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Miserable Noten

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10.05.2001
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Miserable Noten

Das Kultusministerium ist mehr als nur aufgebracht.
Die Ergebnisse der PISA-Studie liegen vor und sie sind mehr schlecht als recht: das eigene Land konnte sich rangmäßig bloß in den untersten Reihen einordnen.
Der erreichte Status wäre weniger schmerzhaft gewesen, hätten die Briten – beinahe zum Trotz – sich nicht ganz oben in der Ergebniswertung eingenistet. Verständlich, dass man so eine Demütigung und Schmach nicht hinnehmen kann.
Der pathetische Zustand des Ministeriums bedingt das sofortige Zusammenkommen der Schulleiter aller deutschen Schulen. Beraten wird zunächst über das vorhandene Lehrerengagement und über dessen potentielle Erweiterung. Die Ansicht der Minister, die Lehrer seien viel zu inkompetent und sehr wenig innovativ kann von denselben nicht geteilt werden. Vielmehr seien dumme und lernunfähige Schüler in den Klassen anzutreffen, darunter vor allem Ausländer. In Anbetracht der objektiven Sachlage sei der negative Ausfall dieser sogenannten PISA-Studie hauptsächlich den Ausländern zuzuschreiben, so der Verteidigungsstandpunkt der Lehrer.
Die allgemeine Empörung über die Schuldzuweisung wandelt sich nach einer ruhigen Gedenkphase in euphorische Zustimmung um. Die Ursache für den schlechten Ausfall dieser Studie, dem besonders mangelndes Textverständnis zugrunde liegt, steht somit fest und das Kind kann beim Namen genannt werden: Ausländer.

Ausgangspunkt der Debatte ist nun, wie man den ideellen Schaden wohl am wahrscheinlichsten begrenzen könne. Nach reiflicher Überlegung steht fest:
Der Test muss wiederholt werden, möglichst nur mit deutschen Schülern, deshalb eben die Zulassung der Ausländer zu diesem Test bestmöglich einschränken.
Der Versuch der Schulen, Schüler zu diesem Test durch ein Auswahlverfahren, das auf einer Rechtschreibprüfung aufbaut, aufzunehmen, stößt auf vehemente Ablehnung vonseiten des Bundesverfassungsgerichts. Auch die konsequente Ausschließung ausländischer Schüler von dieser Studie findet kein Gehör.
Dem Kultusministerium bleibt nichts anderes übrig als eine grundrechtsfreundliche Methode auszuarbeiten.
Der Plan, alle ausländischen Schüler während dieser Studien-Phase zu einem Fortbildungskurs zu schicken, scheint kein Hindernis erwarten zu lassen.

Unmittelbar nach dem Abschieben der ausländischen Schüler rückt auch schon der Termin für die zu wiederholende PISA-Studie näher; der nach mühsamen Verhandlungen mit der zuständigen Behörde durch das Auswärtige Amt festgesetzt werden konnte.
Die Minister vergewissern sich noch einmal ausdrücklichst bei den Schulleitern, dass auch ja kein einziger Ausländer, nicht einmal Kinder aus sogenannten Mischehen, in den zu testenden Klassen anzutreffen seien. Unverzüglich erreicht ein Faxschreiben das Kultusministerium, anhand dessen bestätigt wird, dass eine absolut deutsche Teilnahme vonstatten gehe.

Die Minister stoßen schon auf den potentiellen Erfolg an, indessen die Schulleiter, zusammen mit dem Lehrkörper, einem Kaffeekränzchen nicht ganz abgeneigt sind.
Fiktive Traumblasen, die eine Beförderung erhoffen lassen, steigen aus den Mündern und Köpfen der Pädagogen empor.

Die einstimmige Euphorie findet ein jähes Ende mit dem unmittelbaren Zugang der Studienauswertung, die sich nach mehrfacher Beäugung und vielseitigem Handkontakt schließlich zusammengeknüllt im Papierkorb wiederfindet.
Einseitige Verwirrung lässt darauf schließen, die Schüler haben wohl einen schlechten Tag gehabt; obwohl, was habe so eine Studie schon groß über das Bildungsniveau eines Landes zu sagen?

 

Was mir als erstes unangenehm aufgefallen ist, ist die Verwendung von Kursiv- und Fettschrift im Text. Wenn Du Formulierungen so hervorheben mußt, sind sie wohl falsch gewählt.
Allerdings finde ich in diesem Fall die Hervorhebungen schlicht unnötig, die Geschichte wirkte durchaus auch ohne sie, wie ich meine sogar besser.

Ansonsten sprech ich Dir ein Lob aus, hab trotz ausgesprochen mieser Laune und diverser Übermüdungserscheinungen geschmunzelt, vor allem der Schluß ist gelungen, obwohl klar war, worauf des Ganze hinausläuft.

So, jetzt schlaf ich noch 1-2 Stunden...

Gruß von Mad-Sav

 

Hallo raven,

freut mich, dass die Geschichte Anklang bei dir gefunden hat. :bounce:

Die Hervorhebungen habe ich mal editiert, scheinen sie wolh doch nicht vonnöten gewesen zu sein, wie ich anfangs dachte.
Man will der geneigten Leserschaft ja nicht alles offenkundig vor die Nase setzen! :D

 

Hallo Gérard,

der von dir eingebrachte Ansatzpunkt ist mir durchaus bewusst gewesen; nur hätte der Einbau dieser weiteren Argumentation den Text womöglich unnötig in die Länge gezogen und es schien mir wiederum aussagereifer, keinen bestimmten Grund für das schlechte Abschneiden zu offenbaren. ;)
Ich habe es mir aber vorbehalten, jene Punkte in einem etwas anderen Kontext zu gebrauchen. :engel:

Danke für die Stellungnahme.


Gruß, Hendek

 

Hi Hendek,

das Thema der Satire hat mich zwar nicht sehr angesprochen aber die Ausführung ist um so besser. Die Pointe ist gut gewählt und klar ausformuliert. Nachdem ich mich also mit dem Thema abgefunden hatte kam mir doch ab und zu ein Lacher über die Lippen, obwohl der Ausgang des Textexs sehr vorhersehbar war.

Fazit: Nett.

Gruß nightboat

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi nightboat,

danke für den Beitrag!

Wie du und raven ja durchaus erkannt habt, geht es vielmehr um die Ausführung selbst als um die Vermeidung der frühzeitigen Offenbarung des Schlusses. :heilig:
Bei so einem Thema ist es ja eigentlich leicht absehbar, dass der Ausgang nicht bis zum Ende gewahrt werden kann... :engel:


Hendek

 

Hi Hendek!
Lustig!
Mir gefiel an der Geschichte besonders gut, wie treffend und „hintenrum“ eben dann doch die Schüler abegeschoben wurden.
Mein Kompliment: Genau so läuft das. Und wenn das Bundesverfassungsgericht eben dagegen wäre, ist man eben „kreativ“.

Grüße
Frank

 

*Breitlächel* Hallo Hendek, JA!!!! das ist Satire! Keine Sorge deine andere Story (wir beide wissen welche)nehm ich noch auseinander *herausforderndgrins* War bislang seelisch verhindert, mich drüber herzumachen.
Noch folgende Anmerkungen: der sog. bürokratische Stil, den du, so hoffe ich doch bewußt gewählt hast, hätte noch etwas trockener und eine Spur deutlicher herausgearbeitet werden können.Denn eigentlich ist dieses Beamtendeutsch zum Piepen komisch und hätte der Satire noch eine humorige Note gegeben. Hätte...ich bin mal vorsichtig mit dir... ich meine nicht müßte. ;)

 

Hi Frank,

erfreulich, dass die Geschichte dir gefallen hat. Umso mehr freut es mich, dass du an meiner Lieblingspassage festgehalten hast. ;)


Hi lakita,

auch dir danke ich für die Blumen!
Was die nähre Bearbeitung des Beamtendeutsch angeht, es liegt wohl daran, dass ich zu sehr auf ein bestimmtes Thema fixiert war und deshalb auf die genauere Ausführung verzichtet habe.
Schließe aber auch hier die Einführung einer Variante unter Bezugnahme der gefordertetn Aspekte nicht aus. :engel:


Gruß, Hendek

 

Hi Hendek,

in Bayern wird man sich das wohl überlegt haben, ob denn die Ausländer an der schlechten PISA Studie in Schuld seien, jo ;).

Die Thematik ist für eine Satire in Ordnung, lachen kann ich nicht darüber; könnte mir kaum vorstellen, dass eine solche Begebenheit im alten Europa offiziell noch durchzusetzen wäre.

Dein Stil bemüht sich um Objektivität und sobald dem Leser der Ausgang der Geschichte klar wird, kann man diesen berichtenden Stil mit einem Schmunzeln auf den Lippen lesen. Ich finde, dass du nur einmal kurz in deinem Stil eingebrochen bist:

dass eine absolut reine Teilnahme vonstatten gehe.

'Reine' solltest du vielleicht im Sinne deiner vorhergegangenen Wahl der Schreibweise in 'deutsche' ändern.

mfg, ~tfa

 

Hi tfa,

ist halt so eine Sache mit diesen extravaganten Bayern... ;)

Der Vorschlag, reine durch deutsche zu ersetzen, spricht in der Tat für sich, muss nur mal ´ne Nacht drüber schlafen. Aber ich werde die Veränderung wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vornehmen.

Danke fürs Lesen!


Gruß, Hendek

 

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