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Mut

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09.05.2018
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Mut

Sein Atem stieg in Wölkchen in den grauen Himmel empor. Die Kälte fraß sich durch die Winterjacke und ließ ihn erschaudern. Der Wind wirbelte ein paar verirrte Laubblätter vom Boden auf und trug sie mit sich fort. Weit weg von hier.
Gedankenverloren beobachtete er das Spiel. Träge tastete er in die Jackentasche und brachte seine Zigaretten zum Vorschein. Mit steifen Fingern zündete er die Erste an und nahm einen tiefen Atemzug. Sein Blick glitt über die Wiese hinweg, auf der sich vereinzelt Schnee angehäuft hatte.
Heute wäre es so weit. Heute stellt er ihnen ein Ultimatum. Keiner von ihnen sollte im Nachteil sein. Auf keinen Fall durfte es seine Mutter vor seinem Vater erfahren. Das musste er unbedingt vermeiden. Er schluckte gegen den entstandenen Kloß in seinem Hals an.
„Max?“ Kaum merklich zuckte er zusammen, als er den Kopf alarmiert hob. Flo bog um die Ecke und setzte bei seinem Anblick ein verschmitztes Lächeln auf „Da bist du ja.“ Max verdrehte die Augen und zog erneut an seiner Zigarette „Hast du mich vermisst?“
„Ich wusste nicht, dass das Schwänzen zu deinen Hobbys zählt, tut mir leid.“ Sein Mundwinkel zuckte. Seufzend reichte er ihm die Schachtel, woraus sich Florian eine nahm.
„Dir ist bewusst, dass das in die Akte geht?“ Gleichgültig zuckte Max mit den Schultern „ Die letzten Stunden sind bei mir ausgefallen.“
„Ich kenne weitaus bessere Orte, als den Schulhof, um Freistunden zu genießen.“
Genervt verdrehte er die Augen „Ich brauch ne´ Pause von all dem.“
Flo hob eine Braue „So gestresst vom Schultag?“
Max warf die Kippe auf den Boden und zertrat sie mit der Schuhspitze „Das mein ich nicht.“
Er lief an ihm vorbei und schulterte seinen Rucksack auf die andere Seite. Der blondhaarige Junge hinter ihm steckte sich die Zigarette hinter sein Ohr und folgte ihm „Was ist passiert?“
„Nichts, was soll schon passiert sein?“
Sie durchquerten den Hof und verließen das Schulgelände durch das Tor. „Wer weiß. Vielleicht hast du dir ja wieder Nachsitzen bei Frau Meier eingeheimst.“ Wortlos schüttelte Max den Kopf und blieb bei der Kreuzung stehen, an der die Ampel gerade Rot geschaltet hatte. Geduldig lehnte er sich gegen den Pfosten. Flo schaute zu ihm hinunter und hakte weiter nach „Wurde dir dein Handy abgenommen?“
Mürrisch zeigte er ihm die Kopfhörer die aus seiner Jacke hingen, welche unweigerlich an seinem Handy angeschlossen waren. Nachdenklich betrachtete er seinen Freund und verstummte eine Weile. „Hast du wieder zur Krankenschwester gehen müssen?“
„Das letzte Mal als ich zur Schulkrankenschwester gehen musste, war in der Grundschule.“
„Du hattest aber auch beinahe täglich Nasenbluten.“
„Weil ich mich geprügelt habe.“
„Das hättest du wohl gerne gehabt.“ Max verzog das Gesicht und lief bei Grün los.
Flo blieb ihm auf den Fersen und ließ ihn nicht aus den Augen.
Schweigend gingen sie nebeneinander her, bis der Schwarzhaarige genug davon hatte. Er sprach ohne ihn anzusehen „Durch anstarren kriegst du genauso wenig aus mir heraus.“
„Wer weiß. Vielleicht beginnt das Gesicht irgendwann einmal zu reden.“
Entrüstet blieb er an der nächsten Kreuzung stehen. Ein Häuserblock weiter und er wäre zu Hause. Jetzt würde es ihm nicht viel bringen. Sein Vater käme erst in einer Stunde heim. Nachdenklich schaute er in die dementsprechende Richtung und vergrub sein Gesicht in seinem Schal. Er hatte Angst, das konnte er deutlich spüren. Sein Herz sprang ihm beinahe aus seiner Brust, Flo entging nicht seinen fiebrigen Blick der ständig zu seinem Häuserblock irrte. Besorgt legte er den Kopf schief und stieß ihn gegen die Schulter „Was ist los? Hast du wieder dein Handy kaputt gemacht?“ Sein Versuch ihn aufzuheitern scheiterte kläglich. Max schüttelte seine Hand von sich ab „Ich bin keine sieben mehr.“ Seufzend rieb sich sein Gegenüber das Genick „Wenn es nicht das ist, was ist es dann?“
Zögernd fanden seine Augen zurück zu seinen. Die kleinen Kieselsteine am Gehweg knirschten unter seinen Sohlen, als er von einem Bein auf das andere trat. Kaum hörbar nuschelte er die Worte in den Stoff seines Schals „Ich werde es ihnen heute sagen.“ Flo brauchte einige Sekunden um zu begreifen, welche Bedeutung sie hatten. Er versteifte sich „Heute? Warum heute?“
Etwas lauter hob Max den Kopf „Weil ich diese Verschwiegenheit nicht mehr aushalte.“
Still sahen sie einander an, bis Florian wieder das Wort erhob „Wie fühlst du dich?“ Max schaute auf sein Füße, seine Kiefermuskeln arbeiteten „Ich bin etwas nervös. Wie war es bei dir?“
„Natürlich war ich aufgeregt, aber es hat mich nicht davon abgehalten sie damit zu konfrontieren“, er grinste wieder, „sie haben das ganz gut weggesteckt, dafür das sie so alt sind.“ Max machte eine Grimasse „Dein Vater hat drei Monate lang nicht mehr mit dir gesprochen.“
„Sag ich doch, er hat das verkraftet.“
Erschöpft fuhr sich Max durch die Haare „Ich weiß nicht was ich tun soll, wenn sie es ablehnen. Wenn sie MICH ablehnen. Was soll ich dann tun? Du kennst meine Eltern. Sie sind sehr traditionell und engstirnig. Was wenn-“
Beruhigend legte er eine Hand auf seine Schulter und unterbrach damit seinen inneren Konflikt
„Was dann passiert? Du kannst du, du selbst sein. Es ist dein Leben und du gibst an, wie die Segel stehen. Deine Eltern können dich nicht für immer ignorieren. Du bist ihr Sohn und sie müssen es akzeptieren. Früher oder Später.“
Aufmunternd hob er sein Kinn an, damit er ihn ansah „Vielleicht ist das eine Gelegenheit, die du nie wieder ergreifen kannst, weil du dich sonst für den Rest deines Lebens davor fürchtest.“
Max nickte langsam, seine Gedanken kreisten wild in seinem Kopf umher „Ich werde mich bemühen es nicht zu vermasseln.“
„Na das hört sich doch nach einem guten Vorsatz an.“
Florian schaute die beiden Straßenseiten entlang um sich zu vergewissern, das sie keine Zuschauer hatten, ehe er sich zu ihm hinunter beugte und ihn küsste. Es war nur flüchtig und kaum spürbar, aber genug um Max ein wenig Kraft zu schenken. Schmunzelnd kratzte er sich an der Wange und folgte Flo, als er voraus lief. Gemeinsam liefen sie zur Kreuzung und bogen in ihre Straße ab. Bereits jetzt war die riesige Trauerweide vor seinem Wohnblock zu sehen. Träge wehten die Äste im Wind. Sofort wurde ihm wieder ganz klamm zu Mute und er musste sich zusammenreißen nicht auf dem Absatz kehrt zu machen. Flo bemerkte wie er langsamer wurde und legte den Arm um seine Schultern, um ihn mit sich zu ziehen. Er begann von willkürlichen Themen zu erzählen, mit dem offensichtlichen Ziel ihn von seiner Angst abzulenken.
Schließlich kamen sie vor dem Eingang zum stehen und schauten hinauf zu seinem Fenster, wo sich seine Wohnung befand. Florian stieß ihn mit dem Ellenbogen an „Du schaffst das schon. Im Nu ist es wieder morgen und dann hast du alles hinter dir.“
Stumm nickte er und verabschiedete sich von ihm. Flo wechselte die Straßenseite und lief in die Einfahrt seines Hauses das gegenüber stand. Max wartete bis er die Tür hinter sich zugezogen hatte und öffnete erst dann die Seine. Seine Schritte hallten im Treppenhaus wider, als er die Stufen hinauf zu seinem Apartment erklomm.
Letztlich stand er vor seiner Tür und versuchte mit zittrigen Händen den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, bei denen er mit der Spitze um das Schlüsselloch herum gekratzt hatte, öffnete sich plötzlich die Tür. Aufgeschreckt zuckte er zusammen und schaute in die verwirrten braunen Augen seiner Mutter, welche auf den klimperten Anhänger in seiner Hand rutschten „Warum bist du schon da?“
Max schluckte hart „Die letzten Stunden sind ausgefallen.“
Sofort wurde ihr Blick weich und die entstandenen Falten zwischen ihren Augenbrauen glätteten sich.
„Ach so. Komm rein, ich habe das Essen bereits fertig.“
Irritiert schaute er auf ihren zierlichen Rücken als sie sich auf den Weg zur Küche machte „Du machst doch sonst nur Essen wenn Papa zu Hause ist.“
Sie lächelte „Er ist heute früher von der Arbeit gekommen. Die Systeme sind in der ganzen Firma abgestürzt.“
Sein Mund wurde trocken, während seine Mutter wieder verschwand und er sie in der Küche hantieren hörte. Geistesabwesend streifte er seine Schuhe ab und entledigte sich seiner Winterausstattung. Nur den Schal behielt er an, an dem er unaufhörlich zog und spielte. Es waren kurze, schnelle Schritte auf dem Dielenboden zu hören, ehe sich Jemand an seine Beine warf. Ein Blick genügte um zu wissen, das seine kleine Schwester bereits aus dem Kindergarten zurück war. Mit großen Augen schaute sie ihn von unten aus an „Hallo, Maxi!“
Mit einem gezwungenem Lächeln hob er sie in die Höhe „Na, Prinzessin? Wie war dein Tag?“ - „Ich habe heute mit meinen Fingern gemalt.“
Zum Beweis hielt sie ihm alle Zehn vor die Nase. Gespielt erstaunt zog er die Augenbrauen bis zum Haaransatz „Ach was du nicht sagst! Das ist ja toll.“ Er lief in die Küche und schaute in den Kochtopf seiner Mutter „Was kochst du?“
Sie nickte zum Backofen „Nudelauflauf. In dem Topf hier koche ich bloß Wasser für den Tee auf.“ Emma streckte die Arme nach ihr aus, wodurch sie sie ihm abnahm. Mit einem Lächeln deutete sie in Richtung Wohnzimmer „Setz dich noch ein wenig hin, ich rufe euch dann wenn das Essen fertig ist.“ Beklommen nickte er und lief in den Flur zurück. Er hörte bereits das Gegröle und Gejubel von Publikum aus dem Fernseher dröhnen. Ohne Zweifel war sein Vater wieder dabei Fußball zu schauen. Mit klopfendem Herzen näherte er sich dem Zimmer und lugte hinein. Da saß er.
Konzentriert starrte er in den Bildschirm und putzte dabei seine Schuhe. Er bemerkte nicht, wie sein Sohn den Raum betrat und sich zu ihm gesellte. Zögernd setzte Max an „Hey Paps.“ Sein Blick ließ nur kurz vom Spiel ab, ehe er sich wieder davon fesseln ließ. Ihm wurde eine knappe Begrüßung zu Teil, die er mit einem nicken entgegen nahm. Schweigend schauten sie sich das Spiel an und lauschten den Spekulationen der Moderatoren. Zum gefühlt tausendsten Mal wischte sich Max die schweißnassen Hände an der Hose ab. Er zwang sich selbst es an zu sprechen. Er atmete tief ein und aus. Er wandte sich an seinen Vater „Papa, ich muss-“
„Max! Thomas! Essen!“
Panisch fuhr er zusammen und riss den Kopf hoch „Kommen!“
Wie ein Roboter stand er auf und bewegte sich zur Tür, den musternden Blick seines Vaters auf dem Rücken. Mit zusammengebissenen Zähnen ließ er sich auf den Stuhl fallen und faltete die Hände im Schoß. Erneut redete er sich ein es endlich hinter sich bringen zu müssen, während seine Mutter Emma in ihren Kindersitz setzte und den Nudelauflauf in seinen Teller schaufelte. Sein Gesicht wurde kreidebleich beim Anblick vom Essen. Jetzt würde er alles andere können, aber keines Falls essen. Er spürte wie seine Zunge schwer wurde. Hastig wandte er den Blick ab. Keine zwei Sekunden später stand sein Vater in der Tür und setzte sich ans Kopfende, neben Max. Nervös rutschte er auf seinem Sitz hin und her, während sich seine Eltern über das Wetter und den kommenden Urlaub unterhielten. Nachdem sich seine Mutter gesetzt hatte begannen sie zu essen. Das hieß sie aßen, während er vor sich hin starrte und mit dem Saum seines Shirts spielte.
„Schatz, ist alles in Ordnung? Du siehst krank aus.“
Er fing den besorgten Blick seiner Mutter auf. Mütterlich griff sie über den Tisch nach seiner Hand und tätschelte sie liebevoll. Plötzlich brach ihm der Schweiß aus und er zog seine Hand zurück „Ich muss mit euch sprechen.“
Überrascht das er es aussprechen hatte können, ohne zu stottern spornte ihn zu mehr an. Die Aufmerksamkeit seines Vaters galt weiterhin seinem Teller, während seine Mutter im interessiert zuhörte. Ohne Atem setzte er an „Ich weiß nicht wie ich anfangen soll.“
Er stockte und hörte wie seine Schwester mit der Gabel ihre Nudeln massakrierte.
„In letzter Zeit hat sich vieles geändert und es ist kompliziert wie die Dinge ihren Lauf genommen haben.“
Max fuhr mit den Fingerkuppen über die tiefe Furche im Tisch, die er damals mit dem Messer hinterlassen hatte. Seine Mutter nahm das Tuch von der Stuhllehne und wischte flink um Emmas Teller herum, wo sie Sauce hinterlassen hatte. Skeptisch legte sie es wieder bei Seite „Hast du Dummheiten mit einem Mädchen getrieben? Ich schwöre dir, wenn ich heraus kriege das-“ - „Es wird nie zu dieser Art von Dummheit kommen“
Jetzt schaute sein Vater vom Teller auf. Es ist so weit, dachte er sich und ballte die Hände zu Fäuste.
„Ich bin vielleicht nicht so wie ihr es gerne hättet. Aber es ist nun Mal so und ich kann nichts daran ändern.“
Max holte tief Luft ehe er ansetzte „Mama, Papa. Ich bin mit Florian zusammen. Und mit zusammen, meine ich das wir in einer Beziehung sind. Ich liebe ihn und er liebt mich.“ Er hörte wie die Gabel seines Vater aus der Hand rutschte und auf den Teller schepperte. Die Hitze stieg ihm ins Gesicht, doch er musste es zu Ende bringen. Er musste einfach.
„Es ist nicht richtig von mir, euch damit so zu überfallen, aber ich habe es ganz einfach nicht mehr ausgehalten. Ich habe damit nicht nur euch, sondern auch mich selbst belogen. Und ich weiß es ist ein ziemlicher Schock für euch, das kann ich verstehen, aber ihr werdet nicht drum herum kommen.“
Erst jetzt traute er sich wieder aufzusehen. Seine Eltern machten große Augen und starrten ihn unverhohlen an. Seine Kehle schnürte sich mit jeder Sekunde enger zu. Selbst wenn er wollte, hätte er keinen weiteren Ton von sich geben können, ohne das seine Stimme abbrechen würde. Die Spannung die sich hier im Raum gestaut hatte war deutlich greifbar. Seine nassgeschwitzten Hände wischte er wieder an seinen Hosenbeinen ab. Die Stimme seiner Mutter durchschnitt die Stille wie Glas „Ich habe es vermutet.“
Sein Vater starrte vor sich auf den Teller. Noch immer schwieg er. Sie fuhr fort „Es hätte mir eher auffallen müssen. Schon damals hieß es, das es eine solche Bindung wie zwischen euch nirgendwo zu finden wäre. Ihr wart schon in eurer Kindheit unzertrennlich gewesen. Aber das es diese Art von Bindung sein könnte, ist mir erst vor ein paar Tagen gekommen.“
Monoton stand sie auf und begann den Tisch abzuräumen „Allein die Blicke die ihr euch zugeworfen habt, wann immer er hier zu Besuch war.“
Sie räusperte sich und stellte die Teller auf der Spüle ab, der Hunger sichtlich vergangen. Mit einem kleinen Lächeln drehte sie sich wieder zu ihm um „Aber ich verurteile dich deswegen nicht. Du bist mein Sohn, ich liebe dich und ich unterstütze dich.“
Als sie wieder vor dem Tisch stand strich sie ihm über den Kopf
„Ich meine, du kannst nichts dafür, es ist nun Mal so und damit müssen wir jetzt umgehen.“
Erleichtert schaute er zu ihr auf, doch das Unbehagen blieb weiterhin bestehen. Sein Vater fuhr sich durch die dunklen Haare und starrte nun die Decke an. Wortlos erhob er sich von seinem Stuhl und verließ den Raum. Max hörte wie die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Seine Fingernägel gruben sich tief in seine Handflächen. Seine Mutter warf einen besorgten Blick in Richtung Tür
„Gib deinem Vater ein wenig Zeit. Es wahr doch wohl alles ein wenig zu viel auf einmal.“
Sie schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln und wusch die Teller ab.
„Kann ich in mein Zimmer gehen?“
Seine Stimme klang belegt. Verblüfft schaute sie über ihre Schulter. Schon lange hatte er ihr nicht mehr diese Frage gestellt. Langsam nickte sie und sah ihm dabei zu wie auch er sich zurück zog.
Leise schloss er hinter sich die Tür und sackte hinter ihr förmlich zusammen. Geschlagen zog er die Beine an und schlang seine Arme um sie und vergrub sein Gesicht zwischen den Knien.
Zittrig atmete er aus. Es fühlte sich an, als habe er die Zeit über den Atem angehalten. Er ließ sich das Gesprochene nochmals durch den Kopf gehen. Noch nie hatte er seinen Vater so schweigsam erlebt. Für gewöhnlich brach seine Kritik aus ihm heraus wie ein aktiver Vulkan.
Seufzend lehnte er den Kopf gegen das kühle Holz seiner Zimmertür. Er hatte sich vorgenommen noch einmal mit ihm zu sprechen. Allein. Max musste wissen, wie er dazu stand. Doch er würde wohl warten müssen, er wollte ihn damit nicht bedrängen. Aber es wird sich nichts an seinem Ich verändern. Nie wieder.
Sein Handy vibrierte in seiner Hosentasche. Er fischte es heraus und öffnete die Nachricht. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er erkannte von wem sie stammte.
Hast du es ihnen gesagt?

 

Hallo Blank,

herzlich willkommen bei den Wortkriegern.

Der Anfang deiner Geschichte gefällt mir leider überhaupt nicht. Ich finde er passt auch nicht zum Rest der Geschichte. Es kommt mir vor, als würde ich gleich eine düstere Krimigeschichte serviert bekommen.
Du solltest dich bei allem was du schreibst fragen: brauche ich diesen Satz oder dieses Wort für meine Geschichte? Schadet es ihn oder es wegzulassen?

In den ersten beiden Absätzen tummeln sich zu viele Adjektive

weißen Wolken
Die sind meistens weiß. Wenn du es weglässt gehe ich nicht davon aus, dass diese rosa ist.

Gedankenverloren beobachtete er das Spiel vor seinen Augen.
Wo soll das Spiel sonst sein, wenn nicht „vor seinen Augen“?

Er schmeckte den rauchigen Geschmack auf der Zunge und klopfte die überschüssige Asche ab.
Du beschreibst das was jeder Raucher macht, das ist ziemlich langweilig. Ich will doch keine Alltagsbeschreibung lesen.

Meine Empfehlung wäre hier einzusteigen:

Sein Plan war es das Geständnis noch heute vor beiden abzulegen.

Ich finde den Satz allerdings noch ziemlich umständlich. Vielleicht eher:
Heute würde er es ihnen gestehen.
Hmm, so ganz das wahre ist das auch nicht. Der erste Satz ist wichtig. Nimm dir Zeit dafür. Er sollte nicht zu umständlich sein und den Leser neugierig machen.

Er schluckte gegen den entstandenen Kloß in seinem Hals an.
Er schluckte gegen den Kloß an? Kann man gegen etwas anschlucken? Lies dir deinen Text am besten laut vor, dann werden dir einige merkwürdige Formulierungen auffallen.

Am Anfang machst du für wörtliche Rede einen Absatz. Das ist gut.
Später machst du das leider nicht mehr. Geh doch bitte durch deinen Text und prüfe, ob du überall bei wörtlicher Rede oder Sprecherwechsel einen Absatz gemacht hast. Das ganze lässt sich sonst echt schwer lesen.

Ansonsten solltest du versuchen den Text zu straffen. Ich habe dir ja für die ersten Sätze ein paar Beispiele genannt, das kannst du im ganzen Text so weiterführen.

Ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen.

Viel Spaß hier und liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hallo Nichtgeburtstagskind,

danke für deine Rückmeldung.

Ich kann dir in den meisten Aspekten nur zustimmen, da ich schon immer dazu geneigt habe meine Sätze auszuschmücken. Was ich unter anderem sehr oft zu hören kriege. xD

"Er schluckte gegen den entstandenen Kloß in seinem Hals an. " - doch diesen Satz hier, habe ich schon einige Male in Lektüren gelesen und bisher hatte sich noch keiner über diesen Ausdruck gewundert. Aber ich denke das das Ansichtssache ist.

Ich setze meine Hoffnungen in mein nächstes Exemplar und freue mich auf weitere Hilfestellungen.

Liebe Grüße,
_Blank_

 

Hi Blank,

bei uns ist üblich, gemeinsam an Texten zu arbeiten. Es freut mich, dass du mit meinem Kommentar etwas anfangen kannst, aber noch mehr würde es mich freuen, wenn du deinen Text auch entsprechend überarbeiten würdest.

Liebe Grüße,
NGK

 
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Hallo Blank,

ich weiß nun nicht, ob die Änderungen, die Du bisher vorgenommen hast, auf den Kommentar zuvor zurückgehen, aber ich bewundere Deinen Mut, trotz des noch vorhandenen Supergaus für jeden in der schreibenden Zunft, Texte zu veröffentlichen. Aber bis wir darauf stoßen, sind eben die Probleme, die Nichtgeburtstagskind bereits angesprochen hat, immer noch überreichlich vorhanden, zu der sich für mich die Flut der Pronomen gesellt ...

Ich nehrm nur die Zeilen bis zum SuperGaU:

Sein Atem stieg in Wölkchen in den grauen Himmel empor. Die Kälte fraß sich durch seine Winterjacke und brachte ihn zum erschaudern.
"Zum" ist eine Zusammensetzung aus der Präposition "zu" und dem Artikel "dem", der alleine schon geradezu die Substantivierung des folgenden Verbs erzwingt "zum Erschaudern" - oder Du müsstest die Formulierung "und ließ ihn erschaudern" wählen.

Vier Pronomen (Sein ... sich ... seine ... ihn), wobei zumindest die Possessivpronomen fragwürdig sind, denn wessen Jacke, wenn nicht eine geliehene oder gestohlene (diese beiden Attribute wären nennenswert) sollte "er" anhaben? So viel oder wenig zu den Pronomen.

Die Reihe ließe sich fortsetzen nicht nur mit Jackentasche und Zigarettenpackung, die aber für den nächsten Beleg herhalten muss:

... und brachte seine Zigarettenpackung zum Vorschein. Mit steifen Fingern zündete er sich die Erste an und nahm einen tiefen Atemzug.

"die Erste" könnte an sich so durchgehn, wenn da nicht diese verfluchte Packung wäre, dass die "erste" zum bloßen Attribut der ersten Zigarette identifizieren lässt (es hätt' ja auch sonst die erste Liebe sein können ...

Über Blick und Nase sehn wir jetzt mal weg, wegen des Gipfelschnees. Wie viel Schnee ließe sich überhaupt auf einer Nase anhäufen - wäre mal interessant zu wissen ...

Heute wäre es soweit.
Soweit ich weiß, wird soweit nur als Konjunktion zusammengeschrieben, als unbestimmte räumlich/zeitliche Angabe immer auseinander.

Das ist in 90 % der so+weit-Konstruktionen der Fall. Das Risiko der fehlerhaften Schreibung wäre entsprechend geringer auf 0,1.
Schreiben hat bei Unsicherheit oder Ahnungslosigkeit viel mit Glücksspiel und Wahrscheinlichkeitsrechnung zu tun, wenn man sich nicht auf seine Intuition verlassen kann.

Heute würde er ihnen ein Ultimatum stellen.
Wird er nun oder nicht, nix anderes drückt der Konjunktiv "würde" in dem Fall aus, da täte es ein "kann" - kann oder eben kann nicht - den gleichen Effkt erzielen. Und selbst das einfache Futur birgt noch die Gefahr, dass es eben nicht eintritt.
Warum also Konjunktiv (der nix mit der Zeitenfolge, sondern mit Wahrscheinlichkeiten von 0 bis 1, von Lüge, Unmöglichkeit bis Wahrheit/Wirklichkeit abdeckt).
Aber warum überhaupt die Hilfs- und Modalverbschacherei, wenn es schlicht ohne ging: Heute stellt er ihnen ein Ultimatum! Oder doch nicht ...

Die Doppelungen von Keiner / keinen und der Flut der Possessivpronomen soll nur erinnert werden, und an die Formulierung

... zum stehen, ehe ...
verweisen wir an den Anfang (es fängt also an, sich zu wiederholen, Zeichen, dass es Dir falsch beigebracht wurde oder Du es falsch verstanden hattest, was immer Dir beigebracht worden sein mag). Denn schon ist der SuperGaU erreicht:

Ich wusste nicht das das Schwänzen zu deinen Hobbys zählt, tut mir leid.“
Ausgerechnet bei einer der sinnvollen Akte der Rechtschreibreform (die Verwendung von doppel-s und ß eindeutig zu trennen, Beispiel alt Fluß, neu Fluss, weil die Silbe kurz und unbetont ist, aber alt und neu Fuß, weil die Silbe gedehnt und betont ausgesprochen wird) muss ja bei daß und das und dass scheitern. "Das" ist Artikel und Pronomen in deren Vielgestaltigkeit, "dass" ist allein Konjunktion, vor die zudem ein Komma stehen muss, weil sie immer einen Nebensatz einleitet und nicht wie diverse anderen Konjunktionen (z. B. und, oder usw.) das Komma ersetzt. Also korrekt
"Ich wusste nicht, dass das Schwänzen zu deinen Hobbys zählt, tut mir leid.“

Dass das "das/dass-Problem akut ist, zeigt sich alsobald erneut

„Dir ist bewusst das das in die Akte geht?“

Mein Tipp, so lange der Unterschied nicht im Gedächtnis eingebrannt ist: Bei doppelten das/s aufgepasst!

Dass Dir hierorts geholfen wird, ist keine Frage. Aber aus dem Dreißigjährigen Krieg kenn ich die Formulierung "hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!"

Warum ich diesen Aufwand treibe? Ich halte Dich für sehr jung und da ist es absehbar, wenn man nicht in Vaters Erbe ohne großen Aufwand treten kann, dass man sich bewerben muss und das ist bestenfalls in der mündlichen Vorstellung heutigentags nahe bei der Castingshow, wenn Personaler sich besonders aufgeschlossen geben. Sind aber die wenigsten. Die meisten schauspielern selbst. Wollen ja Schwächen des Probanden erkennen. Dass jeder Fehler macht, ist eine Wahrheit aus der Binse. Aber in Zeiten, da selbst die Postion des Polizeianwärters an Rechtschreibschwäche scheitert, sollte Grammatik kein Buch mit sieben Siegeln sein ...

Als Einstieg ist Duden.de unschlagbar, liefert es doch zum eingegeben, gesuchten Wort oder Begriff (wie Komma) die Antwort/en und zu den Wörtern eine kleine Etymologie nebst aktueller Bedeutungsübersicht (selten, dass ein Wort wirklich nur eine Bedeutung hat) und gelegentlich kleiner Grammatik (Fälle vor allem). Einige Universitäten und Privatleute haben zu der Kommasetzung PDFs eingestellt. Eine Deiner Wahl ausgesucht, runtergeladen, verknüpft und bei Bedarf angeklickt.

Aber wissen muss man allemal, was man sucht. Es ist ja nicht der Gral, der gefunden werden will.

Und damit herzlich willkommen hierorts!

Friedel

 

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