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Serie Methylen-Dioxy-Methamphetamin - oder - Warum ihr besser die Finger von Ecstasy lassen

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09.01.2011
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Methylen-Dioxy-Methamphetamin - oder - Warum ihr besser die Finger von Ecstasy lassen

Düsseldorf Altstadt. Mein inflationärer Gebrauch von Schnaps und Bier, zwingt mich in ein Taxi. Der Wagen hält vor der Kneipe, und man öffnet mir die Türe. Ich steige zu, wir fahren geschätzte 100 Meter, biegen links ab, und halten an. Jemand macht die Türe wieder auf.
„Aussteigen.“ Ich steige wieder aus.
„Ganz schön ruppiger Ton. Was ist los? Hab ich was verbrochen?“, frage ich, sehe mir den Taxifahrer etwas genauer an und frage mich, ob der, als ich eingestiegen bin, eigentlich auch schon uniformiert war. Ein Blick auf‘s Taxi, ist grün. Muss wohl.
„Ihr habt jetzt nicht ernsthaft für nen 100 Meter Weg euren Dienstwagen benutzt oder?“, frage ich. „Rein da.“ Die Uniform schiebt mich durch eine Glastüre. „Ihr seid doch mal echt voll die Umweltnazis oder!“, schimpfe ich lautstark drauflos, sehe mich um, und komme mir vor, wie Günter Grass beim israelischen Empfangsball. Bullen. Überall Bullen. Hier muss irgendwo ein Nest sein, denke ich.
Und dann fällt es mir wieder ein. Warum ich hier bin. Und warum mir niemand etwas kann, solange ich meine Hand nur geschlossen halte. Kacke. Wie werde ich das Zeuch jetzt wieder los, denke ich. Als mich plötzlich eine für meinen Zustand beachtenswerte Eingebung durchfährt.
„Ich muss mal.“
„Hier lang.“ Minimalismus-Konversation. Das Leben könnte so einfach sein.
Eine Klapptüre. Ein Flur, eine Türe, weisse Fliesen, ein Urinal. Mit meiner leeren Hand fische ich in meiner Shorts rum, ertaste einen Stumpen, und drücke meine Klamotten so weit zurück, dass er halbwegs frei liegt. Natürlich kommt nichts. Aber das war auch nicht der Plan, ich wollte Beweismittel vernichten. Aber jetzt, wo ich hier stehe, die Hand nur leicht öffnen müsste, bringe ich es einfach nicht über‘s Herz. Dat jute Zeuch...
Ich packe alles wieder ein, und lasse mir mein Nachtquartier zeigen. Das sieht aus, wie in Beton gehauen. Wände, Boden, Decke, alles nahtlos. Links eine in den Raum reichende Auswuchtung; soll wohl das Bett darstellen; auch die nahtlos. Die grüne Stahltüre hinter, und die Kamera rechts oben von mir, sind die einzigen Fremdkörper in diesem totalitären Gesamtkunstwerk. Ich kauere mich unter die Kamera, hoffe dass sie keinen Weitwinkel hat, und fahre mit der Zunge mehrmals über meine Handinnenfläche. Beweise vernichtet, gute Reise.
Ob das hier ein Architekt entworfen hat, denke ich. Und wenn ja; ey hat der dafür Geld bekommen? Wer hat den bezahlt? Der Steuerzahler? Hab ich mir den Scheiß hier selber finanziert? Das sieht so aus, als hätten die alles in Beton gegossen, und sich dann, wie so‘n scheiß Maulwurf, von aussen nach innen durchgewühlt.
Ich krieche über den Boden, und suche nach Beweisen für meine Theorie. Der Zement ist übersät mit Klugscheißer-Weisheiten aus Omas Küchen-Kalender. Zum Beispiel der hier: „Wer das liest, hat ein Problem.“ Aha, denke ich. Das passiert also, wenn man den Leuten den Fernseher weg nimmt. Ein paar cm weiter der nächste Erguss. „Na, wo ist das Klo.“. Das Klo, denke ich. Das Klo ist eine gute Idee.
Neben der Türe entdecke ich eine rudimentäre Form der Gegensprechanlage.
„Hallo?“ Nur ein Knacken. „Halloo! Ich brauch mal Klopapier.“
„Die Zelle hat kein Klo.“, schallt es aus der Wand.
„Das wäre der nächste Punkt gewesen.“, sage ich. „Und wer zum Henker hat den scheiß Architekten Bezahlt!“
„Das ist eine Notruftaste! Die ist für Notfälle. Also Finger weg!“, schnauzt mich die Wand an. Ein bisschen Service am Kunden, könnte diesem Laden echt gut tun.
Plötzlich bemerke ich einen dezentem MDMA-Schleier, der sich langsam aber bestimmt von hinten über meine Wahrnehmung legt. Ich werde unruhig, beginne im Kreis zu laufen, und grummel vor mich hin.

Wie viel sind hinter Gittern, die die Freiheit woll‘n
Wie viel sind hinter Gittern, die wir draußen brauchen​

Gefühlte 37 Tage später, ich laufe noch immer im Kreis.
Wenn ich das nur lange genug durchziehe, und pro 100 Umdrehungen 1 mm Boden abtrage, dann ist es eigentlich nur eine Frage von.... Minuten, bis ich hier wieder raus bin. „HA!“, brüll ich in die Kamera. „Hättet ihr nicht gedacht, dass...“
Mein Blick schielt leicht nach rechts, in Richtung meines Zeigefingers. Dessen Kuppe beginnt nämlich gerade sich zu pellen. Das Ganze sieht aus, als würde jeden Augenblick eine Blüte sprießen. Was da jedoch unter meinem Fleisch hervor gekrochen kommt, hat so rein gar nichts mit Botanik zu tun; da schiebt sich ein Edding aus meinem Finger. Und nicht irgend einer. Meine Hand schickt den dicksten Edding auf Reisen, den diese scheiß Welt jemals gesehen hat. Und schlagartig verstehe ich alles. Das Betreuungsgeld, den Soli, das Dosenpfand, das Leben. Ich bewege mich auf die Wand zu, und male mit meinem Zeigefinger ein braunes, rostiges Stahltor auf den Beton. Ich öffne es, und in der nächsten Sekunde knistert warmer Sand unter meinen Fußsohlen. Ich ziehe meine Sonnenbrille auf, setze mich an die Strandbar, bestelle mir ein Bier, und bagger das junge Ding neben mir an. Wir verschwinden auf ihr Hotelzimmer, und vögeln die ganze Nacht.
Gar nicht so übel denke ich. Hier sollte ich öfters mal abhängen.

 

He, die haben dir das letzte Wort zensiert! Bullenstaat!

wo du deinen Protagonisten hinschickst zum Date mit MaDaMe Amour, das ist wirklich nicht das netteste Setting für so ein Interview. aber man muss die Feste feiern, wie sie fallen, versteh schon.

hat was, der Text, Ton und Prot passen zur Handlung. auch die Sprache - besser als der verpeilte Einheitsbrei.

das Ende ist immer wieder gern gelesen - der metaphorische Ausweg, den künstlerischer Ausdruck bietet. genau so habe ich auch mal eine Geschichte beendet, das ist einfach ein schönes Motiv, in dem ja auch noch etwas anderes steckt.

Niemand wäre dir böse, wenn du das Teil noch mal überarbeitest.

Kuubus

 

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