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Morgenstund hat Gold im Mund

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25.05.2003
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Morgenstund hat Gold im Mund

Der Wecker klingelte. Ich tastete mit der rechten Hand nach dem Knopf, der das schreckliche Geräusch stoppen sollte und riss dabei das Gerät vom Nachttisch. Genial, jetzt durfte ich unter das Bett kriechen und zwischen Spinnenweben und zusammengeknüllten Reisetaschen suchen. Ein wunderbarer Einstieg in den Tag aller Tage. Heute durfte nichts schiefgehen. Nicht jetzt, da ich die Chance hatte, mein Leben in den Griff zu bekommen. Ich kroch aus meinen drei bezogenen Steppdecken und legte mich auf den Teppich. Ich entdeckte ihn sofort, zwischen zwei Taschen lag er friedlich, ohne Batterien. Wie immer waren sie herausgefallen und bis in die entfernteste Ecke gerollt. Bloß nicht aufregen, dachte ich, ganz ruhig bleiben. Meine Gedanken drehten sich nur noch um eines: die Frisur! Der erste Eindruck war schließlich entscheidend.

Ich taumelte ins Badezimmer und warf einen flüchtigen Blick in den Spiegel, der allerdings reichte, um mich hellwach zu machen. Das konnte unmöglich mein Gesicht sein. Krause Haare, tiefe Augenringe, Pickel. Eine Stunde hatte ich Zeit, um eine Vogelscheuche in eine Frau zu verwandeln. Also gut, ich putzte mir die Zähne und wusch mein Gesicht. Seit Jahren schwor ich bei wichtigen Anlässen auf die Katzenwäsche. Dann griff ich zu Tagescreme und Abdeckstift, die neueste Erfindung von Jade, eine Miniaturausgabe, die in jede Hosentasche passt. Ich beugte mich übers Waschbecken und schwupp, der Stift rutsche hinab in den Abfluss. Nein, nein, nein, wie sollte ich jetzt die riesigen Beulen in meinem Gesicht bedecken?? Nur nicht in Panik geraten. Ich begann, großzügig Makeup aufzutragen. Ein wenig Rouge, etwas beigen Lidschatten, Lippenstift und schon war ich wieder gesellschaftsfähig. Bis auf die Haare. Eine halbe Stunde war bereits vergangen, es half also nur noch der gute alte Pferdeschwanz. Mit meinem neuen Glitterband sah er sogar elegant aus. Schlau, wie ich bin, hatte ich mir am Abend zuvor schon ein Kostüm aus dem Kleiderschrank gesucht, um nicht morgens wertvolle Zeit zu verlieren. Ich stieg in den beigen Minirock und wollte gerade den Blazer anziehen, als ich ein riesiges Loch im Ärmel entdeckte. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Mein zweiter Blazer war noch in der Reinigung. Ich war im Begriff, den Wecker aufzuheben und ihn an die Wand zu feuern, doch da fiel es mir wieder ein: Ich hatte erst neulich ein langes schwarzes Kleid mit passenden Pumps erstanden. Umgezogen und siegessicher schnappte ich mir die Unterlagen, Handtasche, Auto- und Hausschlüssel und verließ die Wohnung.

In zwanzig Minuten begann der Vorstellungstermin, ich würde pünktlich sein. Ich stieg in meinen Ford und drehte den Schlüssel. Einmal, zweimal, dreimal. Bitte spring an, murmelte ich, bitte spring doch an. Ich holte tief Luft. Noch zwölf Minuten. Ein letzter Versuch, endlich, das vertraute Geratter des Motors. Ich küsste das Lenkrad und fuhr los. Gerade noch rechtzeitig stürmte ich in die Agentur. Riedel ist mein Name. Ich bin mit Herrn Becker verabredet, ein Vorstellungsgespräch, sagte ich zu der Sekretärin im Vorzimmer. Ja, ja, ich habe mir ihren Namen notiert, jedoch für morgen, den 5., antwortete sie und lächelte.

 

Liebe Painter!

Die Story ist gut, aber ich hätte sie eher ins Alltägliche gesetzt. Ich für meinen Teil fände so einen Ablauf nicht humorvoll, der oft genug vorkommt, wenn es wirklich drauf ankommt.
Ansonsten, sehr gut beschrieben. (Kenn ich von irgendwoher, ist mir auch schon passiert ;-) )
Die wörtliche Rede und die Gedanken würde ich zur Hervorhebung in Anführungszeichen setzen.
Lieben Gruss
Mela

 

Danke Mela,
freu mich immer über Kommentare,
wollte die Geschichte auch erst
ins Alltägliche setzen, hab mich
dann aber für Humor entschieden,
weil ich es persönlich für
humorvoll halte, Missgeschicke zu
lesen, die fast alle (Frauen
natürlich) schon einmal erleben
mussten.
Mfg
painter :p

 

Hallo Painter,
ich fand die Geschichte ganz amüsant, man kann sich gut in die Person hinein versetzen weil sicherlich jeder von uns schon einmal einen Chaos-Morgen erlebt hat. Die Schlusspointe das sie eigentlich einen Tag zu früh dran ist, haut mich nicht gerade vom Hocker,aber das ist natürlich Geschmackssache. Mach et jut.

 

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