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Nachtschatten

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02.03.2018
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Nachtschatten

Eulenschrei wurde von vielen Mädchen ihres Stammes wegen ihres ungewöhnlichen Namens beneidet. Die anderen Mädchen trugen Namen wie „Zarte Blüte“, „Sonniger Morgen“, „Sanfte Abendröte“ oder „Gras im Wind“. Natürlich waren das keine langweiligen Namen, sie klangen melodisch und riefen bei denen, die sie hörten, bezaubernde Bilder hervor. Eulenschrei klang nicht nach einem bezaubernden, sanften oder gar harmlosen Bild. Es war, im Gegensatz zu den anderen Namen, die an Bilder des Tages erinnerten, ein Name, der an die Nacht denken ließ. Und das war rätselhaft und spannend. Sobald während der Nacht, und das galt für alle Nächte, die Eulen zum Beuteflug ausschwärmten und ihre Schreie die schwarze Dunkelheit durchdrangen, hatten die Mädchen in ihren Zelten zu sein, denn die Nacht sei, so sagte man es den Mädchen, voller Gefahren und unberechenbar. Eulenschreis Mutter hatte ihr diesen Namen gegeben, weil sie das Mädchen in tiefer Nacht zur Welt gebrach hatte, beim Ruf einer Eule, der so geheimnisvoll geklungen hatte, als sei mit diesem Mädchen jemand ins Leben gekommen, den es in ihrem Stamm bisher nicht gab.
In ihrer Kindheit erwartete man von Eulenschrei ein ganz normales Mädchen zu sein wie andere auch. Sie lernte, was ein Mädchen zu lernen hatte. So wie es immer gewesen war und wie es weiterhin zu sein hatte. Dazu gehörten Kenntnisse und Fertigkeiten um das Lager, die Zelte und die Kochfeuer in Ordnung zu halten. Und das war auf die Dauer ziemlich langweilig. Aber so wollten es die Männer. So wollten es die Jungs. So wollten es die erwachsenen Frauen. Sogar manche ältere Schwestern wollten es so.
Jedoch - auch wenn sie allem nachkam, was von ihr verlangt wurde und was Mädchen zu tun hatten, verhielt sich Eulenschrei anders. Sooft sie Zeit fand, zog sie sich zurück und schaute mit ihren großen Augen in den Himmel. Von ganz allein lernte sie dabei die Wolken zu deuten und das Wetter vorherzusagen. Sie war fasziniert vom Kreisen des Adlers in unerreichbarer Höhe und vom Beuteflug des Falken, der sich schneller als ein Pfeil auf seine Opfer herab stürzte. Sie saß in aufrechter Haltung im hohen Gras, legte ihren Kopf in den Nacken, schloss die Augen und spürte dem Wind nach, der über ihr Gesicht strich. Und sie sah dabei aus, als lausche sie einer spannenden Geschichte, die nur ihr allein erzählt wurde. Sie atmete den Duft des nahen Waldes, den sie nie betreten durfte, in sich ein. Eine Mischung aus Harz, Moder und frischem Grün. Sie lernte die Düfte zu unterscheiden noch bevor sie jemals gesehen hatte, woraus diese Düfte emporstiegen.
In ihrem zwölften Sommer wurde Eulenschrei von ihrer Mutter in ein auffälliges Mädchen verwandelt, was bedeutete, dass sie sich einer langwierigen Schönheitsbehandlung unterziehen musste, die ihr überflüssig und langweilig vorkam. Eulenschreis Haare, sorgfältig zu zwei dicken Zöpfen geflochten, glänzten in allertiefstem Schwarz wie ein verkohltes Stück Holz, ihre Wangen glühten wie reife Preiselbeeren in der Mittagssonne. Um den Hals und um die Handgelenke trug sie bunte Perlenketten und ihre Fußgelenke zierten schmale Lederbänder. Ihre Mutter war sehr zufrieden mit sich, hatte sie doch erreicht was sie wollte. Eulenschrei zählte zu den schönsten Mädchen des Stammes. Heute durfte sie erstmals bei den Wettkämpfen der Jungen zuschauen.
„Einer dieser Jungen wird später dein Mann werden und du wirst in seinem Zelt wohnen“, lächelte ihre Mutter. Sie sah dabei geradezu aufdringlich glücklich aus, während Eulenschrei sich keinerlei Mühe gab, ihren gelangweilten Gesichtsausdruck und ihre Abneigung zu verbergen.
Eulenschrei wurde von ihrer Mutter auf den Platz geführt, wo die Wettkämpfe stattfanden und eine alte Frau wies ihr mit knochigen Fingern einen Platz unter jenen Mädchen zu, die wie Eulenschrei zuschauen durften, und deren Mütter ziemlich sicher auch von einem anderen Zelt und irgendeinem zukünftigen Mann gesprochen hatten. Während der Wettkämpfe spürte Eulenschrei immerfort, dass sie nicht zu den anderen Mädchen passte. Diese feuerten die Jungen an, die im Bogenschießen, Tomahawkwurf, Speerwurf, Reiten und Ringen gegeneinander antraten. Die Krieger saßen auf der anderen Seite des Platzes und verhielten sich ernst und würdevoll. Ihre Gesichter wirkten wie aus Stein gemeißelt. Ihre Aufgabe war es, die Leistungen der Jungen zu beurteilen und eine Rangfolge festzulegen. Eulenschrei fand es ziemlich überflüssig, dass Jungs immerzu irgendwelche Rangfolgen brauchten, deren Gültigkeit bereits wenige Tage später von einer neuen Rangfolge abgelöst wurde. Eulenschrei schaute ohne erkennbare Regung zu. Sie wusste, dass sie mehreren Jungen aufgefallen war, und diese alles daran setzten, sie mit ihren Leistungen zu beeindrucken. Ihre großen, dunklen Augen, die an einen tiefen Brunnen erinnerten, dessen Grund nicht zu erkennen war, hätten lieber den Himmel und die Wolken beobachtet. Sie langweilte sich. Die Jungen allerdings bildeten sich ein, Eulenschreis Verhalten drücke eine besondere Würde aus, die sie von den anderen Mädchen abhob und erst recht interessant machte. Sie setzten alles daran einen bewundernden Wimpernschlag von ihr zugeworfen zu bekommen, aber Eulenschreis Blick streifte über sie hinweg wie ein kühler, schneidender Herbstwind der bereits den starren Winter ankündigte. Aus dem lebhaften Gespräch der anderen Mädchen, welche Jungs den überzeugendsten Auftritt hatten, hielt sie sich völlig heraus.
„Welcher Junge hat dir gefallen?“, fragte ihre Mutter neugierig, als Eulenschrei sich am Abend im Zelt in ihre bunten Wolldecken wickelte.
„Keiner!“ Eulenschrei gähnte und schloss die Augen.
„Keiner? Aber das geht nicht. Irgendeiner muss dich doch überzeugt haben!“
Eulenschrei blinzelte unter ihrer Decke hervor. „Solange ich nicht gegen sie laufen, springen, klettern und kämpfen darf, weiß ich nicht, ob jemand von ihnen besser ist als ich. Also: Keiner. Heute jedenfalls.“
Sie nahm den Blick ihrer Mutter mit in den Schlaf, mit dem diese zu erkennen gab, dass sie ihre Tochter nicht verstanden hatte.
Im darauf folgenden Sommer lernte Eulenschrei wie man Fische fängt. Sie stellte sich sehr geschickt an und konnte schon bald erstaunliche Jagderfolge vorweisen. Regelmäßig ging sie an den späten Nachmittagen zum nahen Fluß. Dort watete sie langsam in das Wasser hinein, mit behutsamen Schritten. Schließlich durfte sie die Fische nicht vertreiben, die in den ruhigen Stellen des Flusses standen. Eulenschrei stand bis zu den Knien im kalten Wasser. Die Strömung des Flusses umspielte ihre Waden. Sie liebte die Melodie des Flusses, sein stetiges, immer gleiches Rauschen, Blubbern und Gurgeln erzeugten in ihr ein beruhigendes Gefühl. Das Wasser, das aus den Bergen kam, leuchtete klar und durchsichtig. Die kühlen Tropfen, die in Eulenschreis Gesicht sprangen, rollten wie Perlen an ihr herunter. Eulenschrei verharrte bewegungslos an einer Stelle im Fluss, die von den Fischen bevorzugt wurde. Sie schaute konzentriert nach unten, bis auf den steinigen, weissgrauen Grund des Flusses, erspähte die Fische und wartete geduldig auf ihren Moment. Um dann wie ein aus den Wolken herab fahrender Blitz ihre Hände eintauchen zu lassen, die im nächsten Moment den glitschigen und sich windenden Körper des Fisches umfassten, ihn aus dem Wasser hoben und mit einem geschickten Wurf ans Ufer beförderten.

