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Merle und die Meuchelmörder, oder eine Mörder ist auch nur ein Mann
Die blanke Neonröhre an der Decke summte monoton.
Es war in mit Metall verkleideter, quadratischer Raum. Der Boden aus gegossenem Beton wies große braune Flecken auf, die man nie wieder herausbekam. Eine weiße Brandschutztür führte als einzige in und aus dem Raum. Ein Raum der seine Geräusche sehr gut schluckte, egal wie laut jemand schrie. Mitten in diesem Raum stand ein einfacher Metallstuhl, wie man ihn aus gemieteten Konferenzräumen her kennt.
An diesem Stuhl gefesselt, saß Merle. Eine junge Frau von neunzehn Jahren. Schlank, hübsch. Mit schwarzen Haaren und dunkler Haut, die sie dank ihrer südamerikanischen Mutter hatte. Mit schönen Lippen und noch schöneren Augen. Augen in denen man sich gerne verlor, wenn sie einen anblickten.
Ein schwarzer Strick war um ihren Mund gebunden. Er verhinderte, dass sie würde schreien können. Das sie jemand würde anflehen können, sie gehen zu lassen.
Fremde Schritte weckten sie aus der Bewusstlosigkeit. Sie zischte wehleidig. Ihr Kopf pochte und barg die Wurzel des Schmerzes. Die Erkenntnis gefesselt und geknebelt zu sein, ließ sie durchdrehen. Die Stuhlbeine quietschten auf dem Beton unter ihrem panischen Zerren.
„Super, du bist wach!“, erklang die Stimme des Mannes und ließ sie stoppen.
Er war selbst noch sehr jung. Nur ein Paar Jahre älter als sie. Er hatte hinter ihrem Rücken gestanden und das Werkzeug begutachtet, von dessem bloßem Anblick die arme Merle in Ohnmacht fallen würde. Er warf ein solches Werkzeug achtlos wieder zurück aufs Tablett aus altem Blech und trat vor sie. Ein leises Wimmern entrann sich ihr, als die in Schwarz gehüllte Gestalt vor sie trat. Auch sein Gesicht war verdeckt. Von einem schwarzen Tuch verhüllt, als sei er ein Bandit aus dem wilden Westen. Der Mann trug Lederhandschuhe. Man sah nicht das er lächelte. Nur seine grün-braunen Augen und die ungekämmten, dunkelblonden Haare waren sichtbar.
Er zog ein Mobiltelefon aus der Hosentasche und ließ es Klingeln. Wartete nicht ab, dass jemand abhob und steckte das Gerät gleich wieder zurück.
Der Mann beugte sich zu ihr vor und griff in eine andere Hosentasche.“ Hey warte, du hast da Blut!“, erklärte er und holte ein weißes Tuch hervor. Sie versuchte der Berührung ängstlich auszuweichen und wimmerte ungewollt. Er versuchte zwar nett und freundlich zu sein, doch ihr fiel es nicht auf. Sie hatte zu viel Angst. Er verstand es und war nachsichtig.
Vorsichtig und sachte tupfte er die Platzwunde auf ihrer Stirn ab. Das Tuch verschwand, nun mit einem roten Blutfleck in der Mitte, wieder in seiner Hosentasche.
„So schon besser!“, bemerkte der junge Mann fröhlich und richtete sich wieder auf.
Merle war zu schockiert um etwas anderes zu tun als ihn mit großen Augen anzusehen und zu wimmern. Ihr Blut raste ihr durch Adern und pumpte sich mit immer mehr Adrenalin voll.
Er schien gelangweilt und begann auf der Stelle zu schwanken. Die peinliche Stille nervte ihn.
Bald wurde diese Stille jedoch von der auffliegenden Tür unterbrochen.
