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Mondschein

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24.08.2011
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Mondschein

Mondschein

Nach Sonnenuntergang wartete Sylvain noch eine viertel Stunde, um ganz sicherzugehen, dass auch der letzte Besucher des Friedhofs seinen Weg nach draußen gefunden hätte. Danach begab er sich wie gewöhnlich auf seine abendliche Runde, um die schmiedeeisernen Tore der vier Haupteingänge und die drei Gatter der Nebeneingänge zu verriegeln. Vom West-Tor aus kam man auf geradem Wege zu der kleinen gotischen Friedhofskapelle – er machte ein Kreuzzeichen – umging sie dem Weg folgend, hielt sich an der nächsten Wegkreuzung rechts, um nach zwei weiteren Minuten vor dem kleinen steinernen Gartenhäuschen halt zu machen, das als Werkzeuglager für die Gärtner des Friedhofs diente.

Seine Arbeit als Friedhofs-Wärter galt ihm als eine durchaus glückliche Fügung. Nicht so sehr wegen des vereinbarten Lohnes – der war angemessen. Schließlich musste man berücksichtigen, dass diese Art der Tätigkeit einen nicht unbedingt der Gefahr aussetzte, sich zu überarbeiten. Jedoch gewährte diese Anstellung über das offizielle Gehalt hinaus hübsche Möglichkeiten zusätzlichen Verdienstes.

Jean wartete auf der Eingangstreppe des alten Gartenhäuschens sitzend und nippte an einer guten Flasche Rotwein. Es war bereits dunkel geworden, als Sylvain endlich ankam. Sie begrüßten sich kurz, borgten einige Schaufeln, einen Spaten und ein Beil aus dem Gartenhäuschen und marschierten los zu dem abgemachten Grab.

Der Mond ging auf und tauchte die Büsche und Grabsteine in einen silbernen Schein. An der richtigen Stelle angekommen legten sie ihre mitgebrachten Werkzeuge auf den Boden, reichten noch einige male die Weinflasche hin und her, bis sie geleert war, und begannen mit dem Graben. Der Mann war vor zwei Wochen hier beerdigt worden, der Erdboden war noch schön locker. Etwas knackte laut hörbar. Die Männer hielten inne und lauschten. Nichts geschah – kein Laut. Die Luft war kühl geworden. Sie gruben weiter. Der Erdhaufen neben dem Grab wuchs und wuchs. Als sie über den Sargdeckel schabten, mochten etwa zweieinhalb Stunden vergangen sein.

Der Deckel ließ sich leicht anheben. Etwas blitzte im Mondschein. Jean stand neben dem offenen Grab, hob das mitgebrachte Beil und blickte hinab auf Sylvain. „Ah - merde!“ Hastig stieg er aus dem Loch.
„Impossible - ne fais pas de conneries!“ entfuhr es Jean, stieg selbst hinab, tastete etwas unbeholfen an dem einen Ende des Loches im Dunkeln herum, kletterte wieder heraus - „Merde.“
„Arrête – éclaire me!“ - Jean leuchtete auf das Holzkreuz – dort stand: Nicolas Jacques Pelletier, mort 25. avril 1792.

 

Hallo mclane

Die Idee deiner Erstlings-Geschichte fand ich lustig, auch ist sie kurz und bündig erzählt. An sich hätte ich sie mir noch etwas ausgebauter vorstellen können, es hätte noch Spielraum für Raffinessen. Für mein Empfinden birgt sie allerdings auch einige klobige Formulierungen.

Wie üblich schlossen die Eingänge bei Sonnenuntergang. Sie warteten noch eine kleine Weile, um sicher zu gehen, dass sich kein später Besucher mehr auf der parkähnlichen Anlage befand.

Hier schiene es mir ansprechender, wenn schon im ersten Satz klar wird, dass es sich um eine parkähnliche Anlage handelt.
Nachdem die Tore geschlossen wurden, sind doch höchstens noch Angestellte anwesend.
Übrigens, sicherzugehen in einem Wort.

An der richtigen Stelle angekommen nahmen sie je eine Schaufel und begannen mit dem Graben.

Statt richtigen würde ich eher bewussten Stelle wählen.

Der Erdboden schien immer noch locker zu sein, das Schaufeln ging leicht von der Hand.

Diese Aussage beisst sich mit dem Schluss – über 200 Jahre! Vielleicht besser: Der Erdboden war vom letzten Regen noch locker, … Oder so ähnlich.

Als sie über den Sargdeckel schabten, mochten etwa eineinhalb Stunden vergangen sein.

Das muss ja äusserst massive Eiche sein, dass diese nicht verrottete.

Das Hackebeil in der Rechten stand er nun über dem offenen Grab und blickte auf den anderen hinab.

Da haben sie sich ja unnötige Mühe gemacht, da bei einem Skelett das Beil nicht erforderlich ist, um das wertvolle Teil zu erlangen. Es sei denn, man klaue es aus einem medizinhistorischen Museum, da es dort verdrahtet ist.

Die Inschrift auf dem Grabstein lautete: Nicolas Jacques Pelletier, gestorben 25. April 1792.

Du bist mir aber ein Schlingel. Wer kennt ihn heute noch den alten Pelletier, der mit Monsieur Guillotine eine innige Bekanntschaft einging? Die Pointe ist gut, die Pointe dahinter schon köstlich. Doch würden viele Leser diese vielleicht nicht erkennen, wenn ihnen der Name nichts sagt. Beinah habe ich den Verdacht, mit der parkähnlichen Anlage meinst du den Père Lachaise. Er wurde zwar erst 1804 offiziell als Friedhof eröffnet, doch 1709 wurde sein Namensgeber dort bereits begraben. Dort haben sich eine ganze Anzahl verblichener Berühmtheiten angesiedelt, sodass sie ja noch die Chance haben eines andern Schädels habhaft zu werden und mit Bonus zu verwerten.

Oh je, jetzt ist mein Leserkommentar länger geworden als die Geschichte.

Ob die Geschichte in dieses Genre passt, sie hat zwar beinah etwas von einem Ratekrimi, bin ich mir nicht sicher. Doch da würde dich ein Mod. dann sicher darauf hinweisen.

Mit Schmunzeln gern gelesen. ;)

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo mclane und herzlich willkommen!

Na, das ist mal was Seltenes hier: ein historischer Krimi!

Schade, dass man das nur an wenigen Details erkennen kann.

Die Pointe gefällt mir. Sie ist rätselhaft und, wie Anakreon sagt, eines Rätselkrimis würdig (bei entsprechender Fragestellung).

Der Text ist sehr kurz, was kein Makel ist, solange die Bezüge stimmig sind.

Wie üblich schlossen die Eingänge bei Sonnenuntergang. Sie warteten noch eine kleine Weile, um sicher zu gehen, dass sich kein später Besucher mehr auf der parkähnlichen Anlage befand.
Wie üblich schlossen die Eingänge bei Sonnenuntergang. Sie (die Eingänge!?) warteten noch eine kleine Weile, um sicher zu gehen, …

Hier passt es sinngemäß nicht zusammen:

Der eine trug zwei Schaufeln, der andere einen alten Kartoffelsack mit allerhand Werkzeugen, einen etwa halb so großen leeren Stoffbeutel und einen Spaten. Solche Aufträge wurden immer gut bezahlt.
Solche Aufträge (das Tragen von alten Kartoffelsäcken und leeren Stoffbeuteln?) wurden immer gut bezahlt.

Überflüssige Adjektive:

Sie warteten noch eine kleine Weile, um sicher zu gehen, dass sich kein später Besucher mehr auf der parkähnlichen Anlage befand.

Der Mond ging auf und tauchte die Büsche und Grabsteine in einen unwirklichen fahlen Schein.
Zwei Adjektive für den Schein sind zu viel. „Unwirklich“ passt auch nicht, da der Mondschein zu erkennen ist, also "wirklich" da ist.

Gruß

Asterix

 

Hi Mclane,

mir ist das ehrlich gesagt zu wenig. Schade, denn die Idee hat Potenzial, auch wenn ich glaube, dass viele Leser erst einmal googeln müssten, was es mit dem guten Pelletier auf sich hat. Das finde ich aber nicht störend.
Mich stört vielmehr, dass ich das Gefühl habe du willst eine pfiffige Pointe erzählen und zwar so, dass du möglichst schnell zum Clou kommst.
Was mir komplett fehlt ist die Rahmenhandlung. Warum wollen die Männer zum Beispiel einen Kopf stehlen? Würde mich interessieren? Aus Jux? Eine Wette? Um aus dem Pakt mit einem Dämon entlassen zu werden :p?

usw., usw...

So ist es für mich nur ein sehr, sehr dünnes Geschichten mit netter Schlussidee. Und eigentlich hätte es die Pointe verdient, eine gute Geschicht ezu bekommen.

LG svg

 

thanks!

Hi all,

vielen lieben Dank für die konstruktive Kritik! :) Ihr habt ganz sicher Recht, dass es noch sprachliche Verbesserungen gibt. Die Ihr genannt habt, leuchten mir alle ein. Auch die Geschichte könnte noch ausgefeilter sein und etwas detailreicher. "sicher zu gehen" ist allerdings lustig! :)
Also irgendwie scheint auch nicht ganz rüberzukommen, dass es eine historische Geschichte sein soll. Der Leser wird hinters Licht geführt mit der selbstverständlichen (naheliegenden?) Annahme, dass die beiden in der heutigen Zeit auf einem Friedhof buddeln gehen.
Erst ganz am Schluss erkennt er durch das Datum der Grabinschrift, dass die Geschichte in einer ganz anderen Zeit spielt. Und das in Verbindung mit dem "merde" und dem Namen auf dem Grabstein ist dann die Auflösung.
Aber das ist so wie es da steht wohl nicht eindeutig genug - es müsste noch beiläufig klar werden, dass die beiden Männer sich in der Zeit kurz nach der französischen Revolution und kurz nach der Beisetzung an dem Grab zu schaffen machen.
Damit ist dann natürlich auch klar, dass sie ein Hackebeil schon benötigen, und dass der Erdboden noch locker ist passt wieder ins Bild.
Solche Bestellungen bei Friedhofswärtern (Kommt auch nicht rüber gell? Ich dachte wenigstens einer von den beiden ist wohl der Friedhofswärter) sind übrigens gar nichts unübliches etwa für Medizin-Studenten. Aber das lässt die Geschichte bewußt im Schoße der Ungewissheit und damit der Phantasie des Lesers anheimgestellt :)

 

Hallo mclane

Ich habe deine Ausführung zu den Kommentaren gelesen. Allerdings scheint mir, dass du dich nicht so recht in die Optik eines Lesers versetzt, sondern die in deiner Fantasie vorhandenen und nicht publizierten Hintergründe noch immer als Kenntnis voraussetzt. Lücken sind zulässig und können den Leser anregen, aber sie müssen als solche erkenntlich und greifbar sein. Auslassungen die eine Geschichte fragmentarisch machen, sodass sie sinnentstellend ist, sind meines Erachtens i. d. R. einfach murks.

Doch nochmals zu deiner Geschichte unter Berücksichtigung der Zusatzinformationen. Die Geschichte ist auch unter diesen Vorzeichen nicht rund und macht sie in vorliegender Fassung m. E. eher noch dürftiger.

Also irgendwie scheint auch nicht ganz rüberzukommen, dass es eine historische Geschichte sein soll.

Mit keinem Wort erwähnst du irgendetwas, das auf die Zeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts anspielt. Dies wäre sehr simpel einzubringen. Etwa dadurch, dass die Gaslaternen an der Strasse zum Friedhof bereits angezündet wurden. Oder, die letzten Besucher mit der Kutsche eben davonfuhren. Oder und das wäre der klarste Hinweis, dass ein Monat vor der Hinrichtung die Revolutionsregierung etabliert wurde.

Erst ganz am Schluss erkennt er durch das Datum der Grabinschrift, dass die Geschichte in einer ganz anderen Zeit spielt. Und das in Verbindung mit dem "merde" und dem Namen auf dem Grabstein ist dann die Auflösung.

Eine Grabinschrift besagt an sich überhaupt nicht, dass eine Geschichte in der Zeit dieses Todesjahres oder kurz danach spielt. Es sei denn, es gäbe einen klaren Hinweis, dass es sich um ein neues Grab handelt. Ein kapitaler Fehler ist auch der Grabstein an sich. Ein Hingerichteter musste sich glücklich schätzen überhaupt ein Grab zu erhalten, und dann allenfalls nur mit einem Holzkreuz. Merde ist ein gewöhnliches Schimpfwort, das man keineswegs nur in Frankreich, geschweige dann nur in Paris kennt. Es trägt also gar nichts zur Identifikation bei. Den Namen des Toten kann man zudem keineswegs als allgemein bekannt voraussetzen. (Nicht jeder Leser ist Schüler, dessen Lehrer im Rahmen der Französischen Revolution gerade dieses Beispiel erwähnte, wer so unter die Guillotine kam.)

- es müsste noch beiläufig klar werden, dass die beiden Männer sich in der Zeit kurz nach der französischen Revolution und kurz nach der Beisetzung an dem Grab zu schaffen machen.

Dieser Schnitzer erhärtet mir den Verdacht, dass du nicht gründlich recherchiert hast. Die Französische Revolution dauerte 1789 bis 1799. Es war also mittendrin. Im Todesjahr von Pelletier war die zweite Phase, in der die Revolutionsregierung geschaffen wurde, die mit Terror und der Guillotine alle Feinde der Revolution verfolgte. Dies erklärt überhaupt erst, dass auch ein gewöhnlicher Strassenräuber zur Strafe enthauptet wurde.

Damit ist dann natürlich auch klar, dass sie ein Hackebeil schon benötigen, und dass der Erdboden noch locker ist passt wieder ins Bild.

Bei einem gewöhnlichen, frischen Todesfall ja. Aber bei diesem war ja abschreckend bekannt, dass er unter die Guillotine kam, seine Rübe also bereits ab war.

Solche Bestellungen bei Friedhofswärtern (Kommt auch nicht rüber gell? Ich dachte wenigstens einer von den beiden ist wohl der Friedhofswärter) sind übrigens gar nichts unübliches etwa für Medizin-Studenten.

Wenn dann gar ein Friedhofsangestellter beteiligt war, hätte der gewusst, dass man bei dieser Leiche kein Hackbeil benötigt. Medizinstudenten suchten sich sicherlich nicht spezifisch Aushilfsarbeiten auf einem Friedhof, dann wohl schon eher in der Pathologie. Dass Friedhofsangestellte sich an ihren morbiden Objekten vergreifen, passiert immer wieder mal, doch meist geht es um Gold.

Wenn es nicht, wie deine Postkarte, einfach ein jugendlicher Joke sein soll, müsstest du es schon seriös überarbeiten. Die Idee der Geschichte selbst gefällt mir nach wie vor, doch der Rahmen …

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Ahoi mclane.
Hoffe, ich habe die überarbeitete Fassung gelesen. Das Problem war auch für mich, dass ich sie im Jetzt angesiedelt habe. Daher entschloss sich mir auch die Pointe.
Und ehrlich gesagt: gegoogelt hätte ich nicht ;)
Aber Anakreon hat ja zur Auflösung der Story beigetragen, und mit diesem Hintergrundwissen muss ich gestehen: Recht witzig! Gewählte Rubrik fragwürdig (könnt ja schon beinahe in Humor angesiedelt werden).
Was mich viel mehr begeistert hat, war dein Schreibstil. Hut ab, der hat was.

Gruß! Salem

 

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