Springender Fisch war ein Junge, der sich seit einiger Zeit bemühte Eulenschreis Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das gelang ihm jedoch nicht mit Waffenkunststücken, nicht mit geschickten Reitübungen auf wilden Pferden und mit keinem seiner Versuche sich besonders eindruckvoll anzumalen. Seine ungeschickten Waffenübungen strafte Eulenschrei mit Missachtung; seine Reitübungen fand sie viel zu künstlich und die Bemalungen seines Körpers entlockten ihr schallendes Gelächter. Die Tatsache, dass er der Sohn des stellvertretenden Häuptlings war, stellte in Eulenschreis Augen keine Leistung dar, und interessanter machte es ihn auch nicht. Das Mädchen hatte Springenden Fisch schnell durchschaut, und hielt ihn für einen Jungen ohne besondere Eigenschaften. Einmal brachte er verschiedene Federn zu Eulenschreis Zelt und hielt sie ihr so nah vor die Nase, dass das Mädchen niesen musste.
„Für dich! Hab ich alle allein erbeutet!“, meinte er großspurig.
Eulenschrei schaute auf die Federn, dann in das Gesicht des Jungen, dann wieder auf die Federn.
„Erbeutet?“ Ihre Stimme klang spöttisch. „Du meinst wohl: vom Boden aufgesammelt, oder?“ Sie sah ihn listig an. „Selbstverständlich kannst du mir sagen, von welchen Vögeln sie stammen?“
Springender Fisch hatte mit so einer und aus seiner Sicht ganz schön gemeinen Frage nicht gerechnet. Er trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. „Ist das wichtig?“
„Mir ist es wichtig. Also?“
Der Junge musste zugeben, dass er keine Ahnung hatte.
Eulenschrei zeigte von einer Feder auf die andere und benannte die Vögel von denen sie stammten. „Weißkopfseeadler. Falke. Eule. Taube. Bussard. Kolibri.“ Und noch einige Vögel mehr.
Als sie fertig war richtete sie ihren Blick stolz auf Springender Fisch. „Bist du anderer Meinung?“
„Ein Krieger muss das nicht wissen. Ein Krieger muss Beute machen“, erwiderte er missmutig.
„Ein Krieger sollte wissen, wen und was er erbeutet. Sonst könnte es sein, dass er eines Tages etwas erbeutet, wofür er ausgelacht wird.“
Springender Fisch kam sich ohne es zu wollen ziemlich lächerlich vor, und machte sich auf und davon. Mit all seinen Federn.
„Warum stellst du ihn bloß?“, fragte ihre Mutter. „Er wollte dir eine Freude machen.“
Eulenschrei zuckte die Schultern. „Ich stelle ihn nicht bloß. Dafür sorgt er selber!“
Ihre Mutter musste zugeben, dass das eine kluge Antwort war.
„Aber – woher kennst du all diese Federn so genau?“
„Ich beobachte die Vögel. Ich erkenne die Unterschiede. Jeder Vogel hat seine eigene Stimme und seinen eigenen Flug. Ich habe ihre Namen gelernt. Und damit ich sie nicht vergesse rufe ich sie beim Namen.“
Ihre Mutter strich ihr über das Haar. „Das machst du sehr gut!“
Ein anderes Mal brachte Springender Fisch einen Strauß bunter Blumen. Andere Jungen hatten ihm versichert, dass auf diese Weise jedes Mädchenherz zu erobern sei. Eulenschrei jedoch schaute zunächst nachdenklich, dann lächelnd auf den Strauß in den Händen des Jungen, den ein ungutes Vorgefühl beschlich.
„Das sind alles Blumen?“
„Ja, alles!“ Springender Fisch nickte so eifrig wie ein Zweig im Wind.
Eulenschrei zeigte auf die einzelnen Blüten. „Blume. Blume. Blume. Aber hier: Blüte von einem Strauch. Und hier: Noch mal Blüte von einem Strauch. Und das hier: Keine Blüten, sondern Perlgras. Und das – ganz daneben, das ist Farn!“ Sie schaute ihn mit einer Mischung aus Verwunderung und Herausforderung an. „Du darfst mir gern widersprechen!“
„Blume, Blüte, Blume, keine Blume“, stammelte Springender Fisch ratlos und trat von einem Fuß auf den anderen. „Ist doch nicht wichtig! Keinem Mädchen in unserem Lager ist das wichtig!“
„Doch! Mir!“
Der Springende Fisch verzog sein Gesicht zu einer hilflosen Grimasse, kratzte sich am Kopf und sah dabei ziemlich dümmlich aus. Und wie zuvor mit seinen Federn trat er mit seinem Strauß den Rückzug an. Dabei begleitete ihn das lästige Gefühl sich zum zweiten Mal vor dem klugen Mädchen blamiert zu haben.
„Woher weißt du das alles?“, fragte ihre Mutter erstaunt.
„Ich weiß es weil ich genau hinschaue. Eigentlich ist das ganz einfach.“
„Aber muss das ein Junge wissen?“
„Ein Junge, der vorgibt etwas zu wissen und es doch nicht weiß, ist wie feinkörniger Sand, mit dem selbst ein sanfter Wind sein leichtes Spiel hat.“
Ihre Mutter musste zugeben, dass das eine kluge Antwort war.
Springender Fisch änderte daraufhin seine Vorgehensweise. Als das Mädchen wieder einmal im Fluss stand und nach Fischen suchte, kam er dazu. Er beobachtete sie eine Weile und verzog dann herablassend den Mund.
„Du machst das viel zu langsam. Wie ein Mädchen.“
„Ich bin ein Mädchen“, gab Eulenschrei kühl zurück.
„Ich zeig dir wie das geht!“
„Nur zu! Ich bin schon sehr gespannt! Aber halte Abstand zu mir. Ich will nicht, dass du mir die Fische verjagst!“
„Ich bin ein Jäger!“, trumpfte Springender Fisch auf. „Was denkst du warum ich Springender Fisch heiße?“
Dann stapfte der Junge mit wichtigen Schritten und noch wichtigerer Miene in den Fluß und das Wasser spritzte an ihm hoch. Eulenschrei hielt sich die Hand vor den Mund und unterdrückte ein Kichern. Der vertreibt mit einem Schritt zehn Fische, dachte sie amüsiert. Dann wühlte der Junge aufgeregt im Wasser, griff nach allen Seiten und stets tauchten seine leeren Hände aus dem Wasser auf. Eulenschrei prustete jetzt vor Belustigung und brach in ein helles Lachen aus.