Ein Mann stolzierte breit grinsend in den Raum. Seine helle Hose und das rote Hemd machten einen zwielichtigen Eindruck. Sie kannte diesen Mann und begann daher wieder wild auf dem Stuhl zu hüpfen. Tränen liefen ihr über die Wangen. Das Mädchen war wütend. Schrie ihre wüsten Beschimpfungen in den Knebel.
Es war Raphael. Der schleimiger Ekel, den sie hat abblitzen lassen. Auf gemeinste Weise. Eigentlich wollte sie ihn ignorieren, aber er war ihr einfach zu aufdringlich und aufgeblasen gewesen, also hatte sie ihm eine Paar weniger nette Komplimente gemacht. Vor allen Leuten. Einige hatten sogar gelacht. Und nun bekam Merle die Quittung dafür, das ihre Klappe größer war, als er ertrug.
Er stellte sich aufbauschend vor sie. Stemmte die Hände auf die Knie und ging etwas runter, um ihr direkt in die Augen sehen zu können. Sein fettiges braunes Haar fiel ihr ins Gesicht, als er sich über sie beugte und meinte:“ NA du Drecksstück. Wo ist jetzt deine große Klappe?“
Sie wich aus, doch er beugte sich tiefer über sie. Grinste. Sie roch sein aufdringliches Aftershave und hätte am liebsten den Geruchssinn eingebüßt.
„Ähm. Also ich kann ihr den Knebel auch herausnehmen. Dann hörst du sie besser!“, meldete sich der verschleierte Mann, hinter Merles Verschmähten, hilfsbereit.
Stille breitete sich aus. Eine noch peinlichere Stille als zuvor.
Raphael verzog das Gesicht und sah sich kurz zum anderen um. Der zuckte bloß die Schultern.
Er drehte sich wieder zu Merle und meinte: „Jetzt würdest du mir mit dem größten Vergnügen mal die Eier lecken was?“
„Wäh!“, rief der andere vor Ekel und ließ Merles Peiniger erneut nach ihm sehen. Raphael war nun mal kein Adonis. Auch seinem bezahlten Handlanger war das nicht entgangen. Was also Merles Entschluss betraf, so stand der Mann auf ihrer Seite, auch wenn es nichts zur Sache tat.
Die beiden Männer sahen sich schweigend an. Raphael versuchte sich einschüchternd zu geben, was bei einem bezahlten Attentäter schlecht funktionierte. Der verhüllte Mann war es, der die Angst kontrollierte, nicht Raphael, der sie so viel Mühe dabei gab.
Wieder breitete sich die peinliche Stille aus. Zog sich ein Paar Sekunden länger hin als zuvor.
Der Verhüllte senkte schließlich schulterzuckend den Blick. Er begann gelangweilt im Raum auf und ab zu schreiten.
Der aufs Neue Bloßgestellte, packte sie am Nacken und zog ihr Gesicht zu sich: „Nur leider zu spät! Jetzt bläst man dir stattdessen. Und zwar dein blödes Drecksstückhirn aus deinem dummen Schießschädel!“
Merle wimmerte. Versuchte ihr Gesicht von seinem so weit es ging fernzuhalten.
„Ist aber ein schlechter Spruch!“, entfuhr es wieder dem Mann im Hintergrund. Raphael wand noch mal den Kopf nach ihm.
Wieder gewann diese Stille die Oberhand. Wenn es der Mann so weiter auf die Spitze trieb, würde er selbst auf diesem Stuhl landen.
„Halt die Klappe!“, kläffte ihn ihr Peiniger an, dem das Betragen seines Leien langsam auf den Keks ging. Raphael mochte keine Fehler. Vor allem seine, wenn man ihn auf diese aufmerksam machte.
„Ich mein ja nur!“, knurrte der etwas beleidigt und schabte mit dem Schuh. Er war gelangweilt und verstand auch nicht so recht wieso sein Arbeitgeber sie so einschüchtern wollte.
