Was ist neu

Nachtfahrt

Mitglied
Beitritt
18.10.2016
Beiträge
256
Zuletzt bearbeitet:

Nachtfahrt

Im Licht der Scheinwerfer tanzten die Herbstblätter einen Hexenreigen. Sie nahm ihren Blick von der regennassen Straße und sah ihn an. Seine Hände lagen entspannt auf dem Steuer, sein Kopf war leicht nach vorne geneigt. Der ganze Körper vermittelte den Eindruck vollkommener Konzentration.
Lächelnd verknotete ihre Hände im Schoss. „Stefan hat einen ziemlichen Bauch bekommen, findest du nicht?“
Ein Grinsen zog seinen rechten Mundwinkel nach oben. „Viele Haare hat er auch nicht mehr.“
Sie ließ sich tiefer in den Sitz sinken. „Maria ist immer noch hübsch.“
„Baby, keine ist so schön wie du.“
„Wie lange sind die beiden schon verheiratet?“
Er warf ihr einen kurzen Blick zu. „Keine Ahnung. Ewig.“
„Sie haben sich in Marias Kanzlei kennen gelernt. Stefan hatte diesen Verkehrsunfall und sie hat ihn vertreten."
„Den ganzen Abend habt ihr zwei Mädchen getuschelt.“ Er zog die Augenbrauen zusammen und warf ihr einen Seitenblick zu. "Wohin warst du zwischendurch eigentlich verschwunden?"
„Verschwunden?“
„Fast eine halbe Stunde lang konnte ich dich nicht finden.“
„Oh!“ Sie sah auf die Straße. „Nur auf der Toilette.“
„Auf der Toilette?“, echote er. Sie nickte.
Eine kurze Stille trat ein. Sein rechtes Augenlid mit den langen Wimpern zuckte.
Nervös fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen. „Sie hat gefragt, ob ich für sie arbeiten würde.“
„Wer?“
„Maria! Sie hat mich gefragt, ob ich in ihrer Kanzlei arbeiten möchte.“ Sie hielt den Atem an.
Er lachte auf. „Das könnte ihr so passen!“ Sein Mund lächelte. Doch sie konnte sehen, wie seine Hände das Steuerrad umklammerten. „Du bist zu freundlich, Baby. Deshalb glaubt jeder, dich ausnutzen zu können.“
Sie holte tief Luft. „Ich glaube, es würde mir Spaß machen. Deshalb habe ich ihr zugesagt.“
Der Wagen geriet ins Schleudern, so plötzlich trat er auf die Bremse. Als das Auto schließlich stand, zitterte sie am ganzen Körper.
„Verdiene ich nicht genug?“ Seine Stimme klang heiser.
Sie schüttelte den Kopf. Dann nickte sie. Ein Würgen drückte ihr den Hals zu.
„Ich bin vielleicht kein reicher Zahnarzt. Trotzdem dachte ich, mein Einkommen wäre ausreichend. Aber du bist offensichtlich nicht zufrieden.“ Er drehte sich zu ihr herum. „Nie bist du zufrieden!“ Mit der flachen Hand schlug er ihr ins Gesicht. „Was willst du eigentlich?“
Sie schluchzte auf. Ihre Hand tastete nach dem Türgriff.
„Hast du vergessen, wo du herkommst?“ Er schlug noch einmal zu und traf ihre Nase. Es knackte. Weißglühende Fünkchen tanzten vor ihrem Gesicht. Sie öffnete die Tür und taumelte hinaus ins Freie. Die kalte Nachtluft traf sie wie ein neuer Schlag.
„Komm wieder ins Auto!“
Ihr Atem stand in kleinen Stößen vor ihr. Sie versuchte, sich zu konzentrieren. Die Straße führte in die Dunkelheit. Weder die Lichter von Häusern noch die von anderen Autos waren zu sehen.
„Zwing mich nicht, auszusteigen!“ Seine Stimme kippte. „Komm in das verdammte Auto! Oder muss ich dich holen?“
„Nein!“ Sie schmeckte Blut auf ihren Lippen.