„Ich weiß jetzt, warum du Springender Fisch heißt. Weil dir alle Fische davon springen!“
Er warf ihr einen wütenden Blick zu. „Kannst du es besser?“
Eulenschrei wechselte an eine andere Stelle im Fluß und achtete dabei auf jeden ihrer Schritte.
„Du bist viel zu langsam für die schnellen Fische!“, höhnte der Junge.
„Hast du nie beobachtet wie die großen Bären Fische fangen?“, gab sie zurück. Es wunderte sie nicht, dass er nie darauf geachtet hatte.
Es dauerte nicht lange und Eulenschrei hielt einen großen, silber glänzenden Fisch mit beiden Händen in die Höhe, der wild mit der Schwanzflosse zappelte.
„Sieh her!“, rief sie triumphierend.
Der Junge verfolgte sprachlos den Weg des Fisches, den das Mädchen in einem weiten Bogen ans Ufer warf. Plötzlich zog ein grimmiges Lächeln über sein Gesicht. Er rannte zu der Stelle, wo der sich windende Fisch lag, packte ihn und lief davon.
„Das ist mein Fisch!“, schrie ihm Eulenschrei empört hinterher. Dann nahm sie die Verfolgung auf. Der Junge floh in Richtung des Waldes. Am Waldrand angekommen blieb er stehen und drehte sich um. Eulenschrei fegte mit fliegenden Schritten herbei.
„Du darfst noch nicht in den Wald!“, rief er.
„Das ist mir völlig egal!“, schnaufte sie. „Gib mir meinen Fisch zurück!“ Sie schaute den Jungen warnend an und stemmte entschlossen die Hände in die Seiten.
Als Springender Fisch das Mädchen so herausfordernd vor sich stehen sah, wich er ohne es zu wollen einen großen Schritt zurück. Doch dann kehrte der Hohn auf sein Gesicht zurück.
„Kleines Mädchen fang mich doch!“, rief er und dann lachte er sie aus. Aber Eulenschrei war kein Mädchen, das sich ungestraft auslachen ließ. Wild und ungestüm tat sie einen großen Schritt, nein, einen Sprung hinein in den Wald und auf den Jungen zu. In dem Moment, in dem ihre Füße den Waldboden berührten, der sich weicher, elastischer anfühlte als der Wiesenboden, geschah etwas, was sie nicht kannte. Hoch über ihr hörte sie ein Rauschen, wie den Flügelschlag eines großen Vogels, der gerade zum Flug ansetzte. Sie hob den Kopf, und zum ersten Mal sah sie über sich nicht nur den Himmel, sondern das Dach der Bäume, das die freie Sicht auf den Himmel verstellte. Ein im Wind wogendes Meer aus Grüntönen fesselte ihren Blick und der Rhythmus der tanzenden Zweige verband sich mit dem Schlag ihres Herzens. Sie breitete ihre Arme weit aus als wolle sie die wenigen Sonnenstrahlen auffangen, die durch die spärlichen Lücken der Baumkronen bis auf den Waldboden durchdrangen und auf diesen ein Muster aus Licht und Schatten zeichneten. Eulenschrei stand inmitten dieses Spiels aus Licht und Wind und Rauschen und sie ahnte, dass der Wald Geheimnisse barg die eine Wiese nicht bieten konnte, selbst wenn sie bis an den Horizont reichte. Und sie verspürte den Ruf all dieser Geheimnisse, die darauf drängten von ihr entdeckt und verstanden zu werden.
Aber zunächst musste sie ihren Fisch zurück erobern, den sie gekonnt und geschickt dem Fluss entrissen hatte. Sie richtete erneut ihren Blick auf Springender Fisch und der bemerkte in ihren dunklen Augen ein Leuchten, das er so bei ihr noch nicht gesehen hatte. Waren es die Schatten des Waldes, die sich in ihren Pupillen spiegelten? Waren es die unbekannten Tiefen des Waldes, die nicht nur voller Geheimnisse sondern auch voller unerwarteter Gefahren sein konnten?
„Geh! Du darfst nicht hier sein!“, flüsterte er, und sie spürte seine Angst. Sein Körper begann leicht zu zittern. „Wir dürfen beide nicht hier sein. Es ist zu gefährlich.“
Eulenschrei lächelte auf eine seltsam sichere Weise. „Vielleicht für dich. Für mich ganz sicher nicht. Ich darf hier sein! Gib mir meinen Fisch zurück!“ Ihre Augen glühten wie das glimmende Holz des nächtlichen Lagerfeuers. Auf ihrem Gesicht tanzten die Schatten der Blätter eines Baumes.
Springender Fisch wich langsam rückwärts, wie von einer unsichtbaren und aus dem Wald herauswachsenden Hand gezogen. Eulenschrei sah den Baumstumpf hinter ihm, und er schien unter ihrem magischen Blick aus dem Boden des Waldes hervorzuwachsen. Gerade so hoch, dass Springender Fisch über ihn stolperte, sein Gleichgewicht verlor und auf den Rücken fiel. Wieder hörte Eulenschrei das Rauschen über sich, in dem ein geheimnisvolles Flüstern lag, das ihr Herz höher und stärker schlagen ließ, und sie fühlte sich, ganz ohne ihr Zutun, vom Boden abheben. Ein plötzlicher Windstoß – oder war es nur eine Windhauch? – warf sie dem Jungen hinterher. Sie umklammerte ihn und ihr schien es als würden hundert Wurzeln aus ihr hervorbrechen und ihn umranken. Springender Fisch war völlig verblüfft, weil ein Mädchen es wagte gegen ihn zu kämpfen.
„Gibst du mir jetzt den Fisch zurück?“
„Das…das…geht so nicht!“, stammelte er.
„Was geht so nicht?“
„Dass du mich angreifst. Du bist ein Mädchen. Ich werde bald ein Krieger sein.“
„Schöner Krieger, der über einen Baumstumpf stolpert!“ Eulenschrei kicherte belustigt. Und in ihrem Inneren hörte sie eine leise, sanfte Stimme: „Du wirst eine Kriegerin und Heilerin des Waldes sein.“
Und weil Springender Fisch dachte, er müsse sich jetzt gewaltig wehren, versuchte er das Mädchen abzuschütteln. Das gelang ihm jedoch nicht, da die Kraft des wilden Waldes sich wie eine unsichtbare Macht mit Eulenschrei verbündet hatte.
„Du solltest vielmehr Zappelnder Fisch heißen“, meinte Eulenschrei spöttisch. „Du musst noch ganz schön viel lernen und trainieren.“

