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Mystic Forest: Temple Adventure
Es war mittlerweile dunkel geworden. Die Luft war kalt und klar, und im blechernen Deck des Landrovers spiegelte sich der Mondschein. Um uns warm zu halten, hatten wir ein Feuer gemacht, um welches wir nun sassen. Auf der Waldlichtung, auf der wir uns befanden, war es verhältnismässig hell, doch das Bächlein, das in der Nähe plätscherte, lag in fast vollständiger Dunkelheit.
„Noch drei Stunden Fahrt bis zur letzten Stadt, und von dort noch einige Stunden Fussmarsch bis zum alten Tempel. Das sollten wir morgen schaffen.“ „Diese Inkas mussten ihre Stätten aber auch immer in die tiefsten Tiefen des Urwaldes bauen.“ „Kein Grund zu schimpfen, Alex, dafür erwarten uns dort hoffentlich gewaltige Schätze und neue Erkenntnisse über vergangene Kulturen.“ „Also, ihr drei, lasst uns schlafen, damit wir morgen möglichst früh losfahren können!“
Am nächsten Morgen stiegen wir bei Sonnenaufgang in den Wagen und fuhren los, entlang dem Waldweg, auf dem wir gekommen waren. Wie erwartet, erreichten wir die Stadt nach drei Stunden und gingen von dort aus zu Fuss weiter, direkt in Richtung des dicht bewachsenen Urwaldes. Wir liefen die Strasse entlang aus der Stadt hinaus, die in einen schmalen Gehweg mündete, auf der wir gerade so zu viert nebeneinander Platz hatten.
Am Waldrand wurde der der Weg noch schmaler und wir betraten hintereinander den Amazonasurwald.
Hier war die Luft dicker und schwüler und schon bald vernahmen wir Geräusche, die uns bisher völlig fremd waren. Es hörte sich an, als wäre hier sehr viel los, und doch konnten wir nichts erkennen, was die Geräusche verursachte. Je tiefer wir in den Wald eindrangen, desto feuchter und schwerer wurde die Luft, und die erste lästige Begleitschaft wurde auf uns aufmerksam: Mücken! Nach kurzer Zeit gewöhnten wir uns an unsere neue Umgebung mit ihren aussergewöhnlichen Pflanzen und ihrem dichten Unterholz. Wir nahmen nach und nach mehr Details wahr, wie kleine Frösche und Schlangen, bunte Papageien, Tukans und sogar einen Kakadu.
Trotz aller Schönheit trieb uns unser Ziel an, ein Inkaschatz, von dem wir nur wussten, dass er einmal in dem sagenumwobenen Tempel existiert haben sollte, den wir ansteuerten. Nach etwa zwei Stunden Fussmarsch trafen wir endlich auf das Grosse Wasser. Überwältigt blieben wir stehen: Der Amazonas lag vor uns wie ein breites, glitzerndes Band, das sich unaufhaltsam vorwärtsbewegte. Wir wussten, dass sich seinen Wassermassen gefährliche Tiere wie Anakondas und Krokodile tummelten, aber das machte den Anblick nur noch imposanter.
Dennoch mussten wir uns besinnen und unseren Weg fortsetzen. Ein kleiner Pfad führte flussaufwärts über Stock und Stein. Mit einer halben Stunde Verspätung erreichten wir unseren ersten Orientierungspunkt, eine kleine Siedlung indigener Einwohner, die ihre Hütten auf eine Halbinsel gebaut hatten, welche von einem kleinen Zufluss aufgeschüttet worden war.
Diesem kleinen Fluss folgten wir nun für eine Weile, bis uns ein merkwürdig aussehender, überdimensionaler Ameisenhaufen aus kleinen Zweigen den Weg versperrte. Als wir diesen genauer betrachteten, ertönte ein Knacksen, das aus den Büschen am Flussufer kam. Eine Krokodilmutter hatte uns entdeckt, während wir nichtsahnend ihr Nest inspizierten. So langsam und lautlos wie möglich schlichen wir uns rückwärts davon, doch sobald wir aus ihrem Sichtfeld waren, rannten wir um unser Leben. Erst, als wir sicher waren, dass das Krokodil uns nicht folgte, hielten wir an. Allerdings hatten wir durch unsere Flucht viel Zeit verloren. Die Dämmerung brach bereits über uns ein und anders als ursprünglich geplant, suchten wir uns einen Schlafplatz im Dickicht des Urwaldes. Trotz der nächtlichen Geräusche tauchte der Dschungel in eine seltsame Stille ein. Wir schliefen bald ein und wurden erst von den ersten Sonnenstrahlen wieder geweckt.
Nachdem wir unseren letzten Proviant gegessen hatten, brachen wir sofort auf. Bereits nach kurzer Zeit tat sich zwischen den Bäumen eine Lichtung auf. Als wir sie betraten, enthüllte sich uns das Ziel unserer Reise: ein Inkadorf, in dessen Zentrum sich der gewaltige Tempel erhob. Seine goldene Kuppel leuchtete in der Morgensonne.
