Messerstich
Das Blut rauschte Beth durch die Adern, als sie das Messer zu Boden gleiten ließ. Jeden ihrer Herzschläge konnte sie spüren; ihr Körper war im Adrenalinrausch.
Mit einem metallischen Klirren kam die Waffe auf dem Boden auf. Das Geräusch dröhnte laut in ihren Ohren wieder.
Beth konnte sich nicht erklären was passiert war. Alles war so schnell geschehen. Sie hatte sich mit Tony gestritten, wie so oft. Doch dieser Streit ist anders gewesen, die Wut ging viel tiefer. Beth wusste nicht einmal mehr den Grund für den Streit – war es wegen dem Geschirr? Nein, das war viel zu banal.
Stimmt, der Grund war die Nachbarin gewesen. Tony sah ihr immer so auffällig hinterher. Die blonde kleine Schlampe, mit ihren viel zu engen Hüftjeans und den Aufmerksamkeit heischenden Brüsten. Jeden verdammten Tag hatte Tony ihr auf den Hinter gestarrt, den sie schwang wie eine Bordsteinschwalbe.
Und genau das hatte Beth zum rasen gebracht. Angeschrien hatte sie ihren Verlobten und als er zurück geschrien hatte, warf sie mit der Obstschale nach ihm. Es schaukelte sich so hoch dass Beth nach dem Küchenmesser gegriffen hatte, blind vor Wut.
Der erste Stich war ein Unfall, reiner Instinkt. Aber die Wut hatte sie nicht losgelassen, nein, sie wurde nur noch mehr. Ein zweiter Stich, direkt zwischen die Rippen. Tony hatte geschrien, versucht sie abzuwehren – zwecklos. Warmes Blut tränkte sein graues Polo-Shirt, verteilte sich auf ihren zitternden Händen und tropfte lautlos auf die Fliesen.
„Beth...“, hatte er hervor gewürgt, unter Schmerz und Tränen. Ein dritter Stich mit dem Messer, in den Bauch. Hatte sie seine Leber getroffen? Oder seinen Darm? Beth kümmerte es nicht, pure Mordlust regierte ihren Verstand. Sie hasste Tony mit solch einer Intensität, obwohl sie ihn doch so lange so sehr geliebt hatte. Wie konnte tiefe Liebe in solch einen unbändigen Hass umschwingen – und das in wenigen Sekunden?
Tony war zusammen gebrochen, auf den schwarz-weißen Fliesen, zuckend und weinend. Sein Jammern stieß auf kalte Ohren bei Beth, die das Messer hatte fallen gelassen und nun vor seinem leblosen Körper stand.
Ja, ein Mörder steckte wirklich in jedem. Egal welche Hautfarbe oder Geschlecht.
Und wer wusste schon, vielleicht würde sie es ja wieder tun.
Es war so ein befriedigendes Gefühl...