So trug Eulenschrei an diesem Tag einen doppelten Sieg davon, indem sie im Fluss um einen echten Fisch und im Wald gegen einen unechten Fisch kämpfte und beide Male schneller, beweglicher und stärker gewesen war. Sie brachte ihren echten Fisch zurück ins Lager und Springender Fisch unterließ jeden weiteren Versuch, ihr diesen Fang streitig zu machen. Ebenso unterließ er von diesem Tag an weitere Bemühungen Eulenschrei zu beeindrucken. Denn so sehr er auch darüber nachdachte, sich am Kopf kratzte oder sich den Kopf zerbrach, es fiel ihm nichts ein, womit er ein so sonderbares und kluges und eigenwilliges Mädchen wie Eulenschrei hätte beeindrucken können.

XXXX

Eulenschrei konnte den Wald nicht vergessen. Sein Rauschen, seine nach Harz und Holz, nach feuchtem Boden und vielerlei Kräutern duftende Luft, seine Wildheit und seine hohen Bäume besuchten sie regelmäßig in ihren Träumen. Und sooft sie aus diesen Träumen aufwachte beschlich sie das leise Gefühl, dass jemand oder etwas sie gerufen hatte. Monate später, als sie sich von den Erwachsenen nicht mehr ganz so viel sagen ließ, schlich sie sich eines Nachts heimlich aus dem Zelt davon und betrat den nahen Wald. Dieses Mal stand der Mond am wolkenlosen Himmel und tauchte den dunklen Wald in ein trübes, gelbgraues Licht. Eulenschrei hatte einen Wald in tiefster Stille erwartet. Erstaunt stelle sie fest, dass der Wald bei Nacht voller Stimmen und Geräusche war. Unter ihren Schritten knackten dürre Zweige und trockenes Laub raschelte, wenn sie mit ihren Fußsohlen darüber strich. Rund um sie herum wimmelte es vor fliegenden, krabbelnden und vorüber huschenden Insekten. Nachtfalter umschwirrten sie und über ihr sausten Fledermäuse, die meisterhaften Jäger der Nacht, im Schaukelflug zwischen den Bäumen hindurch. Fasziniert schaute das Mädchen dem nächtlichen Treiben zu, und die unbekannten Laute, die in ihre Ohren drangen, machten ihr keine Angst, sondern lockten sie immer tiefer in den Wald hinein. Sie spürte nicht, wie die Zeit verging und irgendwann stand sie auf einer kleinen Lichtung, die heller im Mondlicht leuchtete als der umliegende Wald. Einer der Bäume, die die Lichtung umgaben, stand wie ein verzauberter Riese in der Nacht. Eulenschrei bestaunte den gewaltigen Durchmesser seines Stammes. Bestimmt acht Mädchen ihrer Größe wären erforderlich gewesen diesen Stamm mit den Armen zu umfassen. Sie trat an ihn heran, berührte ihn zunächst zaghaft mit den Fingerspitzen, strich dann mit ihren Handflächen über die raue grobe Rinde mit den vielen Buckeln und tiefen Furchen. Ihr war, als berühre sie eine Welt, die es bereits gab, als die Großeltern ihrer Großeltern noch nicht geboren waren. Sie schmiegte ihre Wangen an den Stamm und das Muster der Rinde schien ihr wie ein Wegweiser in die Vergangenheit. Die Haut des Baumes mit den Runzeln von Jahrhunderten. Über sich hörte sie ein leises Ächzen und Knarren, die Sprache der knorrigen Äste, die sich dem Wehen des Windes widersetzten und sich trotzig in die Höhe reckten. So, als wäre es ihr Aufgabe den nächtlichen Himmel über ihnen zu tragen. Plötzlich zuckte sie erschrocken zusammen. Der dunkle Fleck, den sie bereits wahrgenommen hatte und der sich einige Meter über ihr auf dem dicken Stamm befand, schien zu leben. Zwei orangefarben glühende Augen mit großen Pupillen waren auf sie gerichtet. Dann erkannte sie im Licht des Mondes die kleine Eule, der diese Augen gehörten, und der dunkle Fleck erwies sich als eine Baumhöhle, in der die kleine Eule zu wohnen schien. Der Blick des Mädchens und der Blick der Eule begegneten sich, und Eulenschrei fühlte sich in ihrem Herzen getroffen. Als würde dieser Blick sie von innen ausleuchten und alles über sie wissen.
