Mondgeräusche
Mondgeräusche
Ich sitze gerne hier oben. Dieses Flachdach ist mir Zuflucht und Versteck vor der Welt dort unten. Die Welt in der man funktionieren muß- glaub mir, ich versuche mein Bestes aber manchmal glaube ich ich schaffe es nicht.
Die kniehohe Brüstung ist schmal, dort ist mein Platz. Ich sehe nach unten, laut ist es da.
Hier nicht, hier ist alles friedlich, hier in meiner Welt. Antennen und Satelitenschüsseln, rote Ziegeldächer und rußige Kamine sind meine Nachbarn.
In der Nacht ist es noch ruhiger. Wenn in den Lücken zwischen den Wolken die am kohleschwarzen Himmel ziehen der Mond leuchtet, dann taucht er mein Dach in ein wunderschönes, namenloses Licht.
Manchmal glaube ich, ich kann ihn hören, er macht Mondgeräusche.
In solchen Nächten hoffe ich du kannst den Mond sehen, dort wo du jetzt bist, hoffe, daß dich der warme Wind an einen guten Ort getragen hat.
Unsere Zeit war zu kurz, ich konnte mir nicht alles einprägen, zu schnell kam der Tod, er hat nichts würdevolles.
Deine Augen- sie waren tief wie der Mariannengraben.
Meine Beine baumeln über dem Abgrund, ich lehne mich etwas nach vorne. Als Kind konnte ich stundenlang am Rand eines Daches sitzen, immer gefesselt von der Vorstellung `wenn ich jetzt... noch ein bißchen...`.
Du hast das verstanden.
Es kommen immer noch Tränen wenn ich an dich denke. Ich habe selten von Liebe gesprochen, aber ich habe sie gefühlt wenn ich in deinem Arm lag und deinen Atem spürte. Jetzt bereue ich daß ich dir in solchen Momenten nicht ins Ohr geflüstert habe, daß ich dich liebe.
Ich lehne mich noch etwas weiter hinaus, mein Herz schlägt schneller.
Gierig haben wir die Tage verschlungen, die, die noch blieben. Ich habe genommen was ich fassen konnte, es war viel mehr als ich erträumt hatte, doch tausend mal mehr kann ich vertragen.
Ich schließe die Augen und spüre den Nachtwind.
Sag, wie lange kann ich die Augen noch geschlossen halten, um nicht zu sehen was uns verband, wie uns jede Stunde weiter voneinander entfernt-
Ich halte mich noch mit einer Hand fest und beuge mich weit hinaus, jetzt loslassen wäre so einfach.
Ob man sich im Fallen dreht? Ich würde nicht gerne mit dem Kopf zuerst aufschlagen. Als ob das noch eine Rolle spielt.
"Ich kann dir nicht versprechen daß kein Herz blutet" sagte ich dir als wir uns begegneten. Wie recht ich hatte erfuhr ich erst später.
Und trotzdem bist du in mein Leben getreten, hast die Flügel ausgebreitet und ich durfte zu dir hinaufsteigen und eine Weile mitfliegen.
Bis du alleine weitergeflogen bist, in meinen Armen bist du aufgebrochen.
Ich ziehe mich auf die Brüstung , balanciere darauf.
Die Nacht ist zu dunkel für einen allein.
Und lehne mich noch einmal vor.
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Und wieder zurück.
Ich vermisse dich. Oh Himmel wie ich dich vermisse.