Was ist neu

Mutterliebe

Mitglied
Beitritt
02.03.2002
Beiträge
763
Zuletzt bearbeitet:

Mutterliebe

Neue Version weiter unten

Ihr Mann war das, was man schlechthin als Traummann bezeichnet: er sah gut aus, verdiente gut, liebte sie abgöttisch und war immer für sie da. Ihm stand eine glänzende Karriere in Aussicht und so erfüllten sich beide ihren Wunschtraum: sie taten den Schritt vom Ehepaar zur Familie. Als das Kind zur Welt kam, ein Junge, war das Glück perfekt, das Fundament für die Zukunft errichtet.
Der Polizist, der eines Tages vor der Tür stand, zerstörte es mit einigen wenigen Worten und riss Elisabeth auf grausame Art in die harte Arbeitswelt zurück. Als allein erziehende Mutter führte Elisabeth fortan ein schweres Leben, aber sie erduldet diese Mehrfachbelastung gern, für Detlef, ihren Sohn. Nach dem Tod ihres Mannes musste sie Alles für ihn sein und wurde außer Mutter, auch Vater, Spielgefährte und Lehrer.
Sie wohnen nun in einem kleinen Ein-Zimmer-Appartement, mehr ist nicht drin bei einem schlecht bezahlten Halbtagsjob. Aber länger will sie nicht arbeiten, denn schließlich muss sie für Detlef da sein. Die Anderen beneiden Detlef um so eine liebevolle, sich aufopfernde Mutter. Aber die anderen kennen sie nur in Gesellschaft. Sie ist auch energisch. Sie hat alles im Griff, der Tagesablauf ist geregelt - Kinder brauchen Gleichmäßigkeit:
Morgens weckt sie Detlef mit einem liebevollen Guten-Morgen-Kuss. Seine Anziehsachen hat Elisabeth bereits zurechtgelegt, hat auch schon die Zahnpasta auf die Bürste getan und das Frühstück vorbereitet. Bis vor Kurzem hat sie ihn nach dem Duschen noch abgetrocknet, aber als sein Körper anfing zu reagieren und sie nicht wusste, wie sie ihm das erklären solle, hat sie ihn verständnisvoll allein im Badezimmer gelassen. Während Detlef frühstückt, packt sie ihm das Pausenbrot in die Schultasche.
Dann fährt sie ihn die eineinhalb Kilometer zur Schule, im sicheren Wagen. Er hat eingesehen, dass Fahrrad fahren zu gefährlich ist. Obwohl er weiß, dass er sich wegen des Abschiedskusses nicht schämen braucht, ziert er sich jeden Tag aufs Neue. Elisabeth lächelt darüber, aber der Kuss gibt ihr die Kraft, sich von ihm zu trennen und den Halbtagsjob zu erledigen.
Nach der Arbeit, nach viereinhalb nervend langweiligen Stunden, holt sie ihn an der Schule ab, sie gehen bei Edeka einkaufen und sie kochen zusammen ihre Hauptmahlzeit, wobei sie immer wieder betont, dass Detlef sich inzwischen zu einem hervorragenden Hilfskoch entwickelt hat. Auch wenn er nach dem Essen oft nicht schläft, achtet Elisabeth doch darauf, dass er sich eine halbe Stunde ruht. Seine Konzentration ist dadurch erheblich besser, hat sie schon wiederholt bemerkt, wenn sie mit ihm Hausaufgaben macht.
Dann schauen sie Fern, das Vorabendprogramm; gemeinsam haben sie sich die gewaltfreien Sendungen herausgesucht. Im Zweifelsfalle schaut sich Elisabeth die Sendung zur Probe an, während Detlef, abgewandt und mit Kopfhörern versehen, klassische Musik hört. Sie vermeidet, dass er mit Gewalt konfrontiert wird, schließlich weiß auch Detlef, dass sein Vater Opfer gewalttätiger Krimineller geworden ist. Konfrontation mit Gewalt ist das Letzte, was er jetzt durchleben sollte.
In letzter Zeit äußerte er immer öfter den Wunsch, auch mal abends schauen zu dürfen und sie hat es ohne viele Diskussionen erlaubt, Quizsendungen, denn die fördern die Allgemeinbildung.
Nach dem Abendessen und dem gemeinsamen Abwasch spielen sie noch ein Gesellschaftsspiel. Sie haben im Laufe der Jahre eine ansehnliche Spielesammlung zusammengetragen und ergänzen sie in fast schon regelmäßigen Abständen. Allerdings erscheinen in letzter Zeit viele Spiele, die ihnen zu sehr Gewaltverherrlichende Züge tragen. Nun ja, dem kann man entgehen, indem man das Spiel nicht kauft.
Müde gehen beide nach einem erlebnisreichen Tag zu Bett. Es ist das Ehebett, für ein eigenes für Detlef hat es in all den Jahren nie gereicht, da andere Dinge wichtiger sind. Meist setzt sich Elisabeth noch ein Weilchen zu ihm auf die Bettkante und streicht ihm über den Kopf und die Stirn. In die Streicheleinheiten legt sie ihre ganze Liebe, die sie ja schon lange nicht mehr aufteilen muss. Dann, wenn er eingeschlafen ist, liest sie noch ein wenig, bevor sie sich neben ihn legt und erschöpft in einen tiefen Schlaf fällt. Dort lebt ihr Mann wieder und kümmert sich um Alles.

