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Mut der Verzweiflung

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07.03.2003
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Mut der Verzweiflung

Ich saß an meinem Schreibtisch vor meinem Rechner und starrte frustriert auf das weiße Feld meines Bildschirms. Mir wollte einfach kein zündender Einfall kommen. Es war nicht so, dass ich keine Ideen gehabt hätte, es liess sich nur leider keine davon für meine Hausarbeit verwenden. Die, so ganz nebenbei, morgen früh auf dem Schreibtisch meines Professors liegen sollte. Natürlich hatte ich jede Menge Zeit gehabt, sie aber, wie üblich, an andere Dinge verschwendet. Ich hatte es einfach nicht drauf, meine Zeit vernünftig einzuteilen. Entnervt zündete ich mir eine Zigarette an und ließ meinen Blick im Zimmer umherschweifen. Nichts Ungewöhnliches zu entdecken, alles in normaler chaotischer Unordnung verstreut. Aber es war verdammt dunkel. Die einzigen Lichtquellen waren mein Computer und die Nachttischlampe direkt daneben. Ich begann mich unbehaglich zu fühlen und zog unwillkürlich die Schultern hoch. In Gedanken schalt ich mich einen Dummkopf, gleichwohl es half nichts, das Unbehagen blieb. Mir schossen die Geschichten meiner Kindheit durch den Kopf, all die gruseligen Bücher und Schundromane, die ich gelesen hatte, als ich noch längst nicht alt genug dafür gewesen war. In regelmäßigen Abständen richteten sich nun die Härchen an meinen Armen auf und eine merkwürdige Kälte kroch mir den Rücken hoch.
Ich zwang mich, an meine Arbeit zu denken und sah starr auf den Bildschirm.
Zwecklos, ich war abgelenkt und meine Phantasie lief jetzt auf Hochtouren, allerdings nicht in der Art, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich wagte nicht, aufzustehen und das Licht anzuschalten. Dazu hätte ich zur anderen Seite des Raumes gehen müssen, quer durch die Dunkelheit, zur Tür. Ich fühlte mich beobachtet und dieses Gefühl ließ sich einfach nicht vertreiben. Es ließ sich nicht mehr leugnen, ich hatte Angst. Reglos blieb ich sitzen, nur keine Aufmerksamkeit auf mich lenken. Wie ein Kind, dass glaubt, wenn es sich komplett unter der Decke versteckt, wäre es sicher. Mir fiel die Geschichte meiner Großmutter ein, die mir erzählt hatte unter meinem Bett wäre ein schreckliches Monster, dass nur darauf wartet, dass ich die Füße auf den Boden stelle, um mich zu schnappen und schreckliche Dinge mit mir anzustellen. Sie wollte wohl, dass ich ruhig liegen bleibe und einschlafe, aber ich litt jahrelang Todesängste, wenn ich abends ins Bett gebracht wurde. Bis heute schalte ich das Licht an, bevor ich aufstehe. Ich wage es nicht, unter mein Bett zu sehen. Genauso wenig, wie ich mit einem geöffneten Schrank im Zimmer einschlafen kann. Ich erwarte immer jeden Moment eine schrecklich verkrüppelte Hand zu sehen, die langsam und leise die Schranktür von innen öffnet.
Ich hasste all die nächtlichen Geräusche einer Wohnung, das Knacken der Heizung, das penetrante Summen des Kühlschranks und die ganzen anderen zum Teil eingebildeten Laute, die ich nicht einordnen konnte. Hinter mir knackte etwas. Ich schrak zusammen. Meine mittlerweile feuchten Hände ballten sich zu Fäusten und ich zwang mich ruhig weiterzuatmen. Um keinen Preis der Welt hätte ich mich jetzt umgedreht. Fieberhaft überlegte ich, was ich tun könnte, um mich zu entspannen und mich von meiner beginnenden Panik zu befreien. Plötzlich wurde mein Bildschirm dunkel. Entsetzt starrte ich auf die schwarze Fläche, bis mir einfiel, dass das nur der Bildschirmschoner sein könne, da ich lange nichts mehr geschrieben hatte. Ich wollte schon erleichtert aufatmen, als sich plötzlich Buchstaben bildeten.

„Dreh dich nicht um!“

Wie gelähmt sah ich auf den Satz, der einfach nicht verschwinden wollte, so sehr ich es mir auch wünschte. Mittlerweile hatten sich sämtliche Härchen an meinem Körper aufgerichtet, mein Herz klopfte rasend und laut und meine Beine fühlten sich an wie Gummi.
Der Satz verschwand und an seine Stelle trat ein neuer.

„Beruhige Dich, das ist enorm wichtig!“

Na, als ob ich das noch gekonnt hätte. Ich meiner jetzigen Verfassung hätte ich schon in Ohnmacht fallen müssen, um meinen Herzschlag zu verlangsamen.

„Atme tief durch und denk an etwas Positives!“

Jetzt wünschte ich mir, endlich in Ohnmacht zu fallen. Ich konnte es nicht fassen, was hier tatsächlich passierte. Mein Rechner redete mit mir, oder wer auch immer sich dahinter verstecken mochte. Auf jeden Fall verstand ich die Warnung und blickte weiterhin gefesselt auf die blinkenden Buchstaben.

„Gut so, verhalte dich ganz natürlich.“

Gehorsam verhielt ich mich so natürlich wie ich konnte, ich wagte es nicht, mich auch nur einen Zentimeter zu bewegen, aber das tat ich jedenfalls sehr natürlich.

„Wenn ich „jetzt“ sage, duckst du dich, so schnell du kannst!“

Langsam begann ich an einen bösen Scherz zu glauben, vielleicht einer meiner technikbesessenen Freunde, die meinen Computer irgendwie manipuliert hatten, um mich zu erschrecken? Das Knacken in meinem Rücken belehrte mich eines Besseren.

„Jetzt!“, flammte es auf meinem Bildschirm auf.

Sofort warf ich mich über meine Tastatur und hielt mir die Hände über den Kopf. Etwas entsetzlich Heißes jagte durch mich hindurch und verursachte hinter mir ein unangenehmes Zischen. Ein leises Stöhnen erklang. Gänsehaut kroch mir die Wirbelsäule hoch. Das Stöhnen kam mir bekannt vor. Vorsichtig drehte ich mich um. In der Dunkelheit des Raumes konnte ich nur einen unförmigen Schatten direkt neben der Tür erkennen. Ich raffte meinen ganzen Mut zusammen, stand auf und näherte mich, mit einem Kerzenständer in der Hand, den ich mir schnell gegriffen hatte, dem anderen Ende des Zimmers. Ich schaltete mit dem Kerzenständer das Licht an und was ich sah, ließ mir schier das Blut in den Adern gerinnen.
Die Überreste meiner besten Freundin klebten grotesk entstellt an der Wand und auf dem Boden. Außer ihrem Gesicht war alles an ihr übersät mit Brandwunden und offenem roten Fleisch. Der Gestank war entsetzlich. Um sie herum breitete sich eine rote Lache aus, die von der Flasche Wein stammen musste, die sie in der Hand gehalten hatte. Eine ihrer Hände hielt noch lose meinen Wohnungsschlüssel, den ich ihr vor ewigen Zeiten gegeben hatte. Schluchzend sank ich auf die Knie und schlug die Hände vors Gesicht. Großer Gott, was war hier nur passiert und warum? Zitternd betrachtete ich das Höllengerät auf meinem Schreibtisch, denn als solches betrachtete ich es jetzt. Der schwarze Bildschirm war verschwunden und es leuchtete wieder die weiße Fläche mit dem Titel meiner Hausarbeit:
„Telekinetische Energie- Segen oder Fluch? Ein Selbstversuch.“

 

Moin!

"Matrix" läßt grüßen, zumindest, was die Aufforderungen des heimischen PCs betrifft. Handwerklich nicht schlecht. Von Geschichte zu Geschichte sollte sich das dennoch, erfahrungsgemäß, deutlich verbessern.

Inhalt: Na gut, berauschend war es nicht. Bis zum Schluß recht spannend, aber dann doch auf den Aha-Effekt gesetzt. Das passte irgendwie überhaupt nicht. Oder aber, ich habe...

Telekinetische Energie- Segen oder Fluch? Ein Selbstversuch
...im ganzen Zusammenhang nicht kapiert.

Jedenfalls ist der Arsch kein Gänsehals, nicht wahr? Mal sehen, was als nächstes von dir kommt. Man darf gespannt sein. Hier in der kleinen, aber feinen Horrorgemeinde auf kg.de ein vielversprechender Einstieg.

Gruß,
Poncher

PS: Wooaaaaaarrrrrrrr! Okay, das hat wohl nicht geklappt, mit der Einschüchterung. Naja... Wooaaaaaaaarrrrrrrr! Okay, schon gut. Schon gut.

 

Hi Poncher,

danke für deine Kritik, schön, dass dir die Geschichte (trotz dem Ende) gefällt.

Ich kann ja mal versuchen das Ende umzuschreiben, wobei ich ehrlich gesagt, kein grosser Held bin, was das angeht. Meist ver"schlimm"bessere ich :)

PS: *hust* also die Geschichte ist nicht autobiographisch :) obwohl ich auch Angst im Dunkeln habe. Über die eigenen Ängste schreibt es sich halt am besten. Aber die Story mit der Omi ist tatsächlich aus meiner Kindheit, die mit dem MOnster unter dem Bett *grusel*

Gruß Unasai

 

Hallo Unasai!

Der erste Vorteil deiner Geschichte fällt sofort ins Auge: Sie ist angenehm kurz und schnell zu lesen.
Das habe ich denn auch getan, und mir hat sie ganz gut gefallen.

Was der geschätzte Kollege Poncher da sagt, ist nicht von der Hand zu weisen. Das Ende wirkt aufgesetzt - sei jetzt überraschend oder ick fress' dir! Andererseits wirkt wahrscheinlich jedes Ende aufgesetzt bei dieser Story (was ganz und gar nicht negativ zu verstehen ist)

Der Anfang hat mir gar nicht gefallen, zu unprofessionell und ungeordnet legst du hier deine Gedanken dar.n Mach dir mal vorher einen Plan, worauf du hinaus willst! Bei mir ist es so, wenn ich mich in eine Idee festgebissen habe, dauert es mindestens ein, zwei Wochen, in denen ich diese Idee hin- und herwälze und sie, nur in Gedanken, ausarbeite. Wenn du am Anfang weißt, wo du hinwillst, ist der Weg für dich bekannt (Siehe "Wie erzeugt Ihr Spannung?" die Rede von Poncher)

Die Sache mit dem Computer haut natürlich völlig rein, hat mir gut gefallen, auch wie du es beschrieben hast. War ziemlich spannend.

Aber das Ende! Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man zu Beginn einer Kurzgeschichte das Ende schon andeuten muss (ist eigentlich ein Grundsatz einer wirklichen KG).
Vorschlag: Vielleicht hättest du in der Vorrede schon auf die Freundin eingehen sollen, ihr Erscheinen wäre dann nicht so unmotiviert, trotzdem überraschend:

Aber alles in allem ein hoffnungsfroher Start auf dieser Seite. Weiter so!

Viele Grüße!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Hannibal,

vielen Dank für deine Kritik.
Ich habe noch nicht besonders viel Erfahrung mit Kurzgeschichten, speziell bei Horror war das mein erster Versuch.
Ich werde mir vor meiner nächsten ein bisschen mehr Zeit nehmen mit dem Strukturaufbau. Bei dieser habe ich drauflosgeschrieben und mich überraschen lassen, was passiert. Ich grusel mich gerne mit, wenn ich etwas schreibe :)
Ich wollte hauptsächlich die Stimmung, die Angst der Protagonistin einfangen.

Gruß Unasai

 

Hallo Hanniball,

Der Anfang hat mir gar nicht gefallen, zu unprofessionell und ungeordnet legst du hier deine Gedanken dar

Was fandest du daran ungeordnet? Ich konnte nichts entdecken.

neugierige Grüsse
Pe

 

Mahlzeit!

Der erste Abschnitt, ja, ungeordnet in den Gedanken und unprofessionell. Wobei natürlich das zweite aus dem ersten resultiert.

Bei dieser habe ich drauflosgeschrieben und mich überraschen lassen, was passiert.

So wie Unasai das sagte, so kam es mir auch vor. Gedanken, die ihm beim Schreiben kamen, brachte er sofort zu Papier und entwickelte sie nicht entsprechend aus.

Mir schossen die Geschichten meiner Kindheit durch den Kopf, all die gruseligen Bücher und Schundromane, die ich gelesen hatte, als ich noch längst nicht alt genug dafür gewesen war.

Dies zum Beispiel wäre für mich eine Idee gewesen, bei ihr zu verweilen.

Mir fiel die Geschichte meiner Großmutter ein, die mir erzählt hatte unter meinem Bett wäre ein schreckliches Monster, dass nur darauf wartet, dass ich die Füße auf den Boden stelle, um mich zu schnappen und schreckliche Dinge mit mir anzustellen.

Und dies ist ein Gedanken, der ihm garantiert während des Schreibens eingefallen ist. Ist aber überflüssig, die Großmutter zu erwähnen, sie hat nichts mit der Geschichte zu tun, sie lenkt den Leser ab und stört so die Homogenität der Story.

Das ist natürlich ein subjektiver Eindruck (ich werde nicht müde, das zu erwähnen), aber nicht destotrotz meine Überzeugung.

Habe ich dich auch wenigstens ein bißchen überzeugen können?:)

Sonntägliche Grüße von mir!

 

Hi Hannibal,

nur mal eine kleine Anmerkung am Rande :)

Nicht dass es mich stört, aber "er" ist eine "sie" :)

Gruß Unasai

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Hanniball, hallo Unasai,

@Hannibal
...nee, ganz überzeugen konntest du mich nicht, obwohl ich verstehe, worauf du hinauswillst.;)

Die Großmutter mit ihrer dummen Bettmonster-Geschichte hat die Funktion zu erklären, warum der Prot schon seit Kindertagen Angst im Dunkeln hat, dass es nicht einfach nur eine eher lächerliche Allerwelts-Furcht ist. Insofern geht das schon in Ordnung.

Das Nachts-allein-vor-dem-Computer-Setting ist schon ein richtiger Standard... Es gibt eine nette Geschichte von Captain hate dazu, selbst ich hab mich mal damit versucht... (> Ein Stück Fell) :rolleyes: .

@unasai
Ich fand die Geschichte nicht schlecht, sprachlich recht ansprechend umgesetzt, spannend im Mittelteil, das Ende überraschend und von der Idee interessant. Ich muss aber meinen Vorrednern Recht geben, dass ein winziger Hinweis auf die Freundin an früherer Stelle nicht schlecht gewesen wäre. So funktioniert´s natürlich auch, aber die eleganteste und klassischste Lösung ist es, das Ende im Anfang kurz aufblitzen zu lassen.

MfG
PE

 

Hallo Unasai,

(wofür steht das, wenn ich fragen darf - klingt indianisch oder asiatisch, ist aber bestimmt nicht so gemeint, oder?)

Zu Deiner Geschichte:

Was mich persönlich gestört hat, ist das Fehlen von Absätzen. Nicht, dass keine vorhanden wären, aber so wie Du sie gesetzt hast, schienen sie eher der Verwirrung als einer gewissen Einteilung innerhalb der Geschichte zu dienen - vielleicht ging das aber auch nur mir so...

Oder sollten sie die wirre Gedankenwelt des ängstlichen Protagonisten darstellen? Dann muss ich gemeinerweise fragen: Warum sind überhaupt welche drin?:D

Die Idee fand ich nicht schlecht. Die anderen Geschichten mit dem Thema "Horror vor/von dem PC" muss ich wohl schlicht verpasst haben, grins...

Aber dann das Ende.
Das kam zwar mit einem Paukenschlag und auch schön überraschend, allerdings nicht sehr selbsterklärend. Ich habs jedenfalls nicht verstanden...
Freundin tot? Telekinetischer Selbstversuch?...
In welcher Hinsicht? Jagd auf sich selbst machen und Freundin einschmelzen?

Sorry, aber das Ende musst Du mir erklären? Da hänge ich noch...
hänge ich noch...
hänge ich noch...
hänge ich noch...

Henry Bienek :cool:

 

Hallo!

@petdays:

Auch auf die Gefahr hin, dass Bib gleich vorbeikommt und uns zusammenstaucht *denkopfeinziehundängstlichumsichguck*:

Gerade die Großmutterszene ist es, die mich gestört hat, weil sie so offensichtlich als Erklärung herhält. Wenn der Prot. diese Erfahrung macht, sollte sie etwas eingebetteter erzählt werden, damit sie in die Geschichte passt :(
So richtig bin ich selbst noch nicht überzeugt, weil das ein rein gefühlsmäßiger Einwand ist.

Trotzdem liebe Grüße von mir!

*schnellwegumdieeckerenn*

 

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