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Mobbing-nein danke!
„Ich mag deine Haare, die sind sehen so schön weich aus heute,“ sagte Markus liebevoll. Mit einem zornigen Seitenblick versuchte ich ihn zu verscheuchen. So ein nerviger Kerl. Nach dieser kurzen Ablenkung widmete ich mich wieder dem Schmücken der Aula. „Kommst du mit mir zur Skater Party?“ Ich war kurz davor zu explodieren, sollte ich weggehen oder ihn in seine Schranken weisen? Ich bedachte mich darauf, ihn zu ignorieren, in der Hoffnung, er verschwand von selber. Doch nichts geschah. Markus versuchte meinen Blick einzufangen, der sich immer wieder zur Decke oder zur Seite neigte. In mir wuchs ein riesiges Geschwür, es nannte sich Hass. Dagegen anzukämpfen half nichts. Ich blieb stumm. „Warum redest du nicht mit mir?“, fragte er eine Spur drängender. Blockade. Etwas schnürte mir den Hals zu, es war ein Drang zu versagen, Leute zu enttäuschen und später hasste ich mich jedesmal selber.
Ein Fünkchen menschliches Verhalten fand sich in mir wieder. „Ich hab‘ eben keine Lust mit dir zu reden“, sprach ich. Genervt wandte Markus sich von mir ab. Zu spät?
Nein – das war mein täglicher Begleiter. Wie sollte es auch anders sein, die Leute regten sich doch auf wenn man nicht gleich sofort wusste was man wollte. Ich sagte also immer nein, auch aus Angst es könnten Probleme aufkommen. Wenn man mich fragte, ob ich mit ins Kino käme, sagte ich nein. Ich könnte mich ja falsch verhalten. Was würden Leute denken, was würden sie sagen, würden sie lästern? Diese Fragen kontrollierten mein Leben und eigentlich war ich es Leid meine Bedürfnisse ständig einzuschränken, bloß weil es immer Leute gab, die einen nicht mochten. Eigentlich war die Angst mein Problem.
Am Tag zuvor im Bus war ich daran gescheitert, normal zu bleiben. In Gedanken stellte ich mir eine Szene vor, wie ich Markus fragte ob wir zu diesem Skater Treffen gingen. Meine Gedanken wurden unterbrochen von zwei stark aufgestylten, aggressiv scheinenden Mädchen, ich schätzte sie auf 16 Jahre. Ein bisschen jünger also als ich. Sie kauten Kaugummi, die eine hörte laut Musik. Ich ahnte nichts gutes. Unglücklicher Weise standen sie vor der Bustür und ich musste raus. „Kann ich mal durch“, fragte ich in schüchternem Ton. Ich wurde rot, weil ich Angst hatte, aber warum? Es wurde in mir sehr warm und ich schien auch zu schwitzen. Ich war wohl eher nicht die starke Persönlichkeit, sondern das Opfer. Im Moment wollte ich nur raus. Die beiden schienen das zu merken und nutzten meine Schwäche aus. Die eine stellte sich mir in den Weg, die andere grinste mich frech und abwertend an. „Ich muss hier raus“ klagte ich. Dann drängte ich mich voller Panik an ihnen vorbei. Die, die mich vorher frech angegrinst hatte, stellte mir im Rausgehen noch ein Bein. Ich lag am Boden und musste ansehen ,wie der Bus wegfuhr und die beiden sich da drinnen kaputtlachten. Es reichte. Plötzlich stieg in mir eine unsagbare Wut an, nicht nur auf die Zicken, sondern hauptsächlich auf mich. Wieso wehrte ich mich nicht, war ich so wertlos, dass man mich wie ein Stück Dreck behandeln konnte.
Ich war nicht allein in der Aula aber Markus war im Begriff zu gehen. Wieder war ich wütend und ich war dabei, diesen Hass, der sich aufgestaut hatte, an einem Menschen auszulassen, der mich anscheinend mochte. Das rüttelte mich wach. „Halt“, rief ich ihm hinterher. Markus blieb abrupt stehen. „Tut mir Leid, ich bin mies drauf.“ Ich versuchte ein Lächeln, Markus schien soweit versöhnt, wollte jedoch wissen was los mit mir war. Es kostete Überwindung, dennoch schaffte ich es die Angst auszublenden und ihm davon zu erzählen, ohne darüber nachzudenken was er von mir denken würde. Das war schon mal ein Erfolg. Markus hörte sich alles in Ruhe an, er war ein sehr guter Zuhörer, zudem sah er sehr niedlich aus, während er zuhörte und ab und an nickte. Als ich geendet hatte sagte er: „ Mara, du bist kein Opfer, ich kenne dich, du bist klug und lieb und manchmal auch ein bisschen stur.“ Ich musste grinsen. „Zeig diesen Tussen was in dir steckt und wehr dich, mit Worten natürlich.“ Entschlossen nickte ich und nahm ihn zum Dank kurz in den Arm. Ein kurzer, tiefer Blick in seine Augen genügte und schon sah ich wieder ein Problem vor Augen, aber ein schönes, ich war gerade dabei mich in Markus zu verlieben.
Der nächste Tag würde mich stärken für meine Erfolge, für meinen Kampf gegen die Angst . Ich stieg in den Bus und ein paar Haltestellen weiter stiegen meine beiden neuen “Freundinnen“ ein. Sofort wollte sich ein beklemmendes Gefühl einstellen., doch heute beschloss ich energisch es zu verdrängen. Ich dachte daran was Markus gesagt hatte und fühlte mich nicht mehr ganz so schwach wie gestern. Die beiden grinsten wieder unverschämt. Die aktivere von beiden, die mir gestern das Bein gestellt hatte, rempelte mich beim Vorbeigehen an. „Ey sag mal geht’s noch , ich hab euch doch gar nichts getan?“, rief ich so laut, dass einige Leute aufmerksam wurden. Normalerweise, wäre mir das total peinlich , aber heute wollte ich die Sache einfach aus dem Weg schaffen. Die anderen Menschen im Bus horchten , schienen sich aber nicht einmischen zu wollen. Da fiel mir etwas auf. Ich ging zu dem Mann, der gestern mitbekommen haben musste, wie die beiden mich gemobbt hatten, da er in der Nähe gesessen hatte. „Sie, warum haben sie gestern nichts gesagt, als die beiden mich nicht durchlassen wollten, sie sind ein Erwachsener, sie hätten mir doch helfen können.“ Der Mann schaute mich ratlos an und zuckte verlegen mit den Schultern. Ab dem Moment wurde mir klar, dass es so keinen Sinn hatte. Ich sagte zu den beiden Zicken „Lasst mich in Zukunft in Ruhe , ihr nervt mich.“ Das Lachen war den beiden vergangen, weil viele meine Aufgebrachtheit mitbekommen hatten, vielleicht war es ihnen sogar unangenehm.
In der Schule suchte ich sofort Markus : „Markus, ich hab einen großen Fortschritt gemacht“, sagte ich stolz. Markus war erstaunt und fragte mich schmunzelnd wobei ich den Fortschritte gemacht habe. „Ach, nicht so wichtig“, sagte ich und küsste ihn .