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Serie Nachtwanderer - Brüder

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05.11.2012
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Nachtwanderer - Brüder

Den schnellen Atem unterdrückend und in Versuchung möglichst geräuschlos zu verharren, drückte sich Enra fester an die Wurzeln einer umgestürzten Eiche, unweit vom Wegrand. Es war töricht in der Nacht unterwegs zu sein, aber er konnte nicht anders, als nach seinem kleinen Bruder zu suchen. Sie hatten sich am Morgen gestritten und Fanro lief davon. Seit dem hatte er seinen Bruder nicht mehr gesehen.

Aus Scham und aus Angst vor Bestrafung durch seinen Vater machte Enra sich auf die Suche. Vielleicht hat sich Fanro verletzt, konnte nicht mehr aus eigener Kraft nachhause und versteckt sich nun irgendwo vor der Dunkelheit. Er ist schlau genug um zu wissen, dass man vor Einbruch der Nacht im Schutzbereich der Kristalle sein muss. Es war neblig. Enra spürte die hauchdünnen Tröpfchen, die sich auf seiner nächtlichen Wanderung in seinen dünnen Bartstoppeln verfingen. Durch Mund atmend, halb sitzend und halb liegend, mit dem Rücken an die Wurzeln der Eiche gelehnt, horchte er in die Nacht. Doch sein Herz schlug vor Aufregung so fest, dass Enra fürchtete, sich leise nähernde Geräusch nicht ausmachen zu können. Der Mond schien nur schwach und verängstigt wie er war, spielten die Nebelschwaden ein böses Spiel mit seiner Fantasie. Die Geräusche, die er zuvor auf dem Weg vernahm mussten aber echt sein. Es war ein Scharren auf dem Weg vor ihm. Kaum hatte Enra das Geräusch gehört, rannte er schnell zur umgestürzten Eiche und versteckte sich hinter ihren Wurzeln.

Enra spürte wie die Kälte der feuchten Erde in seine Beine drang. Die Luft war schwer, weshalb er mit seinen flachen Atemzügen nur knapp genügend Luft bekam. Er versuchte sich zu beruhigen, schloss die Augen und hielt den Atem an. Ausser dem plätschern des Baches, der in der Nähe floss und dem sanften Flüstern eines schwachen Windes, war nichts zu hören. Seine rechte Hand tastete in seiner Umhängetasche nach dem Gryphoniten. Ein fast faustgrosser Kristall in einer kupfernen Schutzhüll, die sich leicht entfernen liess. Der Kristall war bei Weitem nicht so rein wie die der Schatten-Jäger. Etwas anderes konnte sich seine Familie zum Schutz aber nicht leisten. Die Kraft des Kristalls genügt um ein Schattenwesen für kurze Zeit auf Abstand zu halten, wird aber nicht reichen, um ihm einen Sicheren Weg zurück in sein Dorf zu ermöglichen. Was habe ich mir dabei nur gedacht. Während mehreren Herzschlägen hielt Enra den Atem an. Es waren jedoch keine Geräusche zu hören, die Bewegungen auf dem Weg verraten hätten. Enra wünschte sich, er würde auf dem Bauch liegen. So könnte er versuchen ohne sich gross zu bewegen und gefahrzulaufen mit Geräuschen, wie dem Knicken eines Ästchens oder dem leisen rascheln von Laub auf sich aufmerksam zu machen, einen Blick rüber zum Weg zu werfen, um so zu erkennen, was er zuvor gehört hat.

Viel ist über Schattenwesen nicht bekannt. Sie waren plötzlich da und wüteten Nacht für Nacht in den Dörfern und Städten. Sie können mit Schwertern und Speeren nicht aufgehalten werden. Bis die Wirkung der Kristalle auf die Kreaturen entdeckt wurde, waren die Verluste schon sehr gross. Ganze Siedlungen wurden vernichtet und Familien ausgelöscht. Seit der Entdeckung, ist es möglich sich des Nachts zu schützen, wenn der Schutz der Kristalle auch schnell nachlässt. Die Angriffe wurden seltener und in grösseren Städten kommen sie nicht mehr vor. Trotzdem haben die Schattenwesen durch die Angst, die sie verbreitet hatten, die Nacht für sich erobert und überlassen den Menschen nur die wenigen Stunden des reinigenden Lichts. Schattenwesen gibt es in verschiedenen Formen. Einige erinnern an bleiche, haarlose Wölfe und bewegen sich sowohl auf zwei Beinen als auch auf allen vieren fort. Die wenigen, die eine Begegnung mit einem Schattenwesen überlebt haben, berichten von Hass erfüllten Augen, die eine schier menschliche Intelligenz ausstrahlten.

