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Mondfänger

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28.09.2003
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Mondfänger

Mondfänger


Es ist kalt. Gefangen im Dunkel bin ich und es ist kalt. Und allein bin ich. Allein im kalten
Dunkel, ewig in Bewegung, gefesselt durch seine Macht. Die Macht des Mondes. Zug um
Zug scheine ich ihm näher zu kommen, nähere ich mich der silber glänzenden Scheibe, wie
sie dort rastlos treibt, wieder und wieder verwischt wird von den Wellen. Ich sehe hinauf.
Dort oben ist er ruhig, sieht gelassen auf mich hinunter. Dort oben ist er umringt von
Wolkenschwaden, umzingelt von Sternen, gequält durch deren ewig-stechende Gesellschaft.
Hier unten aber sind wir allein. Nur er und ich, vereint in den Fluten, wie strahlende Brüder
im unendlich schwarzem Nichts. Langsam, schleppend durchdringe ich die Kälte,
durchdringe ich mein Schicksal. Langsam finde ich neu was ich vergessen, entdecke ich
wieder was ich verlassen. Ich werde ihn erreichen, werde ihn fangen. Für sie nur werde ich
ihn fangen. Für sie mit ihm eins werden.
Lang ist es wohl her, dass ich sie fand. So vieles lag hinter mir, so viel Gesuchtes, so wenig
Gefundenes. Und mehr noch. Viel mehr. Fast alles davon war verdrängt, in die dunkle See
meines Geistes verbannt von wo es nie zurückkehren sollte. Fast alles davon war zu schwer
zu ertragen, fast alles schien so nutzlos. Nutzlos. So kam ich mir vor. Nutz- und Ziel- und
Planlos, ein sinkendes Schiff, das schon lang untergegangen war. Und während ich so suchte,
während ich so, trüb und benebelt im Geist, mich selbst nicht finden konnte,
kam sie. Mir ist es als erschien sie mir im Traum. Es war ein, erneut lauter, Tag gewesen,
erneut voller Enttäuschungen, voller Abschiede und weiteren Seelenballastes. Ich bereitete
mich auf die gewöhnlich unruhige Nacht vor, legte mich, deckte mich zu, stand wieder auf,
legte mich wieder. Doch irgendetwas störte mich. Ein winzig kleines Etwas nur. Eines jener
Art, die man nicht sieht, bis sie einen Anspringen und ganz und gar Herausreißen aus der
Gewöhnlichkeit. Ich drehte meine Runden weiter, ein Zyklus bestehend aus Legen und
Wiedererstehen, Bett, Fenster und erneut zurück. Es musste schon der 8te dieser Zyklen
gewesen sein, da schnappte es zu.
Das Etwas war im Mond gewesen. Im Mond hatte es, nein besser, sie sich versteckt. Heute
war er vollkommen gewesen, rund und schön und perfekt. Und er war größer geworden, mit
jeder meiner Runden. Doch fähig das zu erkennen war ich nicht. Schließlich sah ich nach
Draußen, erschrak, taumelte zurück. Ja es hatte mich herausgerissen, wie versprochen.
Ein Gesicht war es gewesen. Ein Gesicht, makellos, umringt von dunkel schimmernden
Strähnen, doch sonst weiß und leuchtend wie... wie ein Engel. Hilflos, Atemlos musste
ich mit ansehen, wie das Zimmer, wie ich vom Licht durchflutet wurde. Dieses Leuchten
erfüllte mich, ein Pressen in der Brust, unendliche innere Qual und Schmerz, ein Zerren,
ein Reißen das mich zu vernichten drohte. Einen Ausweg gab es nicht, nur mein Geist
begann sich aus der Unerrettbarkeit zu erretten.
Dann war es soweit. Aus dem Licht, den silbernen Fluten, die mich lange vorher schon
zerstört hatten sprach eine Stimme:
"Tief sind die Fluten der Dunkelheit, tief im All und tief in dir. Und kalt sind sie. Kalt und
einsam und dunkel, die Fluten deines Geistes, deines Schicksals. Verworren und
ausweglos, von dir geschaffen auf der Suche nach der wahren Einzigartigkeit, auf dem
Weg zu Derjenigen, vor der du dich am meisten verschließt. Auf dem Weg, den Mond
zu fangen, auf dem Weg zu einem längst verschollenem Traum. Jenen zu finden ist das
wahre Ziel. Finde ihn in dir, fange den Mond in dir und lasse sein Licht dein Innerstes
erhellen."
Ein hohes Ziel, sein Innerstes zu erhellen. Ich trat ihn an, meinen hohen Weg, hindurch
durch mein Meer, durch alles was von mir verlassen wurde, mich aber nie verlassen hat und
mich nun, voller Schmerz in die Tiefe zieht. Ich versinke in meinem Ozean, ersticke an dem,
was mich bedrückt. Doch vorher berühre ich das Bild des Mondes, umarme ich die glühende
Fläche.
Warm wird es. Warm und hell. Letztendliche Wärme, letztendliches Licht und das Gefühl sie,
mich gefunden zu haben füllen meine Gedanken, während ich immer weiter sinke. Und
verschwommen, von weit unter und gleichzeitig weit über den Wellen sehe ich ein letztes
Mal ihr Gesicht. Ich fühle Glück, die Sehnsucht versiegt.


Martin Brümmer

 

Hallo Gelfling!

Endlich komme ich dazu mir auch mal deine Story anzusehen. Um es gleich vorweg zu nehmen, ich habe es nicht bereut, sie gelesen zu haben. Erst mal zu einigen Stellen, die meiner Ansicht nach noch verbesserungswürdig sind:

...nähere ich mich der silber glänzenden Scheibe
silbern.
...wie strahlende Brüder im unendlich schwarzem Nichts.
schwarzen
Es war ein, erneut lauter, Tag gewesen, erneut voller...
Das klingt etwas bemüht. Außerdem zweimal kurz hintereinander „erneut“. Warum nicht einfach: „Es war wieder einmal ein langer Tag gewesen...“
bis sie einen Anspringen und ganz und gar Herausreißen ...
anspringen, herausreißen
...aus Legen und Wiedererstehen
Wiedererstehen ist hier zu hochgestochen, finde ich
Ein Gesicht...leuchtend wie ein Engel...
Ein Gesicht...leuchtend wie ein Engel, dass ist für mich hart an der Grenze zum Kitsch.
Eine ruhige Geschichte, die den Vorgang der Selbstfindung zum Thema hat. Der Stil ist gut lesbar und passt zum Inhalt. Der Ich-Erzähler ist, finde ich, etwas zu sehr losgelöst von der Realität dargestellt. Man erfährt überhaupt nicht, weshalb er innerlich so zerrissen ist.
Aber sonst: gut. Was du falsch gemacht hast? Vielleicht einfach zu wenig, um Kritik herauszufordern.
;)

 

der Engel resultiert sicherlich aus meiner Beziehung zu eben jener Person. Wobei das Bild des Engels so faszinierend für mich ist, dass ich förmlich dazu gezwungen bin es zu nutzen. Persönliche Schwäche, wenn man es so will...

Hm, schön, wenn sie dir gefällt :)

 

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