- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 4
- Anmerkungen zum Text
So, das ist jetzt mein erster Beitrag hier und zugleich auch meine erste wirklich vollendete Kurzgeschichte und ich würde mich wirklich sehr über konstruktive Kritik freuen und nur zur Info: Mir ist bewusst, dass diese Geschichte sehr kitschig ist
Momi
Kahekili war schon immer ein eher ruhiger Junge. Anders als die anderen Jugendlichen in seinem kleinen hawaiianischen Dorf, mochte er es nicht so, laut grölend über den Sandstrand einem Ball hinterherzujagen. Er saß lieber allein auf dem Steg vor seiner Hütte, die wie alle anderen auf Stelzen gebaut war, sodass direkt unter ihm die Wellen dahinschwappten. Hin und wieder spritzte Wasser zu ihm hinauf und er genoss die kurze Abkühlung von der schwülen Hitze. Wie immer um diese Jahreszeit war am Himmel keine Wolke zu sehen, die Sonne brannte ungebremst auf sein kleines Fischerdorf hinunter. Seit Monaten schon hatte es nicht mehr geregnet. Doch er wusste, dass es nur mehr eine Frage der Zeit war, bis die Stürme wieder anfingen. Sie kamen jedes Jahr und jedes Jahr hinterließen sie ein Feld der Zerstörung. Sie waren erst vor zwei Monaten mit der Reparatur der Schäden von der letzten Saison fertiggeworden.
Kahekili mochte die Stürme nicht. Ein besonders starker, der beinahe das ganze Dorf dem Erdboden gleichgemacht hat, hatte ihm vor drei Jahren seine Eltern genommen. Er war damals 14 gewesen und musste von da an alleine zurechtkommen. Die anderen im Dorf unterstützten ihn zwar, aber er wollte niemandem zu Lasten fallen. Sein Vater hatte ihm schon das Fischershandwerk beigebracht, deswegen konnte er auch seinen Beitrag zur Gemeinschaft beitragen und jeder akzeptierte, dass er lieber für sich blieb. Gelegentlich kamen welche aus den anderen Hütten vorbei um nach ihm zu sehen, aber das war es auch schon. Und Kahekili war froh deswegen. Er vermisste seine Eltern oft, aber er wusste, dass sie an einem besseren Ort waren. Die Götter hatten sie zu sich ins Meer geholt, wo sie nun glücklich waren und eines Tages würde Kahekili zu ihnen kommen.
Er blickte weiter aufs Meer hinaus. Er mochte das Meer. Es war eines der schönsten Dinge auf dieser Erde, und gleichzeitig auch eines der gefährlichsten. Hier in Hawaii war das Wasser türkisfarben und klar, wenn er sich anstrengte, konnte er sogar noch den Grund sehen, der ungefähr zwei Meter unter der Wasseroberfläche war. Ein Schwarm kleiner silberner Fischchen schwamm unter ihm vorbei und verschwand unter dem Steg.
Wenn er hier alleine saß und gen Horizont schaute, konnte er sich beinahe einbilden, nicht mehr hier im Dorf zu sein, sondern weit draußen am Meer, wo weit und breit nichts weiter war, als Wasser, wohin das Auge auch blickte. Und wenn er die Augen schloss und sich stark konzentrierte, dann konnte er sie neben sich spüren.
Kahekili hatte nämlich ein Geheimnis. Jeden Abend ging er ein Stück den Strand entlang, gerade soweit, dass man ihn vom Dorf aus weder sehen noch hören konnte und dort wartete er dann am Wasser, wartete auf sie. Sie kam nicht immer, nur alle paar Tage, manchmal hatte er sie schon mehrere Wochen nicht gesehen. Jede Nacht, die sie ihn besuchen kam, war ein Geschenk und er hoffte, dass heute wieder eine solcher Nächte war. Er hatte noch nie einer Menschenseele davon erzählt, nur er wusste davon und das war gut so. Er wollte sie mit niemandem teilen.