„Tja Miststück. Du hättest wissen müssen was gut für dich ist“
Der Handlanger verschränkte die Arme vor der Brust und runzelte die Stirn. Er begriff endlich. „Sie ist also hier, weil sie dich nicht ran gelassen hat, versteh ich das richtig !“, rief der plötzlich und klang etwas irritiert.
Ja er verstand es richtig. Merle saß hier geknebelt und gefesselt, weil sie mit ihrem Klassenkameraden nicht in die Kiste wollte. Dabei war es ihr letztes Jahr. Sie hatte schon den Platz an der Uni sicher in der Tasche. Das Schreiben lag in der oberen Schublade ihre Schreibtisches und begann mit einem dick geschriebenen, Wir möchten Sie gerne beglückwünschen..
Doch das Ganze wollte es irgendwie nicht in den Schädel des jungen Mannes, der hier fürs Erledigen der Arbeit angeheuert war. Er hatte sich nicht über Jahre geschunden, um Frauen zu ängstigen. Nur weil sie mal eine Abfuhr erteilt hatten. Unter solchen Voraussetzungen würde es doch nicht mehr viele mit Charakter Frauen geben.
Erneut ließ er den Auftraggeber mit fieser Miene nach ihm sehen.
„ Du sollst die Klappe halten!“, fuhr Raphael den Mann an, der bloß den Kopf ab wand, wie eine eingeschnappte Diva!
Der Auftraggeber widmete sich wieder Merle, die panisch und etwas verwirrt, die Situation beobachtet hatte. So viel Mühe sich Raphael auch gab, er schaffte es einfach nicht ihr Angst zu machen. Dem anderen gelang es mit seiner bloßen Erscheinung, obwohl der eigentlich nett sein wollte.
„Tja, jetzt kümmert er sich stattdessen um dich!“, setzte ihr Klassenkamerad sie in Kenntnis. Er erhob sich, vergrub die Hände ein den Hosentaschen und grinste höhnisch. Das sollte ihr eine Lehre sein. Nur dumm, dass niemand wissen würde was wirklich mit ihr passiert ist. Damit es auch den anderen eine Lehre ist. Aber sie alle werden es sich denken können.
Der Mann hinter Raphael horchte interessiert auf: „Soll ich mit ihr schlafen?“
Von der Idee, war er ziemlich angetan. So interessant hatte er sich den ersten Job gar nicht vorgestellt. Endlich wurde die Sache angenehm.
Das Mädchen wurde wieder aktiver und zerrte an den Schnüren um ihren Brust. Ihr gefiel die Vorstellung überhaupt nicht.
Rafael schnauft. Langsam ging seine Geduld zur Neige. „Du sollst sie umbringen!“
Merles Gezerre stoppte und sie riss die Augen weit auf. Sah den Mann in Schwarz an und wimmerte in den Knebel.
Der Mann sah auf sie herunter und verzog unsicher das Gesicht. Sah wieder seinen Auftraggeber an.
„ Bist du sicher?“, fragte er unsicher nach.
„Was denn sonst?“, kläffte Raphael.
Der angeheuerte Neuling, im Gewerbe der Personenbeseitigung, nahm sich etwas Zeit und dachte nach: “ Naja, du könntest sie vielleicht zum Essen einladen, oder so?“
Raphael sah sich fassungslos nach der Quaselstrippe um. Der sah ihn nur mit seinen grünen Augen an und fuhrt fort: „ Oder ihr was hübsches schenken. Eine Kette, zum Beispiel. Frauen lieben Schmuck!“
„Was?“, entfuhr es Raphael.
„Als Tote wird sie schlecht Sex mit dir haben können!“, wand der Verschleierte ein, „Überhaupt ist eine solche Vorgehensweise sehr kontraproduktiv. Mit solchen Sachen kriegt man doch keine Frau ins Bett!“
Raphael begann zu schwitzten und fuhr sich über die Stirn. Er begriff das die Situation ihm entglitten war, ohne das etwas geschah. Er musste sie nur schnell wieder ins Lot bringen und seinem angeheuerten Knecht begreifbar machen, dass hier keine Witze gemacht wurden.
