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Nach dem Tod

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13.08.2003
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Nach dem Tod

Es gibt immer Tage im Leben, an denen man Melancholie verspürt, dann wenn man sich am liebsten unter der Decke verstecken möchte.
Wenn ich in einer melancholischen Stimmung bin, dann fühle ich mich hin und her gerissen zwischen Freude und Betrübtheit; zwischen Leben und Tod. Aber im Prinzip sind das nur Tage und Tage vergehen, so wie auch diese Stimmung von Melancholie vergeht. Dann ist alles vergessen, jeder Gedanke an Selbstmord und jede Träne. Schließlich erkennt man dann, dass man stark war, dass man stark ist. Doch was passiert, wenn man nicht stark genug war? Schwer zu sagen, wenn man das noch nicht erlebt hat!
Es gab einen Tag in meinem Leben, an dem ich nicht stark war, an dem ich stand zwischen Standhaftigkeit und Fall; ich fiel, nachdem meine letzte Träne gefallen war. Ich glaube es war ein Freitag, um genau zu sein: Freitag der sechste Oktober 2000. Wie schon so oft begegnete ich dem Wunsch etwas Geborgenheit, etwas Liebe zu empfangen. Es gab dort einen Jungen in meiner Schule, ich will seinen Namen lieber nicht nennen, damit er sich nicht verantwortlich für meinen Tod fühlt. Ich sträubte mich immer dagegen zu glauben, zu erkennen, dass ich ihn liebe und ich mich nach seiner Zuwendung sehnte. Doch an diesem Freitag musste ich verzweifelt das Gegenteil feststellen. Ich weiß nicht, warum mir diese Erkenntnis kam, doch sie zerbrach alles. Denn wie viel Ablehnung kann ein Mensch ertragen, der sich nichts sehnlicher wünscht als etwas Liebe?! Wahrscheinlich öffneten die Tagträume meine Augen; jedenfalls war der Gedanke da, wie es doch wäre, wenn er mich in die Arme nehmen würde, mir in die Augen sähe und allen Schmerz lindern würde. Welch eitle Phantasie, doch viel zu fern um jemals Realität zu werden.
Doch es ist nur Melancholie, die wie Tage vergeht, denn Zeit heilt alle Wunden. Doch meine Wunden heilt selbst der Tod nicht, noch würde ich alle Liebe der Welt empfangen. Vielleicht war es meine Unfähigkeit einfach zu denken aufzuhören und diesen Jungen Junge sein zu lassen und die Wolken verziehen zu lassen, weswegen ich fiel. Vielleicht habe ich mich nur in die Rolle, in die Liebe zu diesem Jungen hineingesteigert, zu sehr, dass ich es wirklich glaubte.
Aber es gab keinen Halt mehr um stark zu sein. Meine Tränen vernebelten meine Vernunft oder zerbrachen mein Herz endgültig in Stücke. Ich konnte nicht mehr glauben: "Es wird schon Einer kommen der dich liebt, wenn du erst mal aus der Schule raus bist und in ein anderes Umfeld kommst!" Nein, wirklich nicht. Zu schön war doch der Gedanke, dass er mich ebenfalls lieben könnte und zu klar die Erkenntnis, dass das nie der Fall sein würde. Jedenfalls fiel ich sehr tief, von Melancholie in die schwärzeste Betrübtheit, die ich jemals in meinem Leben verspürt hatte.
Nein; ich würde alles für ihn tun, doch ich konnte nichts mehr außer sterben; ich war zu schwach um zu kämpfen, ich war endgültig am Ende meiner Kräfte.
Also stürzte ich mich aus dem Fenster, im freien Fall. Stell man sich vor wie das so ist, wenn man auf den Boden zu rast. Ich dachte nur an ihn und mir schien es bis zu letzt, selbst in der letzten Sekunde meines Lebens, wertvoll zu sein. Als ich auf dem Boden zerschmetterte war ich frei, von der Dunkelheit einer Sekunde bis zum Aufatmen meiner gepeinigten Seele. Es war freier Atem, der die Welt anders aussehen ließ; heller, froher. Ein Leben nach dem Tod, ein Leben mit dem Tod. Mein erster Gedanke war, sobald man es Gedanke nennen kann: "Ich tat es für dich!" Natürlich konnte mein Wunsch jetzt wahr werden, ganz nahe bei ihm zu sein, sein Gesicht zu berühren, ohne dass er es mir verbieten konnte. Ich durfte ihm nahe sein, so nahe wie ich es im Leben nie durfte. Sterben lohnt sich!
Doch ich sah ihn, wie er so glücklich war, mit diesem Mädchen. Er freute sich und ich lag tot auf der Straße. Jetzt wusste ich, dass selbst der Tod meine Wunden nicht heilen und meine Tränen nicht trocknen kann. Doch man kann nur einmal sterben und wenn es möglich wäre, selbst dann würde niemand um mich weinen.
Was wäre passiert, wenn ich stark gewesen wäre? Hätte er mich dann doch irgendwann geliebt oder hätte sich mein Tränenmeer noch weiter gefüllt? Ich dachte immer, es wäre wert
zu sterben für die Liebe, doch ich musste erkennen, dass selbst der Tod für die Liebe das Leben nicht ersetzen kann.

 

Du hast einen sehr schönen, "melancholischen" Stil, der zu einigen wunderbar geschmückten Sätzen führt. Das gefällt mir!
Auch wirkt die Depression richtig real, was durch die doch recht konsequent durchgezogene Tristesse zustande kommt.

Dennoch wirkt deine Erzählung etwas dünn - das Thema Selbstmord ist ziemlich schwer so zu verkleiden, daß es dem Leser außer kurzfristig verspürter Trauer (o. Mitleid) noch etwas tiefgehenderes geben kann. Auch Liebeskummer als Begründung wirkt nicht wirklich - es werden sich nur die wenigsten deswegen etwas antun. Tatsächlich scheint es mir so, als würde man, verfällt man der Melancholie, gegenüber so lächerlich nichtigen Dingen wie Liebe eher gleichgültig als anfällig. Wenn die ganze Welt zerbricht, macht ein gebrochenes Herzen auch nichts mehr aus. Wenn man die Schlechtigkeit der Welt erkannt hat - und die erkennt man zwangsläufig, sobald man sich der Traurigkeit hingibt - mutet einem die Schlechtigkeit der Liebe ziemlich banal an.
Nun, daher ist es also für meine Begriffe schwer, mit Tod und Liebe allein in einer Geschichte etwas bewegen zu können.

Ich denke aber, daß es sich hierbei eher um eine Art Tagebucheintrag des Ich-Erzählers handelt. Als solcher ist er natürlich wesentlich besser gelungen, zumal die ganze Schwärze eines einsamen Herzens in deinen Worten gelungen eingefangen wurde.

Aber als philosophische Kurzgeschichte? Ich persönlich finde, da fehlt etwas. :)

Übrigens wollte ich noch dazu sagen, daß mir die beschriebene Situation äußerst bekannt vorkommt - für mich wirkt aber das Lachen noch als Vorstufe zum Sterben. Lachen ist zwar in der Tat leicht gesagt, aber ebenso tatsächlich leichter getan als man denken mag. Es bedarf nur der ganzen Willenskraft.
Ich denke, wenn man verzweifelt, kann man entweder daran sterben oder darüber lachen - darüber lachen, gleich einem Narren, der um die Verlorenheit seiner selbst weiß und doch darüber lachen kann. DAS ist Melancholie!

Na, jetzt haben wir doch einen philosophischen Disput! :)

 

Ich denke in Anbetracht dessen, in welchem Alter das Geschrieben wurde, ist es verständlich eine gewisse naivität wiederzu entdecken. Mit der Zeit reift man und gewinnt einen anderen Blickpunkt und eine andere Einstellung zu gewissen themen. Ich denke dass es lächerlich ist, was die Liebe einen antun kann, wenn es noch viel schlimmeres gibt, was einem angetan werden kann ... Philospohisch in dem Sinne ist eigentlich die Frage nach dem Sinn des Lebens ... Das mit dem Lachen ist ziemlich interessant, denn irgendwann lacht man wirklich darüber. Aber wie gesagt ist die Geschichte schon ertwas älter und entspricht nicht mehr ganz meinen Ansichten ...

 

Hi!
Also die erste Hälfte kann ich extrem gut nachvollziehen. In Wirklicheit fühle ich mich oft so. Gerade die Situation mit dem Liebeskummer. Also ich finde es sehr gut beschrieben dieses Gefühl. Besser könnte ich meine eigenen Gefühle nicht ausdrücken. Die zweite Hälfte da denk ich ein bisschen anders, aber letztendlich werden philosophische Kurzgeschichten ja durch andere Ansichten erst richtig intressant.
Konnte mitfühlen bei der Geschichte, echt gut, und ich glaube sowas kann man nur schreiben wenn man so gefühlt hat.
Muss da ein bisschen an den song "Whats going on" von 4 non blondes denken, dessen text ähnliches gut beschreibt.