Er blickte auf zur Sonne, sie stand schon recht tief und der Himmel begann sich langsam rosa zu färben. Er lächelte. „Ich bin bald wieder bei dir, meine Perle“, flüsterte er in die Wellen. Er wusste, dass sie ihn hören konnte. Eine besonders hohe Welle spritzte ihm ins Gesicht. Er kicherte und hob die Perle, die er immer an einer Kette um den Hals trug, an seine Lippen. Dann erhob er sich seufzend. Er musste an den Strand, wo die alten seines Volkes schon ein Lagerfeuer gezündet haben und das Abendessen vorbereiteten. Es war selbstverständlich, dass am Abend das ganze Dorf zusammen kam, um gemeinsam zu speisen und den Göttern zu danken, dass sie uns einen weiteren Tag versorgten und uns gestatteten, die Fische zu fangen um uns zu ernähren.
Auf dem Weg zum Strand begegnete er noch anderen Leuten seines Stammes und gemeinsam bewegten sie sich Richtung Lagerfeuer. Stimmengewirr und fröhliches Lachen erschall. Obwohl Kahekili sich eher als Außenseiter fühlte und auch jetzt für sich ging, mochte er dieses Ritual am Abend, wo alle zusammenkamen und gemeinsam aßen. Es zeigte ihm, dass er trotz allem noch eine Familie hatte, auch wenn er seine Eltern verloren hatte.
Nachdem er sich seine Portion abgeholt hatte, setzte er sich auf einen Baumstamm neben die Älteste des Dorfes, so wie jeden Abend. Sie wurde von allen nur „Kahiko“ genannt, was „alt“ bedeutet. Die Älteste war in unserem Stamm auch sowas wie die Anführerin. Sie wusste alles über die Götter und Legenden unseres Volkes, ihre Weisheit wurde von niemandem im Dorf übertroffen. Nachdem seine Eltern gestorben waren, ist er oft zu ihr gegangen und sie hat ihm sehr geholfen, den Verlust zu akzeptieren und anzunehmen.
Als alle ihre Portion hatten und sich hingesetzte hatten, kehrte langsam Stille ein. Erst als auch das letzte Gespräch verstummt war, erhob Kahiko ihre Stimme, um den Göttern zu danken und zu ihnen zu beten. Kahekili ergriff ihre Hand und die der Frau, die neben ihm saß. Während sie ihrer schon etwas heiseren Stimme horchten, ließ er den Blick über die Runde schweifen. Es waren etwa 50 Leute, die sich in einem großen Kreis um das Lagerfeuer versammelt hatten. Die Erwachsenen und Jugendlichen saßen auf den Baumstämmen verteilt, während die Kinder zu den Füßen ihrer Eltern saßen. Das Flackern des Feuers ließ die Schatten über ihre Gesichter wandern. Es hatte etwas Andächtiges, wenn man am Abend, nur vom Feuer beleuchtet, dasaß und gemeinsam betete. Kahekili mochte das.
„Mahalo“, ertönte es einstimmig, als Kahiko ihr Gebet beendet hatte. Danke.
Während des Essens unterhielten sich alle angeregt. Auch die Frau neben Kahekili, sie hieß Aolani und war eine gute Freundin seiner Familie, wandte sich an ihn.
„Wie geht es dir, Kahekili?“, fragte sie mit aufrichtigem Interesse in ihren Augen. Aolani hatte vier Kinder, drei davon waren noch sehr klein und spielten etwas abseits im Sand miteinander. Die älteste Tochter war in seinem Alter und er wusste, dass Aolani es gern sehen würde, wenn er ihre Tochter heiratete.
Ihre Tochter, Moana, war ein wunderschönes Mädchen und gäbe es nicht bereits jemanden in seinem Leben, könnte er sich vielleicht sogar in sie verlieben.
„Gut“, antwortete er kurz angebunden. Er mochte Aolani, aber Unterhaltungen mit ihr führten immer dazu, dass sie versuchte, ihn mit Moana zu verkuppeln. Deswegen hielt er sich meist kurz.
„Ich mache mir manchmal Sorgen um dich, weißt du? Du bist viel zu oft allein für dein Alter“, fuhr sie ungerührt fort. Er seufzte innerlich, wie erwartet ging das Gespräch in eine Richtung, die ihm unangenehm war. „Weißt du was da helfen würde?“ Er kniff die Augen zusammen, er hatte es befürchtet. „Eine Frau“, erklärte Aolani. „Weißt du, ich glaube, du und Moana, ihr würdet ein gutes Paar abgeben und ihr seid jetzt im heiratsfähigen Alter –„.
