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Mir ist die Unbefangenheit abhanden gekommen

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10.11.2003
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Mir ist die Unbefangenheit abhanden gekommen

Lakita und Woltochinon haben in ihren Kommentaren zu einer Geschichte von Anika ((dem Licht ganz nahe) Ein Platz an der Sonne ), die sich mit diesem Thema beschäftugt, Wahres in Bezug auf Kritiker und Schreibende gesagt.

Doch schlimmer als jegliche Kritik oder Lob von außen, ist wohl der innere Kontroller, ist die Schere im Kopf des Schreibenden. Je mehr man hier auf kg.de liest und kritisiert, desto mehr reift zumindest bei mir die Einsicht: du kannst es auch nicht besser. Die Folge ist eine Schreibhemmung.

Anstatt einen Satz einfach hinzuschreiben, überlege ich jetzt, wie ich ihn schreiben soll. Früher, das heißt vor kg.de, machte ich mir keine Gedanken über die Form, ich schrieb einfach die Szenen auf, die ich im Kopf hatte. Danach kam die Korrektur, das Streichen von Wörtern, Sätzen und mitunter von ganzen Absätzen. Natürlich ging das nicht kampflos vor sich, ich hatte anfangs um jeden Satz gekämpft, erst mit der Zeit sah ich zum Beispiel ein, dass man nicht alles haarklein erzählen muss.

Mit anderen Worten: mir ist die Unbefangenheit abhanden gekommen. Wem geht oder ging es ähnlich, und was kann man dagegen tun?

Dion

 

Dion schrieb:
Anstatt einen Satz einfach hinzuschreiben, überlege ich jetzt, wie ich ihn schreiben soll. Früher, das heißt vor kg.de, machte ich mir keine Gedanken über die Form, ich schrieb einfach die Szenen auf, die ich im Kopf hatte.

Das nennt man Entwicklung, und wenn du meine Meinung dazu lesen möchtest: Ich finde das höchst positiv! Irgend etwas hinkritzeln kann jeder; sich Gedanken machen, warum der Rhythmus in einem Absatz nicht passt, ob hier nicht ein Stilbruch vorliegt oder dort ein Monolog fehl am Platze - all das macht schreiben aus.

 

Ich kann das Gefühl gut nachvollziehen, Dion. Mir geht/ging es ähnlich und ich habe mich gerade in der letzten Zeit oft gefragt, ob ich durch mein Engagement bei KG.de in meiner eigenen Sprache und Stilistik nicht eher gelitten, als profitiert habe.
Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, KG einmal für längere Zeit völlig den Rücken zu kehren, das Schreiben für eine Zeitlang einzustellen und möglichst viele Bücher zu lesen, um wieder ein Gefühl für den eigenen Anspruch, die eigene Sprachmelodie und für Qualität zu bekommen.
Etwas anderes, als dich frei zu machen von den fomulierten Vorschlägen, von der Schere im Kopf und von den immer wieder durchklingenden Stilhinweisen aus schlauen Büchern kann ich dir leider nicht raten.
Schreiben ist immer eine Frage des Gefühls, was für dich stimmig ist. Und, egal was die anderen sagen, versuche immer zunächst deinem Gefühl für deinen Text zu vertrauen. Manche Vorschläge leuchten dir vielleicht sofort ein. Probieren ist ja ok, aber scheue dich nicht, sie zu verwerfen, wenn dir der Bauch dabei grummelt.
Die Schere im Kopf ist nämlich sehr kastrierend.

 

Mir geht es ähnlich. Ich denke aber nicht, dass es so negativ sein muss, dass ich mir jetzt mehr Gedanken über das 'wie' mache. Obwohl ich wirklich lockerer schreibe, wenn ich mir vornehme die Geschichte nicht auf Kg.de zu veröffentlichen. Dann schreibe ich auch schneller und nicht ein wenig zäh, weil ich über jeden Satz drei Mal nachdenke. Ich werde diese innere Kontrolle auch nicht mehr los werden denke ich. Mittlerweile möchte ich auch für mich selbst, dass jeder Satz perfekt sitzt und in Form gestutzt ist. Ich weiß noch nicht, ob sich das als Hindernis oder als Fortschritt entwickelt.

