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Molly das kleine Schaf
Molly war das kleinste Schaf in ihrer Herde. Und das moppeligste. Aber auch das mutigste. Das wusste nur noch keiner.
Molly lebt zusammen mit ihrer Familie auf einer schönen Wiese am Rande des Dorfes. Da sind Opa, Oma, Mama, Papa und ihre 4 Geschwister. Und manchmal kommt auch Granny noch zu ihnen auf die Weide. Granny ist schon sehr sehr alt, aber auch sehr sehr klug. Wenn Granny kommt, freut sich Molly ganz besonders, denn Granny weiß viele tolle Geschichten und Abenteuer zu berichten, die sie in ihrem langen Leben schon erlebt hat. Außerdem stört es Granny nicht, dass Molly so moppelig ist und das macht Molly froh. Die anderen Schafe ärgern sie immer, weil sie etwas runder ist als die anderen. Deshalb ist Molly manchmal traurig und fühlt sich einsam.
Granny hat ihr erzählt, dass es ein geheimes Land gibt, in das man gehen kann, wenn man sich einsam und alleine fühlt. Ein Land, dass nur ihr selbst gehört und in das nicht jeder kommen kann. "Es ist in deinem Kopf", hat Granny ihr erzählt. Molly konnte das nicht glauben. Wie soll das denn funktionieren, hatte sie sich gefragt. Molly war nicht dumm. Aber das konnte sie sich nun wirklich nicht vorstellen.
Eines Tages, als Molly wieder einmal Abseits ihrer Herde stand, weil Pete und Jane, ihre beiden älteren Geschwister, sie geärgert hatten, schaute Molly auf den großen Berg hinter ihrer Weide. Was wohl hinter diesem Berg ist? Wie das Gras dort wohl schmeckt? Es sieht so saftig grün aus, zum anbeißen. Was wäre, wenn auf der anderen Seite eine Herde grast, mit lauter moppeligen Schafen? Keiner mehr, der sie ärgern würde. Und bevor Molly sich versah, stand sie schon auf der anderen Seite ihres Zaunes. Wie war sie hier her gekommen?? Bemerkten die anderen Schafe schon, dass sie weggegangen war? Schlugen sie gleich Alarm?
Molly blickte sich vorsichtig um, aber die anderen Schafe nahmen gar keine Notiz von ihr. Langsam und ganz leise schlich Molly sich davon. Immer weiter auf den Berg zu. Es dauerte gar nicht lang und sie wurde immer mutiger. Die Schritte wurden länger und fröhlich machte sie ein paar Hüpfer. Zwischendurch probierte sie natürlich hier und da ein bisschen Gras. Mmh, es schmeckte wirklich wunderbar. Ganz saftig und kräuterig, nicht so wie ihr gewohntes, langweiliges Gras. Als sich Molly umdrehte, sah sie, dass ihre Weide nur noch ein kleiner Fleck unten am Fuß des Berges war. Plötzlich hörte sie ein Geräusch. Ihr Herz begann zu rasen. Sie blickte sich vorsichtig um, aber sie konnte nichts sehen. Nur riechen konnte sie etwas, einen Geruch, den sie nicht kannte. Da sah sie den Eingang zu einer kleinen Höhle. Die Nase in den Wind ging sie direkt auf den Geruch zu.
Was wenn es ein Bär ist, dachte sie plötzlich. Granny hat ihr schlimme Geschichten erzählt, über Bären und Wölfe, die Schafe holen. Aber Molly wollte wissen, was das für ein Geruch ist und vergaß ihre Angst. Mutig stapfte sie weiter. Vorsichtig lugte sie um den Eingang der Höhle. "Hallo?" , mähte sie. Aber niemand antwortete. Sie ging immer tiefer in die Höhle und es wurde immer dunkler. Sie zitterte am ganzen Körper und wollte am liebsten umkehren. Zurück zu ihrer Familie, in Sicherheit.
Da hörte sie wieder dieses Geräusch. Ein kleine braune Kiste stand dort. Mit langem Hals und zitternden Beinchen schnupperte Molly vorsichtig an der Kiste. Ja hier kam der Geruch her. Aber was war das für ein Geräusch? Sie stupste vorsichtig gegen die Kiste und es wurde lauter. Wieder stupste sie die Kiste an, diesmal etwas fester, bis sie umfiel. Heraus purzelten zwei kleine Katzenbabys. Molly hatte sich ein bisschen erschreckt und sprang zurück. Die beiden Katzenbabys schauten Molly fragend an und miauten leise. Molly beschnupperte die beiden neugierig. "Was soll ich nur mit ihnen machen", dachte sie bei sich. "Ich kann sie doch nicht hier alleine lassen." Molly überlegte kurz. Dann legte sie sich hin und die beiden Katzenbabys kuschelten sich zufrieden schnurrend an sie. Ja die beiden hatten Recht, es war spät geworden. Morgen könnte sie auch noch überlegen, was sie tun sollte. Sie war auch sehr müde und schlief bald ein.
"Molly! Molly".... Molly wachte auf, weil sie die Stimme ihrer Mutter hörte. Aber wie kam die denn hier in die Höhle? Mit einem Mal war Molly hellwach, sprang auf die Beine und sah sich um. Aber sie war ja gar nicht in der Höhle. Sie stand mitten auf ihrer Weide. "Molly", hörte sie ihre Mutter sagen, "wo bist du nur wieder mit deinen Gedanken?" "Ich war drüben bei dem Berg und da ist eine Höhle, ich habe zwei kleine Katzenbabys gefunden und sie gerettet, sie wären sonst ganz allein da oben gewesen.", platzte es aus Molly heraus. Ihre Mutter verdrehte die Augen, aber ihre Geschwister waren ganz gespannt. Sie wollten alles wissen, wie das Gras auf der anderen Seite des Zaunes schmeckt, wie der Ausblick von dort oben ist, wie dunkel es in der Höhle war. Und Molly erzählte eine wunderbare Geschichte. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie das Gefühl, dass ihr jemand zuhörte. Sie war sehr glücklich, obwohl sie sich immer noch nicht erklären konnte, wie sie wieder auf die Weide gelangt war.
Kurz bevor es Zeit wurde zu schlafen, kam Granny auf Molly zu. "Wie ich höre, hast du ein aufregendes Abenteuer erlebt.", sagte sie. "Ja, genau wie du früher.", antwortete Molly. Granny grinste Molly zu und sagte : "und das ganz ohne die Weide zu verlassen. Molly, du hast endlich das geheime Land gefunden." Molly war immer noch ein bisschen verwirrt.
Molly und Granny stapften gemeinsam zur Herde um sich in Schlafposition zu begeben. Molly dachte noch einmal über ihren spannenden Tag nach. So eingekuschelt und sicher bei ihrer Familie zu liegen gefiel Molly sehr. Heute Nachmittag hatte niemand sie gehänselt, weil sie wieder ein paar extra Kleeblätter gegessen hatte. Ihre Geschwister kamen immer wieder und wollten neue Geschichten von ihr hören. Und auf einmal verstand Molly. Ja, Sie hatte das geheime Land gefunden - das Land der Phantasie.