Nachts
In seinen Augen spiegelte sich das Licht der gelb strahlenden Straßenlaternen, gebrochen von der glänzenden Nässe noch ungeweinter Tränen. Tränen, die sich immer dann bildeten, wenn er an sie dachte. Es war unmöglich... Nichts konnte er mehr tun, um sich doch noch in ihrem fernen Land der Wärme, des Glücks, der Geborgenheit wiederzufinden. Diese Weite... diese endlosen Landschaften und mannigfachen Lebensweisen, alt und neu, erprobt und gerade auf dem Prüfstand, neue Arten des Zusammenkommens und Zusammenlebens, doch er an nichts von alledem beteiligt... Nicht mehr. Seit er jede Hoffnung auf sie verloren hatte.
Er fragte sich, die kreisenden Gedanken ganz kurz unterbrechend, ob sie je wahrhaft etwas empfunden hatte, bei den Spaziergängen, bei den Gesprächen, bei den kurzen und den langen Küssen, in den langen, zugleich kurzweiligen, Nächten. In denen es begonnen und auch geendet hatte... Geendet... In einer Nacht wie heute. Auch mit diesem gelben Licht – künstlich wie es war schien es ihm Unglück zu bescheren. Der Mond, in der ersten Nacht noch voll am schwarzen Himmel, am Ende von Wolken verdeckt. Der Mond, der Engel, der auf das Glück der Menschen achtete, wenn seine Krater, die wie tausend Augen waren, nicht von Himmelsgrau verdeckt wurden... Sehnsucht und Erinnerung schnürten ihm die Kehle zu.
Die Augen geschlossen, die Hände sich gegenseitig fassend, Haut auf Haut, nur ein Schatten der einstigen Berührungen, an denen sie beteiligt gewesen. Der Gedanke an die Form und das Fühlen der Bewegung, so sanft, wie sie geschwungen war, so weich, wie es sich angefühlt hatte, so süß wie der Geschmack auf seiner Zungenspitze. Wärme und Nähe, leise, lautlos, kein Zwang zu Sprache und Geräusch, Finger auf Finger, Stirn an Stirn, Hände miteinander aneinander, Aufregung und Liebe schenkend, Zuneigung und Lust; die Offenbarung ihres Anblicks, vor sich, um sich, tanzend und lachend, unverhüllt und unverfälscht, neckend und lockend, sich gebend und entziehend, ein ewiges Spiel, und er spielte als Schüler, als Meister, als Zuschauer seinerselbst, als er und sie, spielte sich in euphorische Höhen, spielte mit ihr, an ihr, in ihr; das Eine – der Mond – schaute fort, doch ohne Wolken, so waren sie unter dem tiefen sternlosmatten Schwarz mit sich allein, glücklich und voller froher Unschuld...
Das gelbe Licht flackerte – nein, kein Flackern... es war die Träne, die sich endlich gelöst hatte und ihren Weg nach unten fand, hinein in das eiskalte Wasser des breiten Stroms, der ungerührt seine ewigscheinende Bahn zog...