„Ich freue mich, dass du endlich zu mir kommst. Schon oft habe ich dich gerufen.“
Eulenschrei erschrak. Woher kam die Stimme?
„Komm in den nächsten Wochen immer wieder zu diesem Baum!“
Ihr wurde bewusst, dass sie die Stimme nicht mit ihren Ohren hörte. Sie hörte sie in ihrem Herzen. Die Stimme einer sehr alten, weisen Frau, deren Leben reich an Erinnerungen ist, und die sich nicht mehr aus der Ruhe bringen läst. Die Stimme eines sehr jungen Mädchens, das in sein Leben hinein stürmt und voller Ungeduld alles kennen lernen will, was sie interessiert. Eulenschrei wusste jetzt, dass diese Stimme der kleinen Eule gehörte.
„Du hast mich gerufen?“ Das Mädchen stellte seine Frage nicht mit ihrem Mund, sondern mit ihrem Herzen.
„Zum ersten Mal bei deiner Geburt.“
„Du? Du bist die Eule, die in jener Nacht schrie und der ich meinen Namen verdanke?“ Eulenschrei zitterte aufgeregt.
„Es war sehr klug von deiner Mutter auf meinen Schrei zu hören und dir diesen Namen zu geben. Andere Mütter habe ich auch gerufen. Keine von ihnen hatte sich als hörend und klug erwiesen. Weil deine Mutter meinen Ruf aufgenommen hatte und du diesen Namen trägst, kannst du mich hören. Ich habe dich erwählt und du hast mich gefunden. Jetzt bricht eine neue Zeit für dich an.“
„Ich verstehe nicht, was du meinst.“
„Heute noch nicht. Habe Geduld und lerne immer besser das aufmerksame Hören. Das aufmerksame Beobachten bekommst du schon sehr gut hin. Lerne immer besser mit deiner Aufmerksamkeit zu leben. Du bist anders als die Mädchen deines Stammes.“
Eulenschrei nickte und tief in ihrem Inneren sagte sie: „Ja, das habe ich schon oft festgestellt. Vieles, was andere Mädchen tun, interessiert mich nicht.“
Ein leises Lachen der Eule klang im Herzen des Mädchens auf.
„Kümmere dich nicht darum. Schau auf dich und das, was du willst und kannst. Du bist ein kluges, mutiges Mädchen. Du trägst die Schönheit des Waldes an dir. Du wirst die Weisheit des Waldes in dir tragen. Du und der Wald werden sich wie ein unlösbarer Freundschaftsknoten miteinander verbinden.“
„Wie soll das gehen?“
„Indem du dich von mir unterweisen lässt. Indem du mich um Rat bittest. Mich wirst du allerdings nur in den Nächten antreffen. Die Geheimnisse des Waldes wirken bei Nacht viel stärker als am Tag. Tagsüber bist du im Wald auf dich allein gestellt. Nachts verbünden wir uns und ich werde dir helfen mit ihm vertraut zu werden.“
Da lag eine brennende Frage auf Eulenschreis Lippen, die sie jetzt mit ihrem Herzen aussprach: „Mir wurde immer gesagt, der Wald sei gefährlich. Ich sei noch zu jung um ihn aufzusuchen. Stimmt das?“
Ihr war als würde die kleine Eule ganz leise kichern. Obwohl sie sehr ernst schaute. „Die Menschen werden von sonderbaren Ängsten geplagt. Sie mögen es gern einfach und übersichtlich. So wie auf einer flachen Wiese. Man sieht alles und ist weitgehend vor Überraschungen sicher. Der Wald dagegen ist unübersichtlich und hinter jedem Baum sieht er anders aus. Man muss sich behutsam und aufmerksam in ihm bewegen, will man ihn kennen lernen und hinter seine Geheimnisse schauen.“ Die Eule machte eine kurze Pause, bevor sie mit tiefster Überzeugung fortfuhr: „Der Wald lehrt uns alles Wichtige für unser Leben. Wenn wir ihn achten und Freundschaft mit ihm schließen. Leider verspüren nur wenige Menschen diesen Wunsch. Dir ist dieser Wunsch ins Herz geschrieben.“
„Ab einem bestimmten Alter muss jeder Junge eine Nacht allein im Wald verbringen“, erklärte Eulenschrei. „Es ist eine Mutprobe, die zum Erwachsenwerden dazu gehört. Wir Mädchen dürfen das nicht.“
„Du bist ein Kind des Waldes. Das erkennst du daran, dass du keine Angst vor den Schatten hast, die er wirft und dass du seine Sprache verstehen möchtest. Du brauchst solch eine Mutprobe nicht.“

