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Monolog

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09.03.2003
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Monolog

Wie herrlich sanft schmiegen sich die feinen Rillen des Holzes an meine Fingerkuppen. Es fühlt sich gar wunderbar an. Man bemerkt dieses feine Detail im Alltagsleben nicht. Man huscht von Ort zu Ort und hat die Augen geschlossen. Für die feinen Details, die große Freude bereiten können, hat der moderne Mensch keine Zeit mehr.
Doch ich nehme mir die Zeit. Ich kaufe sie nicht, ich stehle sie nicht, nein, ich nehme mir einfach so viel Zeit, wie ich möchte. Weiß nicht jeder, das Zeit das größte Geschenk ist, das uns Menschen zur Verfügung steht!
Dieser herrliche Geruch von Erde und Orangen. Das muss mein Zimmer sein. Ich kenne es in- und auswendig. Orangen wecken bei mir immer wieder diese wundervoll-warmen Gefühle. Lässt mich dieser Duft für einen Augenblick aus meinem Körper entfliehen.
Sollte man doch stets mit allen Sinnen die Welt erkunden. Der Mensch muss sich nicht auf seine Augen beschränken. Manchmal sind sie nur hinderlich. Sie sind oft Trugbilder der Realität.
Der Mensch verlässt sich viel zu sehr darauf.
Ich liebe es die Erde sanft zwischen meinen Fingern zu verstreichen. Ja, man muss sie sanft zwischen seinen Fingern verteilen und sie dann zur Nase führen. Saugt man dann doch diesen wunderbar-herben Geruch in sich ein. Man muss ihn förmlich verschlingen; mit aller Lust und Hingabe.
Doch was war das? Katze? Es muss wohl meine Katze gewesen sein. Höre ich doch ein leises Schnurren und schmiegt sie sich nun auch an eines meiner Beine. Verlässt sich doch auch meine Katze auf ihre Schnurrhaare. Schnuppert sie, streicht sie, tastet sie. Musik, ja ist es nun Musik, die ich brauche um meinen Geist zu stärken.
Wundervoll, rieseln die Noten auf mein Haupt. Gar wie Gottes Atem. Die Welt wäre doch stumm und trist. Ohne Gefühl. Gäbe es keine Musik.
Ich würde wahrscheinlich nicht mehr leben wollen, würden sie die Musik verbieten. Doch beschränkt sich Musik nicht nur auf die Musik unter welchem Begriff sich die meisten Leute Musik vorstellen. Wage ich es doch eine hingebungsvolle Diskussion zweier Menschen oder ein Liebespaar beim Turteln mit einer Symphonie von Beethoven oder Mozart zu vergleichen.
Manchmal fühle ich mich dazu im Stande, die Töne beinahe zu greifen, erscheinen sie mir doch so tastbar; so nah. Ein unglaublicher Ausdruck steckt in ihnen. Klangfarben bedeuten mir wesentlich mehr als die Farbe einer Kirsche.
Wieso ich gerade auf eine Kirsche komme? Ist es doch der Geschmack, der mich so fasziniert. Dieser blumige, fruchtige, ganz und gar bezaubernde Geschmack, der den Tag versüßt. Ist es doch nur der Kern, der hässlich und hart ist. Man spuckt ihn einfach weg. Doch kann er sich unter den richtigen Bedingungen in einen Trieb verwandeln. Genau so wie aus der fetten, plumpen Raupe, der wunderschöne und nach Nektar duftende Schmetterling wird...
Ich hoffe, dass ich eines Tages der wunderschöne Schmetterling werde. Durch die Lüfte gleiten und von einer Blüte zu nächsten fliegen. Mich von Nektar ernähren und mich mit der Luft vereinen. Sie soll mich führen und ich gebe mich ihr hin. Wünschte ich mir doch nur eine Sache auf der Welt: Das ich mein Augenlicht wieder hätte...

 

Hallo Mikegoth,

Du schilderst, dem Thema angemessen, die Szene in ruhigen, `ertastbaren´ Bildern.
Man merkt ziemlich bald, worauf der Bericht hinausläuft, die Erlebenswelt des Erzählers ist so intensiv, trotzdem verlangt es ihm nach dem Augenlicht. Man kann darin, verallgemeinert, die Vielzahl der menschlichen Erkenntnismöglichkeiten sehen, trotzdem fehlt den Menschen das eigentliche Erkennen. Falls Du dies ansprechen wolltest, wäre eine Verstärkung dieser Aussage durch Ausbau angebracht.
Bei „Läßt mich dieser Duft“ müßte eine Frage kommen - also `Dieser Duft läßt mich´ ist günstiger.
„Schnuppert sie, streicht sie, tastet sie“ - ist die Katze gemeint? („sie“ bezieht sich auf „Schnurrhaare“).
„wunderschöne Schmetterling“ sein „werde“.

