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Morgendämmerung

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23.03.2003
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Morgendämmerung

Langsam sprang der Zeiger seines alten Weckers eine Minute weiter. Klack. Jacks Großmutter hat ihn damals, als sie vor ein paar Jahren gestorben war, ihm vererbt. Er hatte sie sehr gemocht. Aber besonders den Papaya-Kuchen, den sie zu fast jeder Festivität gebacken hatte. Trotz ihrer über 80 Jahre, die sie damals bereits auf dem Buckel hatte, war sie für jeden Scherz zu haben und hatte mit Jack zusammen ihren auch nicht mehr ganz jungen Nachbarn so manchen Streich gespielt. Er erinnerte sich besonders gerne an das eine Mal, als sie mit ihm zusammen dem Hund vom alten Flenigan die Schwanzspitze mit weißer Farbe, er hatte ein schwarzes Fell, angemalt hatten und der Alte vor Schreck fast aus seinem Sessel gefallen wäre, in dem er den ganzen Tag saß, die Leute beobachtete und ihnen böse Kommentare hinterher brummelte. Das war ein Spaß und zur Belohnung für diesen gelungenen Streich gab es selbstverständlich ein Stück von ihrem köstlichen Papaya-Kuchen. Aber dann irgendwann vor ein paar Jahren war sie gestorben und das Einzige, was Jack noch von ihre hatte, waren seine Erinnerungen und der Wecker. Wieder sprang der Uhr eine Minute weiter, 5 Uhr, der Wecker klingelt. Die beiden kleinen Männer auf der Oberseite begannen langsam, aber mit zunehmender Geschwindigkeit, mit ihren messingfarbenen Metallhämmern auf die Glocke einzuschlagen. Gleich würde es sehr laut werden und wenn Jack nicht schnell genug den Alarm stoppen würde, würde wohl seine ganze Familie wach werden. Das gäbe eine ganze Menge Ärger, aber dazu kam es nicht. Geschwind sprang er auf, legte auf der Rückseite den kleinen Hebel um und der Wecker verstummte augenblicklich. Eigentlich hätte er gar nicht klingeln brauchen, den Jack lag schon seit längerer Zeit wach in seinem Bett und beobachtete durchs geöffnete Fenster die Sterne. Er hatte sich immer vorgenommen, dass er irgendwann einmal in einem Buch nachschlagen würde, welche Sternbilder er eigentlich Nacht für Nacht von seinem Fenster aus sah, aber bisher war er einfach noch nicht dazu gekommen. Aber es war ihm auch nicht so wichtig. In seinem Kopf erzählten im die Sterne ihre eigenen Geschichten. Geschichten von längst vergangen Tagen, die alle schon vergessen hatten, Geschichten von großen Abenteuern, einsamen Helden, gescheiterten Lieben.. Es waren sehr viele Geschichten, aber sobald Jack die Sterne durch sein Fenster beobachte, erzählten sie ihm eine Neue, Weitere und er wurde mit auf Reisen genommen quer durch die gesamte Welt, über Ozeane, durch das Weltall – einfach mitgenommen und er erlebte all die Dinge noch einmal, die die Zeit schon vergessen hatte.
Aber jetzt konnte er ihnen nicht weiter zuhören, er hatte musste aufstehen und sich fertig machen. Langsam zog er sich an und beobachtete sich dabei selbst im Spiegel. Er war ein normaler 14jähriger Junge, kurze schwarze Haare, schlaksig gebaut, aber dafür von der Sonne der Karibik braun gebrannt mit leuchtenden blauen Augen. Jetzt gerade zog er sein Lieblingssachen an, die seine Mutter eigentlich schon seit Ewigkeiten wegwerfen wollte, aber irgendwie hatte er es immer geschafft sie vor der Mülltonne zu retten und das würde auch in Zukunft so bleiben – da war er sich sicher. Also zwängte er sich in das etwas zu enge gelbe T-Shirt und die an den Beinen schon längst ausgefranste Khaki-Hose. Schuhe oder Strümpfe brauchte er nicht, dort wo er hin wollte. Vorsichtig öffnete er die Tür und ging auf Zehenspitzen durch den Flur. Die Tür zum Schlafzimmer seiner