Doch Detlef schläft nicht. Mit seinen sechzehn Jahren ist er alt genug, um seiner Mutter den kleinen Gefallen zu tun und ihr durch sein Schauspiel die Möglichkeit zum Abschalten zu geben. Täglich durchlebt er vor dem Einschlafen noch einmal in Gedanken diesen Tag voller Gewalt, Gewalt, die für ihn omnipräsent ist. Sie ist anders, subtil, hat eine andere Form.

 

Hallo Maris,

im Prinzip ist an deiner Geschichte nichts auszusetzen. Sie präsentiert das Thema der alles erdrückenden Mutterliebe oder auch allgemeiner gesagt Elternliebe und gibt mir davon ein Bild, indem du den Tagesablauf fast minutiös schilderst.
Flüssig, wie ich es schon von dir gewohnt bin, geschrieben und flott im Tempo.

Dennoch halte ich diese Geschichte nicht für eine besonders gut gelungene, weil du mir wie Fast Food ein komplettes Bild ablieferst, ich muß nur schlucken, brauch nicht nachdenken, nicht analysieren, nicht selbst schürfen.

Gewiß trifft mich nun zu Recht der Vorwurf, dass ich zuviel von dir verlange, und obendrein hab ich auch nicht das Recht subtilere Darstellung zu erwarten. Ich tu es aber dennoch, weil ich schon subtilere, feinsinnigere, hintergründigere Geschichten von dir in Erinnerung habe, die mir mehr Gedankenfreiheit gelassen haben, mehr Interpretationsspielwiese, die mich nachdenklich gemacht haben.

Ich glaube, du hättest aus dem Thema mehr machen können und dennoch möchte ich nicht, dass dies hier wie ein Verriss wirkt, denn es handelt sich ja um eine handwerklich sauber geschriebene runde Geschichte mit Aussage.

Lieben Gruß
elvi

 

Hi Elvi,

Danke für die superschnelle Stellungnahme. Ehrlich gesagt bin ich selbst mit der Geschichte nicht zufrieden, mir erschien sie im Stil eben nicht "flüssig geschrieben und flott im Tempo". Wußte aber nicht so recht, was mich im Detail stört. Meine Idee war, sie als Beitrag für einen Wettbewerb: Eine andere Form von Gewalt" zu verwenden, speziell dafür geschrieben.
Hatte eigentlich gehofft, dass die Schilderung des Tagesablaufes so rüberkommen würde, dass der Leser das Positive der Mutter sieht und erst im letzten Absatz das Negative der Handlungsweise der Mutter erkennt.
Deine Kritik fasse ich absolut nicht als Verriss auf (auch wenn du es so gemeint haben solltest, wäre es deine Meinung und würde mich lediglich zum Denken anregen). Problem ist: wie ändern?
Der Titel "Mutterliebe" wäre dann auch nicht der richtige.
Jedenfalls vielen Dankbereits jetzt. Vielleicht gibst du mir noch einen Tipp?

lieber Gruß retour
Maris

 

Hallo querkopp,

ist es Absicht, daß Du mal "Detlef" und mal "Detlev" schreibst?
Hm, ich muß lakita leider Recht geben; an der Geschichte gibt es an sich nichts auszusetzen, sie ist auch gut geschrieben, aber trotzdem fehlt ihr etwas. Ihr fehlt der Zündstoff zum Nachdenken. Du servierst wirklich alles wie auf einem Silbertablett...

