Was ist neu

Morpheus Erwachen

Mitglied
Beitritt
30.09.2017
Beiträge
1
Zuletzt bearbeitet:

Morpheus Erwachen

Morpheus Erwachen
Neun Uhr dreiundzwanzig.
Der Wecker klingelte exakt um diese Uhrzeit. Nicht 60.000 Millisekunden vorher. Keine sechzig Sekunden später. Ich lag noch im Bett. Es war dunkel. Ich habe nichts sehen können. Einzig das Geräusch meines Digitalweckers, welcher einen Sirenenklang ertönen ließ, gab mir Orientierungshilfe. Seit der vergangen Nacht lag ich auf meinem Bett in derselben Position. Rechter Arm unter meinem Kopf. Gesicht nach rechts schauend, Richtung Fenster und linke Hand auf meinem Bauch. Beine auseinander und linker Fuß vorm rechten gestellt. Es sah so aus, als ob ich marschieren wolle. Vor etwas flüchten vielleicht? Oder einfach nur weg.
Der Wecker klingelte weiter. Die Sirene war gleichmäßig und erinnerte an ein Schiff, das gerade Anker lichtet und absegeln würde. Drei Jahre besaß ich diesen Wecker schon. 26.280 Stunden war ich schon stolzer Eigentümer eines grauen, unhandlichen, potthässlichen und asymmetrischen Klumpens mit einem einst weißen, jetzt gelblichen Flugzeug über dem Bildschirm stand. Ich schaute ihn an.
Er gefiel mir nicht. Er hatte mir noch nie gefallen. Er würde mir nie gefallen. Er musste verschwinden.
Fünf Minuten vergingen. Erneut ertönte der Wecker. Ich bemerkte nicht, dass er verstummt war. Der fortwährende Alarm erinnerte mich, dass ich aufstehen sollte. Müsste. Dürfte? Es war zu früh. Gedämpft und fast unscheinbar vernahm ich Geräusche. Sie kamen von draußen. Es müsste Donnerstag gewesen sein. Da fand der Wochenmarkt statt. Viele Menschen. Unmengen an Lebensmittel. Kurzer Genuss der uns nach wenig Zeit verlässt. Der Wecker klingelte.
Langsam stand ich von meinem Bett auf. Es war immer noch dunkel. Die Rollläden wurden nach oben gezogen. Ich sah ein trübes Licht. Es war kein schöner Tag. Die Sonne schien nicht. Es waren Wolken zu sehen. Keine dunklen, fetten mit Wasser gefüllten. Aber finster. Ich schaute auf meine Kommode. Neben meinem Wecker lag ein Bild. Ein altes Foto. Eine Erinnerung. Ein Grund.
Es war Donnerstag, neun Uhr achtunddreißig. Ich musste mich beeilen. Ich durfte nicht zu spät erscheinen. Im Prinzip wäre es nicht von Bedeutung gewesen wann ich erscheine. Es war bereits geschehen.
Ich lief ins Bad. Rasierte mich und schlenderte in die Dusche. Den Hahn um fast siebenunddreißig Grad nach rechts gedreht. Wasser plätscherte auf meinen Rücken. Kleine Tropfen. H[SUB]2[/SUB]O. Verkalkte Flüssigkeit. Ich trocknete mich schnell ab. Ging wieder in mein Zimmer. Ich blutete. Ein wenig, aber ich spürte es. Ich hatte mich beim Rasieren geschnitten. Die Klingen waren lange stumpf. Hatte vergessen, neue zu kaufen. Es tat weh.