Eltern stand auf und er hörte das laute Schnarchen seines Vaters. Seine Mutter hatte sich immer darüber beschwert, aber seit sie sich letzten Monat ein paar Ohrstöpsel fürs Bett gekauft hatte, klagte sie nicht mehr darüber. Aber Jack war sich sicher, dass sie trotzdem noch etwas hören müsste, den so laut wie sein Vater schnarchte, muss sie es einfach noch hören - da half kein Ohrstöpsel der Welt. Teilweise hörte er es sogar noch in seinem Zimmer, aber das störte ihn nicht. Schnell schlich er an der Tür vorbei und dann die Treppe herunter. Durch die Küche, aus dem Kühlschrank griff er sich schnell noch eine Flasche kalte Cola und trank sie auf einen Zug aus. So sehr er sich auch freute, aber die Zeit musste sein, um eine Cola zu trinken. Jack trank fast immer Cola, zu jeder Mahlzeit und auch dazwischen. Alle sagten schon, dass er dringend damit aufhören müsste, da er sich sonst die Zähne kaputt machen würde, aber das war ihm egal. Es war ihm meistens schnuppe, was die anderen Leute von ihm dachten. Hinter seinem Rücken wurde schon über ihn getuschelt, das wusste er, aber dies berührte ihn herzlich wenig. Er wollte sein Leben so leben wie er wollte, wollte das machen, was er wollte. Eines Tages, da war er sich sicher, würde er genügend Geld zusammen haben um sich ein kleines Segelboot zu kaufen und einfach von hier weg zu fahren. Natürlich würde er seine Familie und auch die wenigen Freunde, die er hatte, vermissen, doch für ihn bestand kein Zweifel daran, dass er hier nicht hingehörte. Wenn er groß sein würde, wollte er unabhängig sein. Kein Mensch sollte ihm sagen, was er zu tun oder zu lassen hatte und das ging hier in der Stadt nicht. Mit seinem Boot würde er einfach zu einer unbewohnten Insel in der Nähe fahren, sich ein kleines Haus bauen und wenn er etwas aus der Stadt brauchen würde, einfach kurz übersetzen und es sich holen, nur um dann möglichst schnell wieder in sein Paradies zu fliehen. Eine Insel hatte er sich längst ausgeguckt, hatte sie ihn allen Atlanten und auf alle Karten rot umrandet und im Geiste wusste er auch schon, wie sein Haus aussehen würde, dass er versteckt unter den Palmen an der kleinen Klippe am Südstrand bauen würde. Vor ein paar Monaten hatte er sich mal für ein Wochenende davongestohlen, sich das Motorboot seines Onkels „geliehen“ und hatte sich seine Insel schon einmal angeguckt. Ein Schild hatte er auch schon aufgestellt, das allen eventuellen Gästen unmissverständlich klar machte, dass dies seine Insel sei und sie dort nix zu suchen hätten. Natürlich hatte ihm diese Ausflug einigen Ärger eingebracht, nach 2 Wochen und ungezählten gemähten Gärten jedoch waren auch die dunklen Wolken um die Stirnen seiner Eltern verflogen.
Die leere Colaflasche nahm er mit nach draußen in den Garten und stellte sie zu den anderen neben die Mülltonne – eine richtige kleine Armee von leeren Flaschen hatte er schon zusammen, dachte er sich und musste selbst ein bisschen grinsen. Barfuss ging er durch das nasse Gras zu dem alten Gartenschuppen. Vorbei an den Blumenbeeten seiner Mutter, die sie jeden Samstag kniend stundenlang hegte und pflegte, nur damit alles im Garten schon ordentlich und aufgeräumt aussah. Jack wunderte sich immer mit welchem Eifer seine Mutter dieses Hobby betrieb, vor allem weil er nicht so ganz verstand, warum Pflanzen schöner aussehen sollten, wenn man ihnen andauernd die Blätter abschnitt, die Äste hochband und an ihnen herumzupfte. Auf seiner Insel würde es so etwas nicht geben, alles dürfte so wachsen wie und wo es wollte. Vor ihm tauchte jetzt der Gartenschuppen aus dem Dunklen auf. Es war eine sternenklare Nacht und so war es auch kein Problem für ihn den Riegel der Tür zu