Tschüß... Woltochinon

 

Danke, Woltochinon
Schöne Verbesserungsvorschläge angeführt.
Aber du hast gar nicht geschrieben, wie sie dir gefallen hat?
Mfg Mikegoth

 

Hallo Mikegoth,

wenn ich schreibe "dem Thema angemessen" hat mir schon einiges gefallen. Meine `Verallgemeinerung´ zeigt auch, daß der Inhalt nicht gehaltlos ist, trotz allem, was ich vermisse.

Tschüß... Woltochinon

 

Ich hab das "dem Thema angemessen" nur ein wenig anders interpretiert. Deswegen war mir nicht ganz klar, wie du das meintest.
Doch jetzt ist mir alles klar und ich bedanke mich für dein Kommentar

Mit freundlichen Grüßen Mikegoth

 

Hallo Mikegoth,

schöne Geschichte, hat mir wirklich sehr gut gefallen. Am Anfang war ich etwas skeptisch, da ich diesen Vorsätzen: 'Zeit ist etwas kostbares, deshalb nutze jede Minute, als wäre es Deine letzte' oder 'Nimm Dir Zeit, um alles intensiver empfinden zu können' etwas argwöhnisch gegenüber stehe. Aber Deine Geschichte hat mehr als dieses clichéhafte Hinweisen auf den Wert des Lebens.
Denn im Endeffekt ist das die durchaus nachvollziehbare Ansicht eines Blinden, der seine Empfinungen auf die eines Sehenden projiziert, um seinem sehnlichsten Wunsch - Sehen zu können - Ausdruck zu verleihen.
Aber seien wir ehrlich, ein Sehender wird nie so intensiv die Welt erleben wie ein Blinder und deshalb sind solche Lehrsätze nur vorübergehende Achtungszeichen, die sich aber sehr schnell wieder verlieren.
Sehr gut nachvollziehen konnte ich Deine Beschreibung zur Musik, da ich das persönlich (auch als Sehender :-)) auch so empfinde.
Also würde mich freuen wieder etwas von Dir zu lesen.

Liebe Grüße
Katrinchen

 

Danke, Katrinchen, für die Zeit, die du dir genommen hast um meine Geschichte zu lesen und zu kommentieren. Ich freue mich wirklich sehr darüber.

Mit freundlichen Grüßen Mikegoth

 

Hi Mikegoth!

Dir ist eine wirklich wunderschöne Geschichte gelungen! Ich mag deine Beschriebe und die Bilder, die die Geschichte uns rüberbringt. Alle Bilder erscheinen sehr lebendig, man kann es sich gut vorstellen. Auch der Schluss ist gekonnt und regt einem auch zum nachdenken an, weil die Person sich trotz allem was sie hat, das Augenlicht zurückwünscht. Mach weiter so :)!

Liebe Grüsse
Lune

 

Grüsse Lune!

Es freut mich wirklich sehr, dass du meine Geschichte gelesen hast und dass sie dir auch noch dazu gefallen hat. Der Tag hat sich soeben imens verschönert.
Mfg Mikegoth

 

Servus Mikegoth!

Deine Geschichte gefällt mir.

Was sie hervorhebt ist das unbedingte Klammern an das Fühlen, das Tasten und die Vehemenz mit der es betrieben wird um sich selbst von der Freude zu überzeugen die das alles zu vermitteln hat.

Auch Sehende versuchen oft verkrampft sich an Positivem festzukrallen um es dem inneren Traurigsein zu zeigen, es niederzumachen, anstatt sich darauf einzulassen, zu sehen, was da überhaupt traurig macht.

Aber, da ist deiner Geschichte der Mensch blind und du beschreibst die Verzweiflung, dieses "muss" des Glücklichseins, des Spürens, welches doch gelassen wirken soll und dann letztlich doch so bitter ist, sehr gut.

Lieben Gruß an dich - schnee.eule

 

Grüsse schnee.eule

Du hast meine Geschichte sehr gut interpretiert und sogar einige Dinge aufgedeckt, die ich nicht bewusst schrieb.

Mit freundlichen Grüssen, Mikegoth

 

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