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Multipel

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12.11.2008
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Multipel

Botch überprüfte zum dritten Mal in zehn Minuten seine Waffe. Es klapperte leise, als er mit zitternden Händen das Magazin in den Griff schob. Er lauschte. Nichts regte sich. Aus dem Hauseingang heraus in dem er stand, konnte er den gesamten Innenhof überblicken. Er sah an den Fassaden der Häuser hoch. An einigen Stellen bröckelte der Putz. Eine Lampe der Hofbeleuchtung flackerte. Licht schien aus ein paar Fenstern. Durch den dunklen Trichter der Hofeinfahrt schallte Motorengeräusch zu ihm herüber. War er das? Botch drückte sich tiefer in den dunklen Eingang. Die Dunkelheit erodierte seine Konturen, bis er nur ein Fleck unter vielen war. Absätze klapperten an seinem Versteck vorbei, eine junge Frau. Tabakgeruch stieg in seine Nase. Der Klang der Absätze verlor sich in der Ferne. Botch atmete aus. Langsam trocknete der Schweiß auf seiner Stirn. Fahrig wischte er seine Hände an seiner Hose ab.
Ich kann das nicht, dachte er verzweifelt. Er rieb über sein Gesicht. Ein kratzendes Geräusch, Bartstoppeln an seinem Kinn. Ein Wagen bog in den Innenhof ein und hielt bei den Mülltonnen. Der Fahrer blieb sitzen und zündete sich eine Zigarette an. Im Licht des Feuerzeuges war sein Gesicht deutlich zu erkennen. Botch holte tief Luft. Er war es! Langsam zog er die Waffe aus seiner Jacke und ging auf den Wagen zu.
Bleib sitzen, dachte er, als er sich dem Wagen näherte. Seine Füße trommelten jetzt auf den Asphalt. Er riss die Tür auf, hielt seine Waffe direkt in das verblüffte Gesicht des Mannes am Steuer.
»Wa...? He, tun Sie die Waffe weg, Mann.«
Rebecca, dachte er bei jedem Schuss. Rebecca, Rebecca.

Der Sicherheitsgurt schnitt tief in seine Brust und seinen Schoß. Sein linker Arm hing im Lenkrad und schien ein zusätzliches Gelenk bekommen zu haben. Eine warme Flüssigkeit rann an seiner Stirn herab in seine Haare. Es knisterte und knackte überall um ihn herum. Benzingeruch biss in seine Nase. Der Gestank machte ihn schlagartig wach. Was war nur geschehen?
Erinnerungssplitter trieben durch seine Gedanken.
Die nasse Strasse, das Quietschen der Reifen. Ein Knall, Glassplitter, die auf ihn einprasselten, in ihn eindrangen. Dann nichts mehr, bis er das Benzin gerochen hatte.
Er und Rebecca hatten sich gestritten. Wieder einmal.
»Fahr nicht so schnell, Verdammt noch mal.«
»Mensch, pass ...«
Rebecca! Was war mit Rebecca? Langsam drehte er seinen Kopf. Er stöhnte laut auf dabei. Dann sah er endlich in Rebeccas Augen. Doch sie erwiderte den Blick nicht. Ihr Kopf lag unter ihrer Schulter, eingeklemmt durch das Gewicht ihres Körpers. »Rebecca?«
Zitternd streckte er seinen rechten Arm nach ihr aus. Seine Hand berührte ihre Wange.
»Rebecca?«
Verzweiflung komprimierte seine Stimme zu einem Flüstern. Rebecca blieb stumm.
Ein Zischen ließ ihn zusammenzucken. Plötzlich tanzten Schatten grotesk um das Auto herum. Ein
flackerndes gelbes Licht verlieh ihnen
unheimliches Leben. Er schrie auf, als er seinen Arm aus dem Lenkrad zog. Seine flatternden Finger suchten das Gurtschloss. Kraftlos drückten sie darauf herum. Sein Herz raste und jeder Schlag trieb einen Nagel aus Schmerz in sein Gehirn. Tränen liefen über sein Gesicht und brannten in der Wunde auf seiner Stirn. Mit einem plötzlichen Ruck gab das Schloss nach. Der Aufprall auf das Wagendach ließ ihn aufschreien. Quälend langsam kroch er durch die zerstörte Frontscheibe nach draußen. Seine keuchenden Atemzüge wurden vom fauchenden Feuer übertönt. Endlich war er aus dem Wrack heraus und kroch so schnell es ging weiter, als eine Explosion alle Geräusche wegfegte. Eine Walze aus heißer Luft rollte lautlos über ihn hinweg und drückte ihn in den Waldboden. Als er sich zu dem brennenden Auto umdrehte, sah er den anderen Wagen, der sie gerammt hatte.

»Und wie bewerkstelligen Sie die Rückkehr?«
»Gar nicht. Der fremde Körper wird nach etwa fünf Tagen vom Gastuniversum abgestoßen und taucht in seinem Heimatuniversum wieder auf. Und zwar zu dem Zeitpunkt und an der Stelle, an der er abgereist ist.«
»Phantastisch. Und wie weit kann man zurückreisen?«
»Das haben wir noch nicht erforscht. Aber da wir uns nicht wirklich in der Vergangenheit rückwärts, sondern eher durch Universen hindurch seitwärts bewegen, ist eine Reise von mehr als dreißig Jahren vermutlich sinnlos. Die Abweichung sind dann zu groß. Überlegen Sie mal, Sie würden in einem Universum landen, in dem Obama die Wahl anno 2008 gewonnen hätte. Solange Sie in der Nähe Ihrer eigenen Zeitwahrscheinlichkeitsebene bleiben, bekommen Sie recht zuverlässige Ergebnisse, wenn Sie einen Eingriff vornehmen.«
»Aber erzeuge ich damit nicht eine neue Wahrscheinlichkeitsebene?«
»Genau das ist ja der Sinn der Sache. Diese neue Ebene liefert Ihnen dann Erkenntnisse über Ihre Eigene, wenn Sie sich entlang der Zeitachse dem Jetzt nähern. Allerdings scheinen bestimmte Ereignisse eine so große Wahrscheinlichkeitsträgheit zu haben, dass sie immer wieder passieren, egal, was Sie dagegen unternehmen. Sie könnten zwar in allen möglichen Realitäten Hitler töten, aber der zweite Weltkrieg würde dennoch ausbrechen.«
»Und wenn jemand aus einer anderen Realität in meiner Realität Hitler tötete und ich in seiner?«
»Der zweite Weltkrieg ist als Wahrscheinlichkeitssingularität so stark, dass er trotzdem stattfinden würde. Bei kleinen Veränderungen würde es vielleicht funktionieren.«
»Sie meinen also, dass Einzelschicksale durchaus beeinflussbar sind, große Umwälzungen aber nicht aufgehalten werden können?«
»Exakt.«
»Ich verstehe immer noch nicht ganz, wie der Transfer durchgeführt wird.«
»Aber das ist doch ganz einfach. Ihre Quantenstruktur wird erfasst, aufgelöst und ein oder mehrere Grad phasenverschoben und dann ... Hey, Sie da. Passen Sie gefälligst auf, wo Sie mit Ihrem Lappen her wischen. Der Knopf da ist gefährlich. Wer sind Sie überhaupt?«
»Botch, Sir. Ich bin vom Reinigungsdienst.«
»Ah ja. Dann reinigen Sie bitte nach Dienstschluss weiter, wenn hier alles abgeschaltet ist.«
»Jawohl, Sir. Würden Sie das bitte mit meinem Chef absprechen, Sir? Sonst kriege ich Ärger. Wegen der Überstunden, wissen Sie?«
»Ja, ja, schon gut. Ich regle das. Und jetzt gehen Sie bitte.«

Die Waffe schepperte, als sie aus seinen kraftlosen Fingern zu Boden fiel. Feuchte Spritzer mischten sich mit Tränen und Schweiß, die sein Gesicht hinab liefen. Dort, wo sie auf sein Hemd fielen, blühten rote Flecken auf. Entsetzt sah er auf das Gesicht des Toten hinab. Es war immer dasselbe Gesicht, dennoch konnte er sich an den Anblick nicht gewöhnen. Botch drehte sich zur Seite und übergab sich neben das Auto. Das Übergeben war das Schlimmste. Wenn die Anspannung nachließ und sein Körper begriff, was er angerichtet hatte.

Botch versuchte zu ergründen, wie die Apparatur vor ihm funktionierte. Dabei half ihm das Dokument, das er im Büro des Projektleiters entwendet hatte, nur wenig. Botch verstand nicht einmal die Hälfte des Geschriebenen. Seit Stunden gab er Parameter in den Computer ein und den Ausführungsbefehl. Doch alle seine Versuche blieben erfolglos. Noch einmal nahm er das Dokument zur Hand. Was zum Teufel bedeutete "Projektion des Temporalvektors"? Und wo stellte man die "Prolongation des retrospektiven Observationsstrahles" ein? Das würde eine sehr lange Nacht werden.
»Hey, wer ist da?«
Botch drehte sich so schwungvoll um, dass er die entwendeten Papiere über den ganzen Laborboden verteilte.
»Was machen Sie hier?«
»Ich ... Also ... hier ... saubermachen?«
»Was sind das für Blätter? Prolongationseinstellung? Observationsstrahl? Was treiben Sie hier?«
Das Klicken des Revolverhahnes ließ den Mann zu Botch hinüberschauen.
Botch räusperte sich, trotzdem war seine Stimme rau und kratzig.
»Bewegen Sie sich nicht und beantworten Sie meine Fragen, dann geschieht Ihnen nichts. Sie sind der Projektleiter, richtig? Sie haben mich neulich angewiesen, nach Dienstschluss zu putzen.«
Der Mann nickte, blass im Gesicht.
Botch holte tief Luft und stieß sie wieder aus. Er lächelte.
»Sie werden mir helfen und die Bedienung der Maschine erklären.«
»Wie kommen Sie dazu, dass von mir zu ver...«
Botch hob den Revolver und legte auf den Mann an.
»Bitte«, sagte er.

Botch riss den Mann in die Gasse, in der er gelauert hatte. Von der Strasse aus drang nur wenig Licht in den schmalen Durchgang. Botch drückte sein Opfer mit einer Hand an die schmutzige, feuchte Wand. Er zeigte kurz seine Waffe und setzte sie dann auf die Brust des zitternden Mannes.
»Was wollen Sie? Geld?«, fragte eine Stimme, die ihm nur zu vertraut war. Schatten bedeckten das Gesicht ihres Besitzers, doch Botch musste es nicht sehen, um jede Einzelheit darin zu kennen.
»Nein. Du kannst dein Geld behalten.«
Seine Stimme war nur ein Krächzen. Der andere Mann beugte sich vor. Dabei geriet sein Gesicht ins Licht. Das Gesicht, dass er unzählige Male schon tot vor sich gesehen hatte.
»Was ... Was willst du dann?«
»Rebecca retten.«
»Rebecca? Was hast du mit Rebecca zu schaffen? Und wovor willst du sie retten? Was soll das hier?«
»Wenn ich dich nicht aufhalte, wirst du Rebecca töten. Also werde ich sie beschützen.«
»Dreckskerl.«
Speichel sprühte mit dem Wort in Botches Richtung.
»Du bist hinter meinem Mädchen her und willst mich mit dieser billigen Nummer einschüchtern!«
Der Mann wand sich in dem harten Griff.
Botch schlug zu.
»Ah. Verdammt, was soll das? Du hast mir die Nase gebrochen.«
Und dieses eine Mal wollte Botch erklären, warum er es tat. Wollte es sich selbst erklären, warum er immer wieder in die Vergangenheit eines anderen Universums reiste und Menschen tötete.

Botch stellte die Parameter der Maschine ein. Er brauchte nur wenige Sekunden, die notwendigen Operationen waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Ein letzter Transfer noch ...
Botch stieg über die Leiche des Projektleiters auf die Transferplattform.

»Du wirst heute Abend mit deiner Rebecca einen Autounfall verursachen. Weil du viel zu schnell fährst. Weil du immer viel zu schnell fährst. Du spielst gerne mit der Gefahr. Heute Abend jedoch wirst du verlieren. Dein Auto wird unkontrolliert über die I 101 rutschen und ein zweites Auto rammen.«
»Bist du irre, Mann? Was erzählst du mir für einen Scheiß? Wer bist du überh...«
Botch nahm das Knie wieder herunter. Der Mann keuchte und krümmte sich in seinem Griff.
»Ich bin der Fahrer des anderen Autos. Dessen Wagen in den Flammen aufgehen wird, in denen seine Tochter mit vier Jahren sterben wird.«
Botch rammte seine Waffe in den Mund seines Opfers und spannte den Hahn. Frischer Uringestank breitete sich aus.
»Meine Tochter hieß Rebecca. Wie dein Mädchen«, zischte er.
Rebecca, Rebecca, Rebecca.

Botch stand auf der Transferplattform und wartete auf das Licht, das den beginnenden Transfer anzeigen würde. Diesmal jedoch würde sein Transfer in die Zukunft erfolgen. In ein Universum, in dem Rebecca noch lebte. Er würde den Platz des dortigen Botch einnehmen und endlich Frieden finden. Und nie wieder töten.

»Aber was ist mit der Zukunft?«
»Was soll mit der Zukunft sein?«
»Na, ich meine, Sie werden doch sicherlich auch die Zukunft erforschen, oder?«
»Tja, sehen Sie, wir haben diese Möglichkeit tatsächlich in Betracht gezogen. Die Maschine ist entsprechend eingerichtet. Aber alle Tests, die wir durchgeführt haben, sind gescheitert. Die ausgeschickten Sonden sind nie zurückgekehrt.«
»Aber Sie haben mir doch erklärt, dass der Fremdkörper nach fünf Tagen zurückkehrt.«
»Das ist auch so. Aber nur, wenn der Körper Richtung Vergangenheit reist. Wir gehen im Moment davon aus, dass keine Zukunft existiert. Deshalb brechen die Wellenfunktionen des ausgesandten Quantenbündels nicht zusammen und es entsteht keine Wahrscheinlichkeit. Das Bündel wird nicht substantiel, sondern bleibt in allen Wahrscheinlichkeitszuständen. So wie eine Schrödingerkatze, nach der nie jemand schaut.«
»Und wenn ein Mensch diese Reise anträte?«
»Dann könnte sein Tun möglicherweise eine Wahrscheinlichkeitsebene erzeugen, die ihn materialisieren lassen würde. Aber sicher können wir nicht sein. Alle unsere Vorhersagemodelle liefern keine belastbaren Aussagen dazu.«

 

Hallo Dave,

Mir sind da ein paar Ungereimtheiten aufgefallen:

Botch überprüfte zum 3 Mal in 10 Minuten seine Waffe. Es klapperte leise, als er mit zitternden Händen das Magazin in den Griff schob. ... Langsam zog er die Waffe aus seiner Jacke und ging auf den Wagen zu.
Er hat sie doch schon in der Hand. Außerdem gehört nach der 3 ein Punkt, oder, sympathischer fände ich es, die Zahlen auszuschreiben.

Seine Füße trommelten jetzt auf den Asphalt.
Ich dachte, er geht, und, so wie ich mir die Situation vorstelle, eher zögernd. Da sollten seine Füße eigentlich nicht auf den Asphalt trommeln.

Er und Rebecca hatten sich gestritten. Wieder einmal.
»Fahr nicht so schnell, Verdammt noch mal.«
»Mensch, pass ...«

Eine Vierjährige drückt sich nicht so aus (Viel später: )
»Ich bin der Fahrer des anderen Autos. Dessen Wagen in den Flammen aufgehen wird, in denen seine Tochter mit vier Jahren sterben wird.«

Ihr Kopf lag unter ihrer Schulter, eingeklemmt durch das Gewicht ihres Körpers.
Das klingt, als wäre sie enthauptet worden.

»Aber das ist doch ganz einfach. Ihre Quantenstruktur wird erfasst, aufgelöst und ein oder mehrere Grad phasenverschoben und dann...
Ok, echt ganz einfach.

Passen Sie gefälligst auf, wo Sie mit Ihrem Lappen her wischen.
Herumwischen?

Das Klicken des Revolverhahnes ließ den Mann zu Botch hinüberschauen.
Er hat ihn gerade in flagranti erwischt. Da glaube ich nicht, daß er vor dem Klicken des Revolverhahnes woandershin als auf Botch geschaut hat.

So, nichts für ungut; ich hoffe, meine Kritik war konstruktiv.

Gruß
Engelhard

 

Hallo Engelhard,

danke fürs Lesen und Kommentieren.

Zahlen: okay, da hast du recht.
Waffe: da Botch ziemlich nervös ist, hat er sie in der Jacke, in der Hand, in der Jacke etc.
trommelnde Füße: er befürchtet, der mann im Auto könnte aussteigen und rennt deshalb.

Er und Rebecca hatten sich gestritten. Wieder einmal.
»Fahr nicht so schnell, Verdammt noch mal.«
»Mensch, pass ...«
Eine Vierjährige drückt sich nicht so aus (Viel später: )
Wer sagt, dass diese Szene das Geschehen um Botch und seine Tochter beschreibt?
Das Klicken des Revolverhahnes ließ den Mann zu Botch hinüberschauen.
Er hat ihn gerade in flagranti erwischt. Da glaube ich nicht, daß er vor dem Klicken des Revolverhahnes woandershin als auf Botch geschaut hat.
Tut er, er liest gerade die Blätter, die Botch auf dem Boden verstreut hat.

So, nichts für ungut; ich hoffe, meine Kritik war konstruktiv.
War sie insofern, als das sie mir mögliche Schwachstellen aufgezeigt hat. Danke dafür.

Aber wie hat dir die Geschichte gefallen?

lg
Dave

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Dave,

du möchtest am Anfang eine Atmosphäre erschaffen, vermute ich, die leicht düster ist, da bröckelt Putz, er steht in einem Hauseingang, hat eine Waffe. Leider kommt bei mir diese Stimmung nicht an.
Guck mal:

Botch überprüfte zum dritten Mal in zehn Minuten seine Waffe. Es klapperte leise, als er mit zitternden Händen das Magazin in den Griff schob. Er lauschte. Nichts regte sich. Aus dem Hauseingang heraus in dem er stand, konnte er den gesamten Innenhof überblicken. Er sah an den Fassaden der Häuser hoch. An einigen Stellen bröckelte der Putz. Eine Lampe der Hofbeleuchtung flackerte. Licht schien aus ein paar Fenstern.

Das liest sich, als hättest du dir jeden Satz drei Minuten lang aus den Fingern gesogen. Die passen nicht zusammen. Erst die Waffe, dann klappert was, dann regt sich nichts, dann sieht er den Innenhof, dann bröckelt putz, dann flackert ne Lampe, dann scheint Licht aus den Fenstern.

Ja und er? Was fühlt er? Hat er Angst? Ist ihm kalt? Riecht der die modrige Luft im Innenhof? Fühlt sich die Waffe kühl und doch gewohnt in seiner Hand an?

Du sagst nur, dass er zittert. Das ist zu wenig!

Durch den dunklen Trichter der Hofeinfahrt schallte Motorengeräusch zu ihm herüber. War er das?

Da dachte ich zuerst: Wer? Wer war was? Er selber?

Botch drückte sich tiefer in den dunklen Eingang. Die Dunkelheit erodierte seine Konturen, bis er nur ein Fleck unter vielen war. Absätze klapperten an seinem Versteck vorbei, eine junge Frau.

Das Erodieren da ist schon hübsch, aber es passt nicht so recht rein. Streich den Satz.

Und dann ist da der Fallstrick am Ende - was ist denn mit der Frau? Mach doch dann nen Doppelpunkt, dann sagst du wenigstens, dass die Absätze eine junge Frau sind. Was auch quer ist.

Wie wäre: "Er hörte das Geräusch von Schuhen mit hohen Absätzen, nach einem Blick sah er, dass sie zu einer jungen Frau gehörten."

Oder so.

Und außerdem frage ich mich, was mit dem Motorengeräusch ist. Waren das die Absätze? Oder wie?

Der Klang der Absätze verlor sich in der Ferne. Botch atmete aus.

Okay, also ist das Auto wohl weg, hmpf.

Ein Wagen bog in den Innenhof ein und hielt bei den Mülltonnen.

Also ist es doch da? Wozu dann die Frau?

Botch holte tief Luft. Er war es!

Hmtjanenene. "Das war er!"

Langsam zog er die Waffe aus seiner Jacke und ging auf den Wagen zu.

Hatte er die nicht vorhin noch in der Hand? Wenn so etwas unklar ist, einfach weglassen. "Er ging mit der Waffe in der Hand auf den Wagen zu." Details machens nur zäh.

Bleib sitzen, dachte er, als er sich dem Wagen näherte.

Schimpf mich! Aber hier bleibt entweder er selber oder der Wagen sitzen, nicht der Mann am Steuer. "Er beobachtete den Mann am Steuer - bleib ja sitzen!"

Seine Füße trommelten jetzt auf den Asphalt.

Der steht da und trampelt? Oh je.
Er riss die Tür auf, hielt seine Waffe direkt in das verblüffte Gesicht des Mannes am Steuer.

Direkt in das Gesicht? Nicht indirekt? Ja, und verblüfft ist er wohl. "Er hielt ihm die Waffe ins Gesicht."

»Wa...? He, tun Sie die Waffe weg, Mann.«

Verdammt cool, der Kerl, da noch Forderungen zu stellen.

Der Sicherheitsgurt schnitt tief in seine Brust und seinen Schoß. Sein linker Arm hing im Lenkrad und schien ein zusätzliches Gelenk bekommen zu haben. Eine warme Flüssigkeit rann an seiner Stirn herab in seine Haare. Es knisterte und knackte überall um ihn herum. Benzingeruch biss in seine Nase. Der Gestank machte ihn schlagartig wach.

Jetzt hast du wieder so ne Vorgangsbeschreibung. Und ich überlege noch die ganzen Zeilen lang, wie denn das gemeint ist mit dem Gurt, dann mit dem Lenkrad. Hatte jemand einen Unfall? Ja wer denn? Ja wo denn? Ja wo sind wir denn? Ich bin nicht gespannt, sondern verwirrt.

Was war nur geschehen?

Ja ... genau das frage ich mich auch.

Ein Zischen ließ ihn zusammenzucken. Plötzlich tanzten Schatten grotesk um das Auto herum. Ein
flackerndes gelbes Licht verlieh ihnen
unheimliches Leben.

Wenn es unheimlich sein soll, ist es in der Regel verkehrt, das Wort "unheimlich" zu verwenden. Wie fühlt er sich denn dabei? Hat er Angst? Klar. Die andere Frau da neben ihm hats eben zerlegt. Grausig! Und jetzt noch ... Schatten! Klar, da ist die Frau vergessen.

Seine flatternden Finger suchten das Gurtschloss. Kraftlos drückten sie darauf herum.

Wie ein Vogel?

Tränen liefen über sein Gesicht und brannten in der Wunde auf seiner Stirn.

Die laufen nach oben? Oder ist er da kopfüber? Oder was? Oder hä? Mir ist das unklar, ich wünsche mir Klarheit. Oder so.

Der Aufprall auf das Wagendach ließ ihn aufschreien.

Juhu! Punkt für mich, richtig geraten. Aber das ist blöd, den Leser so durcheinanderzubringen. Das ist ja Rätselraten. Besser einmal durchlesen und dann nochmal, damit man weiß, was passiert.

Quälend langsam kroch er durch die zerstörte Frontscheibe nach draußen.

Für wen ist das denn quälend? Ich meine, wenn es für ihn quälend ist, warum macht er es nicht schneller? "Sein Körper schmerzte und er knickte ein, als er sich auf die verletzte Hand stützen wollte. Scherben zerschnitten ihm die Haut. Ganz langsam gelang es ihm, sich aus dem Wrack zu befreien."

Endlich war er aus dem Wrack heraus und kroch so schnell es ging weiter, als eine Explosion alle Geräusche wegfegte.

Antischall? Wie geht denn das, dass es leise wird, wenn was explodiert?

Eine Walze aus heißer Luft rollte lautlos über ihn hinweg und drückte ihn in den Waldboden.

Seit wann sind wir im Wald?

So, ich höre jetzt mal auf. Du siehst schon: Meins wars nicht. Ich fand das sehr zäh erzählt, teilweise unbeholfen und damit unfreiwillig komisch. Spannung kam keine auf. Ich kenn ja nichtmal die Leute. Wen gabs da? Botch, den Killer, das Opfer im Auto, den Unbekannte im Unfallwagen und die Frau neben ihm, die auch tot ist.

Kann sein, dass das alles später noch spannend wird und so, aber bis dahin werde ich nicht kommen, als kann ichs nicht beurteilen.

Ich würde dir empfehle, ganz, ganz viel zu schreiben OHNE groß drüber nachzudenken. Schreibs auf, einfach so, lass mal die Bremse los. Trau dich! Dann holperts nimmer so. Und wenn die ersten zehn Seiten mies sind, dann wirf sie weg und schreib sie neu. Hab keine Angst, dass du zu viele Buchstaben tippst, die kommen von ganz alleine nach.

Hmja. Also sorry auch für den Ton in meinem Kommentar, evtl. hab ich etwas übertrieben. Aber der Text ist halt echt mies, fand ich. Das kannst du besser. :)

Hab nen schönen Mittwoch,

yours

 

Hi yours,

danke fürs Fastlesen.

Hmja. Also sorry auch für den Ton in meinem Kommentar, evtl. hab ich etwas übertrieben. Aber der Text ist halt echt mies, fand ich. Das kannst du besser.

Danke fürs das "Das kannst du besser" und kein Problem wegen dem Ton. Ich habe eh nach "Gedankenkrank" die Hoffnung fast aufgegeben, eine Geschichte zu schreiben, die auch dir gefällt. :)

Deine Kritikpunkte haben sicherlich z.t. ihre Berechtigung. Die Geschichte als solche war dazu gedacht, das so oft bei mir bemängelte fehlende "show" zu üben und eine Geschichte mit einem eigenen -nicht mit einem zitierten- Handlungsbogen zu erzählen. Das ich so grandios scheitere, war schon fast zu erwarten, bewege ich mich doch auf ungewohnte, Terrain. Nichts desto weniger trotz werde ich die Geschichte überarbeiten.
Dennoch lade ich alle ein, weiter ihre Kommentare abzugeben, auch wenn die Geschichte noch renoviert wird.

lg
Dave

P.S.: Du hättest weiterlesen sollen. Ein paar Stellen hätten dir vielleicht fast gefallen ;)

 

Moin, Dave.
Also, ich bin hin- und hergerissen. Einerseits muss ich mich in vielen Punkten meinen beiden "Vorkritikern" anschließen. Speziell der erste Abschnitt liest sich sehr konstruiert und abgehakt. Ein "und" bzw. ein Komma wirken manchmal Wunder. (Die trommelnden Füße auf dem Asphalt - bitte ein anderes Verb im Duden suchen ;) Die technischen Absätze (Botch in der Forschungseinrichtung) gingen dir eindeutig besser von der Hand. Den Unterchied merkt man als Leser stark. Der Rest vom Text sollte ähnlich flüssig sein, aber da haben meine Vorredner zur Genüge drauf hingewiesen.
Andererseits finde ich die Idee der Geschichte eigentlich ganz gut. Selbstjustiz bis zum äußersten, weil er nichts mehr zu verlieren hat. Die verschiedenen Handlungsstränge fügen sich am Ende zusammen, aber manche Abschnitte verwirren im ersten Satz sehr stark. Vielleicht wäre eine Unterteilung in verschiedene Überschriften der Stränge besser für das Verständnis (immer an die Leser denken :) - z.B: Rebbecca 1,2,3 - Forschung - Botch-Dimension - Wahrscheinlichkeitszustand). Irgendwas in der Art.
Im Endeffekt fand ich die Idee der Geschichte gut, musste mich aber durchkämpfen.
Beste Grüße, Earl Hickey.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi earl,

und vielen dank fürs Durchkämpfen und die Kritik.

Ich bin bei dieser -für mich experimentellen- Geschichte wohl dem erlegen, was HarriG das "Mißbrauchen einer Kurzgeschichte als Mikroroman" nannte. Für eine KG zu viele Informationen, für eine Novelle viel zu kurz. Wie ich yours schon schrieb, ein Scheitern war wahrscheinlich. :)

Nachstehend habe ich eine neue Version der Geschichte angefügt, die geraffter und anders strukturiert daherkommt.

lg
Dave
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Seit Stunden wartete Botch in dem schmalen Durchgang zwischen zwei heruntergekommenen Häusern. Die Dunkelheit erodierte seine Konturen und ließ ihn mit den Schatten verschmelzen. Ratten huschten durch den aufgestapelten Müll. Der Gestank ließ ihn nur flach durch den Mund atmen. Immer wieder überprüfte er seine Waffe, Schweiß lief ihm den Rücken hinab bis in seine Unterhose. Bald würde der Rücksog einsetzen und dann musste er die Reise noch einmal machen.
»Komm endlich.«
Auf der menschenleeren Straße näherte sich das Geräusch von Schritten. Gleich würde der verspätete Spaziergänger den schmalen Durchgang passieren.
Botch riss den Mann in die Gasse und drückte sein Opfer an die schmutzige, feuchte Wand. Er zeigte kurz seine Waffe und setzte sie dann auf die Brust des zitternden Mannes.
»Bitte, tun Sie mir nichts.«, winselte eine Stimme, die ihm nur zu vertraut war. Schatten bedeckten das Gesicht ihres Besitzers, doch Botch musste es nicht sehen, um jede Einzelheit darin zu kennen.
»Du kannst dein Geld behalten.«
Seine Stimme war nur ein Krächzen. Seine Knie waren weich. Es wurde nicht leichter, egal wie oft er es tat.
Der andere Mann beugte sich vor. Dabei geriet sein Gesicht ins Licht. Das Gesicht, dass er unzählige Male schon tot vor sich gesehen hatte.
»Was ... Was wollen Sie dann?«
»Rebecca retten.«
»Rebecca? Wer ist Rebecca? Und wovor wollen Sie sie retten? Was soll das hier?«
»Wenn ich dich nicht aufhalte, wirst du heute Abend Rebecca töten. Also werde ich sie beschützen.«
»Du bist ja wahnsinnig. Lass mich los!«
Der Mann wand sich in dem harten Griff.
Botch schlug zu.
»Ah. Du hast mir die Nase gebrochen, du Schwein. Was soll das alles?«
Und dieses eine Mal wollte Botch erklären, warum er es tat. Wollte es sich selbst noch einmal erklären, warum er immer wieder in die Vergangenheit eines anderen Universums reiste und Menschen tötete.


Rebecca und er hatten sich gestritten. Wieder einmal.
»Ich will aber. Ich will, ich will, ich will.«
»Noch bestimme ich hier!«
»Pass ...«
Grell strahlten Scheinwerfer in seine Augen, blendeten ihn, drehten sich wieder weg. Ein anderes Auto schleuderte auf sie zu. Er verriß das Lenkrad, Reifen quietschten, dann schoß der Wagen durch die Leitplanke.
Plötzlich schnitte Glassplitter wie kleine Skalpelle in sein Gesicht und das Draußen drehte sich wild um das Auto. Ein wuchtiger Schlag, dann wurde er ohnmächtig. Als er wieder zu sich kam, hing sein linker Arm im Lenkrad fest und hatte ein weiteres Gelenk bekommen. Blut rann aus den Wunden in seinem Gesicht und tropfet auf den Wagenhimmel. Er keuchte, bekam kaum Luft. Der Sicherheitsgurt schnitt tief in seine Brust ein und ein stechender Benzingeruch verursachte im zusätzliche Übelkeit.
»Rebecca?«
Sie liegt zusammengekrümmt neben ihm, ihr Kopf ist unter Ihrer Schulter eingeklemmt. Zitternd streckte er seinen rechten Arm nach ihr aus und berührte ihre Wange.
»Rebecca?«
Verzweiflung komprimierte seine Stimme zu einem Flüstern. Rebecca bleibt stumm.
Es zischte und flackerndes, gelbliches Licht ließ plötzlich Schatten grotesk um das Auto herumtanzen. Unwillkürlich zog er seinen Arm aus dem Lenkrad. Als sein Denken wieder einsetzte und der Schmerz etwas nachließ, tastete er hektisch nach dem Gurtschloß, und drückte darauf herum.
»Geh auf, verdammt. GEH AUF.«
Sein Herz hämmerte und jeder Schlag trieb einen Nagel aus Schmerz in sein Gehirn. Mit einem plötzlichen Ruck gab das Schloss und Botch sackte als hilfloses Bündel auf dem Wagendach zusammen.
Ein Stöhnen war alles, was er Zustande brachte. Erst als eine Flamme durch das Zerstörte Heckfenster in das Wageninnere leckte, wurde ihm wieder klar, dass er in tödlicher Gefahr schwebte. Mit verzweifelter Kraft zog er sich am Rahmen der gesplitterten Frontscheibe nach draußen. Die überall verteilten Glassplitter zerschnitten seine Kleidung und die Haut darunter. Endlich war er im Freien und kroch vom Auto weg, angespornt durch die Hitze des Feuers. Vergeblich versuchte er, sich aufzurichten. Ein Knall hinter ihm löschte alle Geräusche aus und eine heiße faust aus Luft schlug ihn zu Boden.

Botch krümmte sich leicht unter der Wucht der Erinnerung. Mit einem Schrei warf sich der Mann in seiner Gewalt nach vorne, um sich zu befreien. Botch machte einen Ausfallschritt zur Seite und schmetterte seinem Gegner die Waffe auf den Kopf.
Mit einem Stöhnen sackte der Mann zusammen. Botch zog den Benommenen noch ein Stück tiefer in die Dunkelheit der Gasse, drehte ihn auf den Rücken und setzte sich auf die Brust des Mannes.
»Du wirst heute Abend mit deinem Auto einen schweren Unfall haben. Weil du wie immer zuviel getrunken und zuwenig Hirn hast, um vorsichtig zu fahren. Doch dieses Mal wirst du dabei einen Menschen töten. Meine vierjährige Tochter Rebecca.«
Er knurrte mehr als das er sprach. Seine freie Hand krallte sich in das Hemd des Mannes am Boden und zog ihn hoch, bis sich ihre Gesichter fast berührten. Hass verzerrte Botches Gesicht, Unverständnis spiegelte sich im Gesicht seines Opfers.
Blut lief aus seiner Nase und aus einer Platzwunde an seinem Kopf. Schwach wand er sich hin und her, um seinen Peiniger abzuschütteln.
»In dieser Realität wird Rebecca überleben.«
Eiseskälte und Endgültigkeit lagen in diesen Worten. Botch schob den Lauf seiner Waffe in den Mund seines Opfers und spannte den Hahn. Uringestank breitete sich plötzlich aus.
»Rebecca«, dachte Botch bei jedem Schuss.
Rebecca, Rebecca.

Die Waffe schepperte, als sie aus seinen kraftlosen Fingern zu Boden fiel. Feuchte Spritzer mischten sich mit Tränen und Schweiß, die sein Gesicht hinab liefen. Dort, wo sie auf sein Hemd fielen, blühten rote Flecken auf. Entsetzt sah er auf das Gesicht des Toten hinab. Es war immer dasselbe Gesicht, dennoch konnte er sich an den Anblick nicht gewöhnen. Botch drehte sich zur Seite und übergab sich neben der Leiche. Das Übergeben war das Schlimmste. Wenn die Anspannung nachließ und sein Körper begriff, was er angerichtet hatte.
Wie viele Rebeccas hatte er jetzt schon gerettet?
Egal, dies war die Letzte. Er konnte nicht mehr, war am Ende seiner Kraft. Ohne eine Blick zurück verließ er die Gasse und ging die Strasse hinunter. Nach ein paar Meter erfasste in der Rücksog und riß ihn aus diesem Universum.

Schwankend stand Botch einen Moment lang auf der Transportplattform, bis sich das Schwindelgefühl und die Desorientierung gelegt hatten. Beim seinem Weg zum Steuerpult der Quantentransfermaschine stieg er über die Leiches ihres Erbauers. Der Geruch des Schusses, der ihn getötet hatte, hing immer noch in der Luft. Der alte Mann hatte ihm die Bedienung der Maschine erklärt und ihm die Theorie ihrer Funktion zu vermitteln versucht. Damals hatte der Alte noch geglaubt, einem interessierten Journalisten die Krönung seines Lebenswerkes erklären zu dürfen. Botch war ehrlich interessiert, verstand aber nur ein Zehntel der theoretischen Grundlagen. Er hatte nur soviel begriffen, dass ihn die Maschine in die Vergangenheit eines anderen, seinem Universum Ähnlichem, versetzen konnte. In alle Universen und alle Vergangenheiten. Außer seinem eigenen. Das hatte irgendetwas mit Wahrscheinlichkeitssträngen zu tun, was immer das auch war. Wichtig war nur, dass er nach fünf Tagen in sein Startuniversum zurückgezogen wurde, ohne das er es verhindern konnte, an den Ort und in die Zeit, zu der er gestartet war.
Der alte Forscher unterwies Botch in der Bedienung der Maschine. Er glaubte mit dem Leben davon zu kommen, wenn er tat, was Botch verlangte. Eine Kugel hatte der Illusion ein Ende gesetzt.
Botch platzierte die Bombe mitten im Raum, keiner sollte ihm jemals folgen können. Sie würde in einer halben Stunde explodieren. Genug Zeit.
Botch stellte die Parameter der Maschine ein. Er brauchte nur wenige Sekunden, die notwendigen Operationen waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Ein letzter Transfer noch ...

Er stand auf der Transferplattform und wartete auf das Licht, das den beginnenden Transfer anzeigen würde. Diesmal jedoch würde sein Transfer in die Zukunft erfolgen. In ein Universum, in dem Rebecca noch lebte. Er würde den Platz des dortigen Botch einnehmen und endlich Frieden finden. Alle Fehler wieder gutmachen. Und nie wieder töten. Das Licht leuchtete auf.

»Aber was ist mit der Zukunft?«
»Was soll mit der Zukunft sein?«
»Na, ich meine, Sie werden doch sicherlich auch die Zukunft erforschen, oder?«
»Tja, sehen Sie, wir haben diese Möglichkeit tatsächlich in Betracht gezogen. Die Maschine ist entsprechend eingerichtet. Aber alle Tests, die wir durchgeführt haben, sind gescheitert. Die ausgeschickten Sonden sind nie zurückgekehrt.«
»Aber Sie haben mir doch erklärt, dass der Fremdkörper nach fünf Tagen zurückkehrt.«
»Das ist auch so. Aber nur, wenn der Körper Richtung Vergangenheit reist. Wir gehen im Moment davon aus, dass keine Zukunft existiert. Deshalb brechen die Wellenfunktionen des ausgesandten Quantenbündels nicht zusammen und es entsteht keine Wahrscheinlichkeit. Das Bündel wird nicht substantiel, sondern bleibt in allen Wahrscheinlichkeitszuständen. So wie eine Schrödingerkatze, nach der nie jemand schaut.«
»Aha. Wellenfunktion, soso. Und wenn ein Mensch diese Reise anträte?«
»Dann könnte sein Tun möglicherweise eine Wahrscheinlichkeitsebene erzeugen, die ihn materialisieren lassen würde. Aber sicher können wir nicht sein. Alle unsere Vorhersagemodelle liefern keine belastbaren Aussagen dazu.«

 

Sohoho, viel besser! Ich habs diesmal gelesen. :)

Ich fands gut, nur am Ende ists wäh. Da zerfällt alles. Ich meine, da gibts diese Rückblende, aber keine Wende, es wird weder erzählt, ob er stirbt, noch, ob was sonst mit ihm passiert. Mir kommts vor, als hättest du es selber nicht so genau gewusst.

Gib am Ende nochmal bisschen Gas. Lass dir was einfallen.

Ich hab mal, äh, etwas gestrichen. So als Beispiel im ersten Absatz. Alles was FETT ist, kann so quasi raus. In den Klammern hab ich Vorschläge.

Seit Stunden wartete Botch in dem schmalen Durchgang zwischen zwei heruntergekommenen Häusern. Die Dunkelheit erodierte seine Konturen und ließ ihn mit den Schatten verschmelzen. Ratten huschten durch und über den aufgestapelten Müll. Der Gestank ließ ihn nur flach durch den Mund atmen. Immer wieder überprüfte er seine Waffe, Schweiß lief ihm den Rücken hinab bis in seine Unterhose. Bald würde der Rücksog einsetzen und dann musste er die Reise noch einmal machen.
»Komm endlich«, beschwor er in Gedanken seine Beute.
Auf der um diese Uhrzeit menschenleeren Strasse näherte(n sich Scritte). Gleich würde der verspätete Spaziergänger den schmalen Durchgang passieren.
Botch riss den Mann in die Gasse, in der er gelauert hatte und drückte (ihn) mit einer Hand an die schmutzige, feuchte Wand. Er zeigte kurz seine Waffe und setzte sie (ihm) dann auf die Brust des zitternden Mannes.
»Bitte, tun Sie mir nichts.«, winselte eine Stimme, die ihm nur zu vertraut war. Schatten bedeckten das Gesicht ihres Besitzers, doch Botch musste es nicht sehen, um jede Einzelheit darin zu kennen.
»Du kannst dein Geld behalten.«
Seine Stimme war nur ein Krächzen. Seine Knie waren weich. Es wurde nicht leichter, egal wie oft er es tat.
Der andere Mann beugte sich vor. Dabei geriet sein Gesicht ins Licht. Das Gesicht, dass er unzählige Male schon tot vor sich gesehen hatte.
»Was ... Was wollen Sie dann?«
»Rebecca retten.«
»Rebecca? Wer ist Rebecca? Und wovor wollen Sie sie retten? Was soll das hier?«
»Wenn ich dich nicht aufhalte, wirst du heute Abend Rebecca töten. Also werde ich sie beschützen.«
»Du bist ja wahnsinnig. Lass mich los!«
Der Mann wand sich in dem harten Griff.
Botch schlug zu.
»Ah. Du hast mir die Nase gebrochen, du Schwein. Was soll das alles?«
Und dieses eine Mal wollte Botch erklären, warum er es tat. Wollte es sich selbst noch einmal erklären, warum er immer wieder in die Vergangenheit eines anderen Universums reiste und Menschen tötete.

Fare thee well,

yours

 
Zuletzt bearbeitet:

> ... Wir gehen im Moment davon aus, dass keine Zukunft existiert. ...<

Hallo Dave,

Du weißt, dass ich ganz andere Probleme mit SF (und der Umkehrung Fantasy) hab, als deren Schöpfer und vor allem Befürworter. Aber - so denk ich nach dem o. g. Zitat - sollten da erste Zweifel aufkommen am SF-Weltbild? Ein Modell ist nur Abbild und nicht selbst die Wirklichkeit. Nun gut, mit Marx (oder ist's Habermas?) sag ich auch, dass nix praktischer sei als die richtige Theorie.

Gleichwohl: The "Botcher", ob vom Reinigungsdienst oder wo sonst her ist der Flicker und Stümper (wohlwollend: ein Flickschuster), denn "to" botch ist zugleich "flicken" als auch "verpfuschen/-murksen/-masseln".

Aber auch ein älteres Problem: >Von der Strasse aus drang nur wenig Licht in den schmalen Durchgang.< Ist doch keine Schnellstraße ...

Gruß

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Friedel,

weiser Mann. Ich habe mich schon gefragt, wann der erste auf den kleinen Gag im Namen aufmerksam wird. Vielleicht liegt hier ja des Rätsels Lösung die

@yours
vergeblich gesucht hat ;)

Danke, yours, fürs nochmalige Lesen, diesmal durchhalten und die Vorschläge. Einige habe ich umgesetzt, einiges habe ich gelassen. Das "show-don´t-tell" Problem, you know?

Der letzte Absatz ...
Nun, ich wollte (arrogant und überheblich wie ich manchmal bin :) ) im Leser einen leichten Nachhall erzeugen. Hat Botch jetzt eine Zukunft mit Rebecca? Oder doch nicht? Oder wie?

Wenn dies den Eindruck der Geschichte schmälert, ist es sicherlich überlegenswert, dies umzustricken. Mal sehen, ob noch einige Rückmeldungen in dieser Richtung kommen.

Danke Euch beiden.

lg
Dave

P.S.: Yours, liest du etwas heimlich Shakespear im Original?
Thee, who grateful is for thou

 

Hallo Dave,

Wie hat mir Deine Geschichte gefallen ?

Ja, ich gebe zu, ich habe mich um die Antwort gedrückt.
Bei der ersten Version war ich mir mit mir selbst nicht einig. Einerseits packend geschrieben, ok, habe schon schlechteres gelesen, andererseits wirkte sie auf mich doch recht unausgegoren, Details der Handlung unlogisch, zu verwirrend.
Was die zweite Version angeht, da möchte ich es kurz machen und mich yours truly anschließen:

Zitat:
Sohoho, viel besser!

Gruß
Engelhard

 

Hallo Dave,

ich habe jetzt beide Versionen gelesen, aber glücklich bin ich nicht.
Wie bereits erwähnt, ist die Sprache ziemlich hakelig, aneinandergeheftete
Sätze. Zumindest am Anfang. Und Du hast - wohl im Eifer des Schreibens - einige Zeitenfehler eingebaut. Dazu noch ein paar Klein/Großschreibwechsler ... Das macht das Lesen immer schwierig.
Was aber tatsächlich auffällt, ist die holperige Beschreibung. Dadurch bin ich nie richtig bei Botch. Du beschreibst z. B. die Actionszene des Unfalls so trocken, als würde ein virtueller Beobachter oder die Kamera sachlich berichten, was sie gerade sieht. Beispiel:

>>... Grell strahlten Scheinwerfer in seine Augen, blendeten ihn, drehten sich wieder weg. Ein anderes Auto schleuderte auf sie zu. Er verriß das Lenkrad, Reifen quietschten, dann schoß der Wagen durch die Leitplanke.
Plötzlich schnitte Glassplitter wie kleine Skalpelle in sein Gesicht und das Draußen drehte sich wild um das Auto. Ein wuchtiger Schlag, dann wurde er ohnmächtig. Als er wieder zu sich kam, hing sein linker Arm im Lenkrad fest und hatte ein weiteres Gelenk bekommen. Blut rann aus den Wunden in seinem Gesicht und tropfet auf den Wagenhimmel. Er keuchte, bekam kaum Luft. Der Sicherheitsgurt schnitt tief in seine Brust ein und ein stechender Benzingeruch verursachte im zusätzliche Übelkeit ...
<<

Außer mindestens drei Rechtschreibfehlern finde ich hier leider keinen
Zugang. Es geschieht nicht wirklich, ich erlebe nicht mit Botch mit.
Möglicher Ersatz?:

->Als Botch wieder nach vorne sah, waren da plötzlich diese beiden hellen Lichter. Vor Schreck riss er das Lenkrad herum. Er hörte noch das immer lauter werdende Quietschen des anderen Autos - oder war es Rebeccas Schrei? - dann krachten sie schon in die Leitplanke. Er wurde umhergewirbelt, in den Gurt gepresst und stieß mit dem Kopf irgendwo an. Einen Moment war nichts, kein Laut, kein Licht. Dann schlugen sie auf den Boden auf. Botch bekam einen Schlag an den Kopf und versank in Dunkelheit.
Als er wieder zu sich kam, hing er kopfüber in seinem Gurt, der ihm schmerzhaft in die Schulter schnitt. Er keuchte und bekam kaum Luft. Sein Arm hatte sich im Lenkrad verheddert und schien ein weiteres Gelenk bekommen zu haben. Seltsamerweise verspürte er keinen Schmerz. Warmes Blut rann über sein Gesicht und verhinderte, das er etwas erkennen konnte. Nur der Geruch von Benzin stach ihm überdeutlich in die Nase.<-

Was ich am zweiten Versuch nicht so gut finde, sind die Erklärungen, die mir zu direkt sind. Im ersten Absatz:
>>Bald würde der Rücksog einsetzen und dann musste er die Reise noch einmal machen. <<
Der Sog könnte meiner Meinung nach zu einem Spannungselement erhoben werden, eine Sache, die er echt mies findet, oder so.
Aber der Satz ist auch so mmn nicht richtig, wenn der Sog einsetzt, ist noch nicht alles umsonst gewesen. Nur wenn er es nicht rechtzeitig schafft, ja dann...
Oder auch das Kapitel mit dem (toten) Erbauer der Maschine, zu langatmig und trocken.

Insgesamt finde ich die erste Version vom Aufbau her sogar besser. Die zweite ist zu gekürzt und ohne Elemente, die Spannung erzeugen könnten. Leider ...
Ganz sicher verdient der Plot, dass Du Dich um ihn kümmerst. Die Einsamkeit des verzweifelten Rächers schreit nach einer atmosphärischen Erzählung.

Soviel von mir hier an dieser Stelle.
Viele Grüße
Harri

 

Arrgh! Ihr macht mich echt fettich. :)
Aber ich habe es ja so gewollt.

Also gut, hier ist eine neue Version, mit flüssiger verbundenen Sätzen und einem besser elebbaren Botch. Hoffe ich. :shy:

Was sagt eigentlich der Herr Workshopleiter dazu, der ja einen auffordernden Post gepostet hat?
Uwe? Uwwwweee? :)

lg
Dave
********************************************************
Seit Stunden wartete Botch in dem schmalen Durchgang zwischen zwei heruntergekommenen Häusern. Die Dunkelheit erodierte seine Konturen und ließ ihn mit den Schatten verschmelzen. Ratten huschten durch aufgestapelten Müll und der Gestank ließ ihn nur flach durch den Mund atmen. Immer wieder überprüfte er seine Waffe, Schweiß lief ihm den Rücken hinab bis in seine Unterhose. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Bald würde ihn der Rücksog mit sich mitreißen und ihn zwingen, noch einmal die Strapazen der Reise auf sich zu nehmen.
»Komm endlich.«
Auf der menschenleeren Strasse näherten sich Schritte. Botch riss den Mann hinterrücks in die Gasse und drückte sein Opfer an die schmutzige, feuchte Wand. Er zeigte kurz seine Waffe und setzte sie dann auf die Brust des zitternden Mannes.
»Bitte, tun Sie mir nichts.«, winselte eine Stimme, die ihm nur zu vertraut war. Schatten bedeckten das Gesicht ihres Besitzers, doch Botch musste es nicht sehen, um jede Einzelheit darin zu kennen.
»Du kannst dein Geld behalten.«
Seine Stimme war nur ein Krächzen. Seine Knie waren weich. Es wurde nicht leichter, egal wie oft er es tat.
Der andere Mann beugte sich vor. Ein Fetzen Licht fiel auf das Gesicht, dass er unzählige Male schon tot vor sich gesehen hatte.
»Was ... Was wollen Sie dann?«
»Rebecca retten.«
»Rebecca? Wer ist Rebecca? Und wovor wollen Sie sie retten? Was soll das hier?«
»Ich werde sie vor dir beschützen.«
»Du bist ja wahnsinnig. Lass mich los!«
Der Mann wand sich in dem harten Griff.
Botch schlug zu.
»Ah. Du hast mir die Nase gebrochen, du Schwein!«
Und dieses eine Mal wollte Botch erklären, warum er es tat. Wollte es sich selbst noch einmal erklären, warum er immer wieder in die Vergangenheit eines anderen Universums reiste und Menschen tötete.

Rebecca und er hatten sich gestritten. Wieder einmal.
»Ich will aber. Ich will, ich will, ich will.«
»Noch bestimme ich hier!«
»Pass ...«
Ein Wagen rutschte quer über zwei Fahrbahnen auf sie zu. Geblendet von grellen Scheinwerfern verriß Botch das Lenkrad. Plötzlich zerfiel die Zeit in kleine Ereignissplitter. Botch war noch halb betäubt von dem Aufprall des anderen Wagens, als sein eigener die Leitplanke durchschlug. Wild begann sich Draußen um das Auto zu drehen. Die Luft bestand plötzlich aus Glassplittern, die wie kleine Skalpelle in sein Gesicht schnitten. Botch schrie, Rebecca schrie, das nachgebende Metall des Autos schrie. Dann kam mit einem Schlag alles zur Ruhe. Schmerzen und ein Übelkeit erregender Gestank nach Benzin holten Botch langsam aus dem schwarzen Sumpf der Ohnmacht. Sein Gesicht und seine Brust schmerzten, benommen sah er zu, wie Blut von seinem Gesicht auf den Wagenhimmel tropfte. Unwillkürlich wollte er sich mit beiden Armen abstützen, doch sein linker Arm ließ sich nicht bewegen. Ungläubig sah Botch, dass der Arm im Lenkrad steckte und ein neues Gelenk bekommen zu haben schien. Eine Schmerzwelle schwappte durch seinen Körper und ließ ihn aufschreien. Als die Welle abebbte, ließ sie Übelkeit zurück. Botch erbrach sich, weitere Schmerzen waren das Ergebnis. Als der Anfall vorüber war, klärte sich langsam sein Geist.
»Rebecca?«, flüsterte er mit heiserer Stimme. Auch das Sprechen schmerzte. Er erhielt keine Antwort.
Langsam drehte er seinen Kopf, jederzeit eine neue Schmerzattacke fürchtend, und sah zu Rebecca herüber. Doch sie erwidert den Blick nicht. Ihr Kopf war unter ihrer Schulter eingeklemmt.
»Rebecca?«
Zitternd streckte er seinen rechten Arm nach ihr aus und berührte ihre Wange.
»Rebecca?«
Verzweiflung komprimierte seine Stimme zu einem Hauch. Rebecca bleibt stumm.
Von einem Zischen begleitet ließ ein gelbes flackerndes Licht plötzlich groteske Schatten um den Wagen tanzen. Der Geruch brennenden Gummis stach mit einem Male in seine Nase. Seine Finger tasteten hektisch nach dem Gurtschloss, drückten darauf herum. Sein Herz hämmerte und jeder Schlag trieb einen Nagel aus Schmerz in sein Gehirn. Mit einem plötzlichen Ruck gab das Schloss nach und sackte auf das Wagendach. Schmerzen rasten durch seinen Arm und zerdrückten seinen Schrei zu einem Stöhnen.
Wieder splitterte die Zeit. Botch konnte sich später nur noch an eine Hand erinnern, die er sich an den Glassplittern auf dem Weg aus dem Auto heraus zerschnitten hatte, wie die Splitter in seine Beine gekommen waren, wusste er nicht mehr. Endlich war er ihm Freien und kroch erschöpft und von Schmerzen fast betäubt weiter weg vom Fahrzeug. Ein Knall hinter ihm löschte alle Geräusche aus, die
heiße Faust aus Luft sein Bewusstsein.

Botch krümmte sich leicht unter der Wucht der Erinnerung. Der Mann in seiner Gewalt warf sich nach vorne und klammerte sich verzweifelt an die Arme seines Angreifers, um Botch zu Boden zu reißen, doch der machte einen Ausfallschritt zur Seite und schmetterte seinem Gegner die Waffe auf den Kopf.
Mit einem Stöhnen sackte der Mann zusammen.
Botch zerrte ihn tiefer in die Gasse und setzte sich auf seine Brust.
»Du wirst heute Abend mit deinem Auto einen schweren Unfall haben. Weil du wie immer zuviel getrunken und zuwenig Hirn hast, um vorsichtig zu fahren. Doch dieses Mal wirst du dabei einen Menschen töten. Meine vierjährige Tochter Rebecca.«
Botch knurrte mehr als das er sprach. Seine freie Hand krallte sich in das Hemd des Mannes am Boden und zog ihn hoch, bis sich ihre Gesichter fast berührten.
»Mörder..«
Speichelte sprühte dem Geschlagenen ins Gesicht und er sah Botch verstört an. Blut lief aus seiner Nase und aus einer Platzwunde an seinem Kopf. Schwach wand er sich hin und her, um Botch abzuschütteln.
»In dieser Realität wird Rebecca überleben.«
Bei den letzten Worten schob Botch den Lauf seiner Waffe in den Mund seines Opfers und spannte den Hahn. Uringestank breitete sich plötzlich aus.
»Rebecca«, dachte Botch bei jedem Schuss.
Rebecca, Rebecca.

Die Waffe schepperte, als sie aus seinen kraftlosen Fingern zu Boden fiel. Feuchte Spritzer mischten sich mit Tränen und Schweiß, die sein Gesicht hinab liefen. Dort, wo sie auf sein Hemd fielen, blühten rote Flecken auf. Entsetzt sah er auf das Gesicht des Toten hinab. Es war immer dasselbe Gesicht, dennoch konnte er sich an den Anblick nicht gewöhnen. Botch drehte sich zur Seite und übergab sich neben der Leiche. Das Übergeben war das Schlimmste. Wenn die Anspannung nachließ und sein Körper begriff, was er angerichtet hatte.
Wie viele Rebeccas hatte er jetzt schon gerettet?
Egal, dies war die Letzte. Er konnte nicht mehr, war am Ende seiner Kraft. Ohne eine Blick zurück verließ er die Gasse. Er war gerade die Strasse ein paar Schritte heruntergegangen, als ihn der Rücksog aus diesem Universum riss.

Schwankend stand Botch einen Moment lang auf der Transportplattform, bis sich das Schwindelgefühl und die Desorientierung gelegt hatten. Beim seinem Weg zum Steuerpult der Quantentransfermaschine stieg er über die Leiches ihres Erbauers. Der Geruch des Schusses, der ihn getötet hatte, hing immer noch in der Luft.
»Diese Maschine ist in der Lage, Sie in jedes beliebige Universum zu jedem beliebigen Zeitpunkt der Vergangenheit zu versetzen«, hatte ihm der Alte mit fisteliger Stimme erklärt. Damals hatte er noch geglaubt, einem interessierten Journalisten die Krönung seines Lebenswerkes erklären zu dürfen. Botch war ehrlich interessiert, verstand aber nur ein Zehntel der theoretischen Grundlagen. Er hatte nur soviel gegriffen, dass ihn die Maschine in die Vergangenheit eines anderen, seinem Universum Ähnlichem, versetzen konnte. In alle Universen und alle Vergangenheiten.
»Leider können wir nicht in die Vergangenheit unseres eigenen Universums zurückkehren. Unser Eintreffen würde einen neuen Wahrscheinlichkeitsstrang schaffen und damit ein neues Universum.«
Botch verstand gerade genug um zu verstehen, dass er seine Rebecca nicht retten konnte. Doch er konnte Rebeccas in anderen Universen
retten. Wichtig war, dass er nach fünf Tagen in sein Startuniversum zurückgezogen würde, ohne das er es verhindern könnte. Und zwar an den Ort und in die Zeit, zu der er gestartet war.
»Wie Sie sehen können, ist die Bedienung ganz einfach. Sie stellen die Zeit ein«, der alte Mann tippte in ein Feld in der Programmmaske ein Datum ein, »dann geben Sie vor, in welches Universum Sie möchten. Dazu stellen Sie hier den Winkel der Phasenverschiebung ein.«
Botch ließ sich die Bedienung der Maschine genau erklären.
»Für meinen Artikel«, sagte er.
»Aber was ist mit der Zukunft?«
»Was soll mit der Zukunft sein?«
»Na, ich meine, Sie werden doch sicherlich auch die Zukunft erforschen, oder?«
»Tja, sehen Sie, wir haben diese Möglichkeit tatsächlich in Betracht gezogen. Die Maschine ist entsprechend eingerichtet. Aber alle Tests, die wir durchgeführt haben, sind gescheitert. Die ausgeschickten Sonden sind nie zurückgekehrt.«
»Aber Sie haben mir doch erklärt, dass der Fremdkörper nach fünf Tagen zurückkehrt.«
»Das ist auch so. Aber nur, wenn der Körper Richtung Vergangenheit reist. Wir gehen im Moment davon aus, dass keine Zukunft existiert. Deshalb brechen die Wellenfunktionen des ausgesandten Quantenbündels nicht zusammen und es entsteht keine Wahrscheinlichkeit. Das Bündel wird nicht substantiel, sondern bleibt in allen Wahrscheinlichkeitszuständen. So wie eine Schrödingerkatze, nach der nie jemand schaut.«
»Und wenn ein Mensch diese Reise anträte?«
»Dann könnte sein Tun möglicherweise eine Wahrscheinlichkeitsebene erzeugen, die ihn materialisieren lassen würde. Aber sicher können wir nicht sein. Alle unsere Vorhersagemodelle liefern keine belastbaren Aussagen dazu.«
»Gibt es noch jemanden, der diese Maschine bauen könnte? Oder planen Sie weitere Projekte dieser Art?«
»Nein, junger Mann. Auf beide Fragen. Diese Genieleistung wird einmalig bleiben.«
Eine Kugel ins Herz des Alten sorgte dafür, das er Recht behielt.

Botch platzierte die Bombe mitten im Raum, keiner sollte ihm jemals folgen können. Sie würde in einer halben Stunde explodieren. Genug Zeit.
Botch stellte die Parameter der Maschine ein. Er brauchte nur wenige Sekunden, die notwendigen Operationen waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Ein letzter Transfer noch ...

Er stand auf der Transferplattform und wartete auf das Licht, das den beginnenden Transfer anzeigen würde. Diesmal jedoch würde sein Transfer in die Zukunft erfolgen. In ein Universum, in dem Rebecca noch lebte. Er würde den Platz des dortigen Botch einnehmen und endlich Frieden finden. Alle Fehler wieder gutmachen. Und nie wieder töten.

 

Du willst also wirklich unbedingt meine Meinung zu der Geschichte?

Okay :)

Ich beziehe mich nur auf die letzte Fassung hier. Bin etwas spät dran und habe die vorherigen samt Diskussion verpasst.

Selbstjustiz.

Das ist die Geschichte in einem Wort. Auch wenn die Tat kein Mord war, die Todesstrafe abgeschafft ist, die Kausalität dank einer genialen Maschine ihre Bedeutung verliert - Botch eskaliert Wut zu Mord. Der Kern ist also überhaupt keine SF und ein eher simples Motiv, das nichtsdestotrotz vielen Menschen aus der Seele spricht. Der Transport in die SF erfordert alternative Welten und deren Manipulation (da der Mord vor dem Unfall geschieht). Es ist dies ein ganz klassisches Zeitreise-Motiv, wo die Zeitmaschine der deus ex machina ist, erforderlich, um die Geschichte andersherum zu erzählen, also Sklave des Übungsthemas des Autors.

Ich habe mal bei einer Lesung eine Geschichte gehört, in der die Freundin des Helden von irgendeinem Typen angegrapscht worden ist, woraufhin der Held, der übrigens Superkräfte hatte, ebenjenen Typen grausam kaltgemacht hat. Der feuchte Traum eines Pubertierenden, der zu viele Cartoons geguckt hat? Weiß nicht. Auf jeden Fall eine humanistisch kaum vertretbare Perspektive. Schlimmer als die von keinem Gericht verhängte Todesstrafe an einem mutmaßlichen Frauenbelästiger selbst zu vollstrecken ist wohl nur, jemanden wegen etwas umzubringen, das er nicht getan hat (juristisch ist egal ob "nicht" oder "noch nicht").
Dieser ganze humanistische Aspekt wird in der Geschichte bestenfalls angerissen, indem der Täter am Ende leicht realitätsfremd dargestellt wird, was verminderte Schuldfähig suggeriert, um nicht das letzte Mitgefühl abzutöten, nachdem der Mann sich als Serienkiller erwiesen hat. Das ist mir offen gesagt zu einfach. Man hätte die Umstände überspitzen müssen, um Kontraste herauszuarbeiten, um irgendwelche Missstände anzuprangern oder Schicksal oder Gottes Wille aufs Schafott zu schicken, um dem Leser mehr zu denken zu geben als eine längliche Erklärung des Wortes "Selbstjustiz".

Formal finde ich den Aufbau mit der Rückblende gelungen. Besser gesagt: Anders würde die Geschichte nicht funktionieren.

Sprachlich finde ich den Text sauber, ein paar Stellen aber gezwungen, etwa "Botch krümmte sich leicht unter der Wucht der Erinnerung". Liest sich wie ein Herzschmerz-Heftroman :)

Das vom Titel nahegelegte Thema "Multipel" kommt nicht zur Geltung, da nur ein Fall beschrieben wird. Korrekter und von der Inszenierung her wirksamer wäre es gewesen, mehrere, immer gleiche Szenen aneinanderzufügen. Freilich hätte das eines größeren Rahmens oder einer stärkeren Komprimierung bedurft.

Insgesamt finde ich, dass die Geschichte als Fingerübung für eine gewisse Erzählform durchgeht, aber sprachlich nicht begeistern kann und inhaltlich gehobenen Ansprüchen nicht genügt.

Uwe
:cool:

 

Hallo Uwe,

und vielen Dank für die Rückmeldung.

Ja, es war eine Fingerübung, um das "show" zu üben und eine "eigene" Storyline (die narrativen Zwänge:) ). Teil 1 seint geglückt, Teil 2 ist noch erweiterungsfähig. Wobei Deus ex hier ausscheidet, da Both ja nicht sein Universum, sondern nur andere Universen verändern kann.

Man kann sicherlich das Ganze als Selbstjustiz ansehen, war allerdings so nicht beabsichtigt. Es ging eher um die Ambivalenz des Protagonisten, einerseits Serienkiller zu sein, andererseits unzählige Rebeccas zu retten.
Dummerweise bin ich wieder der Versuchung erlegen eine Geschichte zu komprimieren, die einen deutlich größeren Umfang verdient hätte.

Der Titel war ursprünglich "Botch", was aber aus möglichen rechtlichen Gründen (es gibt bereits eine Geschichte diesen Titels), nicht möglich war beizubehalten.

Die wuchtige Erinnerung ist wirklich etwas kitschig. ;)

Also kurzes Fazit: Handwerklich sauber, Idee naja?

lg
Dave

 

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