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Mister Winterbotten

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21.04.2016
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Mister Winterbotten

Dieses ist die Geschichte von Mr. Winterbotten. Er sitzt, wie jeden Abend seit drei Jahren, um genau 19:00 Uhr beim Abendbrot. Er löffelt seine Suppe mit der linken Hand, denn er ist Linkshänder. Als Kind hatte er deswegen alle Weile Schwierigkeiten. Denn noch vor sechzig Jahren galt es als unschicklich, mit der linken Hand zu essen. In der Schule schlug ihm der Lehrer mit dem Rohrstock auf die Hand, denn geschrieben wurde mit rechts und nur mit rechts. Er konnte das einfach nicht. So musste er Schläge und Ermahnungen deswegen in Kauf nehmen. Heute ficht ihn das alles nicht mehr an, denn er ist allein und niemandem Rechenschaft schuldig.

Das einzige Lebewesen, das er in seiner Wohnung duldet, ist sein Hund Racker. Er ist ihm im Laufe der letzten drei Jahre – seit seine Frau tot ist – immer wichtiger geworden. Ja so wichtig, dass er mit ihm am Tisch sitzen und die Mahlzeiten mit ihm gemeinsam einnehmen darf. Racker benimmt sich dabei recht manierlich.

Wohltuendes Schweigen umgibt die Beiden. Mr. Winterbotten denkt an vergangene Zeiten, als sein Luischen noch bei ihm war. Was konnte die Frau lachen. Laut, aus voller Kehle und so heftig, dass es ihr oft die Tränen in die Augen trieb. Es störte sie dabei gar nicht, dass sich ihre Wimperntusche in Wohlgefallen auflöste und wie kleine schwarze Bahnen die prallen roten Wangen hinablief. In diesen Momenten liebte er sie am meisten. Er nahm sie dann oft in seine Arme und wirbelte sie so lange herum, bis beide außer Atem waren und sich zu Boden sinken ließen. Das ist alles schon lange her und doch immer wieder eine schöne Erinnerung. Durch dieses Erinnern ist Luischen ihm wieder nah und er kann fast ihre Wärme spüren. Ja, manchmal erwischt er sich dabei, wie er mit ihr redet, oder den Hund ausschimpft: „Wenn das das Frauchen sieht.“ Ein wenig traurig hält er dann inne.

Bis vor ein paar Monaten hat der alte Mann sich noch sehr einsam gefühlt. Es war so, als luge die Einsamkeit hinter dem roten Samtvorhang, den Luischen unbedingt haben wollte, hervor und verhöhne ihn. Er fühlte sich schon versucht, ihn durch einen gelben Voilevorhang zu ersetzen. Hat es aber gelassen, denn mit ihm kann er die Einsamkeit auch verstecken – allerdings erst seit ein paar Monaten, nachdem er endlich loslassen konnte.

Wenn man jetzt denkt, der alte Mann sei allein, so stimmt das nicht. Seine Erinnerungen an vergangene Zeiten sind seine Weggefährten. Die Fotoalben, ja sogar ein kleiner Film von seinem Luischen sind seine Begleiter. Wann immer Sehnsucht in ihm aufsteigen will, holt er die Fotos hervor. Dann sind da auch noch die alten Briefe – geschrieben vor fünfzig Jahren – im ersten Liebestaumel. Er liest sie immer und immer wieder und schmunzelt oft darüber. Dann sieht er seine Frau vor sich – in der Blüte ihrer Schönheit und Jugend. Im weißen, luftigen Sommerkleid, mit geflochtenen Haaren, blitzenden Augen, rosigen Wangen und einer Taille, die einer Wespe zur Ehre gereicht hätte. Die Taille hat sich allerdings im Laufe von fast fünfzig Jahren sehr verändert. Und doch – die Liebe ist geblieben – wenn auch in einer anderen Dimension.

Mr. Winterbotten löffelt weiter seine geschmackvolle Suppe, wenn sie auch nicht so gut schmeckt wie Luischens.