Vielleicht wäre es gut, wenn Du das Wort "Mutterliebe" in der Geschichte selbst nicht erwähnen würdest, sodaß man selbst draufkommen muß. Du könntest so den Leser doch noch zum Nachdenken anregen, denn Du spielst während der ganzen Geschichte ja auf diese "andere Form von Gewalt" an...

Grüßle,
stephy

 

Hi Stephy,

auch dir Danke. Jetzt sind wir schon drei, die die Geschichte nicht als das Non plus Ultra der Literatur erkennen :(
Die Detlevs habe ich eliminiert, ebenso die "Mutterliebe" - hat mir schlagartig eingeleuchtet.

Meint ihr, wenn die Geschichte z.Bsp. "Omnipräsenz" hieße, wäre mehr ´Nachdenken`angesagt? Oder sollte ich lieber ganz was anders schreiben...
Gruß vom querkopp

 

Lieber was ganz anderes.
Es geht mir darum, dass deine Geschichte nur den Istzustand der beiden Protagonisten beschreiben sollte, nicht bewerten, an keiner Stelle möglichst.

In deinem Text tauchen aber Bewertungen auf, das ist es was mich etwas stört.

Das Schlimme (nein nicht wirklich schlimm, du weißt schon) ist, dass der Text damit durchsetzt ist. Es finden sich überall bewertende Stellen.
Wenn du ein Reporter wärst, dann würdest du nur wie ein Fotograf alles Gesehene darstellen, nur darstellen, keine Meinung dazu setzen. So meine ich es.
Ich weiß, das bedeutet dann, dass du den gesamten Text umarbeiten müßtest.
Bitte vernichte diesen Text aber nicht, denn er stellt für sich genommen ja schon eine wirklich runde Sache dar, nur eben keine geniale.

Lieben Grúß
elvi

 

Hi Querkopp ;)

An sich gefällt mir Deine Geschichte sehr gut. Und mir fallen auch keine vergreifenden Wertungen auf, die meine Gedanken über diese Thematik stören würde. Du beschreibst sehr gut das mittlerweile weitverbreitete Thema, des Über-Jugendschutzes.Eltern wollen ihre Kinder vor der grausamen Realität bewahren und enthalten ihnen oft nicht selten die gesamte Realität,nicht nur ihre grausamen Seiten, vor.

Doch meiner Meinung nach benutzt Du zu "harte" Worte um dies zu umschreiben.

"...ZERSTÖRTE es auf grausame Weise und RISS sie..."

- diese Art Worte stehen im Gegensatz zu der "anti-brutalen" Thematik die Du verarbeitest.Es würde der Geschichte besser tun,wenn Du überspitzt weiche Worte verwenden würdest.Damit würde die Ironie,die Du offensichtlich anstrebst besser herauskommen.

Gruss,

Manuel

 

Hallo Querkopp,

habe gestern den Leitartikel des "Stern" gelesen, in dem die familiären Hintergründe des "Kannibalenmörders" beleuchtet werden.

Deine Geschichte hat mich sehr stark daran erinnert. War garantiert keine Absicht von Dir, da Dein Schluß ja auch auf eine andere Form der Gewalt zielt, aber Deine Geschichte paßt trotzdem dazu.

Ich finde sie sehr gut geschrieben, nur das Ende hat mir nicht so gefallen. Wie wäre es nun, wenn Du die Geschichte weiterspinnst? Wenn also aus dieser erdrückenden Mutterliebe etwas Anderes resultiert, z. B., daß eben der Sohn selbst im Stillen gewalttätig ist/solche Vorstellungen hat.

Die Richtung wäre dann natürlich eine ganz andere, aber so erscheint mir Deine Geschichte etwas unvollständig.

Nur ein Vorschlag!

VG

Petra

 

Vorab euch Dreien Danke für die Zeit, die ihr meinem Pamphlet gewidmet habt :)

Hi Elvi,
du bist lieb, mich wie ein rohes Ei zu behandeln. Aber trotz deiner vorsichtig verpackten Worte verstehe ich durchaus, was du meinst und ich gebe dir recht. Werde ihn umarbeiten, d.h. fast neu schreiben. Kann aber ein paar Tage dauern.