 

Mir geht's genauso, bis auf ganz wenige Momente, die ich als Geistesblitze betrachte. Das ist teilweise so ausgeprägt, dass ich mittlerweile wochenlang keinen Satz zu Papier bringe. Und wenn ich es dann doch schaffe, mehrere Sätze oder eine ganze Geschichte zustande zu bringen, bin ich hinterher überfragt, wie es mir gelungen ist und fühle mich so hilflos wie zuvor.

Ein wirksames Gegenmittel hab ich nicht, aber wer mit eins nennen kann, dem überlasse ich dreißig Prozent meiner rabenschwarzen Seele.

 

Ihr geneigten Leser resp. Schreiber

"Geschmäcker sind wie Arschlöcher, jeder hat eins."

Ich bin seit kurzem bei kg.de, habe erst 3 Geschichten veröffentlich, und habe auch schon von Kritik lernen können, besser als zuvor, als ich Geschichten nur für mich aufschrieb. Dennoch, ich werde meinen Stil nicht ändern, denn der Stil gestaltet meine Geschichte einzigartig, er macht sie zu meinem Eigen.

Kritik ist schön und gut, ist sogar hilfreich und kann für die weitere (Schreib-)Zukunft bildend sein, doch nach meiner Meinung sollte niemand überlegen müssen, wie dieser Satz jetzt dem und dem gefällt... Er sollte ihn so auf das Papier bringen dürfen, wie er ihn gern hat, wie er ihm gefällt. Denn so macht sich der Autor einzigartig, und seine Geschichte ebenfalls.

In dem Sinne
visakhapatnam

 

ja visac, ich sehe es eigentlich auch so.
Aber muß ich zugeben, dass man so ins Grübeln kommt, wenn man die Kritiken liest.
Ich für meinen Teil, denke dass ich viel dazu gelernt habe.
Und doch bin ich gerade in einer Phase, wo ich versuche es jedem Recht zu machen, was natürlich nicht geht.
Aber wie Rainer schon sagt, es ist eine Entwicklungsphase, die durchzumachen ich gerne bereit bin.

doch nach meiner Meinung sollte niemand überlegen müssen, wie dieser Satz jetzt dem und dem gefällt... Er sollte ihn so auf das Papier bringen dürfen, wie er ihn gern hat, wie er ihm gefällt. Denn so macht sich der Autor einzigartig, und seine Geschichte ebenfalls.
Das ist richtig, nur sollte man dabei bedenken, das von einer Entwicklungsstufe zur andern der eigene Anspruch höher wird.
Geschichten von mir, die ich vor einem Jahr geschrieben habe und gut fand, würde ich heute ganz anders ausdrücken.

Letztendlich liegt es natürlich im Ermessen des Autors, was ihm gefällt.
Wenn die Kritiken unter einer KG sehr unterschiedlich sind, halte ich mich meist an die, die meiner Vorstellung entspreschen.

Sagen jedoch 90%, nee, das war nix ...
Tja, dann muß ich davon ausgehen, dass die Mehrheit recht hat und mir was überlegen.

@ Dion
Ich glaube es geht jedem irgendwann so wie dir.
Die Blockade geht vorbei, wenn du wirklich gerne schreibst.
Die Schere in deinem Kopf wird immer kleiner.

, machte ich mir keine Gedanken über die Form, ich schrieb einfach die Szenen auf, die ich im Kopf hatte. Danach kam die Korrektur, das Streichen von Wörtern, Sätzen und mitunter von ganzen Absätzen

Genau so ist es doch richtig. Jemehr Erfahrung du hast, je weniger brauchst du über deine Sätze nachzudenken.
Im Fluß bleiben ist, finde ich, wichtig.
Danach kannst du immer noch korregieren :)

Also, weiter so.