Ich setzte mich auf mein Bett. Es war noch nicht gemacht. Das Zimmer hätte aufgeräumt werden müssen. Von mir. Von jemand anderem. Von einem Unbekannten. Von sonst einem. Ich drehte meinen Kopf wieder in Richtung Kommode. Ich sah es wieder. Es war alt. Es war verblasst. Es war schön. Es wurde nass. Eine Träne fiel darauf, während ich es hielt. Sie gehörte mir. Ich legte das Bild auf meinem Nachttisch und drehte es um. Ich wollte es nicht mehr sehen. Ich kannte es schon lange. Ich wusste, was auf ihm zu sehen war. Trotzdem schaute ich es mir gerne mal wieder an. Der Wecker klingelte erneut.
Ich wischte mir die Tränen aus den Augen. Kleine, unscheinbare, transparente chemische Verbindungen. „Aus 2 mach eins“, sagte sie immer. Sie war schlau. Sie war klug. Sie war sie. Sie war. Gewesen.
Ich richtete meinen Blick wieder auf das Bild. Wendete ihn schnell wieder ab.
Es weckte etwas in mir. Automatisch. Ohne dass ich Einfluss hatte. Ohne sie zu sehen, ohne sie vor meinen Augen zu haben kamen sie. Bilder. Bewegte Bilder. Keine Filme. Erinnerungen. Ich wusste nicht mehr wann genau es war. Das wird in ihnen nicht verraten. Nur dass sie nicht stattfinden. Darüber war ich mir im Klaren.
Ich sah mich selbst nicht. Sie war da. Stand genau vor mir. Schaute mich nicht an. Sie bewegte ihre Lippen, aber nicht zu mir, sondern zu jemand anderem. Ich wusste nicht mehr zu wem. Einem Mann. Einem Jungen. Einem jungen Mann. Er redete mit ihr.
Ich stand nicht weit von den beiden. Ich hörte nicht was sie sagten. Sie drehte sich zu mir. Ihre Augen suchten meine. Die Blicke trafen sich. Ihre Augen. Was will sie von mir? Ich weiß es nicht mehr. Ich stimme ihr zu. Ich nickte. Es veränderte sich alles. Das Umfeld. Die Personen. Die Atmosphäre. Ich bewegte mich. Sie lief mit mir und wir blieben beide stehen.
Der junge Mann, war wieder da. Ich konnte sein Gesicht sehen. Es war anders. Vorhin erinnerte es mich an Joan. Er hatte dieselben Gesichtszüge. Jetzt war es anders. Die Nase war länger, spitzer, nach unten verbogen, mit etwas Sekret. Die Augen sahen müde aus. Er versteckte sich hinter etwas. Ein Objekt. Eine Sache. Ein Gegenstand. Etwas Vertrautes. Sie stand neben mir. Ich bemerkte es.
Ihren Arm.
Er nahm meinen. Ich fühlte Wärme. Kalte Wärme. Eine Erinnerung von Wärme. Ich schaute sie an. Ihre rechte Hand bewegte sich. Sie war auf ihrer Stirn. Sie versuchte Haare von ihrer Stirn zu richten. Ich wusste was ich dachte.
Sie war schön. Bezaubernd. Auch morgens. Malerisch.
Der Mann sprach etwas zu uns. Verbarg sein Gesicht. Seine Stimme war rau. Monoton. Freundlich. Weiblich. Ich richtete meinen Blick auf ihn. „Bitte lächeln.“ Ein starkes Licht erscheint. Ich sah nichts mehr. Schloss meine Augen.
Der Wecker klingelte.
Ich ging aus dem Zimmer. Ich wollte nicht mehr dort sein. Ich lief Treppenstufen hinunter.
Eine. Zwei. Keine.
Dann wieder eine. Zwei. Keine. Ich wurde müde.
Meine Beine taten weh. Ich lief langsam. Nicht schnell. Kurze Schritte. Lange Wege. Ich kam unten an. Wohin sollte ich gehen?
Rechts. Zur Küche. Zu den langsam verwesenden Kadavern von einst lebendigen Dingen, die sich in Temperaturen unter null Grad lagern.