Hi Manuel,
freut mich, dass dir die Geschichte gefällt. Deinen Tipp, überspitz weiche Worte zu verwenden, werde ich versuchen zu beherzigen. Danke

Hallo Petra,
auch du befruchtest (:D) meine Fantasie für die überarbeitete Version und so werde ich mich ideenschwanger ans Werk machen. Die gleiche Geschichte zwar, aber anders und ich hoffe, eure Ratschläge ´Gewinnbringend´ umsetzen zu können.

Gruß vom querkopp

 

Hi Querkopp!
Handwerklich durchaus ok, aber inhaltlich hapert es, deshalb bleibt deine Geschichte nur arg durchschnittlich.
Die Aussage laesst sich reduzieren auf: "(zu viel?)Zuwendung schuetzt nicht vor erlebter Realitaet."
Ungefaehr so etwas moechtest du ja wohl sagen.
Nun gut.
Das es der Mutter nicht auffaellt, dass sie ihn nicht artgerecht behandelt, das laesst sich erklaeren. Warum dein Prot aber gerade waerend der pubertaeren Phase der Abkanzlung von Zuhause auf Freunde usw. verzichtet, ist schon ein anderer Punkt. Muss er nicht mal raus?
Zudem und vor allem ist dir die Pointe in die Hose gegangen.

(...) Täglich durchlebt er vor dem Einschlafen noch einmal in Gedanken diesen Tag voller Gewalt, Gewalt, die für ihn omnipräsent ist. Sie ist anders, subtil, hat eine andere Form.

Erstmal wurde nirgendswo gesagt, das er beim Tod seines Vaters dabei war.
Und was ist das fuer ein Ende: Er erlebt die Gewalt. Ist ja ok. Aber der Schlusssatz? Eine andere Form?
Schoen! Was fuer denn eine? Was ist wichtig daran, dass die eine andere Form hat? Was soll das nur bedeuten?

Gruesse,
...para

''''''''''''''''''''''''''''''''

Allerdings erscheinen in letzter Zeit viele Spiele, die ihnen zu sehr Gewaltverherrlichende Züge tragen.
"gewaltverherrlichende"

 

Hi Para,

das "Handwerklich durchaus ok" nehme ich positiv auf und danke. Deine anderen Anmerkungen klingen nicht ganz so gut, sehe sie aber ebenso positiv und danke auch dafür.
Mir ist klar, dass meiner Feder schon Besseres entströmt ist, aber, wie gesagt, dachte ich es als Beitrag zu einem Wettbewerb der Gewalt in anderer Form zum Thema haben soll und so hatte ich mir gedacht (übertriebene) Mutterliebe als Gewalt darzustellen. Wohl nicht ganz gelungen. Hoffe aber, damit deine Frage beantwortet zu haben.

Wie bereits angekündigt, habe ich die ganze Geschichte überarbeitet, umgeschrieben und wäre froh, wenn jetzt dazu nochmal ein Kommentar käme, entweder Daumen hoch oder runter, nur das ichs besser einschätzen kann.

Gruß vom querkopp

Zu "gewaltverherrlichende" verlangt Word von mir Großschreibung - Neue Rechtschreibung hatte ich vermutet. Denke auch , das stimmt.

 

Mein lieber Schatz,
dies ist kein Testament, ich habe nichts zu vererben. Es ist nur ein Abschiedsbrief, den ich vorsichtshalber geschrieben habe um dir für den eingetretenen Fall, noch einmal meine Liebe darzulegen. Es ist merkwürdig diese Zeilen zu schreiben und zu wissen, dass ich jetzt, wenn du das liest, nicht mehr am Leben bin. Sei nicht traurig. Ich habe ein sehr erfülltes Leben gehabt. Du weißt nicht viel von deinem Vater, ich habe versucht ihn dir zu ersetzen, dir nie die Umstände seines Todes erzählt, dich stets davor bewahren wollen, die Details vor Augen zu haben – so wie ich.
Es war ein Sommerabend, eine Gruppe halbstarker Krimineller begann einen Streit mit ihm und er hatte keine Chance der Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen. Zu viele Filme hatte er gesehen, Filme voller Gewalt, die ihm die Angst vor solchen Situationen genommen hatten. Hätte er doch nur Angst gehabt… So erschlugen sie ihn auf offener Strasse.
Dein Vater war das, was man schlechthin als Traummann bezeichnet: er sah gut aus, verdiente gut, liebte mich abgöttisch und war immer für mich da. Ihm stand eine glänzende Karriere in Aussicht und so erfüllten wir uns unseren Wunschtraum: wir taten den Schritt vom Ehepaar zur Familie. Als unser Kind zur Welt kam, du, war unser Glück perfekt, das Fundament für die Zukunft errichtet. Ich schwebte fortdauernd auf einer rosaroten Wolke.