„Oder stehst du auf Sex mit Leichen? “, fragte der Mann in Schwarz angewidert. Ein frischer Schub Schweiß rann Raphael auf die Stirn. Es war ihm peinlich vom eigenen Handlanger verarscht zu werden.
„Halt einfach die Klappe und fang an!“, forderte er den Attentäter auf. Sein Atem war schwer. Seine Brust bebte schon vor Wut.
Der Angesprochene blickte verwirrt drein und blinzelte. „Womit denn?“ Entgegen Raphaels Vermutung, verarschte ihn sein bezahlter Handlanger gar nicht.
„Na sie zu foltern!“, schrie der Auftraggeber außer sich. Das Beben von Raphaels Brust wurde stärker.
Merle senkte den Kopf und fing an schluchzend zu Weinen.
Der Attentäter riss geschockt den Mund auf: „Was soll ich?“
„Der blöden Schlampe die Finger abschneiden! Ihr die Fresse zerkratzen! Oder was weiß ich was ihr so mit denen macht!“ , brüllte Raphael wütend. Hass loderte in seinen Augen.
Das Weinen des Mädchens wurde schlimmer.
Der Killer wich ein Stück zurück. „Ja aber! Aber! Sie ist doch so hübsch! Warum soll ich denn ihr Gesicht zerschneiden? Und wenn ich ihr die Finger abschneide, kann sie beim Sex mit dir, doch kaum noch was machen!“, redete er auf seinen Auftraggeber ein.
Merle hörte alles und heulte aufgelöst weiter. Ihre Gestalt sank trostlos nach vorne, soweit es die Fessel zuließ.
Raphael raufte sich wütend das Haar. Schrie den Mann rasend vor Wut an: „Halt endlich die Fresse und mach deinen Schieß Job, du blöde Schwuchtel!“
Der Killer sah zu ihr herunter. Sie tat ihm Leid. Es tat ihm leid ihr wegen so einer Bagatelle einen solche Horror beschert zu haben. Allem voran hatte er keine Lust ihr weh zu tun. Vor allem ihr Gesicht zu entstellen. Sie war hübsch. Nein sie war schön. Wunderschön sogar.
Er wollte diese Schönheit nicht zunichte machen.
Nicht wegen so einer dämlichen Lappalie.
Schließlich nickte der Killer stumm.
Der Mann gab sich geschlagen. Dem eingeschnappten Raphael war nicht zu helfen. Er war nicht umzustimmen.
Langsam trat der Attentäter hinter Merle. Kehrte der Situation den Rücken und begann am Tisch zu hantieren. Metall klirrte und ratterte. Etwas schnappte.
Sie schloss die Augen und weinte weiter. So viel zu ihrer rosigen Aussicht auf ein schönes Leben. Zunichte, wegen diesem Arschloch.
Raphael packte sie am Haar und zog ihren Kopf hoch. Zwang sie, ihn anzusehen. Sie sah ihm trotzig in die Augen. Sie hatte ihm schon gesagt, was er ihr alles mal durfte und was sie ihm alles würde. Und sie blieb bei ihrer Aussage, selbst jetzt.
Er wollte ihr noch eine seiner widerwärtigen Bemerkungen ins Gesicht rotzen. Verzog die Lippen zu einem Grinsen und machte sein ohnehin kaum ansehnliches Gesicht zu einer Fratze.
Ein leises Klicken ließ ihn aufblicken.
Er sah in den schwarzen Lauf der Waffe die auf sein Gesicht gerichtet war. Sein Mund konnte noch ein, Was zum, formen eh der Schuss blitzte.
Der Knall summte in den Ohren.
Die Kugel durchbohrte Raphaels linkes Auge und fraß sich weiter durch die Gehirnmasse. Die Wucht schleuderte seinen Körper neben die Tür an die blanke Wand. Der tote Körper sank herab, und hinterließ eine rote Spur am Metall.
