Mitglied
- Beitritt
- 26.06.2013
- Beiträge
- 12
Momentaufnahme eines ersten Dates
Momentaufnahme eines ersten Dates
„Verdammt“! Ein Blick auf meine Uhr sagte mir, dass ich viel zu spät war. Ich rannte die letzten Meter und blieb völlig außer Atem vor dem Restaurant stehen. Als ich mein Spiegelbild in der Glastür entdeckte, stellte ich fest, dass meine Haare eine Katastrophe waren. Ich griff schnell in meine Sporttasche – warum hatte das Training ausgerechnet heute länger dauern müssen – und wo war bloß meine Bürste? Da! Endlich. Ich kämmte die abstehenden Strähnen weg, steckte die Haarklammern nach und legte noch etwas Lipgloss auf. Dann betrat ich das Restaurant mit einem selbstbewussten Lächeln. Ich brauchte nicht lange zu suchen, sein ausdrucksstarkes Gesicht fiel mit sofort ins Auge. Hoffentlich wartete er noch nicht lange. Ich hatte mich so auf diesen Moment gefreut und beim ersten Date musste ich natürlich länger trainieren. „Hey“, begrüßte ich ihn. Er schenkte mir sein strahlendes Lächeln zur Begrüßung. Als ich mich setzte, riss ich vor Nervosität fast die Tischdecke herunter. Er lächelte amüsiert und ich merkte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Peinlich, peinlich. „Wie geht es dir?“, fragte er. „Gut“, antwortete ich. „Und dir?“ „Auch gut.“ Er lächelte erneut und wir bestellten.
Als ich zu der Gabel griff, stieß ich auch noch an das volle Glas; hätte er nicht so schnell reagiert, wäre es umgekippt. „Danke“, nuschelte ich. „Peinlich!“, entfuhr es mir leise. Wir aßen stillschweigend.
Er brach das Schweigen: „Was guckt da eigentlich rosanes aus deiner Tasche?“ „Was?!“ „Na ja, ich werde die ganze Zeit von einem rosanen Band angestarrt.“ „Oh … das ist mein Ballettschuh.“ In der Hektik nach der Probe hatte ich einfach nur alles in die Tasche gestopft. Es war ja schon schlimm genug, dass wir uns direkt nach dem Training verabredet hatten und ich mit meiner Sporttasche ins Restaurant musste, aber ich hatte gehofft, dass das nicht auffallen würde. Ich griff zu der Tasche und wollte das Band wegstecken, aber er meinte: „Du tanzt? Darf ich mal sehen?“ Vorsichtig reichte ich ihm den Schuh mit einem verlegenen Lächeln. Die ganze Situation war mir unangenehm. „Wow. Wie lange tanzt du denn schon?“ „Seitdem ich drei bin“, antwortete ich schüchtern. „Ich seit dem ich fünf bin.“ „Was?! Du tanzt Ballett?“ „Ja, und zwar mit Leidenschaft an der hiesigen Ballettakademie.“ „Echt? Ich auch. Ich habe dich dort aber noch nie gesehen.“ „Nun, die Akademie ist groß und du bist ja erst vor einem Monat hergezogen.“ „Stimmt.“ „Wie gefällt dir denn der Unterricht?“, fragte er. „Sehr gut, man wird gefördert und lernt viel. Allerdings ist es auch anstrengend neben der Schule so oft zu proben. Wir haben heute auch schon wieder länger gemacht.“ „Wenn du mal Hilfe brauchst, du weißt ja, wo du mich findest.“ „Ja, danke.“ Er gab mir den Schuh zurück und wir unterhielten uns noch eine ganze Weile über verschiedene Tanzschritte. Meine Nervosität war wie weggeblasen, als wir über mein Lieblingsthema sprachen.
Zum Abschied meinte er: „Ich kenne einen super Ort zum proben. Ich würde gerne einen Pas de deux mit dir tanzen. Gestattest du?“ Ich strahle förmlich und stimmte glücklich zu. „Dann hole ich dich nächsten Samstag um drei Uhr ab, okay?“ Ich nickte und gab ihm meine Adresse. „Ich fand den Abend mit dir sehr schön“, flüsterte er. „Ich auch“, erwiderte ich genauso leise. Dann verabschiedeten wir uns und gingen in unterschiedliche Richtungen nach Hause.