Sollte ich Links. Ins Wohnzimmer. Zum verdrängenden Fernseher, dessen Nutzen ich schon lange Zeit nicht anwendete.
Ich schaute nach vorne. Eine Tür stand vor mir. Aus Holz. Aus Lärchenholz. Sonderanfertigung mit der Breite 900 bis 1235 mm und einer Höhe von 1954 bis 2257 mm. Teuer und 23 Jahre alt. Eine Tür. Ich fasste die Tür an. Sie fühlte sich spröde und gleichzeitig rau an. Einst ein lebendiges Wesen, dessen Überreste von seinem Platz bewegt wurde. Eine Tür.
Ich sah es abermals. Eine Einbildung. Ein Gedanke. Ein Trugbild. Ein Phantom.
Ich stand vor der Tür. Die Umgebung war anormal. Es war kein grau zu sehen. Es war angenehm. Es war bunt. Ich befand mich auf der anderen Seite der Tür. Draußen.
„Endlich daheim.“ Das waren meine Worte. Ich sprach sie laut aus. Es war nur niemand da gewesen, der sie wahr haben könnte. Das vermutete ich. Ich stand vor der Tür.
Ich war lange Zeit fort gewesen. Lange Zeit war ich fort. Wohin? Wann? Warum? Wie? Alles Fragen deren Antworten ich nicht mehr abrufen konnte.
Wollte.
Es war eine lange Zeit. Ich ging zur Tür. Rechter Fuß, linker Fuß keine Pause. Damals hatte ich keine Pause gemacht. Damals. Ich erinnerte mich daran. Damals.
Ich hatte vor der Tür gestanden. Sie war genau wie jetzt. Nur jünger. Nur neuer. Nur ohne Narben. Nur eine Tür. Sie war gewesen. Die Tür.
Ich erinnerte mich daran, dass ich meine linke Hand ausstreckte ich hatte eine einfache Bewegung gemacht. Dreimal. Dreimal geklopft. Ein, zwei, drei. Mal. Einmal in der Nähe des Spions, zweimal in der Türmitte. Nicht einmal. Nicht zweimal. Drei. Das wusste sie. Das hat sie gewusst. Sie.
Ich hatte gewartet. Nicht lange aber auch nicht kurz. Ich hatte sie gehört. Die Schritte. Unverwechselbare, stets identische, dumpfe Schritte. Pes planus congenitus. Das hatte sie. Wunderbare Füße. Ich liebte, habe sie geliebt.
Sie war an der Tür gewesen. Das hatte ich gedacht. Das wusste ich noch. Sie hatte sich geöffnet. Sie war es nicht gewesen. Identisch und dennoch unterschiedlich. Es war die andere…
Ein Telefon klingelte. Ich hörte nicht das erste Schrillen. Beim zweiten war ich wieder da.
Vor der Tür.
Ich beging mich zum Telefon. Ein Schritt. Zweiter Schritt. Pause. Vierfache Wiederholung. Ich kam an. Langsam. Mit sechs schriller Verspätung.
Das Telefon war neuwertig. Es war 23 Tage alt. Unbenutzt über Jahre. Bis heute. Beim alten ging vom Hörer ein Zischen aus. Warum sich einen Ersatz leisten? Hatten sie gefragt. Falls es von Nöten sein sollte hatte ich erwidert. Sie verstand es. Wie immer. Nur sie.
Ich war am Telefon angelangt. Nahm es ab. Grüßte denjenigen, der mit mir eine distanzierte Konversation starten wollte, welche nur eine Simulation eines realen Gesprächs war.
„Hallo. Wer wünscht mich zu sprechen?“ Ich musste meinen Namen nicht nennen. Ich wurde angerufen. Man wollte mich sprechen.
„Hey ich bin´s. Wie geht’s dir?“ Es war eine Stimme zu hören. Jung. Relativ. Jünger als meine. Sie ging gegen Ende des Satzes in die Tiefe. Ich erinnerte mich an dessen Besitzer. Sie war mir lange bekannt. Sie hatte sich im Laufe der Zeit verändert. Erst gequengelt. Dann Wörter. Anschließend Sätze. Sie war sehr hoch. Zunächst. Kratzig nach vierzehn Jahren. Und am Ende eine Bariton Stimme. Ich wusste es. Ich hatte ihre Wandlung erlebt. Und war Mitschuld an ihrer Existenz.
„Guten Morgen Lars-Christoph. Nun ich habe einen schwierigen Start. Es ist nicht einfach für mich und dessen Grund kannst du dir erschließen.“ Ich machte eine Pause. Es war uns beiden bekannt welcher Tag es war. Die Zustände. Das Vorhaben. Die Pflicht. Der Schmerz.
„Ja, ich weiß. Lass dich nicht unterkriegen. Ok? Du bist doch stark und wir werden es überstehen können. Ja?“ Sie klang hoffnungsvoll. Seine Stimme. Sie sprach zu mir. Mich. Dem anteilhabenden Erschaffer.
„Ich werde nichts unversucht lassen.“ Es war eine Lüge. Ich wusste es. Er wusste es. Wahrscheinlich. Alle.
„Tante Moa ist bei mir und macht sich fertig.“ Es war ein Themenwechsel. Er wollte mich auf andere Gedanken bringen. Ein gutes Herz. Wie sie. Leider gelang es ihm nicht. Nie. Niemals. Niemand. Auch er nicht.
„Schön.“ Ich erwiderte nichts mehr. Die Information hatte mich weder bereichert noch hatte sie unser Gespräch vorangetrieben. Darauf konnte man nicht viel antworten. Er hatte es versucht.
„Sie will wissen, ob du dann bereit bist.“ Da kam die wahre Information. Ich mochte Moa. Ein wenig. Nicht sehr viel. Aber etwas. Sie war wie sie und dennoch anders. Darum mochte ich Moa. Nur ein wenig. Kein Ersatz.
„Richte ihr aus, dass wir uns nachher sehen. Bis später Lars-Christoph.“ Ich wollte das Gespräch zu einem Ende bringen. Wir mussten nicht mehr reden.
„In Ordnung. Bis später dann. Ich lieb dich.“
Aufgelegt. Das Gespräch hatte sein Ende erreicht. Lars-Christoph. Christoph kam von mir. Lars von ihr. Er war nett. Wortkarg. Benahm sich nicht immer wie er sollte. Lars-Christoph. Mein. Er sah mir nicht ähnlich. In keinster Weise. Nicht das Auftreten. Das Interesse. Der Phänotyp oder die Leidenschaft. Er hatte viel von ihr. Zum Glück. Es machte es schwieriger.
Ein Buch lag in der Nähe. Dessen Autor ich nur flüchtig kenne. Es war alt. Ich hatte es schon länger. Eine Geschichte. Eine Erzählung. Ein Traum. Von James Gold Vernes. es gefiel mir nicht wie er schrieb. Aber der Kern, der sich hinter ihnen Verbarg erfreute mich. Früher. Ich kannte das Buch. Lange. „die blaue rose“
Die Sachen die uns im Leben Freude oder Glück bereiten, sind die die uns später das Gegenteil bringen. Sehr pessimistisch.
Sehr real.
Sehr traurig.
Sehr von ihm.
Das Telefon war noch immer in meiner Hand. Ich hatte es nicht losgelassen. Es war nicht einfach. Ich wollte es nicht. Und konnte es nicht.
Noch eine Stunde, dann hätte ich dort sein müssen. Allein. Unter anderen Menschen. Personen, die ich teilweise kannte. Oder zumindest dachte ich, dass ich sie kannte. Wie hätte ich sie kennen können? Alles unbekannte Bekannte, wartend auf die, welche nicht mehr zu uns gehören. Möglicherweise war sie menschlicher als alle Gäste. „Die Trauernden“. Dabei kannten sie sie nicht. Niemand. Nur einer. Ich. Oder?
Ich ging zurück. Dahin wo ich sein sollte. Wollte. Konnte. An diesen Ort. Das Zimmer.
Ihr. Unser. Mein. Kein.
Keine Veränderung. Alles blieb. Unterschiedslos.
Es war keine Überraschung. Es war ein Wunschdenken. Gewesen.
Anziehen. Kämmen. Parfüm auftragen. Los ziehen.
Aufgaben. Ich hätte sie erfüllen sollen. Es war meine Bestimmung. Wollte es nicht.
Ich wusste, dass es eines Tages kommt. Wir wussten es alle. Ich sah es an vielen. Das hatte mein Beruf an sich. Das Leid anderer zu lindern, soweit wie möglich. Bis das Mögliche nicht mehr ausreicht. Bis es sein musste. Das Ziel. Das Ende. Das Finale. Der Tod.
Das Bewusstsein entschwindet. Der Körper wird geistlos. Er fängt an nicht mehr zu sein. Er verdirbt. Wird nicht erhalten. Gesetz der Natur.
Ich hatte etwas aufbewahrt. Es half vielen. Wenn sie keine Hilfe mehr beanspruchen wollten. Ich kam ohne Beschwerden dran. Schon länger. Es war einst für jemand anderen gedacht. Lindern sollte es sie. Sie sollte nicht verspüren was ich fühlte. Ich erhielt es. Zu spät. Zu langsam. Zu schmerzvoll. Alleine gelassen. Das hatte ich sie. Ich. Trotz meines Versprechens. Ihr gegenüber. Anderen. Hippokrates. Dir nicht.
Ich schaute auf meine Kommode. Dort wo der Wecker stand. Genau ein Fach darunter. Im Inneren. Eine Schachtel. In ihr würde ich finden was ich suchte. Ein Mittel. Ein Medikament. Eine Arznei. Ein Abschluss.
Mit langsamen, aber gewagten Schritten näherte ich mich der Kommode. Manchmal sind unsere Probleme einfacher zu lösen, als wir zunächst meinen. Das sagte sie. Wir dürfen nicht immer dem Vergangenen nachtrauern. Das meinte sie. Ich liebe dich. Das offenbarte sie mir.
Trotz der Pausen in meinem Gehen war ich nun davor. Ich zog an der Schublade. Sie war schwerer als zunächst gedacht. Sie hing fest. Aber nicht lange. Sie lag vor mir, die Packung. Ich holte es aus ihr raus.
Tue es nicht. Es ist nicht richtig. Das ist nicht der Weg.
Eine Nadel. Mit der chemischen Komposition, die für sie bestimmt war. Für dich. Meine Jahre. Ich bereite sie vor.
Es fehlt noch etwas. Für Lars-Christoph.
Für dich. Mein Leben.
Ich holte einen Zettel.
Adressierte ihn an dich.
Du sollst eines wissen.
Wir kommen auf diese Welt. Wir dürfen nicht entscheiden wann. Wir haben keine Gewalt über unseren Verlauf. Wir leben in ihr. Wir erleben Glück. Wir erleben Leid. Wir wandeln. Wir altern. Wir träumen. Wir sterben. Ich habe mein Ableben bestimmt.
Aber eines und das vergiss niemals. Nicht wenn du mich findest. Nicht, wenn die Ärzte deine Hoffnung zerschlagen. Nicht, wenn du es liest. Nicht, wenn du trauerst.
Mein Herz gehört deiner Mutter und wird in ihren Händen weilen.
In ewiger Liebe
Dein dich ehrender Vater

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Alternatives Ende
Eine Nadel. Mit der chemischen Komposition, die für sie bestimmt war. Für dich Meine Jahre. Ich bereitete sie vor.
Ich legte mich auf mein Bett. Welches nach wie vor nicht in Ordnung gebracht war. Sanft legte ich mich auf meinen Rücken.
Es war ruhig. Still. Angenehm. Einsam.
Ich wusste, dass die Zeit gekommen war. Es durfte nicht verzögert werden. Ich musste es tun. Für mich. Für alle. Für sie. Für uns.
Ich schloss meine Augen und während langsam der Stoff in meinen Körper glitt und mein Geist langsam entschwand. Empfand ich sie. Meine Liebe zu Maya.
Mein Wecker klingelte. Ein letztes Mal.​

 

Hallo ExNihilo,
"aus Nichts" ist nicht schlecht als Benutzername. Man kommt manchmal auf die Seite aus dem Nichts. Einfälle, die Geschichten werden, flattern manchmal daraus daher, vermeintlich natürlich, weil ja immer eine Assoziation dranhängt. In diesem Sinn willkommen auf der Wortkriegerseite!
Dein Text hat mit dem Nichts eine Menge zu tun, insofern, als er sehr lang ist und wenig Inhalt bietet. Da grübelt jemand eine lange Zeit herum und am Ende, soweit ich es verstehe, nimmt er sich das Leben. Das ist nicht nur einigermaßen, sondern ungeheuer quälend zu lesen und das liegt zum einen an der markanten Handlungsarmut. Andererseits aber auch an einer Sprache, die in vielen Anspielungen, Metaphern und Erklärungen nicht auf den Punkt trifft, sondern die kärgliche Szenerie schlichtweg schwer lesbar macht. Nur ein paar Beispiele, von denen man den Text hindurch sehr viele anführen könnte:
Nicht nachvollziehbarer Vergleich:

Nicht 60.000 Millisekunden vorher
Falsche Zeitwahl:
Ich habe nichts sehen können.
Ungünstiges Adjektiv in der Verbindung:
Seit der vergangen Nacht
Einfach unschöner Satz und unklar in der Zuordnung:
Einzig das Geräusch meines Digitalweckers, welcher einen Sirenenklang ertönen ließ, gab mir Orientierungshilfe.
Dann die Fußposition in der Beschreibung ohne Stimmung und umständlich.
So könnte man den Text weiter durchgehen.
Ein Thema suchen und eine Handlung entwerfen; in einem kurzem Format bleiben; sprachlich genau hinterfragen, ob es passt, stimmt, das trifft, was Du sagen willst. Das würde ich empfehlen und wünsche Energie und Freude dabei!
Herzlich
rieger

 

Hej ExNihilo und herzlich willkommen,

was ich lese ist keine leichte Kost, sowohl stilistisch als auch inhaltlich.
Dennoch habe ich mich darauf eingelassen und ehrlich gesagt genau aus diesen Gründen, also als Selbstversuch. ;)

Und natürlich ist mit dem Titel schon klar, was mich erwartet und die ersten Sätze verheissen nichts Gefälliges. Und so gestehe ich, gewöhnt Harmonisches zu lesen, mich durch den ersten Absatz mit all den Zahlen zu quälen, der Taktik, mir ein Bild zu vermitteln, mit kurzen Anweisungen einen Eindruck zu verschaffen, mit wem ich es hier zu tun habe. Das ist aber nur fair, denn schließlich leidet dein Protagonist wie nichts. Das wird mir nach und nach klar. Und das er männlich, einsam, introvertiert ist. Ich spüre schnell Resignation und Aufgabe, Dumpfheit.

Dennoch bleibt es mühsam und obwohl ich ambitioniert war, mich einzulesen, habe ich mich dabei ertappt, diese kleinen Satz- und Wortbröckchen zu schlucken, aber nicht zu kauen und somit sind mir mit Sicherheit einige Metaphern und Informationen verloren gegangen.

Und so schleppe ich mich gemeinsam mit dem armen Tropf am Morgen der Beerdigung seiner Frau durchs Haus. Da ist natürlich die Rechnung aufgegangen. Als Leser habe ich mich angepasst.
Du zeigst mir den Sohn, die Schwägerin, leider nichts von der Liebe, damit ich den Verlust und die Trauer nachempfinden kann. So bleibt es bei der Beobachtung und ich beginne mich zu langweilen, was er definitiv nicht verdient hat, zumal es auch sein geplantes Ende hinausläuft.
Und da kann ich schon nicht mehr mitleiden. Das ist schade.

Ich bin nicht in der Lage, dir sagen zu können, ab wann was zu viel wurde, aber beim ersten kursiven Abschnitt und die diffusen Angaben über die Entstehung des Fotos (ist das so?) hats mich schon verschreckt und ich habe sehnsüchtig auf ein detaillierteres Bild von Maya gewartet.

Das ist aber nur der Leseeindruck einer Romantikerin.

