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Nachtleben
„Kannst du bitte deine Beine mal still halten?“ murmelte Thomas „Ich versuche hier einzuschlafen!“
„Schlaf, schlaf“, flüsterte Sonja zärtlich, doch dann brach es raus „ Mein Gott, nicht mal rühren darf man sich! Wozu hast du mich aufgeweckt?“
„Entschuldige“, sagte Thomas. „Gute Nacht.“
„Jetzt schlafe ich nicht mehr ein!“
„Na ja, solange du ruhig bleibst.“
Er drehte sich auf den Rücken.
Auf die Zimmerdecke fiel vom halbzugezogenem Fenster ein helles Streifen. Früher, wenn er nicht schlafen konnte, ging er in die Küche, zum Kühlschrank. Doch jetzt hatte er keine Lust auf Essen, keine Lust auf Sex, keine Lust auf irgendwas.
Thomas sah nach links. Sonja lag da und starrte genauso auf die Decke. Dann, bemerkte er wie sie ihn von der Seite ansah. Kurzeitig stieg in ihm der Wunsch auf, sie zu streicheln, wenigstens über die Decke. Doch dieser Wunsch währte nur kurz. Er seufzte.
„Ich muss dir etwas sagen“, sagte sie
„Nur zu“, sagte er
„Ich bin fremdgegangen.“
„Super“, sagte er „Und, weiter?“
Sie stützte sich auf den Ellbogen und begann zu erzählen. Lange, rachsüchtig und ausführlich: Angehöriger der benachbarten Firma. Sie nannte sogar seinen Namen, Thomas kannte ihn.
Sie trafen sich auf einer Konferenz und es war um sie geschehen. Sie konnte sich einfach nicht beherrschen. Sie hat schon immer davon geträumt. Sich nicht beherrschen zu müssen. Von einem Mann, der keine Fragen stellt. Der das macht, was er will. Immer. Im Leben, im Bett, überall.
Von solchen Gesprächen entstand in Thomas sogar so etwas wie Verlangen, doch dann grunzte er nur widerwillig in sich hinein: das ist ja Abartig und verschränkte seine Hände hinter dem Kopf.
„Ok“, er holte tief Luft. „Dann will ich auch aufrichtig sein.“
„Wer ist sie?“, fragte Sonja.
Thomas antwortete: Die Ex meines Kumpels. Sie war auch bei uns zu Gast, als die beiden noch zusammen waren. Was hat er an ihr gefunden? Wenn man ganz ehrlich sein will dann, es ist echt komisch, ihre Figur. Sie ist eine Frau, wie viele, nichts Besonderes, aber ihr ganzer Körper hat so eine gewisse Biegung. Darüber hat er mal in einem Buch gelesen, er wusste auch nicht mehr in welchem. Vielleicht hat man ihm das auch nur jemand erzählt. Alles Unwichtig. Wichtig ist, diese Biegung, zum verrückt werden.
„Beweise mir das“, sagte Sonja
„Hier bitte schön“, Thomas gähnte und reichte ihr sein Handy. „Ruf sie an, gleich, sie geht ziemlich spät ins Bett.“
„Was bist nur für ein Miststück“, Sonja brach in Tränen aus.
„Na, na, na,“ Thomas schlug seine Hände zusammen. „Und du? Was bist du?“
„Ich habe doch alles nur ausgedacht!“
Thomas schwieg eine Weile und sagte dann:
„Ich auch. Alles erfunden, ausgedacht.“
Sonja schwieg lange, dann sagte sie leise aber deutlich:
„Ich glaube dir nicht.“
„Und ich dir!“, schrie Thomas auf, stand auf und ging nackt in die Küche.
Er kochte Tee, holte Wurst aus dem Kühlschrank und belegte Brötchen.
Dann kam Sonja in die Küche, ebenfalls nackt.
Sie tranken Tee und gingen schlafen.