Das Motorengeräusch verstummte. Die Autotür auf der anderen Seite wurde aufgerissen und seine Gestalt schraubte sich vor ihr in den Nachthimmel. „Es reicht jetzt! Komm her zu mir!“
"Ich verlasse dich!" Nur ein Flüstern kam heraus. Dabei wollte sie ihn anbrüllen, wollte es wegschreien, dieses Gefühl, zu erstarren, mit jedem Schlag, bis sie immer steifer und kälter wurde. Wie der Blechmann im Zauberer von Oz. Kein Herz, kein Gefühl.
Sie sah ihn an. Einen Moment lang starrte er zurück, dann strich er sich mit der Hand über die Stirn. „Okay, tut mir leid! Ich war wütend.“ Er schüttelte den Kopf. „Manchmal machst du mich eben wahnsinnig.“
„Verschwinde!“ Sie trat einen Schritt zurück.
„Ich habe doch gesagt, es tut mir leid. Was willst du denn hören?“ Lächelnd neigte er seinen Kopf zur Seite. „Es ist kalt, Baby. Komm ins Auto. Lass uns einfach weiterfahren.“
„Ich fahre nicht mit.“
„Sei nicht hysterisch! Willst du mitten in der Nacht, ganz allein, zu Fuß nach Hause gehen?“
„Das betrifft dich nicht mehr.“
Aus zusammengekniffenen Augen betrachtete er sie. „Bitte! Aber ruf mich nicht an und heule herum, wenn dich jemand ausrauben und vergewaltigen will!“ Er setzte sich hinter das Steuer und sah durch die offene Beifahrertür zu ihr hinauf. „Deine letzte Chance!“
Wortlos nahm sie ihre Tasche vom Sitz und drückte die Tür zu. Der Motor startete und der Wagen fuhr los.
Es wurde dunkler um sie herum, doch am Himmel zeigte sich bereits ein heller Schimmer. Mit zitternden Fingern zog sie ein Taschentuch heraus und hielt es sich unter die Nase. Das Bluten hatte aufgehört. Fröstelnd zog sie ihre Jacke enger und ging los.
Sie war noch nicht weit gekommen, als sie ein Motorengeräusch hörte, das sich rasch näherte.
Das Licht von Scheinwerfern erfasste sie und warf ihren übergroßen Schatten zwischen die Bäume am Straßenrand. So weit wie möglich rückte sie an den Seitenstreifen. Der Wagen wurde langsamer.
Als er schließlich anhielt, warf sie einen Blick zurück und rannte los, im Zickzack über die Straße. Das Auto verfolgte sie, schien mit ihr zu spielen, kam näher und fiel in den Kurven zurück.
Ihr ging die Luft aus, doch sie lief weiter und weiter, wie man manchmal im Traum rennt, atemlos, mit dem Gefühl, niemals anzukommen. Wieder stoppte der Wagen. Keuchend blieb sie stehen und drehte sich um.
Der Motor heulte auf, einmal, zweimal. Mit quietschenden Reifen fuhr das Auto wieder an und raste auf sie zu. Sie konnte sich selbst schreien hören.
Es krachte.
Als sie die Augen wieder öffnete, fiel ihr Blick auf das Gesicht hinter der zersplitterten Frontscheibe. Seine Augen blieben geschlossen. Sie ging zum Wagen, öffnete die Tür und tastete nach seinem Puls. Langsam ließ sie die Hand sinken, trat einen Schritt zurück und betrachtete die völlig zerstörte Karosserie. Als Jugendliche hatten sie in den nächtlichen Straßen der Stadt manchmal Radmuttern von Autos gelöst. Meist bei Typen, über die sie sich geärgert hatten. Oder nur so. Viele Jugendliche machten so etwas. Nur die wenigsten wurden erwischt. Sie wendete sich ab und ging lächelnd weiter die Straße entlang.