Freundlicher Gruß und viel Spaß mit den Kommentatoren und der Bearbeitung deiner traurigen Geschichte, Kanji

 

Hallo und herzlich willkommen hierorts,

ExNihilo,

alles schon gesagt, aber nicht nur die Wahl Deines Namens, auch der Titel macht mich neugierig, wie denn der Schlaf erwache und vor allem, wie er mit Uhren zurechtkomme, waren doch zu seiner Zeit, da er noch Morpheus genannt wurde, die Zeit sehr grob bemessen, dass sogar eine Fläche, die der Bauer bis Mittag um-pflügen konnte, Morgen genannt wurde. Nicht an eine einzige Minute, Sekunde, geschweige Millisekunde dachte er, kannte eben kein bürgerliches Zeitmaß, kannte nur Zyklen, die sich immer wiederholten. Dunkel und hell und alle Grautöne dazwischen kannte er wie die Jahrezeiten. Aber auch Sirenen kannte er, nur stellten die zwischen Charybdis und Skylla mit ihrem betörenden Gesang eine Gefahr für die Schifffahrt dar, von denen unsere Lore Ley nur ein kleiner Abklatsch ist. So viel oder wenig zu den Metamorphosen. Aber dass jemand eine Nacht in der gleichen Position aushielte, ist schier unglaublich.

Nun gehört Übertreibung wie Lüge zur Literatur, aber nicht das Rumreiten auf Zeitmaßen ... dass ich froh bin, auf Trivialitäten hinweisen zu können

Hier hastu - wahrscheinlich aufgrund der Satzlänge - die Übersicht verloren und was mindestens ein Wort zu viel oder ein anderes schlicht vergessen:

26.280 Stunden war ich schon stolzer Eigentümer eines grauen, unhandlichen, potthässlichen und asymmetrischen Klumpens mit einem einst weißen, jetzt gelblichen Flugzeug über dem Bildschirm stand.
Das letzte Wort zu streichen ist der einfachere Weg!

In dieser Litanei durch die Zeitformen, passt der Konjunktiv nicht. Der hat nix mit der Zeitenfolge zu tun und gibt einen Grad der Potenzialität/Möglichkeit ab - denn was nich möglich ist, wird auch nicht sein

Er gefiel mir nicht. Er hatte mir noch nie gefallen. Er würde mir nie gefallen.
Du meinst, dass er nie gefallen "wird". Ein bisschen fürchte ich, dass hernach der Konjunktiv missbraucht wird!, mit dem Gipfel hier
Es müsste Donnerstag gewesen sein.
Nur zur näheren Bestimmung dieses gequirlten Konjunktivs:
Es war Donnerstag, neun Uhr achtunddreißig.

Hier in der Ellipse fehlt noch'n Komma
Keine dunklen, fetten[,] mit Wasser gefüllten.
dto. hier
Im Prinzip wäre es nicht von Bedeutung gewesen[,] wann ich erscheine.

„Aus 2 mach eins“, sagte sie immer.
Üblich ist, Zahlen bis zwölf auszuschreiben ...

Ohne sie zu sehen, ohne sie vor meinen Augen zu haben[,] kamen sie.
Ich wusste nicht mehr[,] wann genau es war.
Ich wusste nicht mehr[,] zu wem.

Hier bricht der Gezeitenwechsel überraschend ein
Die Blicke trafen sich. Ihre Augen. Was will sie von mir? Ich weiß es nicht mehr. Ich stimme ihr zu. Ich nickte. Es veränderte sich alles.
Kurzzeitiger, nicht gekennzeichnter innerer Monolog?

Warum ist hier ein Komma?

Der junge Mann, war wieder da.
Mir fällt kein Grund und erst recht keine Begründung ein ...

Und eine "verbogene" Nase gibt mir dann den Rest, den auch ein alternatives Ende nicht verhindern kann, der Bildschirm - morphem, die Augen schwer, der Mund schnappt nach Sauerstoff ...

Sollte Morpheus mich rufen?

Gleichwohl: Schönen Restsonntag vom

Friedel

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom