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Minchen verschwunden ...
Die drei Teddybären Bruno, Putzi und Minchen spielten wieder einmal lebhaft miteinander. Dabei passierte etwas Schlimmes. Bruno hatte seine inzwischen angewachsenen Bärenkräfte derart stark erprobt, dass mit einem Schlag Minchen verletzt wurde. Dieser zwar unbeabsichtigte Hieb ließ sie jedoch immer trauriger werden. Sie fing an zu schielen. Zumindest nahm sie an, dass es so wäre. Irgendwie sah die Welt kleiner aus - halbseitig. Die linke Seite empfand sie dunkel. Minchen hatte Schwierigkeiten beim Gehen und stolperte. Oftmals fand sie sich mit der Nase auf dem Boden wieder und weinte. Die rechte Seite war in Ordnung. Hier leuchtete die Welt in hellen Farben, strahlte mit der Sonne um die Wette. Minchen wurde jedoch immer verschlossener und in sich gekehrt. Eines Tages verschwand sie. Niemand wusste, wo sie geblieben war.
Putzi fragte Bruno, ob er wüsste, wo Minchen sei, was er verneinte. Gemeinsam fingen alle drei zu suchen an. Die Küche war zuerst an der Reihe - dort war ihr Lieblingsspielplatz. Meist schaute sie der Frau zu, die immer das Essen zubereitete, was ihr sehr viel Freude machte. Lustige Begebenheiten wie das Kartoffelschälen brachten sie jedesmal zum Lachen, da die Schalen lustige Schlangen bildeten und ein Eigenleben führten, wenn sie auf dem Boden landeten. So empfand es Minchen. Oft kam noch ein größeres Kind hinzu, wenn die Frau, die immer das Essen zubereitete - sie hatte keinen Namen, der Junge nannte sie einfach nur Mama -, zum gemeinsamen Mahl zusammenrief. Diesem Kind gehörten die drei Teddys. Alle Plätze, die sie gerne zum Spielen benutzte, durchsuchten sie, doch Minchen blieb verschwunden.
Traurig setzten sich die drei Bären hin. Sie fingen an zu überlegen, wussten nicht mehr ein und aus. Die Tränen rannen ihnen über die Wangen. Die Mama des Jungen hatte ihnen zwar zum Trost einen Löffel Honig angeboten, den sie sehr gerne mochten, aber an diesem Tag, an dem sie feststellten, dass Minchen verschwunden war, wollte er ihnen einfach nicht schmecken.
Sie half den beiden beim Suchen. Putzi hatte allerdings seit ein paar Tagen mit Atemnot zu kämpfen, weshalb er sich nicht aufregen sollte, da sich diese Luftnot sonst verschlimmerte. Er hustete und rang nach Luft. Ausruhen war das einzige Mittel, das ihm half. Deshalb setzten die Mama des Jungen und Bruno die Suche alleine fort.
„Minchen!“, rief Bruno. „Minchen“ rief auch die Mama.
Ihr Rufen blieb jedoch auch nach stundenlanger Suche erfolglos. Einen ganzen Tag suchten sie sie ausdauernd bis zum Abend und weinten sich anschließend in den Schlaf, träumten sogar davon, Minchen wiederzufinden. Am darauf folgenden Morgen - Bruno und Putzi rangen noch mit den Tränen - machte die Mama aus Versehen den Schrank im Kinderzimmer auf. Ein Schrei entfuhr ihr - ein Freudenschrei! „Minchen“, rief sie, „... da ist sie ja!“ - „Bruno, Putzi, kommt schnell her, Minchen ist wieder da!“
Sofort hörten sie auf zu weinen, welches sie die ganze Nacht begleitete, und rannten freudestrahlend ins Zimmer. Die Frau, die immer das Essen zubereitete, schwenkte etwas in der Luft umher - es war Minchen!
Vor Freude drehte sie sich im Kreis, lachte und jauchzte vor Freude. Bruno und Putzi fingen augenblicklich an mitzutanzen. Aber Minchen zeigte keine allzugroße Freude. Traurig, mit hängendem Kopf, ließ sie sich zwar hochnehmen und herumwirbeln, dennoch wollte die Freude nicht auf sie überspringen.
„Minchen“, fragte Bruno erschrocken, „wir haben dich vermisst. Bist du denn nicht froh darüber, dass du wieder bei uns bist?"
Sie schluchzte herzzerreißend und meinte: „Ich kann mich nie mehr freuen...“
„Warum denn nicht?“, wollte da Putzi erschrocken wissen.
„Die Welt ist zur Hälfte dunkel!“, sagte sie leise und mehr zu sich selbst. „Ich kann sie nicht mehr richtig erkennen.“ Aus ihrem rechten Auge zwängte sich eine Träne. Ein linkes gab es nicht mehr - das hatte sie verloren.
Bald ist Ostern und bestimmt wird im Osternest zwischen den bunten Eiern ein kleines Päckchen mit einer roten Schleife liegen, davon waren alle überzeugt. Minchen bricht bestimmt in helle Freude aus, wenn sie die Bänder aufzieht, die Schachtel öffnet, davon waren alle überzeugt. Die Mama des Jungen hatte einen Hilferuf gestartet. Alle Bärenfreunde seien aufgerufen zu helfen. Ostern ist ein Fest der Freude; und diese Freude wollten sie mit allen teilen.
Gerade eben läutete das Telefon. Sie konnten die Worte nicht richtig verstehen, da Putzi wieder einmal zu laut nach Honig rief, dennoch meinten sie verstanden zu haben, dass...
... der Anruf aus dem Teddybären-Krankenhaus kam. Eine Organspende sei angekommen.