 

Vielen Dank allen für die prompten Antworten. Wie ich sehe, scheint es mehreren so wie mir zu gehen.

@Rainer
Du bist wohl ein Glückspilz oder ein Optimist. Man kann das Ganze so sehen wie du, aber ich möchte nicht „arbeiten“, während ich schreibe, sondern mich vergnügen. Natürlich muss man an einer Geschichte auch arbeiten, doch das sollte bitte hinterher geschehen – ich deutete es bereits an - während des Schreibens möchte ich frei sein von Zwängen grammatikalischer, kompositorischer oder inhaltlicher Natur.

@sim
Du sprichst mir aus der Seele – sich eine längere Auszeit von kg.de zu genehmigen ist wahrscheinlich das Beste.

@Thorn
Ja genau, dieser Hang zu eingebildeten? Perfektion, das lähmt mich. Früher war ich der Lage, in wenigen Stunden eine Geschichte zu schreiben, jetzt brauche ich für das Gleiche Tage und Wochen und bin immer noch nicht zufrieden.

@Ginny-Rose
Es freut mich fast, dass es dir genauso geht. Nein, natürlich freut es mich nicht, aber es tut gut zu wissen, es geht anderen eben so.

@visakhapatnam
Auch ich meine, dass die Kritik auf kg.de überwiegend gut und nötig ist. Doch in dem ich sehe, was für Fehler die anderen machen, bemühe ich mich automatisch, zumindest die Fehler zu vermeiden. Es ist klar, dass ein jeder einen eigenen Stil hat und ihn auch behalten soll – das schielen nach anderen bringt nichts, bestenfalls wird man so zum Nachahmer.

@coleratio
Ja, aber um im Fluss zu bleiben, muss man erst hineinkommen! Früher hatte ich damit keine Probleme, die Geschichte war meistens im Kopf fertig noch bevor ich einen einzigen Satz geschrieben hatte – ich musste es nur noch notieren. Jetzt, nachdem ich zum Beispiel weiß, wie wichtig der erste Satz ist, schreibe und feile ich an diesen einem Satz oder Absatz Stunden.

 

Mir ist die Unbefangenheit ...

Hm, das ist natürlich sehr anstrengend und nervenaufreibend.

Ich sitze auch mit dem Stift in der Hand (ich schreibe erst die fertige Fassung in den Comp.) vor dem weißen Blatt Papier und forme den Satz in meinem Kopf.
Dauert ein paar Minuten. Dann schreibe ich ihn. Währenddessen fällt mir eine bessere Formulierung ein, streiche durch, schreibe neu. Aber dann schreibe ich weiter, selbst wenn ich noch nicht zufrieden bin. Überarbeiten kann ich immer noch.
Hast du dir schon mal Bücher durchgelesen (schreibhilfen) es gibt einige davon. Darin stehen wirklich gute Tipps, wie man Schreibblockaden überwindet u.s.w.
Stehe dir nicht selbst im Weg, mit stundenlangen Überlegungen.
Ach, da fällt mir noch was ein.
Manchmal suche ich in einem Roman nach guten Sätzen.
Du solltest natürlich nicht die gleichen schreiben. Doch wenn ich ewas gefunden habe, was mir gefällt, hab ich auch gleich eine Idee, wie ich es umsetzen kann.
Versuchs doch mal, bei mir funktionierts. ;)

 

@Dion: Ach, wie schön, dass du diese Diskussion hier eröffnest, du sprichst auch mir aus der Seele! Das stundenlange Grübeln über den ersten Satz kenne ich auch nur zu gut!