Als hätte die kleine Eule ihre Flügel mit im Spiel gehabt und die Gedanken der Erwachsenen beeinflusst, wurde Eulenschrei bereits am darauffolgenden Tag erlaubt den Wald zu betreten. Allerdings mit der Einschränkung dies nur bei Tageslicht zu tun. Woran sie sich natürlich nicht hielt. Begab sie sich bei Dunkelheit in den Wald, lag ihr ganzer Stamm auf wundersame Weise in einem Tiefschlaf, den niemand und nichts unterbrechen konnte. So lernte das Mädchen den Wald mit all seinen Pflanzen, Düften und Tieren immer besser kennen. Stunden um Stunden verbrachte sie dort im Schatten der Bäume und war bald in der Lage alle Pflanzen bei ihrem Namen zu nennen und heilwirksame von giftigen Kräutern zu unterscheiden. In jenen Nächten, in denen sie im Herzen den Ruf der Eule verspürte, die sie alles lehrte, lief sie mit leichten Schritten zum uralten Eulenbaum, der wie ein tiefschwarzer Schatten vor ihr emporwuchs, und jeder ihrer Besuche ließ sie klüger, aufmerksamer und stärker werden.
Und die Eule vertraute ihr wichtige Dinge über den Wald und das Leben an:
„Denke daran, dass ein Mensch wie ein Baum leben sollte. Das gilt für Mädchen und für Jungen. Für Kinder und Erwachsene. Vergiss deine Wurzeln nicht, vor allem, weil sie unsichtbar sind. Unsere Wurzeln sehen wir nicht, aber sie sind es, die uns Halt und Festigkeit geben. Sie lassen uns nicht vergessen, woher wir kommen und wer wir sind. Deine Wurzeln machen dich mutig für die Aufgaben des Lebens. Ohne sie würde das Leben dich umpusten. Dein Mut wurzelt in deinem Herzen. Verstehst du?“
Eulenschrei dachte nach und nickte.
Sie zog an einem sehr jungen Bäumchen, das ihr gerade bis zu den Knien reichte. Sie musste sich gewaltig anstrengen und ihre ganze Kraft aufbieten um dieses Bäumchen mitsamt seinen Wurzeln aus dem Waldboden heraus zu ziehen. Als sie es schließlich geschafft hatte sah sie mit Staunen, dass die Wurzel des Bäumchens genau so lang war wie seine Größe über dem Waldboden.
„Daran erkennst du, dass das Unsichtbare genau so wichtig ist wie das Sichtbare. Viele Menschen haben das vergessen und glauben nur das, was sie sehen“, sagte die kleine Eule.
In einer anderen Nacht sprach die Eule:
„Der Stamm lässt dich groß werden und wachsen. Hör nie auf zu wachsen, so wie die Bäume in jedem Jahr einen Ring mehr bekommen. Kein Jahr geht verloren. Kein Ring geht verloren. In ihm findest du die Geschichte und Erfahrung deines ganzen Lebens verborgen. Verstehst du das?“
Eulenschrei dachte nach und nickte.
Sie eilte daraufhin mehrere Tage lang von Baum zu Baum, umarmte deren Stämme und erinnerte sich dabei an alle wichtigen Erlebnisse ihres eigenen Lebens. An einem jener Tage blies ein starker Wind der sich bis zum Sturm steigerte. Eulenschrei stand mitten im Wald, umarmte einen Baum und der Baum stützte sie und verhinderte dass Eulenschrei vom Sturm umgeblasen wurde.
„Daran erkennst du, wie wichtig Familie und Freunde sind auf die du dich verlassen kannst, und die dich stützen wenn es schwierig wird“, sagte die kleine Eule.
In einer anderen Nacht sprach die Eule:
„Unter der breiten und dichtbelaubten Krone des Baumes findest du Schutz. Hier ist ein guter Platz zum Ausruhen und zum Nachdenken, um bei schweren Fragen zu einer guten Entscheidung zu kommen. Hier wird es dir leichter fallen gerecht zu urteilen. Verstehst du das?“
Eulenschrei dachte nach und nickte.
Tagelang kletterte sie auf Bäume, legte sich hoch über dem Waldboden in die Äste und ließ sich im Wind wiegen. Hier war sie allein mit sich und dem Baum und dem Wind und der Sonne, die mit ihren Strahlen die Baumkrone erwärmte. Eulenschrei schloss die Augen und bemerkte, dass von hier oben aus große Sorgen ganz klein aussehen konnten, und dass man ihnen nicht all zu viel Beachtung schenken sollte.
„Daran erkennst du, wie wichtig es ist, sich manchmal einen ungestörten Platz zu suchen, der uns hilft unser Glück wieder zu finden. So eine Baumkrone ist ein wirksamer Sorgenfresser“, sagte die kleine Eule.
In einer anderen Nacht sprach die Eule:
„Schließlich weißt du, dass ein Baum nicht in jedem Jahr die gleiche Menge Früchte trägt. Er will uns damit zeigen, dass wir lernen müssen mal mit mehr, mal mit weniger Früchten auszukommen und dass wir unsere Lebensweise darauf einstellen. Das richtige Maß finden fällt uns oft sehr schwer und zeichnet einen Menschen aus, der nicht nur an sich selbst, sondern auch an andere denkt. Verstehst du das?“
Eulenschrei entgegnete das würde sie noch nicht so ganz verstehen, aber schließlich sei sie ja noch sehr jung und sie würde von jetzt an regelmäßig daran denken, um es möglichst bald besser zu verstehen.
Die kleine Eule schaute das Mädchen mit glühenden Augen an.
„Du kennst jetzt einen Weg, den du gehen kannst. Suche ihn. Finde ihn!“
Und Eulenschrei verließ den Wald. Sie trug ihn wie einen Schatz in ihrem Herzen.

