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Das leise Klicken der ins Schloss fallenden Tür ließ mich vollends erwachen. Die Weiber waren somit alle aus dem Haus, über das ich jetzt alleiniger Herrscher war. Sonnenstrahlen tanzten über meinem Bett und versetzten mich in euphorische Stimmung. Urlaub. Eine ganze Woche Nichtstun, Gammeln, Lesen und PC. Herrlich. Es muss nicht immer weit weg sein, zuhause ist es genauso schön, wenn man die entsprechende Motivation hat. Ich schwang die Beine aus dem Bett und überließ ihnen den routinemäßigen Gang zur Küche. Kaffee war noch reichlich in der Kanne, dampfend stand der Becher Sekunden später vor mir und neben der Tageszeitung auf dem Tisch. Auf der Zeitung eine Notiz mit der Handschrift von Hermine.

„Schatzilein, da du heut nichts zu tun hast, saug doch mal schnell die Wohnung durch und bezieh die Betten. Kuss. Deine Liebste“
Na toll, soviel zum Thema Gammeln. Aber was soll´s, macht sie ja sonst nebenher und die paar Minuten opfert man gern; ich kann ja heute Abend eine Gegenleistung in Naturalien fordern. Positiv denken, das ist das Geheimnis eines vollendeten Urlaubs. Alles nur eine Sache des Blickwinkels hat mir mal ein alter, weiser Mensch erzählt. Er hatte Recht.

Die Neuigkeiten in der Zeitung waren eigentlich keine. Die Politiker beschäftigten sich intensiv mit der Demonstration ihrer Daseinsberechtigung, die Wirtschaft wirtschaftete so vor sich hin, Dax -0,2%, im Sportteil stand auch nur das, was ich gestern schon im Fernsehen zur Kenntnis nehmen durfte. Ein Optimist schrieb: „Bayern werden Meister“, so ein Esel. Soviel Dusel haben selbst die Bayern nicht. Kaffee war leer, nachgießen und der automatische Griff zu den Zigaretten. Darauf ein gelber Zettel: „Du wolltest doch aufhören.“ Ach jeh, hat die Sorgen. Werde doch nicht ausgerechnet im Urlaub aufhören. Mit einem leichten Hauch Missmut über mich selbst und den Zettel steckte ich mir die erste an und sog den köstlichen Rauch tief in meine sowieso schon schwarze Lunge. Dann begann die Hausarbeit. Beim Saugen verfing sich der Staubsauger in den Teppichfranzen, beim Bettenmachen verfing ich mich im Bezug, stolperte über das Bett und gegen den Nachttisch. Laut Packungsbeschreibung sollte das Desinfektions-Spray überhaupt nicht brennen. „Für Kinder geeignet.“ Wenn deren Kinder dabei nicht geschrieen haben, dürften sie das Spray nur an Indianern getestet haben.

Als ich mich verarztet hatte, hörte ich mein Handy mit der vertrauten Tonfolge des SMS-Eingangs. Aha, die Tochter simmst mal wieder ihre Noten, vermutete ich und las: „Hi Paps, da du doch heut nix zu tun hast, kannst du mich an der Schule abholen? Danke, deine allerliebste kleine Tochter – P.S. jetzt gleich.“ Hätte ich nur mein Handy ausgelassen. Also ging ich zur Garage, und während ich kurz vor dem Einsteigen noch eine Zigarette ansteckte, sah ich das neue große Werbeplakat direkt gegenüber. Zwei Anzeigen, die erste: „Marlboro, …where the flavour is.“, und die zweite: „Der Bundesminister warnt: Rauchen schadet der Gesundheit.“ Wirklich geschickt nebeneinander platziert, obendrein Blickfang und täglich mahnende Erinnerung für meine Frau, mich weiter mit kleinen gelben Zetteln „Du wolltest doch aufhören“ zu traktieren.

Mein Töchterlein stieg unnatürlich fröhlich zu mir ins Auto. „Hab Deutsch zurück.“, sagte sie, kramte im Rucksack und hielt mir, noch bevor ich losfahren konnte ihre Arbeit unter die Nase. „Sie scheinen die Aufgabenstellung nicht verstanden zu haben oder/und sie haben den Unterricht nicht verfolgt. Thema verfehlt. Mangelhaft.“ „Na reizend.“, mehr fiel mir dazu nicht ein. Die Ausführungen, dass der Lehrer ohnehin das Letzte sei, der Durchschnitt unter aller Sau und die Arbeit rein rechtlich wiederholt werden müsste, waren trotz der eindringlichen Schilderung nicht dazu angetan, mich von einer Fehleinschätzung des Lehrers und einer positiven Arbeitseinstellung der Tochter zu überzeugen. Zuhause verschwand sie diplomatisch geschickt sofort auf ihr Zimmer, irgend etwas von „wichtigen Hausaufgaben“ murmelnd.

Ich blieb mir selbst überlassen und versuchte krampfhaft mich auf meine morgentliche Hochstimmung zu besinnen. Es wollte nicht so recht gelingen. Ich versuchte es am PC. Dort würde ich am ehesten abgelenkt. Aber wie sollte es anders sein, nach dem Hochfahren erschien als erstes ihr Lieblingsprogramm auf dem Bildschirm – Notefix – ein weiterer kleiner gelber Zettel, schön zentriert und unübersehbar:
„Hallo alter Faulenzer, wenn du schon wieder an deinem Spielzeug sitzt, hast du ja schon alles erledigt. Mir ist noch eingefallen, dass ich heute länger weg bin und nicht einkaufen kann. Brot, Butter, Toilettenpapier. Kochst du euch noch was Schönes? Hab dich lieb.“
Warum hab ich ihr beigebracht, wie man einen PC bedient? Warum habe ich ihr Notefix gezeigt?
Nach dem Löschen des Programms, lies ich den PC weiterlaufen, machte mich aber auf den Weg, um als Gesandter (oder Geschickter?) zu tun, was mir aufgetragen war. Beim Einsteigen sorgte ein flüchtiger Blick auf „where the Bundesminister is...“ für den endgültigen Stimmungsumschwung.
Dieser alte, weise Mann war ein Idiot, von wegen Blickwinkel, wahrscheinlich war er blind, oder Psychopath.

Am kleinen Lebensmittelladen im Ort lachte mich beim vergeblichen Aufdrücken der Tür ein markantes, in Augenhöhe angebrachtes, rotes Schild an: „Wegen eines Trauerfalls haben wir vom 10. bis 14. geschlossen.“ Na, wenigstens war es nicht gelb. Also, zum Supermarkt.
Nachdem ich fünfzehn Minuten Schlangestehen hinter mir hatte, kam ich zu meinem Wagen, den ich wegsparend direkt vor dem Eingang kurz abgestellt hatte. Schon aus einigen Metern Entfernung sah ich den blauen Zettel hinter dem Scheibenwischer: „ ..Parken außerhalb der markierten Flächen…“ 20 Euro! Für heute war ich bedient. Ich fuhr nach Hause, kochte, bediente meine Töchter und ging gefrustet in die Eckkneipe. Es wurde später.
Ich öffnete leise die Tür, alles dunkel. Der Mantel meiner Frau hing bereits an der Garderobe. In der Küche brannte noch Licht, aber keiner da. Auf der Mitte des Tisches, auffällig platziert, ein kleiner gelber Zettel. NEIN, den würde ich nicht lesen! Ich machte das Licht aus und schlich ins Bett.

Am nächsten Morgen fragte mich meine Frau: „Wollte dich für die Strapazen entschädigen. Wolltest du nicht?“ Sie hielt mir den Gelben Zettel vor die Augen. „Hallo mein lieber Hengst. Wo bleibst du denn? Weck mich bitte, wenn du kommst. Kuß.“

[ 08.05.2002, 22:58: Beitrag editiert von: querkopp ]

 

Hi Chef,

der Text gefällt mir! :thumbsup: Nette kleine Schmunzette für mal so nebenbei.
Ich les jetzt noch die andere Geschichte und dann schlag ich dir vor, welche besser in diesen Wettbewerb passen. Bis gleich,
ergebendst..ähm tschüss elvira

 

Hi Elvira

musste einfach mal sowas schreiben. Habe etliche andere KG in dieser Rubrik gelesen, die alle so anspruchsvoll und anmachend sind, dass ich dazu tendierte schwermütig zu werden (was absolut nicht negativ gemeint ist).
Das zu schreiben hat mich wieder aufgerichtet. Und ich denke, es bringt auch mal etwas "Farbe" in das Thema. Sehe diese KG trotzdem nicht auf dem letzten Platz :)
Tschüssss Maris

 

Hi querkopp!

Nette Geschichte für Zwischendurch, gespickt mit ein paar Schmunzeleinlagen.
Ein fließender Schreibstil der angenehm zu lesen ist.

An einer Stelle blieb ich allerdings hängen.

beim Bettenmachen verfing ich mich im Bezug, stolperte über das Bett und gegen den Nachttisch. Laut Packungsbeschrei-bung sollte das Spray überhaupt nicht brennen
Du wirfst da ein Spray zwischenrein und ich frage mich, was um alles in der Welt es mit diesem Spray auf sich hat. Ist das für Baby's wunden Popo oder für aufgeschrammte Knie?
Hat er das Spray in die Augen bekommen, daß es so brennt, oder sich auf die eigene Wunde getan?
Oder bin ich nur zu doof es zu kapieren? :confused:

Gruß
L.o.C.

 

Hi LoC,

der Fehler liegt, glaube ich, bei mir. Seit etlichen Jahren bediene ich meine Kinder, nach irgendwelchen kleineren Verletzungen, mit einem Desinfektionsspray. Besser als Jod, da Jod so brennt und Spray nur wenig. Als sie erwachsener wurden, blieben wir beim Spray, aus Gewohnheit.
Das ist mir wohl so alltäglich geworden, dass ich übersah, dass es nicht bei Allen eine Selbstverständlichkeit ist. Übrigens, auf´n Po hab ich noch nie so ein Spray gesprüht.

Also, du bist nicht zu doof, nur zu jung. :D

Gruß
querkopp

 

Ist ja beruhigend, daß ich nicht zu doof bin.
Aber zu jung? Nun ja,ich kenn tatsächlich nur das flüssige Jod (auch Indianerfarbe damals bei uns genannt), aber sooo jung, das ich das nicht kennen könnte, bin ich nun auch wieder nicht. Meine Schwester (9 Jahre) kennt übrigens auch kein solches Spray. :D

Was ich aber eigentlich mit diesem Satz von dir noch meinte war, daß ich den Übergang vom Bettenmachen und dem plötzlich auftauchenden Spray etwas unübersichtlich fand.
Du schreibst vom aufräumen und putzen, und springst dann über zu einem Spray. Der Zusammenhang liest sich etwas holprig.

denn mal
;)

 

Hallo LoC,
deine Schwester und du habt wirklich ein unglückliches Alter, teils zu jung und teils zu alt, um die wahren neuen medizinischen Errungenschaften schätzen zu lernen. :)

Der "plötzliche" Übergang ist meinem Wesen als querkopf nicht als solcher erschienen, da sowohl ein Zyniker, als auch ein querkopp, aus dem Stolpern gegen einen Nachttisch und der anschließenden Erwähnung einens Desinfektionssprays einen Zusammenhang zwischen den genannten Aktionen vermuten würden. Aber Mama sagt immer, ich soll nicht immer unterstellen, dass alle einen 4stelligen IQ haben. Mag sein, dass sie recht hat. :D
Gruß
querkopp

 

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