Als ich anfing zu schreiben, war ich in einer Schreibwerkstatt, die nicht kritisiert, sondern nur ermutigt hat. Das war mir auf Dauer zu langweilig, ich möchte mich weiterentwickeln. Und die allermeisten Kritiken hier leuchten mir ein, entsprechen dem, was auch in Büchern empfohlen wird.
Anderseits habe ich gestern für eine kleine Geschichte, die in dieser Schreibwerkstatt entstanden ist, vor 130 Zuhörern viele Lacher und einen langen Applaus bekommen. Auf KG.de ist diese Geschichte nicht so gut angekommen. Ein bisschen drängt sich mir der Verdacht auf, dass hier ein bestimmter Geschmack vorherrscht. Ich hatte auch schon die Idee, eine KG-Pause zu machen. Ansonsten empfehle ich, was ich bei Ray Bradbury gelesen habe: In einem Rutsch schreiben, ohne groß nachzudenken und hinterher in Ruhe gründlich zu überarbeiten. Aber das gelingt mir auch nicht so ganz!

 

@coleratio
Also das mit dem Suchen nach guten Sätzen in Büchern finde ich’s schon sonderbar, aber jeder wie er kann und will. Auch Papier und Bleistift sind nichts für mich, das geht ja noch langsamer und hinterher muss man das Ganze noch abtippen – das ist ja Arbeit!

@tamara
Auch ich war einmal in einer Schreibwerkstatt, allerdings nur einen Abend, vor lauter Harmonie wurde nichts gelernt, laut der Leiterin würde sich sowieso in jedem ein Schriftsteller verborgen halte – man müsse ihn nur herauskitzeln. Und was das Niveau auf kg.de betrifft: es gibt nichts Besseres in deutschen Sprachraum, denke ich, die Kritik sind mitunter hart, schon klar, aber mir ist das lieber als Wischiwaschiaussagen - ich lasse mich jedoch auch gerne vom Gegenteil überzeugen.

Ich werde mich für eine Weile zurückziehen, dann sehe ich weiter – oder auch nicht.

Vielen Dank an alle, die sich Mühe mit mir gemacht und über meine manchmal arrogante Art großzügig hinweggesehen haben.

Dion

 

Hallo Dion,

der Du hoffentlich doch noch anwesend bist...

Manchmal ist es an der Zeit, auf sein Können zu vertrauen. Schreiben ist zu gleichen teilen Handwerk und Gabe. Was nützt Dir die Gabe ohne Wissen um die handwerklichen Fähigkeiten, die Grundlagen? Doch was nützt Dir erst das Festhalten an strikte handwerkliche Regeln, wenn Du darüber die Gabe vergisst?

Wenn man bestimmte Grundlagen erst verinnerlicht hat, sollte man darauf vertrauen, dass man sie automatisch anwendet - wie z.B. Rechtschreibregeln, wie das Einmaleins. Wie ein Tischler weiß, wie er den Hobel zu führen hat, um ein kleines Kustwerk zu kreieren, wie ein Steinmetz weiß, wie er den Stein am besten behandelt, um ein optimales Ergebnis zu erreichen.

Beim Schreiben muss man manchmal das Gehirn einfach aussschalten und aus dem Bauch heraus schreiben. Das Gehirn darf dann bei der Überarbeitung gern wieder eingeschaltet werden.

Vielleicht sollte Dir nur einfach wieder bewusst werden, warum Du schreibst - weil Du etwas mitteilen willst, Geschichten erzählen willst oder weil Du diversen Kritikern perfekt geformte Satzgebilde präsentieren möchtest.

LG Bea

 

@Magd: Stimme dir auch zu! Das ist wahrscheinlich wie beim Autofahren, am Anfang wirkt es furchtbar kompliziert, was man alles bei einem Überholvorgang beachten muss, hinterher geht es automatisch.

@Dion: Genau so sehe ich das auch! Am Anfang, zum Ermutigen und um Anregungen zu bekommen, fand ich die Schreibwerkstatt hilfreich, inzwischen ist KG viel lehrreicher. Ich muss noch immer wieder genau hinschauen, was ist mir wichtig, welche Kritik ist berechtigt (z. B. unverstänlicher Text) und wo will ich zu meinem Stil stehen.
Übrigens habe ich nicht immer über deine arrogante Art hinweg gesehen! :D Schön, dass du offenbar nicht böse bist! Jetzt werde ich dich doch tatsächlich vermissen! :heul:
alles Liebe
tamara

 

Dion schrieb:
@Rainer
Du bist wohl ein Glückspilz oder ein Optimist. Man kann das Ganze so sehen wie du, aber ich möchte nicht „arbeiten“, während ich schreibe, sondern mich vergnügen. Natürlich muss man an einer Geschichte auch arbeiten, doch das sollte bitte hinterher geschehen – ich deutete es bereits an - während des Schreibens möchte ich frei sein von Zwängen grammatikalischer, kompositorischer oder inhaltlicher Natur.