Der Polizist, der eines Tages vor der Tür stand, zerstörte mit einigen wenigen Worten mein Leben und riss mich auf grausame Art in die harte Wirklichkeit zurück. Als allein erziehende Mutter führte ich fortan ein schweres Leben, aber ich erduldete diese Mehrfachbelastung gern, für dich, meinen Sohn. Nach dem Tod von Papa musste ich Alles für dich sein und wurde außer Mutter, auch Vater, Spielgefährte und Lehrer.
Ohne sein Gehalt musste ich das Haus verkaufen und war froh, dass wir nicht in Schulden ertranken. Wir zogen in unser kleines Ein-Zimmer-Appartement, mehr war nicht drin bei meinem schlecht bezahlten Halbtagsjob. Aber ich konnte, nein, wollte nicht länger arbeiten, denn schließlich musste ich für dich da sein. Die Anderen beneideten dich immer um so eine liebevolle und sich aufopfernde Mutter. Ich wollte dir immer alles bieten, dir alles Unangenehme aus dem Weg räumen, dir Enttäuschungen ersparen und dich von jeglicher Gewalt fern halten. Ich denke, es ist mir ganz gut gelungen.
Ich denke gern an die Jahre zurück, sie waren oft Wolkenverhangen und düster, aber ich hatte ja dich, meinen Sonnenschein. Bei aller Monotonie unseres Lebens war doch jeder Tag etwas Besonderes. Du gabst mir Kraft, schenktest mir mehr Liebe, als ich je von deinem Vater und dir zusammen zu erhalten gehofft hätte. Ich will dir einen ´normalen´ Tag aus meiner Sicht schildern, damit du mein Glück nachempfinden kannst, siehst, dass deine Mutter trotz der vielen Entsagungen ein glückliches Leben hatte und du keinen Grund hast Trauer zu fühlen, freue dich mit mir.

Morgens weckte ich dich stets mit einem liebevollen Guten-Morgen-Kuss. Deine Anziehsachen hatte ich dir bereits zurechtgelegt, hat auch schon die Zahnpasta auf die Bürste getan und das Frühstück vorbereitet. Ich habe es geliebt, dich abzutrocknen, wenn du aus der Dusche kamst, konnte dich herzen und knuddeln. Dann fing dein Körper an zu reagieren und ich wusste nicht wie ich dir das erklären sollte. Seitdem habe ich darauf verzichtet, ungern, und dich allein gelassen im Badezimmer. Während du frühstücktest, packte ich dir das Pausenbrot in die Schultasche und trug sie dir dann auch bis ans Auto.
Für mich kam nie etwas anderes als das Auto für den Schulweg in Frage, Fahrrad war mir bei dem starken Verkehr zu gefährlich. Die Eltern deiner Schulkameraden waren sehr fahrlässig, aber du hast es eingesehen und bist gern mit mir gefahren.
Ach ja, an der Schule angekommen hast du dich immer geziert, weil ich auf meinen Abschiedskuss bestanden habe. Die anderen haben gekichert, ich aber auch. Du warst niedlich in deiner Verlegenheit und der Kuss gab mir die Kraft, mich von dir zu trennen und den Halbtagsjob zu erledigen.
Nach der Arbeit, nach viereinhalb nervend langweiligen Stunden, holte ich dich an der Schule ab, wir gingen bei Edeka einkaufen und kochten dann zusammen unsere Hauptmahlzeit. Um dich zu motivieren habe ich immer wieder betont, dass du dich inzwischen zu einem hervorragenden Hilfskoch entwickelt hättest und du warst sehr stolz. Und wenn du nach dem Essen nicht recht schlafen wolltest, achtete ich doch darauf, dass du dich eine halbe Stunde ruhtest. Deine Konzentration war dadurch erheblich besser, wenn wir zusammen Hausaufgaben gemacht haben.
Dann schauten wir Fern, das Vorabendprogramm; gemeinsam haben wir uns die gewaltfreien Sendungen herausgesucht. Im Zweifelsfalle schaute ich mir die Sendung zur Probe an, während du, abgewandt und mit Kopfhörern versehen, klassische Musik hörtest. Dadurch konnte ich vermeiden, dass du mit Gewalt konfrontiert wurdest, schließlich hatte ich stets vor Augen, dass dein Vater Opfer gewalttätiger Krimineller geworden ist. Konfrontation mit Gewalt ist das Letzte, was du durchleben solltest. Das war auch der Grund, weshalb ich deine Freundschaft zu Rainer und seiner Clique blockiert habe, die, mit ihrem Kampfsport hätten dich nur angesteckt und dich für Gewalt begeistert, zumindest deine natürliche Hemmschwelle dagegen beseitigt. So jedoch, stand mir mehr Zeit mit dir zur Verfügung. Und ich genoss sie.