Gerade als Enra erleichtert den Atem ausstossen wollte, hörte er wie sich Sand und kleine Steinchen auf dem Weg aneinander rieben. Das Geräusch war viel näher als er erwartet hatte. Was auch immer auf dem Weg war, es befand sich unmittelbar neben der Umgestürzten Eiche. Nur schon das geringste Geräusch würde ihn verraten und sein Ende bedeuten. Enra konnte nur hoffen, dass er schnell genug den Weg verlassen hatte und bei seiner Flucht unbemerkt blieb. Seine Gedanken überschlugen sich. Was sollte er nun tun. Der Wind wehte aus der Richtung des Weges über die Eiche, was die Witterung seines Geruchs verhindern sollte. Davon laufen wäre sein sicherer Tod. Jedes Schattenwesen ist schneller als er. Er könnte versuchen mit dem Gryphoniten das Schattenwesen auf dem Weg zu vertreiben. Wahrscheinlicher ist aber, dass er mit der Verwendung des Kristalls das Schattenwesen nur wütend machen würde und weitere Schattenwesen, die sich in der Nähe befinden anlockt. Am liebsten hätte sich Enra in der kalte Erde unter ihm vergraben und wäre eins mit den Wurzeln geworden. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu verharren und sein Schicksal in die Hände des reinigenden Lichts zu legen. Er konnte hören, wie etwas witternd die Luft prüfte. Enras Herz, das eben noch so wild schlug, blieb plötzlich stehen. Kalter Schauder lief ihm über den Rücken. Es hat mich entdeck.. Seine rechte Hand umschloss den Gryphoniten. Ich gebe nicht kampflos auf. Wenigstens eine Narbe soll das Schattenwesen immer an mich erinnern.

Plötzlich stellte es Enra die Nackenhaare auf. Wie aus dem nichts erschall ein greller Pfeifton, den er nur schwach wahrnehmen konnte. Es hörte sich wage wie ein heller Schrei an, der nicht von einem Menschen stammen konnte und nicht aus der Richtung des Schattenwesens, sondern aus der Richtung seines Dorfes kam. Enra hörte wie das Schattenwesen mit einer bizarren Mischung aus knurrenden und grunzenden Lauten sich schnell von ihm entfernte und auf allen Vieren auf Vynda seinem Dorf zu eilte.
Erleichterung machte sich in Enra breit. Vor lauter Aufregung hat Emra nicht gemerkt, dass sein ganzer Körper sich verkrampft hatte. Langsam liess er die Schultern sinken und versuchte wieder klare Gedanken zu fassen. Mein Dorf! Das Schattenwesen ist auf dem Weg nach Vynda.. Enra sprang auf. Trotz lähmender Kälte in den Beinen, kletterte er auf den Stamm der Eiche um möglichst schnell wieder zurück zum Weg zu gelangen. In seiner Hast verlor Enra den halt, glitt rückwärts von der Eiche und schlug hart mit dem Kopf auf einem Stein auf. Dunkelheit umfing ihn.