Ich bin glühender Pessimist.
Gut, nehmen wir deinen Ansatz auf: Natürlich kann man das Schreiben als Freizeitvergnügen betrachten und jeden "Schwachsinn", der einem gerade einfällt, posten.
Nur unterscheidet sich ein solcher Autor von einem, der eine wirklich gute Story abliefern möchte.
Es ist ja auch ein Unterschied, ob jemand besoffen in einem Wirtshaus auf die Bühne klettert und zur Gaudi aller "Yesterday" oder "Ein Bett im Kornfeld" beim Karaoke-Singen ins Mikro lallt, oder ob jemand Gesangsunterricht nimmt, zu Hause übt, Probeaufnahmen macht, etc.
Ich sehe mich selber natürlich als Hobby-Autor an, dem Schreiben durchaus Spaß bereitet - aber ich versuche doch, bei jeder Geschichte den Leser auf möglichst niveauvolle Weise zu unterhalten. Und das funktioniert nun mal nicht, wenn in jedem Satz zig Rechtschreibfehler sind, der Stil grauenvoll ist, logische Brüche en masse vorhanden sind, usw.

Womit wir klarerweise bei der Frage nach dem Sinn dieser Seite anlangen - für mich ist KG.de die beste Schmiede, um sein Talent (so vorhanden) in Form zu bringen. Für andere stellt es einfach nur die Plattform fürs Posten alter Witze oder den Abbau von Schulfrust oder Liebeskummer dar.
Damit müssen wir eben leben.

 

@Rainer: Ich fürchte, du bist eher ein frustrierter Alt-Kgler! ;) Eine meiner KGs ist sogar bei Dir noch recht glimpflich weg gekommen! Und ich glaube, dass auch Dion sich mit seinen Geschichten Mühe gibt. Es geht wohl eher um die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung und dass man während des Schreibens so viel über jedes einzelne Wort nachdenkt, dass man gar nicht weiterkommt. Wenn du diese Probleme nicht kennst, bist du einfach zu beneiden!

@Jynx: Genau!

 

Wie so einige hier, stelle ich auch gerade fest, dass durch die Beschäftigung auf KG meine Art und Weise, das Hobby Schreiben zu praktizieren, einem deutlichen Wandel unterliegt. Alle meine früheren Geschichten waren ausnahmslos "Sturzgeburten", die in irgendeiner verborgenen Ecke meines Hirns relativ unbemerkt gewachsen waren und dann in einem Rutsch so schnell getippt werden wollten, dass ich manchmal mit den Fingern kaum nachkam. Das hat sich nun geändert, weil ich neuerdings eine ganz andere Sichtweise zu den vielen formalen Dingen gekriegt habe, die doch in allen Texten unweigerlich mit drinstecken und von den Lesern ja auch registriert werden. Erst mal bremst einen das neue Überlegen über jeden einzelnen Satz natürlich ungemein. So ungemein, dass es spontan so aussehen mag, als ob man gar nichts mehr Schreiben kann. Aber nach der ersten Frustration sehe ich das mittlerweile als durchaus positive Entwicklungsphase.
Es ist als ob man Anfangs ein Instrument ganz akzeptabel nach dem Gehör gespielt hat und plötzlich soll man Noten lernen. Da wird es einem auch erst mal so vorkommen, als ob alles was man bisher schon ganz nett konnte, nichts mehr wert ist. Wenn man aber die Hürde schafft, kann man die Qualität seines Outputs wesentlich verbessern. (Gut - ich schränke ein - manche Menschen sind genial, ohne jemals Noten gelernt zu haben und manche Menschen schreiben klasse einfach aus dem Gefühl heraus - meine Theorie bezieht sich auf uns Normalsterbliche.)

Was Jynx zum Thema Selbstvertrauen schreibt, finde ich sehr wichtig. Gerade, wenn man mit vielen neuen fremden Meinungen zu seinem "geistigen Kind" konfrontiert wird, muss man lernen, den Weg zwischen dem Annehmen berechtigter Kritik und dem angebrachten Beharren auf persönlichem Stil (der ja auch gerade das Wunder der Vielfalt in der Literatur sicherstellt) zu finden. Zu viel Selbstvertrauen lässt mich arrogant über jeden wohlgemeinten Korrekturvorschlag hinwegsehen - zu wenig verunsichert mich, lässt mich meinen persönlichen Text an jede Einzelmeinung anpassen oder bringt mich gänzlich vom Schreiben weg. Der Mittelweg ist mal wieder gefragt und man kann nur hoffen, dass die Kommentare, die man zu seinen Texten bekommt, auch einigermaßen den Querschnitt einer breiteren Leserschaft widerspiegeln, damit man nicht durch polarisierte Antworten auf dem Holz- statt auf dem Mittelweg landet.

Schön ist es jedenfalls, zu wissen, dass man mit seinen Wachstumsschmerzen nicht alleine ist. ;)

Gruß,

Kira.

 

Bei mir war die Entwicklung auf kg.de ein Form eines verkehrten Us. Zu Beginn profitierte ich sehr von den Kritiken und Geschichten anderer. Ich konnte mein eigenes Schreiben entwickeln und vor allem um Vieles verbessern, zumindest was Ausdruck und Stil betrifft. Die hat sich bis zu einem gewissen Punkt gesteigert.

Dann fiel diese Leistungskurve radikal ab. Di eGeschichten enthielten weniger Fehler, waren aber vom Inhalt wenig beeindrucken und es dauerte lange Zeit, die Handlung so hinzubiegen, dass mich meine Schuldgefühle, den Leser zu Tode zu langweilen, nicht mehr nachts aufweckten.

Das beste Mittel dafür ist wirklich, sich von dieser Plattform zu entfernen und zu lesen, sich selbst wiederfinden, sozusagen.
Ich denke, die Gründe dafür liegen in der verschiedenen Verarbeitungsbereiche im Gehirn, wo die Grammatik und der Stil auf der linken und die Kreativität auf der rechten Gehirnhälfte verarbeitet werden. Wenn man sich zu sehr auf dei linke konzentriert, wird die Kreativität und Inspiration geblockt. (Nach meiner Theorie).

Wirksamstes Mittel: Stil, Ausdruck, Grammatik etc, ins Gefühl zu bekommen und auf die rechte Hirnhälfte zu transportieren. Gut gesagt, aber mach das einmal!

 

Jynx schrieb:
Nicht immer jeden Schuh von jedem Kritiker unüberlegt! anziehen... Manchmal braucht es eben eine große Portion Selbstvertrauen.
Auch ich befinde mich in der Falle, bin zu kopflastig, um tatsächlich eine Geschichte fließen lassen zu können. Vorher hat mich auch das Gefühl geleitet, doch je mehr Kritiken ich lese oder schreibe, desto mehr spüre ich...na eben jenes Loch das man Schreibblockade nennt. Auch wenn ich dann auf Bewährtes zurückgreife, bin ich nicht glücklicher, weil das Bewährte eben nicht die 100% sind. Die Kreativität neu zu entdecken ist mein Wunsch, wenn ich die Technik des Schreibens manchmal so satt habe. Und gerade dann, wenn die vermeintliche Kreativität sich durchgesetzt hat (ging mir gerade so) bekommt man die Technik um die Ohren gehauen. :( In diesem Fall ist es schon berechtigt zu schauen, wer die Kritik geschrieben hat. aber wenn der auch noch Recht hat *Heul* Es ist das Verkrampfte, was mich nervt.
Ähnlich, wie Dion habe ich schon gedacht, einfach nur Abstand zu wahren, würde das Problem schon lösen. Tatsächlich habe ich einen Entwicklungssprung immer im Sommer gemacht, wenn ich im Urlaub war. Leider fehlt mir die entsprechende Einsicht und daher müssen mich immer schon Zwangsumstände fern halten. Also doch Sucht?