 
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Hola KPW1202,
Deine Rechtschreibung ist okay.
Hakeln tut’s hier:

... alle Weile ...
Geht ins Mundsprachliche: alleweil; ansonsten ist Weile ein Zeitbegriff.
Als Kind hatte er deswegen alle Weile Schwierigkeiten.
Dieser Satz ist mMn. nicht korrekt.

So musste er nun Schläge und Ermahnungen deswegen in Kauf nehmen.
Hier sind sich ‚nun’ und ‚deswegen’ im Wege – schon wieder mMn.

die Beiden
immer klein

Bis vor ein paar Monaten hat der alte Mann sich noch sehr einsam gefühlt. Es war so, als luge die Einsamkeit hinter dem roten Samtvorhang, den Luischen unbedingt haben wollte, hervor und verhöhne ihn. Er fühlte sich schon versucht, ihn durch einen gelben Voilevorhang zu ersetzen. Hat es aber gelassen, denn mit ihm kann er die Einsamkeit auch verstecken – allerdings erst seit ein paar Monaten, nachdem er endlich loslassen konnte.

... einer Taille, die einer Wespe zur Ehre gereicht hätte.
Die ‚Wespentaille’ feiert gerade ihren 250-jährigen Geburtstag. Ersinne doch selbst etwas!

Lieber KPW1202, dieser Text genügt mir nicht. Ich habe mich darauf eingelassen und die Geschichte aufmerksam – mit offenen Sinnen, sozusagen – gelesen. Einige altmodische Formulierungen fand ich sympathisch, doch je weiter ich las, desto geringer erschien mir die Chance, dass diese KG noch die Kurve kriegt – und mich als Leser!
Hier muss noch Butter bei die Fische. Ein Wittwer, der seine Suppe löffelt, genügt nicht, um bei mir Mitgefühl aufkommen zu lassen. Der Hund hätte glänzen können – das jedoch hätte (schriftstellerische) Arbeit bedeutet. Ein wunderbares Thema (eigentlich): Alter Mensch und sein Hund. Leider verfehlt.
Warum diese beiden Vorhänge zum Thema wurden, kann ich nicht verstehen, und auch ansonsten ist es schade, dass Du scheinbar eine Idee hattest, aber nicht bereit warst, ordentlich zu investieren. Es kommt, um nicht zu sagen lustlos, so doch halbherzig herüber und ich denke, wie uns KPW1202 mit etwas mehr Aufwand an Zeit und Kreativität eine tolle Geschichte präsentiert hätte, an der wir alle unsere Freude gehabt hätten (und der KPW1202 auch;)).
Nun ja, mehr weiß ich auch nicht.
José
Oder doch? Der Voilevorhang! Herrjemineh - ich verwette einen Euro fünfzig, wenn der nicht unbedingt verkauft werden musste. Claro doch. Also doch eine KG zum Schmunzeln.

 

Hallo KPW1202,

rein sprachlich/stilistisch mag ich die Geschichte ja, gerade die Beschreibung von Luischens Lachen halte ich für gelungen, aber inhaltlich ... hmm.

Vielleicht verstehe ich auch nicht alles: z.B. die Bewandtnis mit dem Rechtshändertraining am Anfang: ist das ein Versuch zu erklären, warum Mr. Winterbotten (wieso eigentlich der Abdrift ins Anglisierte?) jetzt auch die Trauer so stoisch erträgt? Dann sollte die Linkshändigkeit vielleicht noch einmal aufgegriffen werden.
Ich habe einmal gelernt, dass, wenn man in einer Geschichte Kisten aufmacht, sie am Ende wieder geschlossen haben sollte. Jetzt ist natürlich nicht leicht zu unterscheiden (und für den Leser schon mal gar nicht), was eine "Kiste" sein sollte und was nur ein Detail/Bild, um die Erzählung aufzulockern. Deshalb musst du wissen, warum du den Hund erwähnst, und ob er nicht auch eine größere Rolle in der Geschichte haben und zum Ende beitragen sollte.
Aber vielleicht ist das das Problem: das Ende ist kein Ende, du hörst einfach auf, und die Geschichte ist nicht wirklich eine Geschichte. Wir sehen Herrn Winterbotten nicht beim Überwinden seiner Trauer zu, sondern es wird uns von einem auktorialen Erzähler erzählt, dass er die Trauer überwunden hat und wie. Währenddessen löffelt der Protagonist seine Suppe.
Stilistisch hat sowas Kleines, Ruhiges natürlich auch seinen Reiz, aber satt bin ich nicht geworden.