öffnen und den alten Gartenstuhl aus dem Gerümpel zu fischen. Es war ein ziemlich alter Stuhl mit Holzrahmen und einer Sitzfläche aus weiß-blau gestreiften Leinen, aber er war gemütlich und das war es ja letztendlich, was zählte. Was nützte Jack schon ein nigel-nagel-neuer Stuhl, auf dem er nicht gemütlich sitzen konnte? Er klemmte sich also den alten Stuhl unter dem Arm und ging los. Durch das Gartentor, dass er schon seit längerer Zeit hätte ölen sollen, über den Bürgersteig und mitten auf die Straße. Um diese Uhrzeit, um kurz nach 5, fuhr hier kein Auto entlang. Es war totenstill, nur das leise Zirpen der Grillen, und in der Ferne das Plätschern der Wellen und ganz, ganz leise die Schreie einiger Möwen. Die Straße war eigentlich nur ein besserer Kiesweg, der aber an beiden Seiten von großen Palmen gesäumt war. Es war als ginge man durch einen Palmentunnel – dann und wann funkelten die Sterne zwischen den Palmblättern hindurch, die leise im Wind wogen. Man sah fast seine Hand nicht vor Augen, da das Mondlicht fast völlig von den Palmen abgehalten wurde, aber am Ende dieses schwarzen Tunnels spiegelte sich der Mond auf den Wellen des Meeres. Dort wollte Jack hin, also brauchte er kein Licht. Er ging einfach auf das Licht zu. Vorbei an den Häusern, die an beiden Seiten hinter den Stämmen gebaut waren. Mal sah er dann und wann bereits ein Licht brennen, aber nirgendwo regte sich etwas. Die Stadt schlief noch und das war auch gut so. Er hatte jetzt keine Lust kleinen fussball-spielenden Kinder auszuweichen, lärmenden Autos Platz zu machen und die fragende Blicke in seinem Rücken zu spüren, warum er denn einen Gartenstuhl durch die Gegend tragen würde. Leise pfiff er ein Lied vor sich hin, während er dem Ende des Tunnels und damit dem Licht immer näher kam. Er roch das Meer schon, schmeckt es schon leicht salzig auf seinen Lippen. Eine kühle Brise wehte ihm entgegen. Noch vielleicht 200 Meter dann würde sich der Tunnel öffnen, die Palmen zu beiden Seiten zurücktreten und vor ihm würde sich der Strand öffnen. Jack ging schneller, setzte einen Fuß vor den anderen, immer schneller. Schließlich rannte er. Die Stämme flogen an beiden Seiten nur so an ihm vorbei. Er konnte es kaum noch erwarten anzukommen, so groß war seine Vorfreude. Er freute sich mehr als auf irgendein Fest, mehr als auf alle Weihnachten der Welt zusammen – den ganzen gestrigen Abend hatte er an nichts anderes gedacht und auch vorhin, als er wach in seinem Bett lag und den Geschichten der Sterne zugehört hatte, hingen seine Gedanken nur an diesem Ort. Im Geiste war er eigentlich die ganze Zeit dort gewesen, war an sich nie von dort fortgegangen. Aber natürlich musste er irgendwann zurück nach Hause. Aber jede Minute, jede Sekunde, die er fort gewesen war, war wie eine kleiner Abschied für immer und er lebte nur noch für den Moment der Rückkehr. Erst dann wäre er wieder er, erst dann wäre wieder vollständig, denn ein Teil von ihm war für immer an diesem Ort geblieben. Er rannte noch immer.
Endlich – er war da. Er spürte den warmen weißen Sand unter seinen Füßen, spürte ihn zwischen seinen Zehen. Jack blieb stehen und sah sich um. Er war alleine; zu seiner Linken und Rechten erstreckte sich über mehrere Kilometer der Strand. Langsam ließ er seinen Blick schweifen. In ungefähr 500 Metern Entfernung von ihm, lag das alte Schiffswrack der Anne. Anne war ein alter Fischkutter gewesen, der vor mehr als 20 Jahren hier bei dem letzten Orkan an Land gespült wurde. Seitdem rostete sie müde vor sich hin und diente den Kinder der Stadt als Abenteuer Spielplatz und unzähligen Krabben, großen wie kleinen, als Zuhause. Jack hatte sich immer gefragt, wie es denn so wäre als Krabbe in einem alten Fischkutter zu leben. Wenn er eine wäre, so hatte er es sich überlegt würde er im Schornstein wohnen wollen. Natürlich würde es dort ein bisschen muffig riechen, aber er hätte immer freie Sicht zum Himmel und könnte nachts den Ausblick bewundern und auch als Krabbe den Geschichten der Sterne zuhören. Außerdem war Jack sich nicht sicher, ob Krabben überhautp riechen konnten. Etwas abseits war der alte Pier, an dem in den Wogen der Wellen ein paar kleine Ruderboote vor sich hindümpelten. Rechts von Jack auf der anderen Seite der Bucht, konnte er die Lichter des Hafens sehen. Bald würden die Fischer mit ihren alten tuckernden Motorbooten von ihren morgendlichen Fängen zurückkommen, die Fische ausladen und ab 7 Uhr dann auf dem Fischmarkt feilbieten. Viele Touristen kamen immer um sich dieses Spektakel anzusehen, aber Jack mochte es nicht – es war ihm zu laut, zu hektisch. Er wollte lieber hier sein, ganz alleine mit sich und der Welt. Wollte ganz in Ruhe das genießen, für das er hier her gekommen war. Schon bald war es soweit, höchste Zeit für Jack seine Vorbereitungen zu beginnen. Fluchs ging ein paar Meter nach links in Richtung der alten Anne, zu der Stelle, an der eine kleiner grauer Felsen aus dem schneeweißen Sand ragte. Dies war sein Platz, ganz alleine seiner. Sein Platz in der Welt, dem ihm keiner nehmen durfte. Behände stellte er den Stuhl auf, wackelte ihn ein paar Mal hin und her, so dass er fest im Sand stand und richtete ihn genau auf das Wasser hin aus. Als er mit der Position zufrieden war, setzte er sich voll innerer Zufriedenheit mit einem leisen Seufzer hinein. Vor ihm lag nun das offene Meer. Die kleinen Wellen brachen mit weißen Schaumkronen leise plätschernd auf den Strand hinein. Er beobachte mit leuchtenden Augen dieses chaotische Spiel, wenn eine Welle die andere einholte, sie überrollte und dann beide zusammen auf den Sand zersprangen. Immer und immer wieder kamen neue und mit viel Phantasie konnte er sogar Stimmen hören, die Stimmen des Wassers, die versuchten mit ihm zu reden. Manchmal glaubte er, dass sie ihm ein Lied vorsangen, bloß verstand er ihre Sprache nicht. Sein Blick schweifte ab, vorbei an der Brandung, über das Wasser, in die Ferne zu der Linie die Erde und Himmel teilte, der Horizont. Bald würde es soweit sein, die Sonne würde aufgehen. Das Ereignis, auf das er sich jeden Tag aufs neue freute. Nirgendwo seien die Sonnenaufgänge so schön wie am Meer hieß es und er konnte sich auch nicht vorstellen, dass es irgendwo anders etwas ähnlich Schönes geben würde. Und wenn ihm einer sagen würde das es doch so etwas geben würde, dann wäre er sich sicher, das dieser Jemand lügen würde. Und so saß er nun, angestrengt Richtung Horizont guckend und wartete. Geistig total angespannt, voller Anspannung auf diesen einen Moment wartend, saß Jack in dem alten blau-weiß-gestreiften Gartenstuhl. Minute um Minute verging, langsam wurde er nervös. Es war doch alles so perfekt, ging jetzt noch etwas schief? Keine Wolke war am Himmel, er war ganz alleine, besser könnte es nicht kommen. Würde gar die Sonne heute nicht aufgehen? Heute an diesem Tag, da er hier saß und wartete? Natürlich hatte er schon unzählige andere Sonnenaufgänge gesehen, einer schöner als der andere, denn er ging seit Wochen jeden morgen mit dem Stuhl unter dem Arm hierhin, aber sie waren alle schon in seiner Erinnerung verblasst. Sie hätte doch schon längst aufgegangen sein müssen. Ihr strahlendes Licht hätte doch schon längst über dem Wasser aufgegangen sein müssen. Wo blieb sie? Langsam wurde Jack unruhig, er rutschte auf dem Stuhl hin und her. Er wusste ganz genau, dass die Sonne schon längst hätte aufgegangen sein müssen und die Sonne kommt nie zu spät. Hätte er soweit schwimmen können, wäre er jetzt bis an den Horizont geschwommen und dort herunter zu gucken, wo sie denn bliebe. „Vielleicht ist sie krank? Aber nein, es ist eine Sonne! Sonnen können nicht krank werden.“ schüttelte er den Kopf. Jack stand auf in der Hoffnung, dann eine bessere Aussicht zu haben. Vielleicht saß er zu niedrig, vielleicht war sie schon längst aufgegangen und er hatte es nur nicht gesehen. Aber sie war trotzdem nicht zu sehen. Hilflos guckte er umher. Wieso passierte denn nichts? Enttäuscht ließ er den Blick sinken und schaute zu Boden. Er sah seine Zehen, halb eingegraben im Sand. Ein paar Muscheln lagen um ihm herum. Und in dem Moment, in dem er nicht mehr weiter wusste, sah er es. Zuerst nur ganz schwach auf dem Sand, aber da war etwas. Ein Lichtstrahl, der auf eine weiße kleine Muschel fiel. Zuerst nur ganz zart, dann immer größer. Erst guckte er etwas verdutzt, doch dann wurde er sich immer sicherer. Jack guckte nach Richtung Horizont und grinste. Es war ein breites, zufriedenes Grinsen – die tonnenschwere Last, die sich in den letzten paar Minuten aufgebaut hatte fiel von seinem Herzen. Dort, an der Grenze zwischen Erde und Himmel, leuchte der obere Rand eine großen gelben Scheibe tiefrot auf ihn herab. Er schaute wieder nach unten und sah, das der Lichtstrahl gewachsen war. Seine Füße waren jetzt auch in tiefrotes Licht getaucht. Er spürte die Wärme und sah auf dem Wasser die Silhouette der wachsende Sonne glitzern. Langsam, aber stetig hob sich seine Sonne aus dem Wasser, höher und höher stieg sie. Wärmte zuerst nur seine Füße, dann seine Beine, dann seinen Bauch und Arme. Er spürte, wie mit jedem Lichtstrahl seine Euphorie stieg. Dafür war hierhin gekommen – für diesen Moment, in dem er ganz alleine mit der Sonne hier an seinem Strand war. Kein Mensch konnte sie ihm nehmen, hier gehörte sie nur ihm. Jack stand noch immer vor seine Gartenstuhl und sah am Horizont die Sonne höher und höher steigen. Sie war schon zu mehr als der Hälfte aus ihrem kalten Bett entstiegen und langsam merkte er, wie ihr wärmendes Licht seinen Hals herauf wanderte. Spürte wie der Sonnenschein über sein Kinn, seine Lippen, seine Nase, seine Augen und seine Stirn lief. Merkte die unglaubliche Wärme und Freundlichkeit, die von dieser riesigen feuerroten Scheibe ausging auf seinem Gesicht, wie sie durch seine Haut in seinen Kopf drang und ihm zum Lachen brachte. Er lachte nicht laut, er lachte nur still in sich hinein. Jack lachte vor Freude, anders konnte er diesen überwältigen Moment einfach nicht ausdrücken – am liebsten würde vor Freude umherspringen, Bäume ausreißen, Berge versetzen, alle Menschen der Welt umarmen – alles gleichzeitig. Aber er konnte es nicht, er konnte einfach nur lachen. Seine Augen wurden feucht, es sind Freudentränen. Langsam hob sich die Sonne ganz aus dem Wasser um ihre alltägliche Bahn am Himmel zu ziehen. Langsam und majestätisch. Jack stand immer noch mit offenen Mund vor seinem Stuhl. Vor Überwältigung fiel er langsam in ihn zurück Er hatte aufgehört zu lachen, grinst aber immer noch von einem Ohr zu anderen. Dafür war er gekommen, um diesen Moment zu erleben – er war glücklich. So glücklich wie man nur sein kann. Jack schüttelte leicht den Kopf über seine Angst, dass die Sonne heute nicht aufgehen würde. Insgeheim hatte er die Hoffnung ja nie aufgegeben, dass sie es doch tun würde. Und sie hat es getan! Voller Zufriedenheit lehnte sich Jack ganz in seinen Stuhl zurück, machte die Augen zu und schlief langsam ein. Ein Schlaf voller Zufriedenheit über das, was er erlebt hatte. Und er träumte vom bereits nächsten Morgen..

 
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Hi Chupacabra und herzlich willkommen auf KG.de. :anstoss:

Die Idee Deiner Geschichte finde ich gut und sie ist schön poetisch. Die Umsetzung gefällt mir noch nicht so. Ein bisschen fehlen mir die Verbindungen zwischen den einzelnen Episoden. Zuerst wacht Jack auf, denkt an seine Großmutter. Dann geht es um die Sterne und seine märchenhaften Vorstellungen von ihnen. Erst danach erfährt man sein Alter und etwas über seine Familienverhältnisse und dann geht er zum Strand ... mir kommt es ein bisschen wie eine Aneinanderreihung vor. Ich hätte mir gewünscht dass diese einzelnen Stellen später noch einmal irgendwie aufgegriffen werden und sich ins Gesamtbild besser einfügen. Dass er später nochmal an die Zeit mit seiner Großmutter denkt, oder so. So wie es jetzt ist fehlen mir da die Verbindungen und manches wirkt mehr wie ein Lückenfüller.
Tja, schwer zu beschreiben was ich meine. :-/

Ein paar Detailanmerkungen hab ich noch:

als sie mit ihm zusammen dem Hund vom alten Flenigan die Schwanzspitze mit weißer Farbe - er hatte ein schwarzes Fell - angemalt hatten und der Alte vor Schreck fast aus seinem Sessel gefallen wäre
Da wo vorher zwei Kommata standen habe ich zwei Gedankenstriche draus gemacht, sonst wird der Satz zu lang und zu unübersichtlich.
... das Einzige, was Jack noch von ihre hatte, waren seine Erinnerungen und der Wecker. Wieder sprang der Uhr eine Minute weiter, 5 Uhr, der Wecker klingelt.
Unschöne Wortwiederholung. Vielleicht kann man beim zweiten Satz den "Wecker" einfach durch "es klingelt" o.ä. ersetzen.
Aber jetzt konnte er ihnen nicht weiter zuhören, er hatte musste aufstehen und sich fertig machen.
Ein Wort zuviel. Entweder: "Er musste aufstehen" oder "Er hatte aufzustehen" - ich plädiere für das erste.
Seine Mutter hatte sich immer darüber beschwert, aber seit sie sich letzten Monat ein paar Ohrstöpsel fürs Bett gekauft hatte, klagte sie nicht mehr darüber.
Hm - dass die die Ohrstöpsel "fürs Bett gekauft" hat liest sich etwas unschön. Vielleicht eher "für die Nacht" oder "zum Schlafen"?
Aber Jack war sich sicher, dass sie trotzdem noch etwas hören müsste, denn so laut wie sein Vater
Es war ihm meistens schnuppe, was die anderen Leute von ihm dachten.
Zu umgangssprachlich in meinen Augen. Eher: "Es kümmerte ihn nicht, was die anderen ..." oder dergleichen.
Er wollte sein Leben so leben wie er wollte, wollte das machen, was er wollte
Der will aber eine ganze Menge! :D
Sind mir zu viele "wollte" auf einmal, würde ich versuchen umzuformulieren.
Barfuß ging er durch das nasse Gras
Das "ß" bleibt in der Neuen Rechtschreibung dann bestehen, wenn der Vokal vorher langsam gesprochen wird.
Durch das Gartentor, das er schon seit längerer Zeit
Sein Platz in der Welt, den ihm keiner nehmen durfte.
Er hatte aufgehört zu lachen, grinste aber immer noch
Und er träumte vom bereits nächsten Morgen ...
Immer drei Punkte als Auslassungszeichen.

Hm, die Ausgangslage ist ja schön, wie der Junge den Sonnenaufgang am Strand erlebt. Aber noch wirkt mir alles ein bisschen zusammengepuzzelt. Für meinen Geschmack ist die Geschichte sogar zu lang, ich würde den Text etwas straffen weil nicht alles so bedeutsam ist. Z.B. dass er immer Cola trinkt, obwohl es ungesund ist - ist das so wichtig? Ich weiß nicht.
Und dass er wohl ernsthaft Panik hatte, dass die Sonne womöglich nicht aufgehen würde erscheint mir für einen Vierzehnjährigen auch nicht so passend. Klar, ein mulmiges Gefühl darf er bekommen, weil es später zu werden scheint als sonst; aber dass er richtig Angst kriegt und sich sogar denkt:

Vielleicht ist sie krank? Aber nein, es ist eine Sonne! Sonnen können nicht krank werden“, schüttelte er den Kopf
halte ich für stark übertrieben.

Ich hoffe Du kannst mit meinen spontanen Gedanken zur Geschichte ein bisschen was anfangen. :)

Gruß und noch viel Spaß hier

Ginny

 

Hallöle!

Danke für die Kritik - bin ja noch ganz gut weggekommen. :-) Schön, dass dir die Idee gefällt, denn darauf kam es ja primär erstmal an.
Find seine Reaktion zwar extrem, aber nicht zu übertrieben für eine Menschen, der jeden Morgen zum Strand maschiert. Aber da hat ja jeder seine eigene Meinung.
Ok, das mit der neuen Rechtschreibung ist mir noch nicht so ganz ins Blut übergegangen.
Mit den Straffen muss ich mal gucken, was da weg kann und was nicht. Ist ja doch etwas ausufernd geworden.

Grüße

Chup

 

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