Mit Regenwasser vermischtes Feuer
Mit Regenwasser vermischtes Feuer
Auf einer vom jahrelangen Wettereinfluss ramponierten Straße – du weißt schon: so ein typischer amerikanischer Highway der mitten durch die trockene Einöde (die wir „Wüste“ nennen) führt, immer dumm geradeaus, ohne erkennbares Ziel, da fuhr eines Tages, oder besser gesagt: Abends eine türkisblaue 1957 Chevrolet Corvette mit verhältnismäßig hoher Geschwindigkeit in Richtung Süden.
Im Wagen, dessen Verdeck übrigens heruntergelassen war, saß ein Typ namens Lazarus String (er wäre schon im Kindergarten wegen dieses Namens gehänselt worden – wenn er denn jemals in einen gegangen wäre), und dieser Lazarus String hatte ein Problem.
Er fuhr also in seinem Auto (eigentlich war es nicht seins – ein Teil seines Problems) und als er seinen Blick für einen Moment von der Straße vor sich abschweifen und ihn auf dem Beifahrersitz kurz verweilen ließ, da sah er einen Blutfleck von ca. 20 x 30 cm Durchmesser (ein anderer Teil seines Problems).
„Komisch,“, dachte er, „Blut trocknet viel langsamer ein als man glaubt.“. Noch während dieses Gedankenganges berührte er mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand den tatsächlich noch feuchten Fleck, nahm somit ein paar Tropfen des Blutes auf und führte es an seine Lippen. Er hatte keine Ahnung warum er das tat.
Nun, den müden Blick wieder auf die Straße vor sich gerichtet, versuchte er sich (ohne ein weiteres Mal nach rechts zu sehen) die Farbe des Blutes, das schimmernde Rot, das man wirklich nur als „blutrot“ bezeichnen kann, ganz genau vorzustellen. Es war für ihn keine leichte Aufgabe – trotzdem glaubte er, während er so dahinfuhr, manchmal für einen Bruchteil einer Sekunde dieses Rot tatsächlich wieder vor Augen zu haben.
Natürlich hätte ein kurzer Schwenk seines Sichtradius nach rechts genügt um seine Erinnerung aufzufrischen, doch ,so sagte er sich, das wäre zu einfach. (Außerdem hielt er nicht viel von „Erinnerungen auffrischen“.) Er fühlte sich jedenfalls im Moment dazu berufen, gefordert zu werden... vielleicht wollte er sich auch einfach nur ablenken... von seinen Problemen nämlich.
Für einen Außenstehenden mag es recht dumm erscheinen, zu versuchen sich mit etwas abzulenken, was in direktem Kontakt zum Problem an sich steht, doch für Lazarus war das schon in Ordnung, glaubte er jedenfalls. Nach etwas 20 Minuten aber gab er dieses Spiel wieder auf, er hatte mittlerweile ziemliche Kopfschmerzen.
Doch dann geschah etwas, was ihm äußerst seltsam, ja sogar unrealistisch vorkam. Dieses imaginäre Rot, das soeben noch einen Platz in seinem Hirn eingenommen hatte, erschien nun in so weltlicher Form etwa 100 Meter vor ihm, dass man eine Art Fatahmorgana als Erklärung für diesen Phänomen (denn das war es für Lazarus) von vornherein ausschließen konnte.
Und er fuhr direkt darauf zu.
Da stand ein Mann.
Sehr groß. Etwa zwei Meter zwanzig. Er trug einen roten Pullover.
„Wow...“, dachte Lazarus.
Der Mann hatte seine Hand im 90 Gradwinkel zur Erde erhoben und streckte seinen Daumen in Richtung Himmel.
Lazarus fuhr an ihm vorbei und murmelte: „Scheiße! Verdammte Dreckscheiße!“
Er erhöhte sein Tempo, fuhr weiter in Richtung Süden und dachte an das tote Mädchen in seinem Kofferraum.
Er wusste nicht mal ihren Namen...