Soweit mein Eindruck
Viele Grüße
Ella Fitz

 
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Hallo josefelipe,

danke, dass du dich so ausführlich mit meiner KG befasst hast. Alle Weile, fand ich einfach gut. Das Wort nun, werde ich streichen. Es kommt immer mal wieder vor, dass man Wiederholungen vorgenommen hat. Fällt einem aber leider nicht auf (ein paar Monate). Die Wespentaille fand ich angebracht, weil ich von einer alten Person rede. Aus diesem Grunde auch die altmodischen Formulierungen - haben doch ihren Reiz.
Welche Kurve vermisst du? Es ging mir nicht um den Hund. Ich wollte den Gemütszustand und den Fortschritt in der Trauer des alten Mannes aufzeigen. Die beiden Vorhänge sind sybolisch zu sehen. Man kann hinter ihnen etwas entdecken oder verstecken.
Lustlos und halbherzig habe ich nicht geschrieben. Vielleicht erwarte ich zu viele Gedanken seitens des Lesers.
Danke

Viele Grüße

 

Hallo Ella Fitz,

der Name Winterbotten und die Linkshändigkeit - einfach so eine Idee.
Wie schon in der Antwort an josefelipe erwähnt, geht es mir um den alten Mann, seine Trauer und die Bewältigung derselben. Der Hund hilft ihm dabei - das ist seine Rolle.
Ehrlich gesagt, was du mit offenen Kisten meinst, habe ich nicht verstanden.
Es kann auch durchaus der Sinn einer Kurzgeschichte sein, dass das Ende - im gewissen Rahmen - offen bleibt. So kann sich jeder das Ende selber schmieden.
Tut mir leid, wenn du nicht satt geworden bist.

Vielen Dank für deine ausführliche Einlassung.

Viele Grüße

KPW1202

 

Hej KPW1202,

es ist nicht so, dass mich der alte Mann und sein Hund, seine Trauer, den Umgang damit, der Verlauf nicht anrührt. Die leichte Trostlosigkeit, die Einsamkeit transportierst du schon.

Ich finde aber auch, dass du vielleicht nicht "zufällig" zum Beispiel Namen auswählen solltest. Und es wäre auch fesselnder, wenn die Linkshändigkeit dann eben doch noch etwas mehr an deinem Protagonisten wiederspiegeln würde.

Ich kenne das genau, dieser Wunsch, den Leser machen zu lassen. Aber hier auf der anderen Seite der Geschichte möchte ich "bedient" werden, oder eben genau so viele Hinweise bekommen, dass sich von selbst ein Bild ergibt. Und nicht zwanzig, von denen ich dann auch noch wählen muss.

Ich verstehe Ella Fitz so, dass die "Kiste" zum Beispiel die Linkshändigkeit ist oder eben der englisch anmutende Name. Und wenn ich dann mittendrin oder eben am Ende eine Handlung, eine Wendung oder eine Eigenschaft diesbezüglich wiederfinde, bin ich glücklich. Kiste zu.