 

Hej,

Was für eine wundervolle Kurzgeschichte :thumbsup:. Mir hat es richtig Spaß gemacht, sie zu lesen. Viele wundervolle und inspirierende Formulierungen haben mich zum Nachdenken angeregt und mich berührt.

Beste Grüsse,
Tio

 

Liebe Luchskralle,

nur ein paar Gedanken zu deiner Geschichte: Ich habe sie gerne gelesen. Mir hat gefallen, mit wie viel Phantasie du sie sprachlich und inhaltlich ausgestattet hast. Ich spüre beim Lesen, dass dir das Fabulieren Spaß macht und mich als Leser zieht deine Art der Darstellung immer stärker in deine ‚Eulenschrei’-Welt.

Zum Aufbau:

Da solltest du vielleicht überlegen, was du eigentlich in das Zentrum deiner Geschichte stellen möchtest. Mir kam es über weite Strecken so vor, als sollte das die Begegnung der beiden, Eulenschrei und Springender Fisch sein. Und die findet ja auch ein sehr schönes Ende:

Denn so sehr er auch darüber nachdachte, sich am Kopf kratzte oder sich den Kopf zerbrach, es fiel ihm nichts ein, womit er ein so sonderbares und kluges und eigenwilliges Mädchen wie Eulenschrei hätte beeindrucken können.

