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Nachlassverfahren 238709k014
Ein Todesfall - grauenvoll. Die Beerdigung – grauenhaft.
Ein Martyrium das höchstens ein stattliches Erbe lindern kann. Und bei den meisten Erbschaften steht am Anfang ein Testament, in diesem wiederum ein Erbe steht. So auch bei Witwe B. .
„Hans B., verstorben. Er hinterlässt zwei Kinder, 12 und 20 Jahre, sowie Susi B., die Mutter der Kinder.“, lass Frau B. vor.
„Das stimmt. Du musst bei -ja- ein Kreuz machen.“, sagte ihr neuer Lebensgefährte, den sie kurz nach der Beerdigung ihres Mannes kennen und lieben gelernt hatte.
„Ist gut. Damit hätten wir drei Seiten ausgefüllt.“
„Bleiben nur noch fünf. Ich sag dir, wenn dabei keine ordentliche Witwenrente herausspringt geh ich an die Decke.“
Fünf Seiten weiter und eine Stunde später klingelte das Telefon. Frau B., leicht genervt ob so vieler unsinniger Fragen, hob den Hörer ab und raunte eine unverständliche Begrüßung in die Hörmuschel. Kurz darauf ertönte eine helle, fast piepsige Stimme: „Guten Tag. Amtsgericht München, Bert Kunsch am Apparat. Es geht um das Erbe ihres verstorben Mannes Hans B. Ähm … Sie sind doch Frau Susi B.?“
„Ja. Ja, die bin ich.“ Ein Funke Hoffnung legte sich in ihre Stimme. „Ein Erbe. Na klar. Er hat doch immer gespart. Und die Lebensversicherung. Ja klar.", ging ihr voller Vorfreude durch den Kopf.
„Nun, Frau B.. Uns liegt ein Testament vor, indem sie als Haupterbe aufgeführt sind. Da wir auf den Brief, den wir ihnen zugeschickt haben noch keine Antwort erhalten haben würde ich gerne heute einen Termin vereinbaren, sodass sie, sofern gewünscht, ihr Erbe antreten können. Wäre Mittwoch in einer Woche…“
„Ja, Mittwoch, ähm… 15.00 Uhr, geht das bei ihnen?“
„Wunderbar 15.00 Uhr, Mittwoch. Ich erwarte sie, bis dann.“
„Wunderbar. Auf Wiederhören.“
Der nächste Mittwoch ließ nicht lange auf sich warten und Frau B. stolperte leicht aufgeregt, dicht gefolgt von ihren neuen Freund in Raum 306 im Amtsgerichtsgebäude München.
„Nachlassverfahren 238709k014 wird hiermit eröffnet.“, ertönte eine kräftige Stimme durch den Saal.
„Na, das ging aber flott“, dachte sich Frau B. im Stillen und unterschrieb nach der Testament Vorlesung, den ihr vorgelegten Schein zum Antritt des Erbes.
Und wieder erhob sich die Kräftige Stimme, geführt von einem bärtigen Sachbearbeiter, der sämtliche Worte aus seinem Laptop abzulesen schien: „Der Nachlass: 5.458 Euro auf dem alleinigen Konto des Verstorbenen.“
„Gut!“, dachte sich Frau B., „Die Beerdigung, sowie der Leichenschmaus sind schon gedeckt.“
Und wieder der Sachbearbeiter: „15.000 Euro beträgt die Lebensversicherung des Verstorbennen.“
„Wunderbar, damit wäre auch der Fiat von letztem Freitag bezahlt.“
„Und weitere 3.745 Euro Bargeld eines Schließfaches.“
„Ja. Ja. Die Hälfte des gebuchten Urlaubs ist damit klar. Hoffentlich kommt noch was. Hoffentlich.“
„Und…“ Der Sachbearbeiter hielt kurz inne und musterte Frau B., gefolgt von einem leicht mitleidigem Blick und fuhr dann fort: „Ein Darlehen in Höhe von 30.000 Euro, nun zu Lasten der Haupterbin. Damit schließe ich das Nachlassverfahren 238709k014.“
Frau B. spürte wie ihre Beine nachließen und ihr schwindlig wurde. Noch während sie zu Boden sank, konnte sie die Stimme ihres neuen Freundes hören, welcher voller Hoffnung zum Besten gab: „Wenigstens ist die Witwenrente ganz beachtlich.“