Als Enra die Augen öffnete, dämmerte bereits der Morgen. Seine Kleidung war vom Morgentau feucht. Er lag am Boden neben der Umgestürzten Eiche, fror und konnte sich kaum bewegen. Als Enra mit der Hand die schmerzende Stellen an seinem Kopfberührte, mit welcher er auf dem Stein aufschlug, spürte er getrocknetes Blut. Langsam richtete er sich auf und versuchte sich zu orientieren. Seine Blicke blieben an einer Rauchfahne hängen, die sich in nicht allzu weiter Entfernung in den Himmel zog. Enra vergass seine Schmerzen, vergass seine unterkühlten Glieder und eilte der Rauchfahne entgegen. Angekommen auf der Spitze eines Hügels hatte er freien Blick auf sein Dorf. Vynda war total verwüstet. Die Schutzwälle waren an mehreren Stellen durchbrochen. Häuser lagen in Schutt und Asche, Feuer brannten und vereinzelt konnte er Überreste von Vieh und was noch schlimmer war von den Dorfbewohnern sehen. Wie konnte das passieren, das Dorf war doch durch grosse Kristalle geschützt. Seine Familie und alle seine Freunde lebten in Vynda. Enras Knie drohten nachzugeben. Er musste sich setzen. Tränen rannen ihm über die Wange. Ungläubig schüttelte Enra den Kopf, in der Hoffnung alles sei nur ein böser Traum. Er suchte in den Trümmern sein Zuhause, in welchem er von seinen Eltern zusammen mit Fenro aufgezogen wurde, konnte aber nur ein paar brennende Balken erkennen, wo eigentlich das Haus stehen sollte. Da nahm er eine Bewegung im Dorf war. Jemand hat überlebt! So schnell er konnte eilte er ins Dorf. Am Schutzwall angekommen warf Enra einen Blick auf die Kristalle. Sie alle waren grau und strahlten nicht wie normal in einem hellen Weiss. Als er sich einen der Kristalle genauer ansehen wollte, spürte er eine Wärme, die von ihm ausging. Der überlebende. Enra riss sich vom Kristall los und suchte sich einen Weg durch das verwüsteten Dorf.

Vor den Resten seines Zuhauses kauerte jemand am Boden. Die Kleidung kam Enra bekannt vor und sofort erkannt er seinen kleinen Bruder Fanor. Fanor hat Enras Schritte gehört. Er drehte sich um und zeigte seinem Bruder sein von Asche und Tränen verschmiertes Gesicht. Die beiden Brüder eilten auf einander zu und schlossen sich fest in die Arme. Enra drückte seinen kleinen Bruder fest an sich. Wie viel Zeit so verstrich, konnte Enra nicht sagen. Seine Eltern, seine Freunde und all die anderen Dorfbewohner. Sie alle sind nicht mehr. Enra hatte nur noch seinen Bruder und er war von nun an der einzige, der auf Fanro aufpassen konnte. Auch wenn sie vor wenigen Stunden noch stritten, er liebte seinen Bruder und würde alles tun, um Fanro zu beschützen.

Fanro hatte sich nach dem Streit mit seinem Bruder in einer Scheune ausserhalb des Dorfes versteckt, weil er Enra einen Schrecken einjagen wollte. An seine Eltern hatte er dabei gar nicht gedacht. So kam es, dass Enra und Fanro den Angriff auf Vynda überlebten und später, getrieben durch den Drang nach Rache, Hass und Schmerz, zu Kriegern in der grossen Schlacht gegen die Herren der Schattenwesen wurden.

 

Hallo & herzlich willkommen hierorts,

lieber Mitrai!

Nun bin ich weder ein Freund noch ein Gegner der Fantasyliteratur (da geb ich mich genügsam mit Märchen, Sagen und Mythen der Alten, immerhin doch der Grundstock, auf dem alle Literatur bis hin zur Unkenntkichkeit und manchmal unwissentlich aufbaut, neue, fantastische Namen erfindet – und wär’s aus dem Marketing entliehn - und den technischen Fortschritt bejubelt), aber schon die ersten Zeilen verraten eine angenehme Erzählstimme, dass ich halt geblieben bin.

Aber – und das ist das Auffälligste - im Formalen herrscht ein gewaltiges handicap: Es harpert an der Zeichensetzung, wiewohl sie uns gelegentlich vorgaukeln will, dass sie säße, wobei ich nicht hiernach fürchten müsste, ob es nicht doch eher Flüchtigkeit wäre, und gelegentliche Substantivierung, wenn gar keine notwendig erscheint. Symptomatisch der folgende Satz, der eher einen verhinderten Kleist, statt einen Manager verraten will – aber die Zeichensetzung, sehn wir von einem vergessenen Komma zwischen Laub und auf ab, stimmt hier – was selbstverständlich für Flüchtigkeit spräche:

So könnte er versuchen ohne sich gross zu bewegen und gefahrzulaufen mit Geräuschen, wie dem Knicken eines Ästchens oder dem leisen rascheln von Laub auf sich aufmerksam zu machen, einen Blick rüber zum Weg zu werfen, um so zu erkennen, was er zuvor gehört hat.

