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Missbraucht
Kapitel 1 - Das Aquarium
„Ich hasse dich!“, schrie Charlene ihren Vater an. „Ich hasse dich! Ich hasse dich! Ich hasse dich!“
Heulend rannte sie die Treppe rauf in ihr Zimmer und stieß die Türe mit einer solchen Wucht zu, dass in der unteren Etage im Wohnzimmer die Gläser in der alten Vitrine erschüttert wurden.
Ihr Vater liebt seine fünfjährige Tochter von ganzem Herzen, doch wenn sie selbst nach der dritten Aufforderung nicht gehorchen will, gibt es auch schonmal Schläge auf den Hintern. Erzieherische Maßnahme nennt er das dann.
Doch diesmal war es anders. Als ihr Vater nach Hause kam, traf ihn fast der Schlag. Das 250-Liter fassende Aquarium war sein großer Stolz. Doch jetzt war es nur noch ein Trümmerhaufen. Auf dem Teppich lagen in einer riesigen Wasserlache algenähnliche Grünpflanzen und eine Menge toter Fische. Entsetzt sah er sich das Chaos etwas genauer an, um zu sehen, ob wenigstens ein paar der Fische noch zu retten waren. Zappelnde Fische sah er zwar keine mehr, dafür jedoch etwas anderes: Eine große, blaue Glasmurmel, mit der seine Tochter oft spielt.
„Charlene!“, rief er durch den Flur nach oben. „CHARLEEEENE! Komm mal sofort runter! Kannst du mir mal erklären, was das hier soll?!?“
Doch Charlene wusste nicht, warum ihr Vater schon wieder so wütend war, und aus Angst vor Schlägen hat sie sich in ihrem Zimmer versteckt. Wutentbrannt rannte ihr Vater nach oben, riss die Tür auf und packte seine Tochter fest an den Armen. „Warum hast du das Aquarium kaputt gemacht? Ich habe dir doch schon tausendmal gesagt, dass du nichts gegen die Scheiben werfen darfst!“
„W-w-was meinst du?“, fragte Charlene ängstlich.
„Was ich meine? Das weißt du doch ganz genau. Ich kann deiner Erinnerung aber gerne noch einmal auf die Sprünge helfen!“
Er packte sie fest unter seinen Arm und rannte die Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Als Charlene das Chaos sah, erschrak sie: „Papa! Papa! Das Aquarium ist ja kaputt!“
„Ja genau! Hier, sieh dir an, was du da angestellt hast. Schau nur ganz genau hin!“
Noch immer in seinem Arm hielt er sie mit dem Kopf nach unten so dicht auf den Boden, dass ihre Nase einen dicken, toten Fisch berührte. „Iiiiiihhh, hör auf! Ich war das nicht! Ich hab das nicht kaputt gemacht!“
„Natürlich nicht“, entgegnete ihr Vater ironisch, „genauso wenig, wie die große Vase und die Salatschüssel.“
„Aber diesmal war ich es wirklich nicht!“ Ausnahmsweise sagte sie wirklich die Wahrheit, doch für ihren Vater war der Fall klar. Schließlich war es ganz klar, dass sie die Glasmurmel gegen die Scheibe geworfen hat. Vielleicht, um die Fische zu erschrecken. Vielleicht auch nur wegen dem klickenden Geräusch, das dabei entsteht. Und als dann plötzlich die Scheibe zerbrach, ist sie schnell auf ihr Zimmer gerannt und streitet alles ab. Wäre ja schließlich nicht das erste Mal, dass sie etwas kaputt macht und es vehement abstreitet.
Wütend über Charlenes fehlende Einsicht legte er sie über’s Knie und schlug ihr so feste auf den Hintern, wie er es noch nie zuvor getan hat. Ja, diesmal war er WIRKLICH wütend. Was zuviel ist, ist zuviel. Als er mit seinen „erzieherischen Maßnahmen“ fertig war, rannte Charlene heulend auf ihr Zimmer und schmetterte die Türe hinter sich zu.
Kurz darauf kam Karin - seine Frau - vom Einkaufen zurück und rief entsetzt „Christian! Was ist denn mit dem Aquarium passiert?“
„Na, dreimal darfst du raten. Ich sag’ nur soviel: CHAR-LENE“
„WAS? Lenny hat das kaputt gemacht? Bist du sicher?“
„Das ist ja wohl mehr als eindeutig. Hier, diese Murmel habe ich zwischen den Scherben gefunden. Und die Scheibe wird ja wohl kaum von alleine kaputt gegangen sein.“
Zögernd antwortete Karin: „Ähm ... also ... vielleicht doch. Als ich heute morgen Staub gewischt habe, ist mir so eine kleine Pfütze auf dem Teppich aufgefallen. Ich dachte, das wäre mir beim Blumen gießen passiert und hab nicht weiter darüber nachgedacht. Aber es könnte doch auch sein, dass die Scheibe wirklich aus irgendeinem Grund undicht geworden ist.“
„Aber die Murmel? Warum liegt wohl sonst die Murmel mittendrin im Geschehen?“
„Ich bitte dich. Lenny lässt doch ständig ihr Spielzeug überall rumliegen...“
Mit prüfendem Blick betrachtete Christian daraufhin einmal den Rand des Aquariums. Und tatsächlich: In der oberen linken Ecke war das Holz, in dem die Glasscheiben eingelassen waren, gequollen. Hier muss wirklich schon längere Zeit eine ganz kleine undichte Stelle gewesen sein. Dass sie bisher niemandem aufgefallen war lag sicher daran, dass diese kleine Menge Wasser vom Holzrahmen förmlich aufgesaugt wurde. Mit der Zeit ist dann das Holz aufgequollen und hat dabei die Glasscheibe von der Dichtung getrennt, bis der Wasserdruck von immerhin 250 Litern die Scheibe mit einem Schlag nach Außen gedrückt hat.
„Oh je!“, sagte Christian leise. „Da ist wohl eine Entschuldigung fällig.“
Als er zu Charlene ins Zimmer gehen wollte, war die Türe verschlossen und so rief er mit sanfter Stimme: „Lenny? Darf ich reinkommen?“
„HAU AB!“
„Es tut mir leid, was ich gemacht habe. Ich weiß jetzt, dass du das Aquarium nicht kaputt gemacht hast.“
„HAU AB! Ich will dich nie mehr sehen! Nie mehr! Nie mehr! NIE MEHR!!!“
Er wusste, es hat jetzt absolut keinen Sinn, weiter auf sie einzureden. Wenn sie sich etwas beruhigt hat, werden sie sicher über die ganze Geschichte nur noch lachen.
Am nächsten Morgen war alles schon wieder vergessen - das dachte jedenfalls Christian. Doch Charlene war noch immer stinksauer auf ihren Vater. Ständig ist sie an allem Schuld, immer soll sie den Sündenbock spielen. Doch damit ist jetzt Schluss. Diesmal soll ihr Vater merken wie es ist, für etwas bestraft zu werden, das man nicht getan hat.
Kapitel 2 - Im Kindergarten
„Tante Bärbel? Darf ich dich mal was fragen?“
„Ja natürlich, Lenny. Was gibt’s denn?“
„Du hast uns doch neulich von dem kleinen Mädchen aus dem Fernsehen erzählt. Und das wir dir sofort sagen sollen, wenn jemand mit uns so komische Spiele spielt.“
Im Gesicht der Kindergärtnerin wich das freundliche Lächeln einer ernsten Mine. Aufmerksam und etwas erschrocken sagte sie: „Ja, das stimmt. Willst du mir etwas erzählen?“
„Also ... mein Papa macht manchmal so komische Spiele mit mir. Dann zieht er sich die Hose aus und ich soll sein ... sein ... Ding ... anpacken. Wenn ich das nicht mache, dann schlägt er mich. Manchmal streichelt er mich auch da, wo mein Pipi rauskommt.“
Die Kindergärtnerin wusste gar nicht, wie sie darauf reagieren soll. Nie hätte sie gedacht, dass so etwas ausgerechnet in ihrer Gruppe vorkommt. Und schon gar nicht bei Charlene, die doch immer so ein fröhliches und aufgewecktes Kind war. Also strich sie ihr sanft über die Haare und nahm sie fest in den Arm.
„Du brauchst keine Angst mehr zu haben, es wird alles wieder gut. Soll ich denn mal mit deinem Papa darüber reden?“
„Ja.“, sagte Charlene leise und dachte: „Bingo!“
Kapitel 3 - Die Gerichtsverhandlung
Nachdem Charlenes Vater im Gespräch mit der Kindergärtnerin und dem Jugendschutzbeauftragten alles abgestritten hat und Charlene weiterhin auf ihrer Aussage beharrte, kam der Fall vor das Jugendgericht.
„Herr Peterson, Sie bleiben also bei Ihrer Behauptung, Charlene hätte das alles nur erfunden?“
„Ja! Wissen Sie, meine Tochter hat eine blühende Fantasie. Was weiß ich, welcher Teufel sie da geritten hat, mir so etwas zu unterstellen.“
„Aus welchem Grund, frage ich Sie, sollte sich ein fünfjähriges Mädchen so etwas ausdenken?“
„Ich weiß es nicht. Aber ich habe ihr nichts getan, das müssen Sie mir glauben. Und ich habe schon gar keine ‘Spielchen’ mit ihr gespielt.“
„Danke. Keine weiteren Fragen. Dann rufe ich jetzt Charlene Peterson in den Zeugenstand“.
Charlene kam herein und sollte sich an den Tisch in der Mitte setzen.
„Hallo Charlene“, sagte die Richterin. „Zuerst muss ich dich darüber belehren, dass du vor Gericht die Wahrheit sagen musst, sonst machst du dich strafbar. Das weisst du?“
„Ja.“, sagte Charlene schüchtern.
„Und du weißt auch, was ein Gericht ist, und warum wir uns hier versammelt haben?“
Charlene nickte stumm.
„Gut. Charlene, dann erzähl mir doch einmal, was genau passiert ist?“
„Also ... manchmal zieht sich mein Papa die Hose runter und dann soll ich sein ... Ding ... anpacken.“
„Und dieses ‘Ding’, hat das jeder Mann?“
Charlene nickte.
„Und haben das auch Frauen?“
„Nein.“, sagte Charlene leicht erheitert. Was für eine dumme Richterin, die ist doch selber eine Frau und weiß das nicht.
„Sollst du dich dann auch ausziehen?“
Charlene nickte und sagte: „Und manchmal streichelt er mich da, wo mein Pipi rauskommt.“
„Steckt er denn auch etwas da rein, wo dein Pipi rauskommt?“
„EINSPRUCH! Quälen Sie das Kind nicht mit diesen grausamen Details. Diese Aussage ist doch wohl schon eindeutig, zumal sie ihren eigenen Vater damit belastet.“
„Also schön. Willst du mir denn sagen, ob aus dem ‘Ding’ bei deinem Vater bei diesem Spiel etwas rauskommt?“
Charlene sagte leicht verwirrt: „Äh ... wenn er Pipi muss, dann geht er aufs Klo?!“
Ein Lachen ging durch den Saal, was Charlene ziemlich verunsichert hat. Was meinte die Richterin? Was soll denn da rauskommen?
„Und wenn du sein ‘Ding’ anpacken sollst, sollst du dann damit spielen?“
„Ja.“
„Und ... äh ... verändert sich sein ‘Ding’ während du damit spielst?“
„Einspruch! Keine Details bitte!“
„Einspruch abgelehnt!“
„Also?“
„Ich weiß nicht. Was meinst du?“
„Nun ... wird es vielleicht größer? Oder zeigt es nach oben?“
Charlene wurde ziemlich unsicher. Wieso sollte es größer werden? Das ist doch sicher eine Falle? Und wie soll es nach oben zeigen? Zwar hatte sie beim Duschen schon oft sein ‘Ding’ gesehen, aber da hing es immer nach unten. Sicher will die Richterin jetzt prüfen, ob sie lügt.
„Äh ... nein, das wird nicht größer.“
„Einspruch! Merken Sie nicht, dass Sie das Kind total verunsichern?“
„Abgelehnt!“
Für die Richterin war der Fall klar. Charlene wusste einfach zu wenig Details. Niemals hat sie einen erigierten Penis gesehen, geschweige denn in der Hand gehabt. Und sie weiß auch nicht was passiert, wenn man lange damit ‘spielt’. Vermutlich hat sie mal irgendwo in den Nachrichten etwas über Kindesmissbrauch gehört und spinnt sich jetzt - warum auch immer - ihre eigene Lügengeschichte zusammen.
„Charlene. Das klingt alles sehr unglaubwürdig für mich. Darum will ich dich nochmal daran erinnern, dass dein Papa für viele Jahre ins Gefängnis muss, wenn das wirklich stimmt, was du sagst. Willst du, dass dein Papa viele Jahre lang eingesperrt wird?“
Auf einmal brach Charlene in Tränen aus. „Nein. Das will ich nicht. Ich hab meinen Papa doch lieb und er hat mir auch nie weh getan. Ich ... ich war nur so sauer auf ihn, weil er mir immer die Schuld gibt. Auch, wenn ich es gar nicht war. Als das Aquarium kaputt gegangen war hat er Mama erzählt, ich hätte das kaputt gemacht. Aber ich war das nicht. Darum hab ich der Tante Bärbel erzählt, dass mein Papa „komische Spiele“ mit mir spielt, so wie bei dem kleinen Mädchen aus dem Fernsehen. Aber ich ... ich ... will doch nicht, dass mein Papa eingesperrt wird. Das hab ich mir doch alles nur ausgedacht!“
Von diesem Tag an wurde Charlene von ihrem Vater nie wieder zu Unrecht beschuldigt. Lieber nahm er die Schuld auf sich, als dass er sein geliebtes Töchterchen auch nur ein einziges Mal falsch beschuldigt. Und Charlene hat ihm jetzt immer sofort gestanden, wenn ihr ein Missgeschick passiert ist. Denn sie hat jetzt verstanden, dass sie für das kaputte Aquarium eigentlich nur deshalb beschuldigt wurde, weil sie in der Vergangenheit - als sie wirklich aus Versehen das eine oder andere kaputt gemacht hat - auch immer alles abgestritten hat. Warum also hätte ihr Vater ihr ausgerechnet diesmal glauben sollen, zumal er die Glasmurmel - ihre Glasmurmel - zwischen den Scherben gefunden hatte...
[Beitrag editiert von: Kopfnuss.de am 09.02.2002 um 14:54]