Vielleicht lässt du es nich mal im Hirn zergehen. ;)

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo nochmal KPW1202,

verständlich sollten meine Einlassungen ja nun auch sein, und nicht nur ausführlich, deshalb hier noch mal, was ich meinte: Mir kam es vor, als hättest du mit der Linkshändigkeit "eine Kiste aufgemacht", also etwas erwähnt, damit ich, der Leser, es für später weiß. Weil es danach nicht mehr zur Sprache kam, fühlte es sich für mich so an, als sei die Kiste offen geblieben. Wenn du es aber von Anfang an nur als kleines Detail ohne weitere Bedeutung für die Geschichte gemeint hattest, dann war da natürlich nichts zu schließen. Wie ich schon sagte: als Leser kann ich das nicht unbedingt unterscheiden.
Und fühle mich, wenn mir ein Problem in sechs Zeilen geschildert wird (bei 35 insgesamt ohne die Leerzeilen immerhin ein Sechstel der Geschichte) und es dann "einfach so eine Idee" war und mit der eigentlichen Geschichte gar nichts zu tun hat, gegebenenfalls etwas unbefriedigt. Da bin ich dann vielleicht nicht der gedankenvolle Leser, den du erwartest. Macht ja nichts.

Viele Grüße
Ella Fitz

 
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Hallo Ella Fitz,

ich bin überrascht, dass Name und Linkshändigkeit so wichtig sein können. Aber, ich hab´s kapiert.

Wie schon gesagt, es ging mir um den alten Mann und um das Klarkommen mit seiner veränderten Lebenssituation. Auch darum, aufzuzeigen, wie man sich helfen kann. Hat wohl nicht so geklappt.

Viele Grüße
KPW1202


Hallo Kanji,

schön, dass ich doch ein wenig transportiern konnte.

Wie schon bei Ella Fitz erwähnt, habe ich Namen und Linkshändigkeit ausgedacht, ohne viel Bedeutung darin zu sehen. Sehr interessant, was man beachten sollte.

Ich hoffe, es gelingt mir demnächst besser.

Viele Grüße
KPW1202

 

Hallo KPW1202

ich möchte dir ein paar Worte zu deiner Geschichte schreiben.
Du schreibst Erinnerungsliteratur, etwas wehmütiges, sehnsüchtiges und zeichnest den alten Mann in seiner Einsamkeit. Was mir fehlt, ist so was wie Einzelheiten. Erinnerungsfetzen, eine kelien Anekdote, mit der er sich an sein Luischen denkt. Gegensände in der Wohnung, die ihn an sie erinnern, nicht allein die Fotos... Das kann eine gute Geschichte werden, wenn du da noch was ergänzt, so bleibt sie doch sehr ungenau, im vagen...

Paar Textstellen:

Dieses ist die Geschichte von Mr. Winterbotten.
besser fände ich: dies ist...

deswegen alle Weile
haben andere schin angemerkt: alle Weile ist ein eher selten benutzter Ausdruck...

Durch dieses Erinnern ist Luischen ihm wieder nah und er kann fast ihre Wärme spüren.
schöne Einleitung, hier müsste die Anekdoten, die Erinnerungsfetzen folgen...

Im weißen, luftigen Sommerkleid, mit geflochtenen Haaren, blitzenden Augen, rosigen Wangen und einer Taille, die einer Wespe zur Ehre gereicht hätte. Die Taille hat sich allerdings im Laufe von fast fünfzig Jahren sehr verändert. Und doch – die Liebe ist geblieben – wenn auch in einer anderen Dimension.
das ist nicht gut und mit der Wespentaille schon gleich nicht...

Vielleicht machst du ja noch was draus:)
viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Isegrims,

es ist so, dass ich recht gerne "altertümliche" Wörter benutze. Allein schon deshalb, weil unsere Sprache immer flacher wird und immer mehr "alte Wörter" nahezu verschwinden.

Im weißen, luftigen Sommerkleid, mit geflochtenen Haaren........Aber genau das ist seine Erinnerung - warum ist das nicht gut? Was mich wundert - habe ich schon erwähnt - ist, dass sich alle an der Wespentaille stören. Ich wollte ja etwas damit aussagen.

Danke für dein Statement.

viele Grüße
KPW1202

 

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