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Nächtliche Gedanken
Nächtliche Gedanken
Ein Tag folgt dem Nächsten und der Übernächste steht schon in den Startlöchern. Eigentlich ist die Bezeichnung Tag für einen Tag mit 24 Stunden falsch, denn Gott teilte den vollen Tag in zwei gleich große Hälften. Tag und Nacht heißen sie. Und nun war es gerade Tag und ich kam mir selbst ein wenig paranoid vor , wenn ich um acht Uhr morgens schon an die mir bevorstehende Nacht denke. Schließlich war der ganze Tag noch vor mir. Und auch das war falsch, denn es war ja bereits Acht Uhr. Da konnte unmöglich der volle Tag noch vor mir liegen. Rein mathematisch waren ja acht Stunden des Tages schon vorbei.
"<< Verdammt, Tim komm endlich runter ! Ich habe keine Lust jeden morgen stundenlang auf dich zu warten. Frau Pietz hat erst letzte Woche wieder angerufen, weil du ständig zu spät in den Unterricht kommst>> “.
Tim stand vor dem Spiegel in seinem Zimmer, musterte sein Spiegelbild und stellte fest, dass er genauso aussah, wie gestern um diese Uhrzeit, als er auf den Spiegel starrte und seine Mutter von der Küche aus nach ihm rief. Einen Moment lang blieb er noch so stehen, bis er dann schließlich seinen Körper in Wallung brachte und die Treppen nach unten ging.
Wie gewöhnlich stand seine Mutter schon angezogen dort und wartete darauf etwas von ihm zu sehen, um ihm ein "<<Bis Heute Mittag>>" entgegenzuwerfen und das Haus zu verlassen. Tim hasste Morgende wie diesen und wenn er länger darüber nachdachte, musste er feststellen, dass jeder Morgen so wie dieser war und in seinen Leben eigentlich seid dem Tod seines Vaters nicht viel passiert ist. Seine Mutter sagt immer, dass er selbst Schuld hat, wenn er nichts unternimmt. Aber was um Himmels Willen sollte er denn tun ? Mit den Anderen aus seiner klasse Nachmittags Mutproben bestehen oder die erste Zigarette ausprobieren ? – Nein, ganz sicher nicht.
Schlecht in der Schule zu sein half ihm wenig Freunde oder Gleichgesinnte zu finden. Sein ehemals bester Freund ist vor gut einem dreiviertel Jahr weggezogen und seitdem hatte er auch keinen Besuch mehr bei sich. Den Tag verbrachte er meist in seinem Zimmer mit dem Lesen von Biografien berühmter Persönlichkeiten und er zeichnete geometrische Figuren. Er konnte nicht besonders gut zeichnen, aber für Tim war die Schönheit der Figuren und die Exaktzeit auch nicht wichtig. Hauptsache er hatte eine Stunde wieder voll, so dass die Nacht etwas näher kam. Wenn es ihm einmal zu stark langweilte, ging er meist nach unten und führte unwichtige Gespräche mit seiner Mutter. Er mochte seine Mutter, hatte aber nie ein richtig enges Verhältnis zu ihr. Ein paar Gespräche über die Politik oder den Einkauf, aber mehr nicht.
Der Nacht ließ sich heute besonders viel Zeit, denn auch als Tim schon lange ausgezogen im Bett lag und durch das Fenster in den Himmel starrte, wollte dieser seine Farbe nicht ändern.
Die Frage, was alles passieren könnte, wenn die Nacht wirklich nie mehr kommen würde, schoss ihm in den Kopf. Wie lange Tim darüber noch nachdachte lag in den Sternen, die sich ihm nie wieder zeigten.
Torben P.