Mescal
Die dicke Köchin von diesem Schwein Carlos kommt wieder in die Bar. Immer wenn ich hier auf meinem Lieblingsplatz am Ende der Theke sitze, kommt dieses fette Weib zur Tür herein. Als würde sie mich fühlen, mich riechen. Sie lächelt mich an, ihr Mehrfachkinn schlabbert heftig.
Sie schwitzt.
Wie immer.
Sie lacht kehlig, als sei sie geil auf mich.
Wie immer.
Ich schenke mir noch einen Mescal ein. Hab keine Lust, mich mit der Dicken zu unterhalten. Wenn meine Rosa kommen würde, für Rosa hätte ich Zeit. Aber Rosa liegt jetzt in der Mittagshitze mit Carlos im von seiner Klimaanlage gekühlten Schlafzimmer und hält Siesta.
Danach werden die beiden ein wenig herumvögeln und über mich lachen.
Sie lachen immer über mich, seit Carlos Rosa mitgenommen hat.
Ich weiß es, die Dicke hat es mir erzählt.
Verdammtes Arschloch, dieser Carlos. Ich war noch keine 24 Stunden in diesem Scheisskaff, da hat er sich meine Rosa gekrallt und ist mit ihr ins Bett gesprungen. Und ich konnte nur dümmlich grinsen. Was hätte ich auch sonst machen sollen? Er ist der Jefe in diesem Dorf mitten im Dschungel, der Herr über Leben und Tod. In seinen Augen bin ich nur ein dummer, kleiner Gringo. Einer der ihm das Geld von Senor Gonzales gebracht hat. In sechs Stunden wird Carlos damit die nächste Lieferung Rauschgift bezahlen. Wenn seine Kumpane mit der Eselkarawane aus dem Dschungel kommen und ihm die Lieferung bringen, wird er lächelnd den Koffer holen. Er wird ihn holen, ihn öffnen und bemerken, dass der Koffer bis auf ein paar alte Zeitungen leer ist.
Sie werden ihn umlegen, ganz sicher werden sie ihn umlegen.
Geschieht dem Schwein recht. Der wird keine fremden Frauen mehr vögeln.
Nicht dass Rosa es ihm schwer gemacht hätte, oh nein, Rosa ist ein berechnendes Biest. Die Schlampe hat sofort gemerkt, wo ihr Vorteil liegt. Erst wollte sie mit mir hierher, weil sie sich einen Vorteil davon versprach, die Vertriebswege des Stoffs kennen zu lernen, wie sie sagte und als sie hier war, hat sie sich sofort an Carlos rangeschmissen.
Klar, Carlos lebt hier wie ein König, er hat das große Haus ein paar Meilen weiter und verbringt die meiste Zeit des Jahres in Miami.
Und was hab ich? Einen alten Dodge, zehn Jahre alt, Schulden auf der Bank und eine geschiedene Frau die jedem Monat ihren Scheck will. Außerdem ein kleines Alkoholproblem und ein Magengeschwür mit achtunddreißig Jahren.
Carlos hat Dollars zum wegschmeißen und er hat Rosa, diese Sau.
Er hat nicht bemerkt, dass ich Nachschlüssel habe anfertigen lassen. Ich hab ihm den Schlüssel geklaut, als er es mit Rosa lautstark im Nebenzimmer trieb. Bei mir hat sie nie so geschrieen, diese Hure, höchstens mal ein wenig gestöhnt
Verdammte Weiber.
Ich trinke noch einen Mescal.
In sechs Stunden wird Carlos mit dem Koffer hier sein.
Aber schon in vier Stunden wird der Hubschrauber auf mich warten, drei Meilen von hier.
Lange genug war ich der Verlierer, der Befehlsempfänger für einen dummen Kolumbianer mit schlechten Zähnen. Der nicht mal richtig lesen kann. Und ich war der Arsch für eine kleine Nutte aus einem Vorort von Mexico City, mit einem Körper, so scharf wie die Sünde.
In vier Stunden wird niemand mehr über mich lachen.
Niemand.
Gesprächsfetzen.
Die Dicke unterhält sich aufgeregt mit Pedro, dem Wirt.
Was ist mit Carlos?
Nein, nein, Carlos schläft jetzt, dann vögelt er Rosa.
Wie meint sie das, ihn angerufen? Sie kann Carlos nicht angerufen haben, nicht während der Siesta.
Noch schnell einen Mescal, trotz der mittäglichen Hitze ist mir plötzlich kalt.
Vier Stunden noch. Vier Stunden.
Pedro deutet jetzt aufgeregt nach draußen. Warum sieht er mich so seltsam an?
Was ist da draußen? Die Dicke mit dem wabbeligen Kinn sieht jetzt auch zu mir her.
Warum lacht sie nicht mehr?
Ich stehe von meinem Barhocker auf, gehe zum Fenster und schaue hinaus.
Carlos kommt mit hochrotem Kopf wütend auf die Bar zu, in der einen Hand hat er den leeren Koffer, in der andern seine Machete.
Verdammt, ich hab keine vier Stunden mehr...
...und keinen Mescal.