 

Hallo alle zusammen


1)
Um hier nochmal ein passendes Bild in die Runde zu werfen, sei jetzt mal die Sportwelt als Vergleich herangezogen:

Am Anfang lernen wir alle schnell und sehr intuitiv das Laufen auf zwei Beinen. Manch einer mag durch genetische Präposition, Gottes Gnaden oder sonst was besser in der Lage zu sein, schnell zu laufen, manch anderer wiederrum nicht.
Entscheidet man sich jedoch irgendwann mehr als nur ein intuitiver Läufer sein zu wollen; sprich: beginnt man eine amateur- oder profihafte Laufbahn als Leichtathlet; setzt von neuem und diesmal wesentlich schmerzhafter (denn von halbkonkreten Zielvorstellungen gelenkt) der Lernprozess ein.
Man beginnt bewusster sich mit seinem Laufverhalten auseinanderzusetzen.

Das ist genau das, worüber mEn in diesem Thread geklagt wird. Und bei mir ist es nicht anders. Ich kenne alle Symptome, die hier aufgezählt wurden und stecke selber mittendrin.
Doch wisst ihr, was mich hier am Forum weiterhin hält? Die Aussicht auf den kommenden Erfolg dieser Lernanstrengungen.

Um das Bild weiterzustrapazieren: Habe ich erst die jeweiligen Lauftechniken erlernt und kann sie in ausreichender Quallität einsetzen, dann sind sie kein Hindernis mehr. Ich gewinne durch sie vielmehr weitere Freiheiten hinzu. Bspw die, mich unterschiedlicher Methoden bedienen zu können (während ein intuitiver Läufer weiterhin auf sein ursprüngliche festgenagelt ist)

2)
Das zu den Läufern :)
Aber ich wollte noch einen anderen Punkt ansprechen.

Vielleicht geht der Verlust der Unbefangenheit mit der Entwicklung des eigenen Anspruchs einher.
Das man jetzt gehemmter vor dem leeren Blatt Papier/Computerbildschirm sitzt, mag damit zusammhängen, dass das Niveau der eigenen Geschichten (in allen Punkten wie Inhalt, Stil, Ausarbeitung) steigt und diese Geschichten sich jetzt generell nicht mehr so einfach "aus dem Bauch heraus" schreiben lassen.
Hat man je gehört, dass die großen Werke der Literaturgeschichte einer spontanen (am besten noch Suff-)Laune des namhaften Autors entspringen? Ich glaube nicht :D

3)
Als letztes noch ein Kommentar zu dem Tip von sim sich mit einer Reihe von Lieblingsbüchern erstmal für eine Zeit aus dem Forum zu verkrümmeln.

Das mag sogar ein guter Hinweis sein, doch ich wollte nur zu bedenken geben, dass man nicht vergessen sollte bei seiner Suche nach dem eigenen Stil, dass gerade bei jungen Autoren die ausgewählte Lektüre den Stil mitprägt.

Ich für meinen Teil stelle jedesmal nach dem Lesen bestimmter Bücher fest, dass meine interne Schreibfeder plötzlich auf den Stil des anderen Autors geprägt ist. Das mag bei verehrten Autoren gut sein, darf dann aber nicht mit dem eigenen Stil verwechselt werden.


Ich hoffe, ich habe jetzt nicht zu wirr geschrieben und ihr konntet was damit anfangen ;)


Grüße
Hagen

 

Ja, los, emophilack!
Erniedrige ihn! Darum gehts doch, hier im Forum. Erniedrigen und besiegen! Go, emo, go!

 
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