Doch dann setzt du noch einmal an und erzählst von der Begegnung des Mädchens mit der Eule. Das ist für mich eine völlig neue Geschichte, die ich so ohne Weiteres nicht mit der ersten in Verbindung bringen kann. Du solltest mMn eine eigene daraus machen.

Auch würde ich mir überlegen, ob sich die Vorgeschichte nicht etwas kürzen ließe. Zwar gefällt mir die sprachliche Gestaltung, doch habe ich hier eher das Gefühl, das erste Kapitel eines Romans zu lesen, dem dann weitere Kapitel mit verschiedenen Schwerpunkten folgen werden.

Sprachlich hat mir deine Geschichte – wie schon gesagt – sehr gefallen. Hin und wieder packst du mir ein wenig zu viel in einen Satz hinein oder hängst noch eine Aussage ran, die sich vielleicht besser schon vorher hätte einschieben lassen:

Beispiele:

Dort watete sie langsam in das Wasser hinein, mit behutsamen Schritten.
Aber zunächst musste sie ihren Fisch zurück erobern (zurückerobern), den sie gekonnt und geschickt dem Fluss entrissen hatte.
Wieder hörte Eulenschrei das Rauschen über sich, in dem ein geheimnisvolles Flüstern lag, das ihr Herz höher und stärker schlagen ließ, und sie fühlte sich, ganz ohne ihr Zutun, vom Boden abheben.
Hier könnte ich mir zwei Sätze vorstellen.

Ihr wurde bewusst, dass sie die Stimme nicht mit ihren Ohren hörte. Sie hörte sie in ihrem Herzen. Die Stimme einer sehr alten, weisen Frau, deren Leben reich an Erinnerungen ist, und die sich nicht mehr aus der Ruhe bringen läst (lässt). Die Stimme eines sehr jungen Mädchens, das in sein Leben hinein stürmt (hineinstürmt) und voller Ungeduld alles kennen lernen will, was sie interessiert. Eulenschrei wusste jetzt, dass diese Stimme der kleinen Eule gehörte.
Hier ist mir das ein bisschen viel ‚Stimme’.

Ansonsten ist deine Rechtschreibung recht sicher. ‚Fluss’ schreibt sich, da schnell gesprochen, mit zwei ‚s’, ‚weißgrau’ dagegen mit ‚ß’, weil davor ein langer Vokal steht.
‚herabstürzen’, ‚herabfahren’, ‚hineinstürmen’ und ‚zurückerobern’ würde ich zusammen schreiben.

Es gibt noch ein paar Zeichenfehler. Ich liste sie einmal auf:

Dazu gehörten Kenntnisse und FertigkeitenK um das Lager,
Sie lernte die Düfte zu unterscheidenK noch bevor sie jemals gesehen hatte
hatte sie doch erreichtK was sie wollte.
Sie setzten alles daranK einen bewundernden Wimpernschlag von ihr zugeworfen zu bekommen
Im darauf folgenden Sommer lernte EulenschreiK wie man Fische fängt.
Sie liebte die Melodie des Flusses, (.) sein stetiges, immer gleiches Rauschen, Blubbern und Gurgeln erzeugten in ihr
Hier fände ich einen Punkt besser.

Als sie fertig warK richtete sie ihren
Und damit ich sie nicht vergesseK rufe ich sie beim Namen.“
Dabei begleitete ihn das lästige GefühlK sich zum zweiten Mal vor
„Ich weiß esK weil ich genau hinschaue.
Hast du nie beobachtetK wie die großen Bären Fische fangen?“
wich erK ohne es zu wollenK einen großen Schritt zurück

In dem Moment, in dem ihre Füße den Waldboden berührten, der sich weicher, (und) elastischer anfühlte als der
Sie breitete ihre Arme weit ausK als wolle sie die wenigen Sonnenstrahlen auffangen
dass der Wald Geheimnisse bargK die eine Wiese nicht bieten konnte, selbst wenn sie bis an den Horizont reichte. Und sie verspürte den RufK all dieser Geheimnisse, die darauf drängtenK von ihr entdeckt und verstanden zu werden.
die nicht nur voller GeheimnisseK sondern auch voller unerwarteter Gefahren sein konnten?
Sie umklammerte ihn und ihr schien esK als würden hundert Wurzeln aus ihr hervorbrechen und ihn umranken. Springender Fisch war völlig verblüfft, weil ein Mädchen es wagteK gegen ihn zu kämpfen.
versuchte erK das Mädchen abzuschütteln
Ebenso unterließ er von diesem Tag an weitere BemühungenK Eulenschrei zu beeindrucken.
Hier höre ich mal auf. Im zweiten Teil gibt es auch noch einige Fehlerchen.

Liebe Luchskralle, dein Text hat mir wegen seiner phantasievollen Ausschmückung und seiner lebendigen sprachlichen Umsetzung sehr gefallen. Allerdings habe ich zum Schluss das Gefühl, dass ich keine Kurzgeschichte, sondern ein oder zwei Kapitel eines längeren Romans gelesen habe. Kann es sein, dass du noch viel mehr über Eulenschrei erzählen möchtest? ;)

Auf jeden Fall begrüße ich dich herzlich bei den Wortkriegern und wünsche dir hier viel Spaß.

Liebe Grüße
barnhelm

 

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