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Morgen

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17.08.2012
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Morgen

„Morgen werde ich sie ansprechen!“, dachte er sich, als sie völlig durchnässt einstieg.
Er konnte sich noch genau an den Augenblick erinnern, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Sie war ihm sofort aufgefallen mit ihren türkisblauen Augen, die wie Diamanten im Licht funkelten, als sie mit einem liebevollen und nachdenklichen Blick die anderen Passagiere beobachtete. Ein Lächeln huschte ihr über die Lippen, als sie einer alten Dame zuschaute, wie sie verdutzt auf den neuen Billetautomaten starrte. „Das süsseste Lächeln, das ich je gesehen habe“, hatte er sich damals gedacht. Ihr Anblick gab ihm das Gefühl abzuheben. Es fühlte sich jedes Mal so an, als säße er in einem Flugzeug, das soeben startete. Der kurze, aber intensive Moment zwischen dem Boden und der Flugphase. Dieser Moment, in dem der Pilot die Maschine in die Höhe bringt. Genauso fühlte es sich an.

Er hatte sich geschworen, sie anzusprechen. Mehrmals. Er hatte es auch schon mehrmals getan. Zumindest in seinen Gedanken. Wenn er so alleine zu Hause im Bett lag, stellte er es sich immer so einfach vor. Er malte sich die schönsten Dinge aus.
Doch dies hier war die Realität. Und was könnte er sie bloss fragen? „Ich kann doch nicht einfach zu ihr hingehen und ihr irgendeine belanglose Frage stellen“, dachte er sich. „Was, wenn sie sich überhaupt nicht für mich interessiert?“, fragte er sich weiter. Immer und immer wieder dieselben Fragen.
„Du bist ein Feigling!“, sagte er zu sich selbst. „Wenn du es jetzt nicht tust, wirst du es nie tun.“ Er fühlte sich, als ob der Flugzeugpilot soeben verkündet hätte, dass er rausspringen müsse.
„Okay! Ich gehe jetzt zu ihr rüber.“ Sein Herz schlug schon deutlich schneller und er bekam feuchte Hände. „Ich werde es tun.“ Er machte einen entschlossenen Schritt nach vorne.
Die Flugzeugtür öffnete sich. Sie war nun nur noch ein paar Sitzreihen von ihm entfernt. Jetzt raste sein Herz und Blut schoss ihm in den Kopf. „Hoffentlich bemerkt sie nicht, dass ich rot werde.“ Wie wird sie reagieren? In seinem Kopf spielten sich schon verschiedene Horrorszenarien ab. „Was, wenn sie mich auslacht und andere Passagiere die ganze Situation mitbekommen?“
Er lehnte sich leicht nach vorne und sah den Boden, der tausende Meter unter ihm lag. „Was, wenn der Fallschirm nicht aufgeht?“
Ein unangenehmes Gefühl hatte sich in ihm ausgebreitet. Er fühlte sich verletzlich, schwach und angreifbar. Als wäre seine Schutzhülle plötzlich so dünn wie eine Seifenblase.
„Ich kann das nicht“.
Schon hatte sich dieser Gedanke in seinem Gehirn verankert und wiederholte sich immer und immer wieder. „Ich kann das nicht. Nicht heute. Nicht jetzt. Ich werde sie morgen ansprechen. Ja, morgen ist besser. Morgen werde ich es tun.“
Seine Anspannung löste sich ein wenig. Sein Herz schlug ruhiger. Doch auf das erste Gefühl der Erleichterung folgte das Gefühl des Versagens.
Der Bus hielt an. Sie erhob sich, warf einen letzten Blick auf ihren Sitz um sich zu vergewissern, nichts vergessen zu haben und stieg aus. Traurig starrte er ihr nach und sah, wie die Locken ihrer wunderschönen braunen Haare durch den Wind tanzten.
„Morgen. Morgen werde ich ihn ansprechen!“, dachte sie sich, als sich die Bustüren hinter ihr schlossen.

 

Hallo lion
und willkommen auf kg.de :)

Vorweg mal eine Sache: es empfiehlt sich nicht, gleich 4 texte auf einmal zu posten, das wird hier nichtso gern gesehen. Wenn man an Textarbeit interessiert ist, und das ist hier auf kg.de unser Anspruch, dann sollte man einen text posten, diesen mit usern besprechen und entsprechend überarbeiten. Bei leuten, die gleich mehrere Texte posten, sieht es schnell so aus, als wollten sie hier lediglich ihre Ergüsse präsentieren, ohne das Prinzip von Nehmen und Geben zu achten.

Zu deinem Text:
Ja, da bist du in Alltag definitiv richtig gelandet mit, also alltäglicher kann das ja kaum sein. ;) Das Problem ist in meinen Augen, dass eben auch alles so verläuft, wie man es erwartet. Und dann ist der text zu ende. Mehrwert? Also da ist jetzt keine Wende drin, kein Punkt der Abweichung. Mal abgesehen davon, dass die Magie der Dame genausowenig rüberkommt wie die Motivation des jungen Mannes. Das bleibt alles sehr flach und eingleisig und hat keinen literarischen Kniff, der das irgendwie aufpeppt. Die Flugzeug-Metapher, mja, sowas könnte das sein, aber leider greifst du hier passend zum verbrauchten Thema auch das verbrauchteste Bild (Flugzeuge im Bauch ;) )

Wenn er so alleine zu Hause im Bett lag, stellte er es sich immer so einfach vor. Er malte sich die schönsten Dinge aus.
Doch dies hier war die Realität. Und was könnte er sie bloss fragen?
das beißt sich doch. wenn er sich schon alles ausgemal hat, dann hat er doch schon alles zusammen und muss es "nur noch" umsetzen. Das könnte im übrigen auch auch der Punkt sein, der das ganze etwas belebt, also die Kontroverse zwischen Traum und Realität. Aber dazu musst du schon klare Bilder zeichnen. Indem du sagst, er hatte sich das alles schon vorgestellt, zeigst du dem Leser gar nichts. Das aber könnte interessant sein, wenn du es wirkungsvoll mit der "Realität" kollidieren lässt.

Noch viel Freude hier auf kg.de :)
grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo lion,

bin auch neu hier bei KG.de und freue mich, nicht der einzige Frischling zu sein. :-)

Zu deinem Text:

Ich habe mich dabei erwischt, wie ich nach dem Aha-Erlebnis suchte. Aber ich fand leider keins.

Als ich den ersten Satz gelesen hatte, wußte ich schon, was kommen würde. Also ich hatte eine Ahnung, aber die wurde voll bestätigt. das hat mich ein wenig enttäuscht.

Deinen letzten Satz:

„Morgen. Morgen werde ich ihn ansprechen!“, dachte sie sich, als sich die Bustüren hinter ihr schlossen.

hatte ich sogar falsch gelesen, da die Absätze davor so vorhersehbar waren.

Auf der anderen Seite erstaunt es mich nicht, daß der Mann sich zwar alle möglichen Startszenarien und -sätze schon tausendmal zurecht gelegt hatte, im konkreten Fall jedoch wieder hilflos danach suchen mußte. Dieses leere Hirn kann durchaus realistisch sein. :-)

Vielleicht einen kleinen Dreh einbauen? Etwas, bei dem der Leser denkt "Huch!" :-) Und eventuell den Titel ändern, denn er macht den Verlauf der ganzen Geschichte zusätzlich zu berechenbar.

Tschüß
bis zum nächsten Mal :-)

Purersternenstaub

 

Hallo, Lion (und auch Purersternenstaub)!

Ich bin ebenfalls neu hier und fand deinen Text wirklich unterhaltsam. Mir hat am Ende nur eine Sache gefehlt. Ich weiß nicht, ob es anderen auch so geht. Meine beiden Vorschreiber haben ja bereits gesagt, dass ein Twist am Ende ganz gut wäre. Ich persönlich hatte nach den ganzen Flugzeuganspielungen gedacht, dass der Mann ein Passagier im Flugzeug ist und der Stewardess quasi hinterher reist :-) "Morgen auf dem Flug nach Bangkok sprech ich sie an... "
Ja, du hattest am Anfang ein Billetsystem erwähnt, aber das ist irgendwie beim Rest verloren gegangen. Da hätte auch stehen könne: "Sie brachte der alten Dame eine Decke und eine Tüte mit Erdnüssen."

Das ist jetzt keine wirkliche Kritik, sondern mehr meine subjektive Wahrnehmung und ich hoffe, das kam auch so rüber. Denn dein Text hat mir wirklich gefallen (und klingt so ähnlich wie ich meine Frau kennengelernt habe :-)).

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lion

Da schreibe ich gerade noch, ob ich vielleicht noch was von dir finde, und dann sind da vier Texte.
Na bitte geht doch.

Den ersten Text den ich eingestellt habe, hatte über Zehn Seiten. Also ich verstehe den Weltenläufer nicht. Von Bäumen fallen gute Schriftsteller nicht, ....

Und an Purersternenstaub und WesX2K: Neu in dem Forum, aber eins schon gut gelernt: Immer feste drauf?

Was wollt ihr denn? Die Geschichte ist gut. So ist das Leben.
Habt ihr, in der Realität, immer einen speziellen Kniff parat?
Es geht doch hier um das Schreiben und um das Lernen.
Manchmal braucht man vielleicht einen stärkeren Hinweis. Aber doch nicht beim ersten Erscheinen.

Also so ein Grrrrr.. musste mal raus!

Deine Art zu schreiben ist mir sympatisch und ich weiß das sich alles entwickelt.

Bis zum nächste mal
Fion

 

Und an Purersternenstaub und WesX2K: Neu in dem Forum, aber eins schon gut gelernt: Immer feste drauf?

Was wollt ihr denn? Die Geschichte ist gut. So ist das Leben.


Wir als Forenmitglieder wollen als erstes Mal, dass sich lion selbst zu den Beiträgen äußert.
Ob die Geschichte gut ist oder nicht, kann jeder für sich entscheiden.
Keiner der Autoren braucht hier einen Wachhund. Wer Kritik nicht ertragen kann, ist falsch hier. So einfach ist das.

Viele Grüße
bernadette

 

Und an Purersternenstaub und WesX2K: Neu in dem Forum, aber eins schon gut gelernt: Immer feste drauf?

Hallo Fion,

es war bei mir keine Kritik, lediglich was ich mir vom Ende der Geschichte gewünscht/erhofft hätte. Denn wie ich auch geschrieben habe, hat mir die Geschichte gut gefallen. Und ich hoffe, dass die wichtige Person, in diesem Falle Lion, das auch so aufgenommen hat.

 

Hallo zusammen! Ich hatte in letzter Zeit gerade ein bisschen Stress (Schule etc.) und wenig Zeit um ins Internet zu gehen, freue mich aber nun umso mehr um die vielen Antworten! :D

Ja, das mit dem "Twist" am Ende der Geschichte wäre sicherlich keine schlechte Idee.

Mir ging es in dieser Geschichte vor allem darum zu zeigen, dass man im Leben nicht weiter kommt, wenn man seine Angst nicht überwindet.

@Fion
Schön, dass dir mein Schreibstil gefällt. Konstruktive Kritik ist natürlich jederzeit erwünscht und ich freue mich über jede Hilfe! :)

freundliche Grüsse :)
lion

 

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