„Kahekili, keiki, -- Sohn, würdest du mir noch eine Portion Fisch holen?“, rettete Kahiko ihn aus der Situation. Dankbar nahm er ihren Teller entgegen und machte sich auf zum Lagerfeuer in der Mitte, wo noch ein paar Fische über dem Feuer brieten. Während er den Fisch vorsichtig, um sich nicht zu verbrennen, mit den Fingerspitzen auf den Teller hob, gesellte sich Moana zu ihm. Er lächelte ihr zu und betrachtete sie heimlich von der Seite. Sie hatte eine dunkle Hautfarbe, wie seine und langes schwarzes Haar, das ihr bis zur Taille reichte. Sie trug wie die meisten Frauen im Dorf einen kurzen Rock und hatte mit Lederbändern ihre Brüste verdeckt. Diese Lederbänder um den Oberkörper waren das einzige, was die weibliche Kleidung von der männlichen unterschied. Auch wir Männer trugen nur einen kurzen Rock aus Leder und waren ansonsten nackt. Verschiedene Ketten und Armbänder trugen beide Geschlechter und auch Tattoos zierten beide Körper.
Moana war außerdem eine der wenigen Frauen, die ihre Augen mit einem dunklen Kohlestrich unter dem unteren Lid betonten. Sie war schön, ihre beinahe schwarzen Augen strahlten. Trotzdem war sie nicht die Frau, die Kahekili liebte. Manchmal wünschte er sich, er könnte es ihr und auch Aolani sagen, aber dann würde sein Geheimnis ans Licht kommen und das ging nicht. Also schwieg er.
„Sie hat es schon wieder versucht, nicht wahr?“, sagte sie schließlich leise, nach dem sie ein paar Momente einfach ins Feuer gestarrt hatte. Er wusste, worauf sie anspielte, sie musste es nicht extra aussprechen. Er nickte und wandte den Blick ebenfalls in die Flammen.
„Es tut mir leid, dass sie nicht damit aufhört.“ Sie sah in an. „Ich weiß, dass du für mich nicht das Gleiche empfindest, wie ich für dich.“ Jetzt erst erwiderte er ihren Blick. Er hatte immer geahnt, dass sie so ihm gegenüber fühlte, aber sie hatte es noch nie so direkt ausgesprochen. Er sah ihr in die Augen und für einen Moment konnte er es sehen. Er sah das Leben, das er mit Moana haben könnte. Sie lebten in einem Haus am Steg draußen und viele Kinder spielten um sie herum. Sie waren glücklich.
„Es tut mir leid“, sagte er nur, nachdem er sich einen Moment dieser Vision hingegeben hatte. Dann wandte er sich von ihr ab und ging wieder zurück zu Kahiko.
Er meinte es so, es tat ihm leid, dass er nicht genauso empfand. Es wäre einfacher gewesen. Doch er konnte die Dinge nicht ändern. Die Götter wollten, was sie wollten und sie hatten Kahekili für eine andere Frau geschaffen. Eine Frau, die er hoffentlich an diesem Abend wiedersehen würde. Er hatte ein gutes Gefühl, dass heute eine dieser Nächte war. Sehnsüchtig schaute er Richtung Meer, wo sich die Wellen am Strand brachen.
„Ich weiß, du hast ein Geheimnis“, sagte Kahiko, als sie ein paar Minuten schweigend ihren Fisch gegessen hatte. Er sah sie an, direkt in ihre weisen alten Augen. Ihre Haut hatte viele Falten und ihr Haar war gänzlich ergraut, trotzdem konnte man noch erkennen, dass sie einmal sehr schön gewesen war. Er fragte sich, wieso sie keine Kinder hatte. Er bestätigte nicht, was sie behauptete, aber er stritt es auch nicht ab. Auch sie bohrte nicht nach.
Eine Zeit lang saßen sie schweigend nebeneinander. Schließlich, als der Abend schon weit fortgeschritten war, erhob sie wieder die Stimme und binnen Sekunden war sie, zusammen mit dem Knistern des Feuers und dem Rauschen des Meeres, das einzige, was man hörte.
„Vor langer Zeit“, begann sie ihre Geschichte, jeden Abend erzählte sie eine andere. Kahekili kannte sie alle. „Vor langer Zeit lebte außer den Menschen noch ein weiteres Volk auf dieser Erde. Die Sirenen.“
Kahekili ließ Kahiko nicht aus den Augen. Er ahnte, wieso sie diese Geschichte erzählte. Trotzdem verzog er keine Miene.
„Die Sirenen waren wunderschön und keine Menschenseele konnte ihnen widerstehen. Doch sie waren böse, denn sie verführten uns Menschen dazu, ihnen in die Fluten zu folgen. Ein Wort von ihnen, und selbst der Sturste unter uns täte alles, was sie sagten. Wenn sie schwiegen, waren sie die besten Liebhaber, die man sich vorstellen konnte, doch ihre Stimmen waren tödlich. Und sie schwiegen nie für lange. Früher oder später nahmen sie eine weitere Seele mit in den Ozean, um sie für immer in ihren Unterwasserschlössern gefangen zu halten.“ Kahekili konnte sehen, wie die anderen näher zusammenrückten. Sie fürchteten die Sirenen noch immer, nur Kahekili hatte keine Angst.
„Man sagt, ein Kuss wahrer Liebe von ihnen würde uns zu einem von ihnen machen, aber das ist noch niemals geschehen. Denn Sirenen liebten nicht, denn lieben bedeutete auch geben und Sirenen nahmen nur.
Seit vielen Jahren haben sie nun niemanden mehr zu sich genommen, aber das heißt nicht, dass es sie nicht mehr gibt. Sie leben noch immer dort unten auf dem Meeresgrund und warten nur auf ein geeignetes Opfer. Drum nehmt euch in Acht, ein Wort von ihnen und ihr seid des Todes!“ Mit diesen Worten beendete Kahiko ihre Geschichte und sah Kahekili dabei direkt in die Augen. Er erwiderte ihren Blick ruhig. Er kannte die Geschichten. Er wusste, wie gefährlich eine Sirene war.
Die allabendliche Geschichte schloss den Abend und die Fischersmenschen brachen nun langsam auf, um zu ihren Hütten zurückzukehren. Einige gingen noch am Strand spazieren, bevor sie ins Bett gingen. Auch Kahekili stand auf.
„Pass auf dich auf, keiki“, sagte Kahiko leise, ohne den Blick zu heben. Kahekili sagte nichts, sondern verließ den Feuerplatz, um auch einen Spaziergang zu machen, wie die meisten vermuteten.
Gemächlich schlenderte er am Strand entlang, bis er weit genug entfernt war, dass der Dschungel, der in der Mitte der Insel war, die Sicht auf ihn vom Lagerfeuer aus versperrte. Hier war keine Menschenseele mehr weit und breit zu sehen und so watete Kahekili ins Wasser, bis es ihm bis zu den Knien reichte. Dann setzte er sich hin und wartete. Dass seine Kleidung dabei nass wurde störte ihn nicht. Sie würde morgen wieder trocken sein.
Er wartete sicher eine Stunde, in der einfach nur dasaß und dem Horizont entgegen sah. Schließlich spürte er, wie etwas bei seinen Füßen entlang strich und dann tauchte ein Kopf neben ihm aus den Fluten auf. Lächelnd sah er sie an.
„Momi“, flüsterte er, was „Perle“ bedeutete. Er hatte ihr den Namen vor langer Zeit gegeben, weil ihre makellose, weiße Haut ihn an die Oberfläche einer Perle erinnerte. Bei ihrem nächsten Besuch hatte sie ihm die Perle geschenkt, die er seitdem immer bei sich trug.
Auch jetzt nahm sie sie zwischen ihre Fingerspitzen und legte ihre Lippen darauf, die beinahe genauso blass waren, wie der Rest ihrer Haut. Aber er wusste, dass sie sich rot färbten, wenn man sanft darauf biss.
Schließlich erhob sie sich soweit aus dem Wasser, dass ihr Gesicht mit seinem auf einer Höhe war. Er betrachtete sie und wie jedes Mal, wenn er sie ansah, dachte er bei sich, dass auf der gesamten Welt kein so schönes Geschöpf wie sie existierte. Sie unterschied sich in jeder Hinsicht von den Frauen seines Volkes. In seinem Volk hatten alle eine dünklere Haut und dunkle Haare, doch ihre Haut war weiß und hellblonde Haare umrahmten ihr Gesicht. Ihre Augen waren strahlend blau und schauten ihn nun unschuldig an. Auch sie lächelte ihn an. Als er ihre Lippen miteinander verband, wusste Kahekili, dass Kahiko sich täuschte: Auch Sirenen konnten lieben. Auch wenn Momi es noch nie laut ausgesprochen hatte, wusste er, dass dem so war. Gerade weil sie es noch nie gesagt hatte, wusste er es. Er hatte noch nie Momis Stimme gehört, denn sie war tödlich. Ein Wort von ihr und er würde sich in die Fluten stürzen und ertrinken.
Sie löste ihre Lippen von seinen und setzte sich neben ihn. Schulter an Schulter saßen sie nebeneinander und sahen auf das Meer hinaus. Hin und wieder erhob sich eine schlanke, silberne Flosse aus dem Wasser, nur um gleich darauf wieder zu verschwinden. Kahekili fuhr mit einem Finger ihren Arm entlang und vergrub seine Nase in ihrem Haar. Es war immer noch nass und es roch nach Meer und Salz und Freiheit. Er liebte diesen Geruch mehr als alles andere.
„Ich liebe dich“, flüsterte er und sie küsste ihn zur Antwort noch einmal. Wenn er mit ihr war, musste er immer nur so viel reden, wie er wollte. Sie verstanden einander auch ohne Worte. Trotzdem war es ihm manchmal wichtig, es auszusprechen.
Sie rutschten ein Stück weiter Richtung Strand, sodass Kahekili und Momi sich niederlegen konnte, ohne dass er erstickte. Er legte sich auf sie und ließ seine Lippen über ihren ganzen Körper wandern, während sie seine Kleidung von ihm löste. Sie trug nichts. Ihre Körper schmiegten sich aneinander wie schon tausende Male zuvor. Kahekili erinnerte sich gar nicht daran, wie lange das erste Mal schon her war. Er wusste nur, dass es die erste von vielen zauberhaften Nächten war.
Momi war zu ihm gekommen, kurz nachdem seine Eltern gestorben waren. Seitdem hatte sie ihn regelmäßig besucht und sie hatten sich ineinander verliebt. Anfangs hatte er nicht vollends verstanden, was sie war, obwohl er Kahikos Geschichten kannte. Er hatte sie oft gefragt, warum sie nicht sprach, bis er den Grund vollends verstand. Das war der Moment, in dem er wusste, dass sie ihn liebte. Sonst hätte sie ihn gezwungen, für sie zu sterben.
Einige Zeit später lagen sie Arm in Arm mit den Oberkörpern aus dem Wasser, während um ihre Unterleiber immer noch das Wasser spielte. Er betrachtete sie ihm Mondlicht. Ganz leicht konnte er ihre Haut schimmern sehen, winzige Schuppen, die kaum sichtbar waren.
Sie hob ihre Hand und umfing seine Wange. Ihre Augen nahmen einen traurigen Glanz an. Er wusste, dass sie reden wollte. Er wusste, wie viel es sie kostete, nicht mit ihm zu reden. Vor einiger Zeit hatte Kahekili einen Entschluss gefasst. Er wusste nicht, ob der Teil von Kahikos Geschichte mit dem Kuss wahrer Liebe stimmte, aber er wollte es versuchen. Wenn er starb, dann geschah es wenigstens aus Liebe und in den Armen, des Wesens, das er über alles liebte.
„Nimm mich mit dir“, sagte er leise, kein Zweifel schwang in seiner Stimme mit. Sie sah in jedoch entsetzt an und schüttelte vehement den Kopf. Er umfasste sanft ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Nimm mich mit dir, meine Perle“, sagte er noch einmal.
Eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel. Er küsste sie sanft weg. Als er ihr wieder in die Augen sah, hatte sich etwas verändert. Noch immer stand dort Zweifel, aber auch Hoffnung und Liebe las er. Er verstand, was er ihr sagen wollte. „Ich bin mir sicher. Ich will in keiner Welt leben, in der wir nicht zusammen sein können. Deswegen will ich es versuchen.“
Sie sah ihn weiter an. Schließlich holte sie tief Luft und öffnete den Mund. „Ich liebe dich“, sagte sie fest und küsste ihn. Sie legte all ihre Liebe, die sie für Kahekili fühlte, in diesen Kuss und zog ihn mit sich in die Fluten.