 
Zuletzt bearbeitet:

Wenn Eskalation eine Leiter wäre, hätte deine nur drei Sprossen. Das ist das große Problem mit deinem Text. In einer Zeile heißt es:

Sie holte tief Luft. „Ich glaube, es würde mir Spaß machen.“

Ein paar Zeilen weiter lese ich:

Unvermittelt richtete er sich auf und schlug ihr ins Gesicht.

What the Hell? Well, that escalated quickly.

Du folgst einer straffen Formel: Schnell die Figuren einführen, bisschen Exposition, zweiter Akt, dritter Akt, Bam. Wie vom Laufband. Ich habe festgestellt, das ich dem Erzähler nicht hinterherkomme. Ich stelle mir einen gehetzten Typ vor, der schnell ins Aufnahmestudio gerannt kommt, seinen Text runterrattert und sich einfach dematerialisiert. Du versuchst, "Sie" sympathisch zu machen, wir sollen mit ihr leiden, aber ... es hat für mich nicht funktioniert. Dafür eskaliert die Angelegenheit viel zu schnell. Ist der Mann Choleriker? Psychotisch? Ich weiß es nicht. Erst wird ganz lieb und brav geplaudert, dann krachts, auf einmal macht sie Schluss ... das ist alles Stoff, den man über einige Seiten ausbreiten kann und nicht in Rekordgeschwindigkeit abhandeln muss.

Es tut mir leid, aber die Geschichte fand ich nicht besonders gut. Das liegt unter anderem an all den Adjektiven, die du benutzt, um die ganze Situation rasch abzuhandeln. Ich kann mir gar kein eigenes Bild machen, denn mir wird ganz genau vorgekaut, wie die Situation gerade zu sein hat. Dazu kommen einige echt unglückliche Formulierungen:

Als sie die Augen wieder öffnete, lag sein blutüberströmtes Gesicht genau vor ihr.

Nur das Gesicht? Liegt das wie ein Lappen auf dem Boden?

Dann wendete sie sich ab und ging mit steifen Knien weiter die Straße entlang.

Das fand ich unfreiwillig komisch. Ich habe mir eine Barbie vorgestellt, die da mitten auf der Straße entlang geht.

Irritiert sah sie sich um.

Da kommt ein Auto direkt auf sie zu. Ich glaube nicht, dass sie in diesem Moment irritiert ist.

Das Brummen des Motors und die großen, gelben Scheinwerfer ließen das Auto wie ein Raubtier auf dem Sprung erscheinen

Jetzt stell dir mal einen brummenden Löwen mit riesigen Scheinwerferaugen vor. Oder ein Frettchen. Die Metapher funktioniert meiner Meinung nach nicht.

„Ich schlage dich windelweich, du verdammte Schlampe!“
„Nein!“ Erschrocken wich sie zurück.

"Erschrocken" ist nicht das richtige Wort. Es passt nicht zur Situation und macht die Situation unfreiwillig komisch. Ich stelle mir das nämlich so vor:

"Ich schlage dich windelweich, du Schlampe!"
"Huch", machte sie, wie jemand der eine Spinne im Badezimmer sieht. "Na, das würde mir aber den ganzen Abend ruinieren."

Stöhnend streckte er die Hand aus.

Auch _das_ soll wahrscheinlich nicht lustig sein, aber das ist es. Stell dir die Situation bildlich vor. Hast du genau dasselbe obszöne Bild im Kopf wie ich? Zumal er sie zuvor noch bedroht hat ... jetzt stöhnt der sich was zusammen und streckt die Hand aus. Wenn du mir vermitteln willst, dass der Kerl einen Dachschaden hast, kauf ich dir das ab - aber nicht aus den Gründen, die du dir vorgestellt hast.

 

Hallo NWZED,

vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Schade, dass ich dich mit der Geschichte nicht erreichen konnte. Das liegt zum größten Teil an dem, was du beschrieben hast: Der Text war eine Art nächtlicher Schnellschuss, eher geschrieben, um ein Ereignis abzuarbeiten, das sich in unserer Stadt zugetragen hatte.
Mit dem Thema Gewalt gegen Frauen beschäftige ich mich allerdings schon länger. Nach allem, was ich bisher darüber erfahren habe, erfolgen die Ausbrüche von Gewalt häufig eruptionsartig, ohne vorherige Ankündigung.
An den Formulierungen hätte ich aber arbeiten sollen, bevor ich den Text einstelle. Das hätte auch die Ernsthaftigkeit des Themas erfordert.
Aber ich bin in diesem Forum, um daran zu arbeiten - und darum noch einmal danke, dass du trotz seiner Fehlerhaftigkeit auf den Text eingestiegen bist und einige seiner Schwachstellen aufzeigt hast.

Viele Grüße
Willi

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Willi,

bist ein fleißiger Mensch – Nachteil für mich: Ich muss meinen ersten Komm wegwerfen und neu schreiben. Jedenfalls hast Du den Text enorm verbessert und die Watschn von NWZed hat Gutes bewirkt.
Ja, jetzt ist Deine Geschichte ein rundes Ding. Ich lese in Deinem Profil, dass Du erst seit einem Jahr (damaliger Zeitpunkt) schreibst, das kann ich gar nicht glauben. Oder meintest Du ’ernsthaft schreibst’? Denn auch die Art, wie Du Unstimmigkeiten in Deinem Text geglättet hast, verrät längere Erfahrung.

Sie schüttelte sie den Kopf.

[QUOTE]Vor seinem Mund bildete sich keine Wolke.
Sie ging zum Wagen, öffnete die Tür ...
[/QUOTE]
‚Eisige Nachtluft’ steht weiter oben, doch im Wagen wird es so bitterkalt nicht sein, dass man den Atem sehen könnte, denn erst dann öffnet sie die Tür. Ist der fette Satz nicht entbehrlich?

Peanuts. Sehr gern gelesen, der Text hat Flow und ist prima geschrieben!

Schöne Grüße
von José

PS: Ich lass mich nie auf längere Texte ein, aber gerade hab ich bei ‚Die Königin der Raben, Kapitel 1/Teil 3’ reingeschaut – und bin von den Socken! Total. Das ist ja ganz fantastisch geschrieben! Das werde ich mal in aller Ruhe goutieren - und zwar von Anfang an. Da gibt es sicherlich viel zu loben.

 

Hallo Jose,

so viel unverdientes Lob, da werde ich rot bis an die Ohren ... aber schön, dass der Text jetzt besser funktioniert, vorher war's dann doch eher Schamesröte ... Ja, so ein Klaps an Kopp zeigt meist Wirkung.

Erfahrung habe ich eher mit Fantasy Geschichten, aber nicht geschrieben, sondern erzählt, meist im Rahmen von Pen-and-Paper Veranstaltungen. Deshalb freut es mich, dass dir meine Rabenkönigin gefällt, die ich schon auf das literarische Sterbebett verschoben hatte, weil ich sie so transusig fand.

Dank für den Aufbau!
Viele Grüße

Willi

 

Hallo Willi!

Das Thema interessiert mich ebenfalls. Die Frage: Warum verlassen Frauen gewalttätige Männer nicht, thematisiert deine Geschichte nicht. Bei dir geht es darum, dass die Frau den Mann verlässt.
Ja, sie verlässt ihn (was gut ist), aber leider gehst du nicht darauf ein, warum sie es tut.
Er ist ein Arsch und er hat sie geschlagen, ja. Aber warum verlässt die Frau (und übrigens, gib deinen Protagonisten immer Namen!) ihn jetzt, in diesem Moment? Sie ist doch schon lange mit ihm zusammen und er hat sie sicher auch schon öfter geschlagen? (Das lese ich jedenfalls schon zu Beginn aus ihrer Nervosität heraus.) Was hat sich für sie verändert, was gibt ihr den Mut, ihn zu verlassen? Das fehlt mir in deiner Geschichte, die momentan eher eine Momentaufnahme ist, in die man nicht tiefer eindringen kann. (Wo will sie denn eigentlich hin, mitten in der Nacht? Zu Hause wäre ja, wo er ist.)
Den Charakter des Mannes finde ich gut, glaubwürdig beschrieben, auch seinen Gewaltausbruch finde ich nachvollziehbar.

Ein kleines Problem hatte ich mit dem Textende. Offensichtlich hält der Mann auf sie zu und dann hat er einen Unfall. Aber richtig vorstellen, was da passiert, kann ich mir nicht. Einerseits fehlt da die Umgebungsbeschreibung. Für mich ist absolut nicht ersichtlich, wo das Auto draufknallt. (Stehen da Bäume, ist er gegen einen Stein gefahren, gegen die Hand Gottes ...?)
Und ich frage mich, wenn er auf sie zuhält, warum trifft er sie dann nicht?

Übrigens, das hast du gestrichen, da NWZed es kritisiert hatte: "Irritiert sah sie sich um."
=> Das fand ich aber hundertprozentig treffend. Aus eigener Erfahrung. Als mich vor ein paar Jährchen mal einer über den Haufen gefahren hat, war das letzte, das ich dachte, bevor ich auf den Asphalt aufschlug: "Warum hält der denn nicht an?" Ich war irritiert. Um da Angst zu entwickeln, kam das zu plötzlich, zu unerwartet.

Grüße,
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Im Licht der Scheinwerfer tanzten die Herbstblätter einen Hexenreigen.

Ja, solche Typen wie den Zahnarzt gibt es und Gewalt gegen den Partner ist kein Standesmerkmal der Unterschichten, wobei Gewalt auch schon mal vom "schwächeren" Geschlecht ausgehen kann,

liebe Willi,

und alles oft aus nichtigstem Anlass. Wie sagte schon mein Schwiegergroßvater zu Ührde, Osterode, Unrecht gut gedeihet kaum.

Man merkt allein schon an der sich steigernden Dramatik, ob nun zwo oder vier Stufen, wurscht, dass Du Fortschritte machst. Gleichwohl gibt's zwo, drei triviale Dinge, an denen kleinere Korrekturen vorzunehmen sind. Das erste ist schon von einem Vorredner aufgezeigt worden, sollte aber nicht vergessen werden

Sie schüttelte sie den Kopf. Dann nickte sie.
josefelipe wird's Dir danken!

Hier ist nun nicht die Konjunktion "soweit", sondern die unbestimmte raum/zeitliche Aussage gemeint, darum auseinander

Das Motorengeräusch kam näher und sie rückte so[...]weit wie möglich an den Straßenrand.
Ohne das unscheinbare "wie" ließe sich sogar der Satz mit "soweit" formulieren, soweit ich ahne ...

Da war noch was ... Ach so,ich steh quasi mit "Baby" (schon die Ansprache, dass die jemand freiwillig erduldet - Selbsterniedrigung nenn ich das) "im Wind" ...

Tschüss

Friedel

 

Liebe Willi,

ich hatte auch schon die erste Version gelesen und finde, dass es nun besser geworden ist. :thumbsup:

Viel kann ich gar nicht mehr beitragen, außer vielleicht:

„Maria! Sie hat mich gefragt, ob ich in ihrer Kanzlei arbeiten möchte.“

„Verdiene ich nicht genug?“
Ein anderer Grund, außer des Geldes, hätte ja auch sein können, dass sie arbeiten will, da sie unter Leuten kommen will.
Verstehe daher nicht, weshalb ihr Mann sofort auf Geld kommt.

Vor seinem Mund bildete sich keine Wolke.
Bilden sich sonst denn Atemwolken im Herbst?

Ansonsten fehlen mir die Gefühle der Frau.
Überhaupt fände ich es besser und interessanter, wenn die ganze Story in der Perspektive der Frau (vielleicht sogar in der Ich-Form) wäre. So wärst du viel näher an der Frau dran.

Der letzte Satz ist sehr gut. :thumbsup:
Habe ich gerne gelesen.

Liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Chris,

Warum verlassen Frauen gewalttätige Männer nicht

Mir wurde es so erklärt, dass diese Frauen glauben, sie hätten nichts besseres verdient. Oft sind sie seit ihrer Kindheit an Gewalt "gewöhnt".

Meine Prot verlässt ihren Mann an einem Punkt, an dem sie durch das Arbeitsangebot der Freundin ihren eigenen Wert und ihre Fähigkeiten wiedererkennt. Okay, dank der Anregung von GoMusic bringt sie ihn jetzt um - Gewalt und Gegengewalt. Ich hoffe aber, dass diese neue Entwicklung die Probleme mit dem Textende beseitigt.

Freut mich, dass du 'reingeschaut und kommentiert hast, irgendwie habe ich das Gefühl, durch die ganzen Anmerkungen hier wirklich vorwärts zu kommen!

Willi

 

Lieber Friedrichard,

ja, mich schütteltst auch bei solchen Kosenamen ... Die Kopfgymnastik wollte ich so belassen, es gibt nun einmal keine richtige Antwort bei solchen Typen. Die Konjunktionen konnte ich hoffentlich besser timen, vielen Dank dafür und überhaupt für deine Anmerkungen, die ja selbst immer schon ein Stück Literatur sind.

Viele Grüße

Willi

 

Lieber GoMusic,

ich habe den Text auf deinen Rat hin tatsächlich einmal in der Ich-Perspektive geschrieben. Herausgekommen ist nahezu eine neue Geschichte, zumindest ein ganz neues Ende.

Ich fand es nicht einfach und vor allem nicht angenehm, in die Gefühlswelt meiner Prot einzusteigen. Darum hatte ich mich in der Tat ein wenig gedrückt, habe aber versucht, diese jetzt in Worte zu fassen.

