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Mondgeräusche

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20.10.2002
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Mondgeräusche

Mondgeräusche


Ich sitze gerne hier oben. Dieses Flachdach ist mir Zuflucht und Versteck vor der Welt dort unten. Die Welt in der man funktionieren muß- glaub mir, ich versuche mein Bestes aber manchmal glaube ich ich schaffe es nicht.

Die kniehohe Brüstung ist schmal, dort ist mein Platz. Ich sehe nach unten, laut ist es da.
Hier nicht, hier ist alles friedlich, hier in meiner Welt. Antennen und Satelitenschüsseln, rote Ziegeldächer und rußige Kamine sind meine Nachbarn.
In der Nacht ist es noch ruhiger. Wenn in den Lücken zwischen den Wolken die am kohleschwarzen Himmel ziehen der Mond leuchtet, dann taucht er mein Dach in ein wunderschönes, namenloses Licht.
Manchmal glaube ich, ich kann ihn hören, er macht Mondgeräusche.
In solchen Nächten hoffe ich du kannst den Mond sehen, dort wo du jetzt bist, hoffe, daß dich der warme Wind an einen guten Ort getragen hat.

Unsere Zeit war zu kurz, ich konnte mir nicht alles einprägen, zu schnell kam der Tod, er hat nichts würdevolles.
Deine Augen- sie waren tief wie der Mariannengraben.

Meine Beine baumeln über dem Abgrund, ich lehne mich etwas nach vorne. Als Kind konnte ich stundenlang am Rand eines Daches sitzen, immer gefesselt von der Vorstellung `wenn ich jetzt... noch ein bißchen...`.
Du hast das verstanden.
Es kommen immer noch Tränen wenn ich an dich denke. Ich habe selten von Liebe gesprochen, aber ich habe sie gefühlt wenn ich in deinem Arm lag und deinen Atem spürte. Jetzt bereue ich daß ich dir in solchen Momenten nicht ins Ohr geflüstert habe, daß ich dich liebe.

Ich lehne mich noch etwas weiter hinaus, mein Herz schlägt schneller.
Gierig haben wir die Tage verschlungen, die, die noch blieben. Ich habe genommen was ich fassen konnte, es war viel mehr als ich erträumt hatte, doch tausend mal mehr kann ich vertragen.

Ich schließe die Augen und spüre den Nachtwind.
Sag, wie lange kann ich die Augen noch geschlossen halten, um nicht zu sehen was uns verband, wie uns jede Stunde weiter voneinander entfernt-

Ich halte mich noch mit einer Hand fest und beuge mich weit hinaus, jetzt loslassen wäre so einfach.
Ob man sich im Fallen dreht? Ich würde nicht gerne mit dem Kopf zuerst aufschlagen. Als ob das noch eine Rolle spielt.

"Ich kann dir nicht versprechen daß kein Herz blutet" sagte ich dir als wir uns begegneten. Wie recht ich hatte erfuhr ich erst später.
Und trotzdem bist du in mein Leben getreten, hast die Flügel ausgebreitet und ich durfte zu dir hinaufsteigen und eine Weile mitfliegen.
Bis du alleine weitergeflogen bist, in meinen Armen bist du aufgebrochen.

Ich ziehe mich auf die Brüstung , balanciere darauf.
Die Nacht ist zu dunkel für einen allein.
Und lehne mich noch einmal vor.
.
.
.
.
Und wieder zurück.
Ich vermisse dich. Oh Himmel wie ich dich vermisse.

 

Hallo Alex!

Du bringst das Gefühl, jemanden zu vermissen, sehr gut rüber! Die Stimmung, Einsamkeit, Mond, Abend... all das passt auf wunderbare Art, auch sprachlicht wunderbar geschrieben... und einen tollen Titel hat die Geschichte auch. Macht neugierig.

"hier ist alles friedlich, hier in meiner Welt. Antennen und Satelitenschüsseln, rote Ziegeldächer und rußige Kamine sind meine Nachbarn"

sehr gut beschreibend! Was Du auch sehr gut vermittelst, ist dieser schmale Grat der Brüstung, ein schmaler Grat zwischen Leben und Tod. Das der Prot nicht den Tod wählt, macht Deine Geschichte nur noch eindringlicher!

hat mir gut gefallen,

mit schönen Grüßen, Anne :)

 

Hallo Alexandra,

sehr sehr traurig finde ich es. Allerdings kannst du auch sehr gut beschreiben. Das Flachdach, den Himmel und deine Gedanken, die Ängste und die Sehnsucht.

Lukasch

 

Hi Alex,
was nun zuerst? Das gute oder das schlechte? Also gut, finde ich die Atmosphäre, die du am Anfang aufgebaut hast. Dann die Geschichte zum Thema und den Verlauf.
Zu bemängeln, wäre nur die Kommasetzungsfehler, am Anfang zwischen zweimal ich und "wie ich recht hatte erfuhr ich". Sonst ist nichts.
Ich persönlich hätte aber eines schöner gefunden. Du hast so toll eine Geschichte aufgebaut, aus der du wunderbar Gleichnisse und Symbolik hättest machen können. Dieser Zustand auf dem Dach und der Zustand, wie sie sich fühlt. Dieses fliegen und fallen, der Schwebezustand. Ich weiß selber nicht genau, wie, aber dir wäre da bestimmt was eingefallen, um beide Welten miteinander zu mischen, daß man ihre Gedanken sich umzubringen mit den Gedanken, wie sie sich verloren hat parallel vergleichen und symbolisieren kann. Das wäre super gewesen.
An sonsten, war die Gechichte prima zu lesen und bestimmt in keiner Sekunde langweilig.
LG
daigoro alias Killerkegel:cool:

 

Hi Maus,
schön daß es dir gefallen hat, habe mir gedacht daß das etwas ist was dir gefällt. Die Prot habe ich ehrlich gesagt nicht springen lassen damit mal wieder eine Geschichte nicht in einer Katastrophe endet, hast recht, ist auch schöner so.

liebe Grüße und Danke, alx.

Lukaschi!
lieben Dank auch an dich, bin ja immer stolz wie Harry, wenn was nachzuvollziehen ist.
Grüße, alex.

Hi Killerkegel.

shit, daß man mordsmäßig Symbolik bauen hätte können, ist mir selber gar nicht gekommen. Fallen, allein dieses Wort hätte sich schon so angeboten, vielleicht setz ich mich nochmal dran, danke für den Tip und liebe Grüße,
alex.

 

Also Alexandra,

schreibtechnisch ist das ein richtiges Sahnestück, natürlich nicht so graziös und sanft wie die Chuck-stories, aber trotzdem;)

Nein, es ist eine wundervolle traurige aber auch schöne sehnsuchtsvolle mit einem Hauch von Vorstadtromatik, soweit es sie gibt, gelungene und mit nicht erloschener Liebe, verzierte Geschichte.

Sowas muss ich auch mal machen! Ja genau!

liebe grüsse stefan

 

Schönen guten Morgen, Alex,

Barcelona ist verdammt weit weg. Die Flachdächer, die Ziegel, der Mond, der darauf hockt und zusieht dabei, wie die Frau nicht springt. Es ist besser so, daß sie es nicht tut. Ich stelle sie mir mit blassen Tränen vor und einer Sehnsucht, die keine Grenzen kennt. Der, der fort ist von ihr, hat denselben Mond über ihm. Ich weiß nicht, ob das tröstet, aber der Mond ist hier das Band. Ein unzerreissbares. Wenn der Mond mahlt und stampft und sein Geraune über die uralten Zeiten losläßt und sie dabei tief in den Mariannengraben schauen kann, dann ist es gut.

Wunderschön, Alex.
Viva la muerte.

Liebe Grüße - Aqua

 

:bounce: Jippiii es gefällt!

He Arche,
nicht so einfühlsam wie die Chuck Geschichten? -Ich komm mal gleich rüber und wenn ich mit dir fertig bin kannst du deine Weichteile von der Route 66 kratzen.- Nee, war nur Spaß. ;)
Schön, daß es dir gefällt,
liebe Grüße, alex.

Aqua- Goldstück.
Barcelona ist nicht weit. Immer geradeaus bis zum Meer und dann rechts.:)
Mond, Mondgeräusche, Mondband- manchmal, kurz nachdem die Sonne untergegangen ist, sieht er aus wie mit Milch und Blut übergossen. Da wo du bist auch?
liebe Grüße, alex.

 

Servus alex,

schöne Geschichte... romantisch, sehnsüchtig. Hab ich wirklich gern gelesen! (und auch etwas geträumt dabei...)

Einsichten wie

Die Nacht ist zu dunkel für einen allein.
berühren mich dabei besonders. Manchmal kommt es mir fast so vor, als würden wir in einer traumlosen Welt leben. Voller Technisierung, Quantifizierung... Aber Geschichten wie diese lassen mich dann wieder hoffen! :)

Sag mal Alex, hast Du die Geschichte vielleicht tatsächlich auf einem Dach, während der Mond schien, geschrieben?

lieben Gruß, Philo-Ratte

 

Hallo Alexandra,
eine wunderbar leise Geschichte mit TIefgang.
"Mondgeräusche" - tolles Wort.
ALles andere wurde schon geschrieben.
Grüße Heidi

 

Hi Philo, da bist du ja wieder!

ich muß dich enttäuschen, es gibt kein Dach. Es gibt auch keine Brüstung und auch Keinen der davongeflogen ist.
Alles nur Illusion.
Aber vielleicht gibt es sie ja doch- schließlich habe ich sie in meinem Kopf gesehen und ihnen Namen gegeben- wohin gehen sie nur wenn ich nicht mehr an sie denke?

Weiß schon was du meinst Philo, danke für das schöne Kompliment.


Hallo Heidi,
freut mich daß es dir gefallen hat, lustig daß du die Mondgeräusche hervorhebst, war das Wort um das ich die Geschichte gebaut habe, weil es mir so gut gefiel.

liebe Grüße, alex.

 

Ja, da wo ich bin auch.
Bin kein Goldstück, Alex. Denk zuviel, um es sein zu können. Hab Silber im Nabel, wenn der Mond schräg gegen die Bauchdecke fällt. Dann knirscht die Brücke im Unterkiefer, weil die Temperaturen fallen. Gegen Minus oder ähnlich. Der Whiskey, den's nicht gibt, wird golden sein. Wodka hat den Mond in der Flasche.
Iss ja alles nicht so weit weg. Könnte sich ausgehen.

Aqua

 

Superspitzenaquahymne:

Goldstück und Silbernabel
fallen gegen Minus-
Goldenes ist nicht weit weg-
geht der Wodka aus?

hihi, alex.

 

@alex:

Hi Philo, da bist du ja wieder!
:)

Genau: die Geschichten, die wir hier alle schreiben sind auf ihre Weise allesamt real! Real in unseren Köpfen! Und wir alle erleben ihre Handlungen genau so, wie wir auch Erinnerungen wieder und wieder erleben.
Und wohin sie gehen, wenn Du nicht mehr an sie denkst? Sie warten verlassen irgendwo in der Ferne darauf, dass sie wieder abgeholt werden, nach Hause kehren dürfen. Aber manche Erinnerungen werden auch nie wieder im Leben abgeholt. Besonders die, die zu schwer geworden sind, als dass man sie noch (er-)tragen könnte... *schnief*

@lieber Aqua: Ich versteh zwar nur Bahnhof bei Deinen Zeilen! Aber sie hören sich wirklich gut an! :thumbsup: :D

;)

 

Scheiss drauf, Alex.

Hab mir von der städtischen Bücherei - oder wars die Tankstelle?- den Spanienplan organisiert. Mensch, Mädel, das Land ist riesig! Soll ich der Ölpest nachfahren oder wo ist rechts? Barcelona ist klar. Stierkämpfe (scheisse), Paella, Gaudi. Den haben sie unter der Straßenbahn wiedergefunden. In welche Straßenbahn soll ich steigen, um am Weg zu dir namhafte Architekten zu killen? Und vor allem: Was trinkst du gerne? Sag jetzt nicht: Alles.

Aqua

 

Hey Philo-

habe meine Geschichten im Herzen, deshalb ist es auch so schwer.
:-) alex.

Drauf geschissen Aqua.

Da wo der Herr Gaudí die Pedrera hingestellt hat, von da aus zum Meer, die erste nach dem Placa Catalunya rechts. Gegenüber von.... aber das steht schon woanders.
Vielleicht Cognac?
Grüße, alex.

 

Okay, Alex.
Also andersrum.
Kennst du die Alpen, über die schon Hannibal seine Kriegselefanten trieb? Ich sag dir, daß es schön dahinter ist. Wäre wirklich nett, dich zu treffen, zum Beispiel in der Märzstrasse in Wien, im 15. Bezirk, weit weg vom Mahnmal des straßenwaschenden Juden.
Häferl ist da, Echnaton käme. Auch schnee.eule würde für dich aus ihrem Nest fallen. Ich geb ein Bier aus, Alex.

Aqua

 

hecho.
wenn ich das nächste Mal in den deutschsprachigen Raum fahre komme ich vorbei. Wien- schön, wollte ich auch schon mal hinziehen.
:-)
alex.

 

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