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Michel erneut im Fettnapf
Eine bislang wenig beachtete Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf hat schon kurz nach ihrem Bekanntwerden eine weltweite Welle der Empörung ausgelöst. Im vorliegenden Fall hatte die Kammer einen Event-Manager der Nürburgring-GmbH letztlich zwar vom Vorwurf der versuchten fahrlässigen Körperverletzung freigesprochen, mit ihrer noch nicht veröffentlichten Urteilsbegründung jedoch die religiösen Gefühle zahlreicher Glaubensrichtungen verletzt.
Vor dem Hintergrund des Duisburger Love-Parade-Unglücks hatte das Gericht in einer Grundsatzentscheidung unter anderem die Höchstzahl von Engeln, die auf einer Nadelspitze tanzen dürfen, auf neun reduziert. Es sieht sich damit in Übereinstimmung mit einer von der Bundesrepublik ratifizierten EU-Richtlinie, die den Organisatoren massenhysterischer oder orgiastischer Veranstaltungen erhöhte Sicherheitsvorkehrungen abverlangt. Der Vorsitzende Richter dazu: „Wir können leider nur auf der Grundlage gültiger Gesetze entscheiden. Es wäre dringend notwendig, so wie es in Saudi-Arabien und dem Iran geschieht, die Gesetzgebung wieder in die Hand Gottes zu legen. Dann gäbe es auch weniger Hexen.“
Der KGV Colonia, der erst kürzlich seine Steuerbefreiung als Religionsgemeinschaft durchgesetzt hat, sieht in der Düsseldorfer Entscheidung einen Frontalangriff auf seine von Schnaps und Kölsch transzendierten Grundrechte. „Die Begründungen des Gerichts sind doch nur vorgeschoben. In Wirklichkeit soll nur noch in Düsseldorf Karneval gefeiert werden können. Das werden wir nicht hinnehmen!“ Ein von der Piratenpartei organisierter Internet-Unterstützungsaufruf des KGV hat bereits Spenden in Höhe von 20 Millionen Euro eingeworben, darunter eine Einzelspende von 19,99998 Millionen Euro aus der Schweiz, in deren Fasnacht Hexen eine bedeutende Rolle spielen.
In einer ersten Stellungnahme betont der Zentralrat der deutschen Juden, dass man das Urteil zwar ohne Ansehen seines Inhalts in der Nähe des Holocausts einordne, sich durch den öffentlichen Protest aber vor allem bei den Katholiken für deren Unterstützung im Beschneidungsstreit bedanken wolle. „In einer immer gottloser werdenden Welt“, so der Sprecher, „müssen die mosaischen Religionen zusammenhalten. Es darf nicht sein - darin stimmen wir mit dem Vatikan völlig überein -, dass man alten Männern plötzlich das Manipulieren an Kindergenitalien verbietet, und so hat sich Deutschland ja auch glücklicherweise entschieden. Noch viel weniger kann es daher weltlichen Organen erlaubt sein, die Anzahl nackter Frauen zu limitieren, die wir bei unseren Riten herumspringen lassen, ob auf Nadeln oder sonst irgendwo. Das ist allein Sache der Auslegung unserer heiligen Schriften, die immerhin aus der Bronzezeit stammen.“
Bereits gestern hat der deutsche Bundestag – mit Ausnahme der Linken einstimmig - eine Gesetzesinitiative eingebracht, die es russischen Opernsängern vorschreibt, sich Hakenkreuze auf die Brust tätowieren zu lassen. Eine der Grünen-Fraktionsvorsitzendinnen hierzu: „Es macht mich tief betroffen, dass unser vorgeblicher Rechtsstaat sich bislang nicht um solche Minderheiten gekümmert hat, die sich aus Unwissenheit der Diskriminierung durch einheimische Alt- und Neonazis aussetzen. Jede vermiedene Diskriminierung ist eine gute Sache, nicht nur bei unbeschnittenen Juden und Moslems. Wir werden deshalb schon in dieser Legislaturperiode ein Stück weit dafür eintreten, allen männlichen Schülern von der siebten Klasse an Glatzen schneiden zu lassen. Sollte der in Bad Segeberg indigene Schamane, der uns die religiöse Begründung hierfür liefern soll, wider Erwarten abspringen, bleiben immer noch die hygienischen Vorteile, irgendwie.“
Der Vorsitzenden der Linken geht der Antrag des Plenums nicht weit genug: „Wir begrüßen zwar grundsätzlich, dass sich die Altparteien wieder der Dialektik öffnen, statt irrigen aufklärerischen Prinzipien anzuhängen. Dennoch erwarten wir, dass vor solchen Entscheidungen Vladimir Putin konsultiert wird, der in seiner Funktion als Hüter der Religionsfreiheit gerade in jüngster Zeit eine sichere Hand beweist.“ Unterdessen hat sich der deutsche Außenminister zum Verdruß der Linken nicht in Moskau, sondern bei einem Blitzbesuch in Pjöngjang (Nordkorea) über die Möglichkeiten informiert, sich und seine Partei in den göttlichen Stand zu erheben.
Auf Bitten der Bundeskanzlerin befasst sich nun auch der deutsche Ethikrat – ein Gremium, das sich aus Fernsehkomikern, ehemaligen Sportlern und dicken Männern in Frauenkleidern zusammensetzt - mit den aufgeworfenen Fragen. In seiner vorläufigen Entscheidung, an die traditionell auch das Verfassungsgericht in Karlsruhe gebunden ist, zieht der Rat eine Parallele zum vor Jahren gefallenen elterlichen Züchtigungsrecht: „Dieses archaische Instrument wurde von fehlgeleiteten Eltern all zu oft dazu eingesetzt, ihren rebellischen Nachwuchs zur Vernunft zu bringen. So etwas wie Vernunft kann unser Staat jedoch nicht dulden, wenn er nicht riskieren will, von den im Bibelgürtel der USA ansässigen Ratingagenturen herabgestuft zu werden“, erläutert PR-Manager Heinz Becker.
Und weiter: „Wir wissen noch nicht, ob das etwas mit der aktuellen Debatte zu tun hat. Das wird uns als unabhängiger Institution erst eine klare Weisung des SPD-Dreigestirns ermöglichen.“