Nach dem Abendessen und dem gemeinsamen Abwasch spielten wir meist noch ein Gesellschaftsspiel. Wir haben, wie du weißt, im Laufe der Jahre eine ansehnliche Spielesammlung zusammengetragen und ergänzten sie in fast schon regelmäßigen Abständen. Allerdings erschienen immer häufiger Spiele, die zu sehr Gewaltverherrlichende Züge trugen. Nun ja, dem konnten wir entgehen, indem wir sie nicht kauften, auch wenn du ausgerechnet diese besonders gern haben wolltest. Beim Spielen ließ ich anfangs dich, später du mich gewinnen. Als ich das erste Mal bemerkte, dass du mir absichtlich zuviele Punkte gabst, quoll mein Herz über. Du konntest damals nicht begreifen, wie glücklich mich diese fünfzig Punkte machten.
Müde gingen wir beide nach einem erlebnisreichen Tag zu Bett. Du weißt heute sicherlich, dass es das Ehebett war, ein eigenes für dich, dazu hat es in all den Jahren nie gereicht, da andere Dinge wichtiger waren. Und so warst du mir nachts näher. Du weißt gar nicht wie oft ich dich des Nachts in den Arm genommen habe. Vor dem Einschlafen setzte ich mich noch ein Weilchen zu dir auf die Bettkante und streichelte dir über den Kopf und die Stirn. In die Streicheleinheiten legte ich meine ganze Liebe, die ich ja schon lange nicht mehr aufteilen musste. Dann, wenn du eingeschlafen warst, las ich noch ein wenig, bevor ich mich neben dich legte und erschöpft in einen tiefen Schlaf fiel. Dort lebte Papa wieder und kümmerte sich um Alles.

Du siehst also, dass ich ein reiches ausgefülltes Leben hatte. Du wirst jetzt ohne mich mit den Problemen des Lebens fertig werden müssen, konfrontiert mit der alltäglichen Gewalt. Ich hoffe inständig, dich so gut wie möglich darauf vorbereitet zu haben und werde dich unsichtbar als Engel durch dein weiteres Leben begleiten.

Deine dich liebende Mutter

Detlef, ließ das Blatt sinken und schaute auf den Leichnam seiner Mutter herunter. Dann knüllte er das Schreiben zusammen und warf es ihr abfällig auf den Schoß. „Engel?? Teufel trifft es wohl her. Ja, stimmt, du hast mich auf das Leben vorbereitet. Du hast mir Gewalt gezeigt, tagtäglich, sie war omnipräsent, subtil und hatte eine andere Form. Jetzt hat sie dich in bekannter Manier noch ein letztes Mal erreicht.“

 

Hi querkopp!
Nun, ich habe deine neue Version ueberflogen. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber einige Informationen scheinen mir nicht in einen Abschiedsbrief zu gehoeren, ausserdem bin ich mir bei ein paar Kommata unsicher. Aber leider muss ich jetzt erstmal meine Zeit fuer Leute aufwenden, die mit ( nicht positiver) Kritik weniger gut umgehen koennen als du, hab ein paar Verrisse zu viel geschrieben in letzter Zeit und muss mich nun erst mal rechtfertigen...
:D
Viele Gruesse,
...para

 

Hallo querkopp,

die Mutter hat in ihrem verkrampften Bestreben alles besonders gut zu machen, es gerade nicht getan. Hat er sie umgebracht? Wie kam er an den Brief?
Die Beschreibungen gerade im ersten Teil sind doch dem Sohn bekannt, vielleicht kann man da etwas kürzen?

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom