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- Anmerkungen zum Text
Hallo werte Mitbewohner und Mitleser. Endlich kann ich mein erstes Kapitel von Mr. Ewiel posten. Die Monster-WG ist sein neuer Anfang, seit... hab' ich "vergessen" (Das war eine ausgezeichnete Anspielung auf dessen Charakteristik)
Im Prinzip sind Hinweise jeglicher Art willkommen. Gerne, wenn euch etwas fieseres für Mr. Ewiels Art einfällt. Bin gerade aus väterlichen Gründen etwas zu verblümt unterwegs...
- Sollte ich etwas genauer beschreiben?
- War etwas nicht ganz klar?
- Habt ihr Vorschläge, Ideen oder Empfehlungen, um Mr. Ewiels geniale und erhabene Art eines Superschurkens noch besser zu betonen?
Sollte der Schatten einen Namen bekommen? Ewiel ist dagegen, schließlich sollte der Schatten nie ein eigenes Bewusstsein haben, schon gar nicht, wenn er so aufmüpfig ist.
Hier der Text mit ca. 1.600 Wörtern. Kann Spuren von Fremdwörtern und/oder geschwollener Sprache enthalten.
Mr. Ewiel – Neugier geht durch den Magen
Ewiel betrachtete seine Wand der Weltverbesserung. Eine Ansammlung an Ideen und verstrickten Prozessen zur wohlverdienten Weltherrschaft. Ganz unbewusst nickte er selbstzufrieden. Die Dachschräge in seinem neuen WG-Zimmer zwang ihn zu einer anderen Einteilung seiner vielschichtigen Pläne. Sie brachte ihn auch dazu, etwas kritischer zu urteilen und ein paar davon auszusortieren. Das passte ihm ganz gut. Denn Menschen durch ihre Walkmen fernzusteuern, war nicht mehr zeitgemäß. Außerdem bewirkte so eine Dachschräge einen ganz neuen Betrachtungswinkel auf die Sache.
Können wir jetzt gehen?, fragte sein pubertätsbelasteter Schatten.
»Seit wann freust du dich auf Termine beim amtlichen Sklavenmarkt?
Tu ich nicht, aber das Geisterhaus hier macht mir Angst. Es stürzt bestimmt bald ein. Da bin ich lieber beim Arbeitsamt.
»Bist du als vermeintlich lebender Schatten nicht selbst eine Art Geist?«
Das ist nicht witzig. Wenn dir etwas passiert, bin ich auch weg vom Fenster.
»Für mich ein weitaus größerer Verlust. Geister konnte ich hier noch nicht wahrnehmen und für das Einstürzen dieser Gemäuer haben wir einen Zyklopen – ein ziemlich effektiver Indikator für die Festigkeit, wie ich finde.«
Ewiel ergriff sein meerblaues Jackett mit weißen Streben, stülpte es sich über und richtete alles zur perfekten Ordnung. Eine silberne Kette entwuchs vom Hosenbund nach oben in die Tasche der ebenfalls gestreiften Weste. Mit einem Tätscheln prüfte er, ob die sich daran befestigte Taschenuhr immer noch an ihrem Platz befand. Mit der anderen Hand wanderte er in die Jacketttasche und packte reflexartig ein paar Krümel zwischen die Finger. Mit angeekeltem Mundwinkel zog er sie heraus und zerbröselte sie auf dem Teppich wie eine bodenlose Sanduhr.
»Gib es zu, Junge. Du bist verantwortlich für diese Verunreinigung.«
Wie soll ich das denn gemacht haben?
Ewiel akzeptierte die Antwort. Sein Schatten besaß die Intelligenz wie er einst in diesem Alter. Doch sein heutiger Intellekt stellte dessen Befähigung sprichwörtlich in den Schatten. Ewiel trat aus seinem Zimmer heraus und horchte in die Gänge. Im diffusen Licht der alten Fenster waberte kontinuierlich eine Schicht aus Staub. Vielleicht durchzog ein leises Murmeln die Stille - nicht ganz klar, ob es sich um eine Proteinansammlung einer Lebensform handelte oder etwas Feinstoffliches.
Deswegen will ich hier weg.
Ein Augenrollen veriet, was Ewiel von der Paranoia hielt. Sich vor einer nichtvorhandenen Gefahr zu fürchten, überließ er den kleinen Geistern.
Das machst du nicht mehr, wenn der Große dich packt. Ich hab' gehört, Zyklopen essen Augen.
»Davor musst du ja keine Angst haben.«
Ich hoffe, er reißt dir einen Arm ab.
»Schlecht gewählte Form, bliebe dir doch ebenfalls nur noch ein Arm.«
Sein Schatten blieb stumm und Ewiel schritt über den Flur.
»Außerdem. Eine Existenz deinesgleichen landet im Falle ihres Ablebens bestimmt im Schattenreich.« Über das gelungene Wortspiel lobte sich Ewiel mit einem leisen Schnauben - wusste er doch um dessen Angst im Dunkeln.
Du bist so be…
Während sein Schatten seiner Wut freien Lauf ließ, schaute sich Ewiel im ersten Obergeschoss um. Wo oder wann findet er hier Zimmer 7? Die seltsame Andeutung von Herrn Kasulke hatte Ewiels Neugier geweckt. Es besäße wohl eine vielseitige Art der physischen Erscheinung, sogar örtlich unabhängig.
Ein hölzernes Knarren brachte ihn zu der Treppe im Eingangsbereich. Dort entdeckte er zwei Geschöpfe die Treppe herauf stöhnen. Sie hielten sich an den Händen fest und mit der jeweils anderen Hand am Geländer. Das eine schnaufte, das andere grunzte. Die knochigen Armen zitterten, wenn sie ihren festen Halt abgaben, um ein Stück weiter zu greifen. Ewiel verzog angewidert das Gesicht.
Schließlich erreichte ihn das alte Pärchen und blieb vor ihm stehen.
»Verzeihung, junger Mann.« Der Alte unterbrach und krächzte angestrengt.
Krass, hier gibt es Zombies.
»Unser Enkelsohn hat uns ein Zimmer hier gebucht.«
»Guten Tag.« Ewiel deutete eine leichte Verbeugung an und lächelte – natürlich mehr zu sich selbst. »Ich vermute, es handelt sich um Zimmer 7?«
Die Alten zeigten ihre Freude, indem sie die wenigen noch vorhanden Zähne entblößten. »Ja, genau.«
Woah, die haben die Zahnfee reich gemacht.
»Folgen Sie mir.« Mit einer ausladenden Handbewegung führte Ewiel sie in den Flur hinein.
»Oh, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Der Rucksack meiner Frau ist ziemlich schwer und wir sind ganze drei Busstationen zu früh ausgestiegen und den ganzen Weg hierhin gelaufen.«
»Tragisch, allerdings seien Sie unbesorgt. Mich stört das keines Falls.« Damit stellte sich Ewiel an die Seite und ließ die Gäste passieren. Mit dem Besuch dieses verfallenen Pärchens kam ihm der Geistesblitz. Zimmer 7 zu finden, bliebe unmöglich, bis es selbst gefunden werden möchte. Also holte er tief Luft und äußerte: »Zimmer 7 ist am Ende des Flures. Dort finden sie Ihre vollverdiente Ruhe.«
Zwischen dem Hecheln murmelten die Alten unverständliches Zeug. Ein wenig taten sie ihm leid. Andererseits befand sich ihr Lebensabend schon in tiefer Nacht. Ob Zimmer 7 getrocknetes Fleisch bevorzugte?
Er schaute den beiden geduldig hinterher, während sie ihren letzten Gang antraten. An dessen Ende hang ein geschmackloses Gemälde. Zumindest bis gerade eben. Ewiel beobachtete, wie das Gemälde sich auf unnatürliche Weise auseinanderzog. Der mit goldenem Relief verzierte Rahmen verdunkelte sich, wurde breiter und ergab eine massive Türzarge. Die dunklen Farben darin fanden neue Frische. Sie flossen in einem Strudel zusammen, bis aus ihnen ein schlichtes Braun wurde. Sogleich verhärtete sich das Gemisch zu hartem Holz. Lediglich die Türklinke sowie die mittig angeordnete Zahl Sieben imitierten ein metallisches Glänzen.
Ewiel schritt los, während das alte Pärchen die Tür erreichte.
Wie von Geisterhand öffnete sich der hölzerne Schlund. »Willkommen«, hauchte ein Luftzug heraus.
Die Alten erschraken und wichen zurück.
»Ach, warten Sie«, rief Ewiel hinterher.
Die Dame blickte mit noch verstörtem Gesicht zurück. »Ja, bitte?«
»Ich bin untröstlich. Das ist gar nicht Zimmer 7. Genauer gesagt, haben Sie sich sogar im Gebäude geirrt. Selbst eine Alternative muss ich Ihnen leider abschlagen.«
»Aber, da steht doch eine Sieben an der Tür?«
»Das ist nur die halbe Wahrheit, denn dort sollte eine 17 stehen. Leider verfiel die erste Ziffer dem Verfall der Zeit, wie so vieles hier im Gebäude.« Ewiel hob die Brauen und wartete einen Moment, ob die Alten die Andeutung verstanden.
»Aber …«
Was hast du vor?
»Ich bedanke mich für Ihr Verständnis.« Mit diesen Worten drängelte sich Ewiel zwischen den beiden vorbei ins Zimmer.
Währenddessen schrie sein Schatten: Bist du bekloppt?! Tu das nicht, zieh mich da nicht mit rein.
Ewiel hörte ihn laut und deutlich, lächelte die Alten selbstzufrieden an und zog die Tür hinter sich zu.
Ich hasse dich.
»Es gibt nur wenige, die es wagten, mir eine Mahlzeit zu stehlen. Sie alle nahmen dessen Platz ein.« Die Stimme dröhnte aus allen Ecken. Je nachdem, wohin Ewiel blickte, erreichte sie ihn aus einem anderen Winkel.
»Ich bitte Sie. Diese zeitverfallenen Rosinen? Die hätten Ihrem Gaumen alles andere als geschmeichelt.«
»Ihr Menschen freut euch doch auch über einen alten Wein. Warum ist überhaupt deine Haut lila? Bist du krank?«
»Das ist Violett und spielt gerade keine Rolle. Ich hätte ein paar Fragen an Sie, wertes … Gemach.«
»Erst, wenn ich gegessen habe.«
»Ich verspreche Ihnen die versäumte Mahlzeit qualitativ zu begleichen.«
»Wirst du, in dem ich deinen Traubenkopf fresse.«
Ewiels Schatten lachte auf. Warum bin ich nicht auf Traubenkopf gekommen?
»Mir schwebte vorzugsweise ein anderer Gedanke durch den Kopf.«
»Wie schade, denn mir gefällt die Idee.«
»Hegen sie eine Präferenz in der Wahl Ihrer Mahlzeit? Ich meine, bestehen Momente, in denen Sie denken ›Ah, heut hät’ ich Lust auf Chinesisch‹?«
»Selbstverständlich, eine ausgewogene Ernährung ist ratsam. So ein lebendiger Schatten hat bestimmt wertvolle Spurenelemente?«
»Verstehe.« Ewiel nickte nachdenklich. Ein hölzernes Schleifen riss ihn aus den Gedanken. Er wandte sich um und entdeckte ein offenes Fenster, das zuvor nicht vorhanden war. Langsam trat er heran, erwartete aus allen Richtung irgendwelche Spielereien. Nebenbei rieb er seine Zeigefinger und Daumen aneinander. Dies tat er in den seltenen Fällen, wenn er feststellen musste, sich zu schlecht vorbereitet zu haben.
Toll gemacht. Wir sind Fastfood für ein Stubenhockermonster.
Dieses Mal blieb er stumm. Stattdessen trat er ans Fenster. Draußen auf der Einfahrt herrschte Totenstille wie im Haus selbst. Ewiel sah es allerdings viel mehr als eine Illusion des Zimmers. Beim Ausstrecken seiner Hand nach draußen wuchsen aus dem Rahmen des Fensters dolchartige Zähne.
»Für jede Frage ein Körperteil.«
»Das Dilemma an Verhandlungen mit Hungernden.« Ewiel schweifte mit den Augen umher und suchte nach einem Gesicht. »Ich lehne ab. Dafür halte ich mein Versprechen, für die eine oder andere Mahlzeit zu sorgen.«
Mit diesen Worten schritt Ewiel zur Tür. Sie war noch nicht verschwunden, das beruhigte ihn. Ein Zug an der Türklinke bestätigte seine Vermutung. Wie erwartet, das Zimmer spielte gerne mit den Opfern.
Nimm Anlauf und spring aus dem Fenster.
»Ich sehe, Sie haben einen vortrefflichen Geschmack, aber ich habe etwas Besseres.«
»Das wäre?«
»Einen Fluchtplan.« Ewiel griff in seine Innentasche und zückte eine gestreifte Feder eines Uhus heraus. Mit ausschweifenden Bewegungen kitzelte er ein unsichtbares Gedicht an die Tür.
Die Wände grollten auf, drückten sich zusammen und dehnten sich wieder. Holz knarrte, Putz bröselte herab und entblößte fleischartige Strukturen. Das war Ewiels Chance und im nächsten Moment wuchtete er sich in den Flur zurück. Mit einem letzten Versuch knallte die Tür zu und streifte ihn dabei an der Schulter.
»Es war ein interessantes Vergnügen. Bis zum nächsten Mal, werter Mitbewohner.«
Ewiel schritt von dannen, während es hinter der Tür fauchte. Womöglich fauchte die Tür selbst. Mit einem schweren Schlucken vergrub er seine aufkeimende Furcht.
Du bist so bescheuert. Der wird uns im Schlaf fressen.
»Ich bin sicher, das spricht gegen die Hausordnung.«
Oh, ja und wer wirds erzählen? Nur damit du dich übers Essen unterhalten konntest.
»Dann sollten wir ihm schnellsten etwas zu essen besorgen. Du könntest dabei helfen.«
Das ist Erpressung.
»Ich betrachte es viel mehr als Symbiose.«
- Quellenangaben
- Meine Kopf. Inspiration aus dem Animationsfilm Megamind