Voller Ehrfurcht betraten wir die Treppenstufen, die zum Eingangstor des Tempels auf eine Terrasse führten. Der riesenhafte Bau liess uns selbst winzig erscheinen. Wir durchschritten das gewölbte Eingangstor und erreichten eine prächtige Eingangshalle, als ein plötzliches Geräusch uns herumfahren liess: beim Auftreten auf eine leicht erhöhte Bodenplatte, die uns vorher gar nicht aufgefallen war, hatten wir einen Mechanismus ausgelöst, der ein gusseisernes Falltor herunterstürzen liess, welches uns den Weg zurück verschloss. Erschrocken stellten wir fest, dass unser Aufenthalt im Tempel wohl kein Spaziergang werden würde.
Dennoch blieb uns nun nichts anderes übrig, als weiter ins Innere des Tempels zu gehen.
Wir schritten durch die Halle mit ihren goldenen Bogensäulen und dutzenden Gemälden von uns fremden Gottheiten. Im weiterführenden Gang wurde unser Staunen über die Schönheit der Inkakunst überwältigend. Nebst wundervollen Wandmalereien wuchsen aus den Rillen zwischen den reich verzierten Bodenplatten exotische Pflanzen in den leuchtendsten Farben.
Je weiter wir ins Innere des Tempels vordrangen, umso übernatürlicher und entrückter erschien uns das Licht, dessen Quelle wir nicht ausmachen konnten. Irgendetwas schien hier anders zu funktionieren als in der Welt dort draussen, die weit entfernt zu sein schien.
Wir betraten einen Raum und vernahmen sogleich ein unheilvolles Rumoren. Ehe wir uns versahen, gingen ein gutes Dutzend Klappen an der Decke auf und wir wurden von einem Steinhagel überrumpelt. Wir rannten, so schnell wir konnten, zur Tür am anderen Ende des Raumes. Dort angekommen, drehten wir uns um und sahen gerade noch, wie ein riesiger Felsbrocken Alex unter sich begrub. Erstarrt blieben wir stehen und mussten uns klar machen, dass wir nichts für ihn tun konnten. Er war tot.
Es war das Schwerste, was wir je getan hatten, als wir unseren Weg durch die Tiefen des Tempels fortsetzten und ihn dort zurückliessen. Voller Kummer schritten wir langsam voran, immer weiter die Gänge entlang. Ohne es wirklich zu merken, standen wir nach einer Weile in einem nächsten Raum. Bevor wir merkten, was passierte, entriss uns eine Falltür den Boden unter den Füssen. Wir fielen etwa drei Meter in die Tiefe und verloren dabei komplett die Orientierung. Doch kaum war der erste Schreck vorbei, realisierten wir, dass wir hier endgültig am Ziel unserer Reise angekommen waren: wir waren in einer pompösen Schatzkammer gelandet, die jedem König der Welt Ehre gemacht hätte. Ein Berg aus unzähligen Goldmünzen, Medaillons und Schmuckstücken türmte sich in der Mitte auf. Auf dem Gipfel des Goldbergs lag ein Sarkophag, auf welchem eine kunstvoll verzierte Kiste stand. Zu dritt erklommen wir den Berg und öffneten die Kiste. Was uns darin erwartete lässt sich nicht in Worte fassen. Es war, als hätten wir den heiligen Gral, den Jungbrunnen und den Stein der Weisen gleichzeitig gefunden.
Wir schlossen die Kiste, um sie mitzunehmen, doch als wir sie anhoben, öffnete sich mit einem grausigen Geräusch der Deckel des Sarkophags. Wie in einem Horrorfilm erhob sich daraus eine Gestalt, ein einbalsamierter Körper, und starrte uns mit leeren Augenhöhlen an, aus deren Tiefe je ein Rubin glänze. Sofort sprang die Gestalt aus ihrem Sarg und schritt auf uns zu. Wir liefen weg, aber der Raum hatte keine Türen, durch die wir hätten fliehen können. Wir nahmen an, dass die Mumie nur der Kiste mit dem Schatz folgte, aber nachdem wir deren Inhalt gesehen hatten, war es für uns undenkbar, sie zurück zu lassen. Also gingen wir in die Offensive: wir schmetterten die massive Kiste auf den Kopf der Mumie. Diese fing sie jedoch mit Leichtigkeit und warf sie zur Seite. Entgegen unserer Vermutung verfolgte sie uns jedoch weiterhin. Wir bewarfen sie mit schweren Schmuckstücken und schlugen auf sie ein, aber auch das schien sie nicht zu beeindrucken. Im Gegenteil, sie attackierte uns jetzt ihrerseits mit einem Schwert, das neben ihrem Sarg lag. Wir hatten keine Chance, ausser auszuweichen und zu hoffen, dass sie irgendwann ermüdete. Mit einem goldenen Zepter, das ich zufällig bei einem Ausweichmanöver im Sarkophag liegen sah, schlug ich auf gut Glück zurück. Nach einem heftigen Zweikampf rammte ich der Mumie das Zepter in eins ihrer Rubinaugen. Sie stürzte den Berg hinunter und blieb reglos liegen. Atemlos warteten wir ab, was nun geschehen würde, aber nichts passierte.
Allmählich wurden wir gewahr, dass sich ein Spalt in der Wand auftat, durch den wir direkt ins Freie gelangten. Die schwere Kiste schleppend, in Trauer um den Verlust unseres Freundes und dennoch froh, am Leben zu sein, verliessen wir die Inkastätte und machten uns auf den Heimweg.