Ihn konnte ich seltsamerweise viel besser nachvollziehen - Geld als Symbol für Status und Sicherheit und der gesellschaftliche Druck, als "richtiger Mann" beides leisten zu müssen.

Aber deshalb traue ich mich auch, hier Geschichten einzustellen, die noch ziemlich unausgegoren sind - die Anregungen sind immer hilfreich und konstruktiv. Vielen Dank dafür!

Willi

 

Hallo Willi!

Was? Umbringen? Da bin ich echt überrascht. Das erfordert ja auch eine ganz andere Psychologie.

Da muss ich deinen Text noch mal lesen.

Noch zu deiner Antwort zur Vorversion: "Mir wurde es so erklärt, dass diese Frauen glauben, sie hätten nichts besseres verdient."
=> Nee, das greift viel zu kurz. (Und du hast mich damit in den Verteidigungsmodus getrieben, denn mein Großvater väterlicherseits war so ein gewalttätiger Mann und meine Großmutter ist bei ihm geblieben, bis er starb.) Bei meiner Oma spielte das "Ich kann nirgends anders hin" eine große Rolle. Auch den Einfluss von "Liebe" sollte man in solchen Partnerschaften nicht aus den Augen verlieren. Und vieles mehr. Das ist ein sehr komplexes Thema und da alle Menschen verschieden sind, sind auch die Gründe verschieden.

Ja, das Arbeitangebot sehe ich auch als einen ersten Schritt zur Selbstständigkeit, aber wenn sie mitten in der Nacht auf der Straße steht (ohne Geld, ohne Kleidung zum Wechseln, ohne Unterkunft), braucht sie mehr als ein Arbeitsangebot. (Und warum sollte ein Arbeitsangebot sie auf einmal von ihrem Glauben abbringen, dass "sie nichts Besseres verdient habe"?)

Okay, nun zur neuen Version:

Äh, nach lesen deiner Antwort auf GoMusics Komm hatte ich eine Geschichte in der ersten Person (Ich-Perspektive) erwartet?

Und dann kommt mein leider vernichtendes Urteil zum neuen Ende: Ich finde es ziemlich an den Haaren herbeigezogen.
Warum? Weil du dieses Pointenende nicht aufbaust. Das wirkt wie drangeklebt.
Warum sich die Protagonistin gerade an diesem Tag entschließt, etwas gegen ihren Peiniger zu unternehmen, kommt sehr kurz, da ist nur das Arbeitsangebot. Das erklärt aber nicht, warum sie mit dem Protagonisten ins Auto steigt (das sie ja eigenhändig manipuliert hat; ihr ist also klar, dass sie beide in den nächsten Minuten umkommen könnten!)
Was genau denkt sie eigentlich, das passieren wird? Wenn sie die Radmuttern löst (übrigens, hatte sie einen Radmutterschlüssel unter ihrem Kleid versteckt?)? Wie weit kommt ein Auto mit lockeren Rädern eigentlich, ohne das der Fahrer was merkt?

Das neue Ende macht die Protagonistin zu einer total kalten, gefühllosen Person. Wie kann diese Person dieselbe sein, die sich lange Zeit von ihrem Mann hat misshandeln lassen, die meinte, nichts Besseres verdient zu haben?

Tja, tut mir leid. Zusammengefasst gefiel mir die erste Version deiner Geschichte besser.

Grüße,
Chris

 

Hallo Chris,

schade, dass dir das neue Ende der Geschichte nicht gefällt. Aber irgendwie kam es so über mich, nachdem ich den Text in die Ich-Perspektive umgesetzt hatte (das war nur so als Experiment, erzählerisch fand ich personal besser). Als "sie" dachte ich, dass es jetzt reicht, dass es egal ist, wie es endet, Hauptsache ist, dass es endet und wenn ich selbst mit draufgehe.

Gewalt macht m. E. gefühllos, den Täter und das Opfer. "Liebe" kann ich da nicht entdecken, aber oft diese Form der Perspektivlosigkeit wie bei deiner Großmutter. Es fängt ja auch nicht gleich mit Prügel an, Gewalt und die Herausbildung von Machtstrukturen schleichen sich nach und nach in eine Beziehung ein. Das hätte ich einarbeiten können... :hmm:

Aber auf jeden Fall wieder einmal eine spannende Diskussion mit dir!

Viele Grüße
Willi

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom