Mit dem Schrotgewehr in den Hinterkopf
Vor ein paar Tagen traf ich durch Vorhersehung einen alten Mann, der stand auf seinem Bart an einer Straßenecke und sang lustige Lieder von Liebe. Als ich an ihm vorbeigehen wollte, fletschte er die Zähne und ließ mich nicht weiter. Ich steckte mir eine Zigarette an und wartete, aber viel hatte er mir nicht zu sagen und aus seinem Mantel kam ein Plappern. Ich ging weiter und spuckte ein paar Mal auf den Boden. Zwei Kilometer entfernt explodierte gerade ein Atomkraftwerk und zerfetzte kleine Kinder mit großen Knopfaugen in tausend Teile. Ich kaufte mir im nächsten kleinen Laden eine Wäscheklammer und klemmte mir die Nase zu. Wegen des Leichengeruchs. Den mag ich nicht und schließlich wollte ich noch ein Sandwitch essen, eins mit Thunfisch und Salat. Die liebe ich und es ist ja wichtig, was zu lieben im Leben.
Zwei Tage später ging ich wieder an der Ecke vorbei. Da stand der Alte immer noch. Er riß vor mir seinen Mantel auf und entbößte einen roten Papagei, der behauptete er sei viele und mir zu kubanischen Zigarren und von Trübsal abriet. Im zweiten Stock erhängte sich zu der Zeit meine Nachbarin mit einer rosanen Schleife und einem letzten Wimmern. Ich mochte die Schleife, die Nachbarin war mir immer suspekt gewesen, weil sie Schlagzeug in einer Rock'n'Roll-Band spielte. Ich schrieb einem Freund später eine Mail, um ihm mitzuteilen, dass die schöne Wohnung mit Blick auf den Fluss frei sei und machte ihm damit eine Freude. Damals aber klaute ich dem Alten den Papagei, um ihm das Leben zu erklären. Aber dieser Papagei sagte doch tatsächlich, das Leben sei schön oder zumindest ganz okay. Ich erklärte ihm, dass doch, wenn wir mal ehrlich sind, niemand weiß, warum die Vögel morgens zwitschern. Ich sang ihm das so lange vor, bis er es nachplapperte, und das funktionierte toll.
Später, im nächsten Tätowierladen ließ ich dem Papagei HASS auf die Stirn tätowieren, um sein neues Image zu verdeutlichen, und grinste breit. Ich hetzte ihn im Park auf die Tauben, die mir vor ein paar Jahren einmal auf die Jacke geschissen hatten, woran ich mich zu erinnern glaubte. Ich sang ihm vor, alle anderen Vögel seien scheiße und dass er sie zerbeißen solle, was er auch tat, als wir so schnellen Schrittes durch die Straßen gingen, quer durch die ganze Stadt zu den Nutten und den Supermärkten.
Am nächsten Tag wollte ich den Alten besuchen und ihm zeigen, was der Papagei von mir gelernt hatte. Doch der war inzwischen geplatzt oder zumindest weggezogen. Vielleicht habe ich ihn auch erschossen, mit dem Schrotgewehr in den Hinterkopf. Das weiß keiner.