Ciao

 

Ich finde, diese Selbstmordgeschichte, und derer habe ich schon mehrere gelesen, unterscheidet sich irgendwie von den anderen. Hier wird offenbar der Tod nicht als eine Befreiung im Sinne der Romantik empfunden, als die immer funktionierende Endlösung meines Problemes, sondern eher als halbe Enttäuschung. Nicht das Ende ist der Tod, sondern immer noch ein Feststecken in der Depression. Also ein Fazit der Hoffnungslosigkeit.
Diese Auffassung vertrete ich natürlich nicht. Bin nach wie vor der Meinung, der Tod ist alles, was das Leben nicht ist. Aber die Tatsache, dass hier quasi eine Halbtote, die dem neu entstandenen Paar nachweint, zum Leser spricht, macht mir das doch plausibel und verwirrt mich.


FLoH.

 
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hallo!

ich habe um dich geweint....
der tod ist keine lösung er ist eine konstante! vielleicht die einzige im universum......

deshalb sage ich gestalte dein leben so das du in jedem moment bereit sein kannst zu sterben,
lebe so das du die welt etwas besser verlassen kannst als du sie vorgefunden hast....

schmerz depression sind gefühle genau wie freude oder glück ich lerne sie zu akzeptieren & zu lieben!

du bist frei wenn der schmerz keine macht mehr über dich hat wenn du den schmerz genauso schätzen und lieben gelernt hast wie die liebe selbst......

einsamkeit tut nicht weh sie ist stille nach innen!
jetzt möchte ich dazu kommen was wahre liebe ist:
sie ist das einzige heilmittel gegen den tod, du gibst etwas von dir das so rein ist..... selbst wenn du nichts zurück bekommst du hast etwas gegeben das so wunderbar ist das der jenige die liebe nicht erwiedert klein und lächerlich erscheint! "ich habe dir meine wahre liebe gegeben was kannst du mir geben?".... erst frei atmen kannst du wenn du geliebt hast selbstlos nur geliebt eine art der liebe die ich selbst nicht verstehe aber trotzdem geben kann eine art der liebe die dir niemand wegnehmen kann......

ich bin hier und ich werde morgen auch noch hier sein.... ihr könnt die liebenden verletzen aber meine liebe obsiegt über eure peinlichen versuche herzen zu zerschlagen!

gute nacht
dennis187

 

Hallo dennis,

Sofern Du staralfur nicht persönlich kennst und weißt, ob sie/er selbstmordgefährdet ist, solltest Du dir dringend klemmen, von der Geschichte auf den Autor zu schließen. Sowas kann voll nach hinten losgehen. Stichwort: Kunstfreiheit!


FLoH.

 
Zuletzt bearbeitet:

naja ich sehe die dinge nicht so differenziert wenn diese geschichte aus dem kopf von staralfur kommt müssen zumindest die gedanken oder eine konkrete erfahrung wenn auch nur als zuschauer passiert sein!

das erlaube ich mir zu wissen!

und wenn schon -> kunstfreiheit hin oder her ist es nicht die seele der kunst uns spüren zu lassen wie sich der künstler gefühlt hat als er sein werk erschuf?

oder vielleicht auch, sollen wir etwas neues dabei
fühlen! unseren horizont vergrößern!

don´t think feel?!

also die geschichte war um es in einfachen worten auszudrücken "gut und traurig voller schmerz und das hat mir gefallen"

bussi
dennis187

p.s. du kannst mir vertrauen ich habe sehr viel erfahrung mit dem tod und menschlichem elend ich weiß wovon ich rede! ich habe suizidanten abgehalten von dem was sie tun wollten und dafür muss man einfach ihre welt verstehen und sensibel genug sein zu wissen wo sie gerade drin hängen! :crying:

 

hmmm, nun wie ihr seht bin ich noch man leben ... auch wenn die Geschichte das Gegenteil fingiert. Es sind Gedanken, die vielleicht mal gedacht wurden und mit denen man sich auseinander gesetzt hat ... als Teil eines Reifeprozesses sozusagen. Ich muss Dennis Recht geben, wenn er sagt, das Schmerz ein Teil des Lebens ist, den man genauso schätzen kann wie Glück. ... Die Geschichte wurde 2000 geschrieben, ist also einige Zeit her und das Leben ist nicht stehen geblieben!
Tendenziell würde ich den Tod auch als Befreiung betrachten, doch kann man nie davon ausgehen. Der Gedanke, dass nach dem Selbstmord nicht wirklich alles besser ist, entsteht aus der depressiven und pessimistischen Grundhaltung des enttäuschten Individuums ... im Prinzip ist das, was nach dem Tod passierte nur eine gedankliche Weiterführung eines geplanten Selbstmordes, der jedoch nicht vollzogen wurde, da der Ausgang nicht 100% als heilsbringend empfunden wurde.

 

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