 

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