Sehn wir mal von ab, dass „Gefahr zu laufen“ besser auseinandergeschrieben wird wie „das leise Rascheln“ groß, muss ein solch verzwirbelter Plan (mehr besagt ja der Konjunktiv zu Anfang nicht) selbst den aufmerksamsten Zuhörer verstören. Ließe sich nicht der Einschub an nachgeschobenen Attributen / Beispielen vom „wie“ bis zum „Laub“ entbehren? Oder – sofern man dran hinge – der Satz in seine Elemente zerlegen? Denn, so fürchte ich, wer Fantasy liest / hört hat im guten Sinne seine Kindlichkeit bewahrt, im schlimmeren Falle wäre er aber kindisch und hätte Probleme, sich zu konzentrieren.

Aber beginnen wir am Anfang:

Den schnellen Atem unterdrückend und in Versuchung[,] möglichst geräuschlos zu verharren, drückte sich Enra fester an die Wurzeln einer umgestürzten Eiche, unweit vom Wegrand.
Nach der Versuchung empfiehlt sich ein Komma (wg. d. Infinitivgruppe). Wohingegen das „unweit“ an sich keines bedarf, wie Du unschwer an einem bisschen Möbelrücken erkennen kannst:
…, drückte sich Enra [unweit vom Wegrand] fester an die Wurzeln einer umgestürzten Eiche […].
Dem
Wegrand
kann man ruhig den Genitiv zusprechen: „Wegesrand“.

Ich fürchte schon fast, dass Du vernommen hast, dass Infinitivsätze nun keine Kommas mehr bräuchten, was ein Gerücht ist! Es sind, wie zuvor schon, eine ganze Reihe von Ausnahmen in den neueren Regeln aufgeführt, die statt der kann-Regelung (mehr sind die „Freigaben“ gar nicht) die muss-Regelung vorherrscht, dass es für den Anfang einfacher wäre, grundsätzlich ein Komma zu setzen. Es ist ja nicht verboten!

Es war töricht[,] in der Nacht unterwegs zu sein, …
Und beim kleinen Bruder gelingt’s doch …

Er ist schlau genug[,] um zu wissen, …

Durch Mund atmend, …
Dem Mund muss man nicht, sollte aber doch einen Artikel zugestehn …

…, dass Enra fürchtete, sich leise nähernde Geräusch nicht ausmachen zu können.
Warum das Refelxivpronomen?

… und verängstigt[,] wie er war, spielten …
Jeder Nebensatz, wie schon zuvor und jetzt beim Relativsatz, hat – wie das richtige Leben – Anfang und Ende.

Die Geräusche, die er zuvor auf dem Weg vernahm[,] mussten aber echt sein.

Enra spürte[,] wie die Kälte der feuchten Erde in seine Beine drang.

Ausser dem plätschern des Baches …
Plätschern ist da Substantiviert …, eigentlich ein Vorrecht von Bürokratie und Verwaltung. Ich denk mal, dass Dein Sprachgefühl dort gestreikt hat, denn es lässt sich auch verbal ausdrücken:
Ausser dem plätschern[den Bach] …,
was dann auch im Kontrast zur substantivierten Leistung des Windes stünde …

… in einer kupfernen Schutzhüll, …
Und weil der elfte Schnitzer wieder eine Infitivkonstruktion ist, sei daraufhingewiesen, dass hier vor Ort wie auch im Duden Bd. 1 die ersten hundert Seiten die maßgebenden Rechtschreibregeln, zu denen auch die Zeichensetzung zählt, aufgeführt werden – für einen Menschen, der an sich konzentriert arbeiten muss sicherlich ein Kinderspiel von vielleicht fünf Tagen, dann sitzt das Regelwerk. Freilich, den Unterschied zwischen vage / wagen wird der Duden Dir so schnell nicht erschließen –
Also noch ein letztes Wort für heute! Du schreibst
Es hörte sich wage wie ein heller Schrei an, …
Meinst aber
Es hörte sich [v]age wie ein heller Schrei an, …
Denn dieses unbestimmte „vag(e)“ kam uns übers frz. vague und findet sich substantiviert im Vagabunden.

So viel oder wenig für heute, bevor der Kommentar länger werde als der Muttertext ist …

Alles kein Beinbruch,

sagt der Friedel,
der zudem ein schönes Wochenende wünscht!

 

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