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Mob(bing)

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07.12.2014
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Mob(bing)

Er ist einer der unscheinbarsten, gar der aufrichtigsten und man würde ihn vermutlich als solchen bezeichnen, naivsten Menschen dieser Hochkultur. Seit er vor 2 Jahren seine Lehramtsoption ausschöpfte und nun seines Amtes waltet, lebt er in einer stillen Lethargie.

Nun öffnet er also die Tür seines Klassenzimmers, dort sitzen sie, eine Gruppe aus 12 heterogen gemischten Schülern, allesamt weit über ihrem Zenit, es ist ja die Erwachsenenbildung der er sich verschrieben hat.

S. ,seine beste Schülerin, macht ihm ein Kompliment für sein rechtzeitiges Erscheinen, es sei in dieser Institution untypisch; er schaltet, er darf seine Kollegen nicht ins schlechte Licht rücken; er bedankt sich, betont aber die häufigen Notwendigkeiten eines späteren Erscheinens, wie beispielsweise Lehrerbesprechungen oder Dialoge mit den Schülern.

Der Versuch ein Lächeln anzubringen, während er „Ein Mann kann vernichtet, aber nicht besiegt werden“ an die Tafel schreibt. Es ist ein Zitat Hemingways - heute ist er Thema. Die Frage dieser Stunde ist, ob der Selbstmord Hemingways seine Vernichtung sei. Der Twist gegen Stundenende soll sein, dass der Fortbestand der Literatur den Sieg über das Leben darstellt - eine romantische Conclusio.

Renitente Geister, keiner hat das Werk gelesen. S. versucht durch recht offensichtliche Avancen von ihrer Verfehlung abzulenken, es ist ein typisches Schauspiel in dieser Bildungsstätte.
Ihre Mitschüler unterstellen ihr eine Liebschaft mit dem Lehrer. Er fällt in ihre Missgunst, sie sei immer noch eine Schutzbefohlene.

Man spricht ihn drauf an, man wolle ihn nicht diskreditieren, aber man erkenne eine Verbindung zwischen beiden und sehe S. gute Noten, was den Verdacht nahelege. Man unterstreicht, dass es etwas profanes sei und man mit der Situation kein Problem habe, aber eine Interdependenz erkenne, was einer Intervention bedarf.

Es ist eine Doppelstunde, so kommt er wieder in den Raum, an der Tafel steht nun jedoch: „ Freiheit ist die Freiheit zu sagen, dass zwei plus zwei vier ist. Wenn das gewährt ist, folgt alles weitere“, das Kollektiv hatte wohl zumindest etwas aus dem letztjährigen Unterricht mitgenommen. Er erkennt die Bedrohlichkeit, die dieses orwellsche Zitat ausstrahlt.

Im Sekundentakt trommeln Einschläge auf ihn ein. Er bricht die Kappe seines Kugelschreibers ab, eine typische Stressreaktion. Die Tür des Direktorats klackt ein, die Bestätigung, dass sie geschlossen wurde. Bestätigung ist ein schönes Gefühl, denkt er ganz bei sich.

Er wird versetzt – Strafversetzt. Es ist ein unbekanntes Gefühl - er mag eigentlich schöne Gefühle.

 

Hallo Fabian93,

ich wollte nur sagen, dass ich Deinen Text gelesen habe und dass er mir von der Schreibweise und Wortwahl recht gut gefällt. Nun weiß ich nicht, ob ich Dich da falsch verstanden habe, wegen des eingeklammerten (bing) in Deinem Titel. Das macht mich unsicher. Denn der Text enthält für mich zu wenig Potenzial für die eindeutige Begründung von Mobbing. Da würde ich die Strafversetzung eher als Mobbing sehen und nicht die vermeintliche Liebschaft mit einer erwachsenen Kursteilnehmerin. Das Verhältnis dieser beiden Menschen zueinander hat ja nichts mit dem Lehrer-Schüler-Verhältnis zu tun, bei dem der Schüler Kind ist. Aber ich glaube ja eher, dass er gar nichts mit ihr hat. Ich glaube, während ich hier schreibe, wird mir klarer, worauf Du hinaus willst und damit wird mir Dein Text immer sympathischer.

Schönen Gruß
khnebel

 

Hallo khnebel,

es freut mich, dass es es dir gefällt. Du hast es glaube letztendlich schon selbst entschlüsselt, was das alles zu bedeuten hat. Es lässt durchaus Raum für 2-3 Lesarten, aber das war auch so konzipiert, ursprünglich hatte ich das für einen Wettbewerb geschrieben, hielt es dann aber für nicht massenkompatibel genug.

 

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