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Nachtfahrten

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11.11.2013
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Nachtfahrten

Fahrend im Auto bei Nacht, Sam Cooke singt aus den Lautsprechern. Lichter ziehen vorbei. Ortschaften so unbedeutend, dass man dort nie halten würde. Doch vorbeiziehend haben sie eine Bedeutung. Wir fahren wohin auch immer uns die Sehnsüchte treiben. Manchmal ist der Weg das Ziel, wie schon Konfuzius sagte. Doch das rede ich mir nur ein. Sam Cooke weicht Otis Redding, Pain in my Heart, genau so ist es. Der schlimmste Schmerz, neben Liebeskummer, ist das Nachhängen der Vergangenheit. Zumindest für mich. Es ist schwer zu akzeptieren, dass Vergangenes unwiederholbar verloren ist, nur existent in meinen Erinnerungen. Vielleicht bin ich auch nur übermäßig sentimental, doch der Schmerz ist real.
"Noch ein Bier?" fragt Andreas vom Fahrersitz aus.
Ich sitze in Gedanken versunken da und blicke aus dem Beifahrerfenster. Es dauert eine Weile, bevor ich die Frage realisiere.
"Klar", sage ich schließlich.
Andreas reicht mir ein Bier rüber und schweigt wieder. Das ist mir ganz lieb so. Mittlerweile singt Bo Diddley "Who do you love?" und ich frage mich dasselbe beim Öffnen der Bierdose. Sarah, denke ich. Wenn nur nicht alles so kompliziert wäre. Leben bedeutet leiden. Ich glaube, das ist irgendwie wahr. Besonders momentan. Wobei es auch seine schöne Seiten hat, fühlt man doch intensiv, dass man am Leben ist, ein ganzer Mensch ist. Das gehört wohl alles dazu. Das Bier schmeckt so bitter wie meine Empfindungen. Bald müssten wir in Frankfurt sein und nicht in Memphis Tennesse, wie Chuck Berry meint. Endlich zu Hause. Was immer das bedeutet.
Durch den Filter der Betrunkenheit wirkt alles auf melancholische Weise romantisiert. Heute ist Vollmond. Das erscheint mir aus irgendeinem Grund passend. Es soll ja Menschen geben, die schlecht schlafen bei Vollmond. Ich gehöre zum Glück nicht dazu. Als Kind hatte ich mal einen Traum, zumindest glaube ich, dass es ein Traum war, dass ich den Mond genau vor meinem Schlafzimmerfenster sah, ganz nah, riesengroß, sodass ich einzelne Krater erkennen konnte. Bis heute ist mir nicht klar, was es damit auf sich hatte, war es doch zu real, zu detailiert für einen Traum.
Ungeklärte Fragen. Die Supremes singen "Where did our Love go?" und ich kann die Frage auch nicht beantworten. Sie versank irgendwo, in einem undefinierbaren Treibsand. Baby, Baby.
Autofahren versetzt mich immer in eine Art Hypnose. Ebenso wie Bahnfahren. So als hätte ich Drogen genommen. Baby, Baby.
Irgendwann werde ich zu Hause ankommen und ich werde nicht einschlafen können. Ganz gleich, wie viel Bier ich noch trinke. Doch nun ist mir das egal. Es liegt eine Schönheit im Moment.
Riders on the Storm. Doch es stürmt nur im Inneren. Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, erschiene den Menschen alles, wie es ist: Unendlich. Schrieb William Blake. Was auch immer die Unendlichkeit ist. Ich glaube auch kaum, dass ich sie begreifen könnte. Kein Killer ist auf der Straße, nur Andreas und ich, betrunken, in einem schäbigem Wagen.
In meinen Gedanken taucht immer wieder Sarah auf. Wie sie damit wohl klar kommt? Vorhin hatte sie sich nicht viel anmerken lassen. Aber ich kenne sie gut genug. Es waren immerhin fast drei Jahre.
Sie hatte immer so eine bestimmte Art an sich. Wenn man sie neckte, tat sie erst so, als nähme sie es einem übel, doch dann, wenn sie sich nicht mehr beherrschen konnte, brach sie in ein Lachen aus. Nun würde ich gerne genau dieses Lachen sehen.
Es muss alles nur ein Missverständnis gewesen sein. Oh Lord, please don't let me be misunderstood singen die Animals. Erst mal eine Nacht darüber schlafen. Morgen sieht vielleicht alles ganz anders aus.

 

Hallo Superfant,

der Text erscheint mir als Tagebucheintrag oder freies Reflektieren, nicht jedoch als Kurzgeschichte.
Dafür fehlt es an Anfang, Mitte, Ende und vor allem auch einem Plot. Es ist nur eine Momentbeschreibung: Zwei Typen fahren zusammen Auto, trinken Bier und einer von ihnen denkt an seine traurige Trennung von einer Frau namens Sarah. Eine Entwicklung kann ich dabei nicht entdecken. Aus der Autofahrt heraus könnte die Geschichte mit Sarah erzählt werden, bislang ist da aber nüscht.


Zur Sprache:

Nicht so gut haben mir die eingestreuten viel zu oft gehörten Zitate gefallen:

Manchmal ist der Weg das Ziel, wie schon Konfuzius sagte.

Leben bedeutet leiden. Ich glaube, das ist irgendwie wahr.

Sehr schön fand ich hingegen:

Ortschaften so unbedeutend, dass man dort nie halten würde. Doch vorbeiziehend haben sie eine Bedeutung.

Wenn man sie neckte, tat sie erst so, als nähme sie es einem übel, doch dann, wenn sie sich nicht mehr beherrschen konnte, brach sie in ein Lachen aus.

Und auch den Kindheitstraum mochte ich.

Diese Stellen machen Hoffnung auf interessante Texte. Dieser hier war aus oben genannten Gründen leider nicht so mein Fall.

Viele Grüße, T.

 

Hallo Superfant,

Du hast eine Stimmung beschrieben.
Als Schreibübung ist das in Ordnung, eine Geschichte ist es noch nicht.
Du hast die Darstellung eines Verlustes mit Musiktiteln verbunden, allerdings bleibt die Stimmung gleich und somit wiederholt sie sich von Titel zu Titel.

Dein Stil ist sauber. Ich freue mich über Texte, die nicht stolpern und professionell wirken. Mach aus der Stimmung eine Geschichte.

Viele Grüße, Svenson

 

Hallo,
danke fürs Lesen und Kommentieren.

@ T Anin
Ja, ein Plot in dem Sinne ist nicht vorhanden, es war nur eine Stimmungsbeschreibung.

Nicht so gut haben mir die eingestreuten viel zu oft gehörten Zitate gefallen:
Das fiel mir im Nachhinein auch auf. Werd' den Anfang wohl umschreiben.

@ Svenson

Mach aus der Stimmung eine Geschichte.
Mal sehen. Ich habe immer starke Probleme, an etwas länger zu "arbeiten" oder Texte sorgfältig auszuarbeiten, da fehlt mir wohl noch die Disziplin.

Gruß

 

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