Sein Blut war Merle ins Gesicht gespritzt und ließ sie kreischen. Panisch riss sie am Stuhl.
Der Schütze steckte sich kurz den Finger ins Ohr. Gähnte, damit das Summen erstarb. Er legte seine Waffe wieder weg und trat vor Merle. Streichelte ihre Wange, damit sie aufhörte zu kreischen.
Ihr liefen Tränen der Angst über die Wangen. Sie zitterte und sah zum Mörder rauf. Sah wieder nicht das Lächeln, auf den verhüllten Lippen. Wieder holte er sein Taschentuch hervor. Vorsichtig begann er Raphaels Blut und die Tränen aus ihrem Gesicht zu wischen. Sie hatte Angst vor der Berührung des Mörders. Sie schluchzte und weinte unaufhörlich. Zuckte bei jedem Kontakt mit dem weißen Taschentuch.
„Was geht hier vor?“, in der Tür hinter ihnen. Ließ die Lebenden nach dem neu Eingetroffenen schauen.
Der Mörder lächelte erfreut über die Ankunft seines Freundes.
Der Mann mit den leuchtend blauen Augen und den schwarzen Haar, sah sich skeptisch die Leiche an der Wand an. Beide Männer waren im gleichen Alter. In seiner Hand blitzte eine schwarze Handfeuerwaffe mit aufgeschraubtem Schalldämpfer. Er hatte sich für Schwierigkeiten bereit gemacht. Nur nicht für diese Art von Schwierigkeiten.
„Was hast du getan?“, rief der Neue empört und deutete nach dem Körper, welcher mit seinem vorhandenen Auge in die Decke starrte.
„Der war doof!“, rief der Mörder ruhig mit der Nase rümpfend und fuhr mit der Reinigung von Merles Gesicht fort. Sie wimmerte nur. Ihre Versuche dem Taschentuch aus zu weichen trugen wenig Früchte.
„Der, war unser Auftraggeber!“, gab der andere etwas außer Fassung zu bedenken. Der Mörder zuckte bloß die Achseln. „Trotzdem war der blöd!“
Sein Freund fuhr sich durchs Gesicht, als hoffe er so das Problem aus der Welt zu schaffen, welches vor ihnen lag.
„Der Mann war unser Auftraggeber!“, wiederholte er sich und hoffte endlich den anderen mit seinen Worten zu erreichen.
„Das weiß ich!“, sagte der Mann ruhig und unterbrach die Reinigung von Merles Gesicht. „ Aber er wollte sie foltern. Nur weil sie nicht mit ihm ins Bett wollte! Ist das zu fassen!“
Der Dunkelhaarige fuhr sich wieder durchs Gesicht. Seine hellen Augen wurden trüb vom angestrengten Nachdenken. Er schritt nervös im Raum auf und ab. Drückte das Leder seiner Handschuhe an seine dünnen Lippen.
„ Denkst du jemals nach?“, wollte er schließlich von seinem Kumpel wissen, welcher sich, als ob nichts sei, wieder ihr zu gewandt hatte. Stand mit ausgebreiteten Armen da und sah den Mörder vorwurfsvoll an.
„Hörst du je damit auf?“, quängelte dieser in Gegenzug. Wie eine genervte Ehefrau schlug er die Augen zur Decke und stöhnte entgeistert.
„Fang jetzt nicht mit dem Schieß an!“, warnte der Dunkelhaarige, fuhr sich nervös durchs Haar und sah wieder nach der Leiche neben der Tür. Schritt wieder im Raum auf und ab, als hätte ihn was gebissen. Deutete schließlich mit dem Zeigefinger auf seinen blonden Freund und meinte: „ Wenn hier jemand genervt sein sollte, dann ja wohl ich!“
Der Killer schüttelte müde den Kopf. „Du solltest lernen dich zu entspannen Ron!“
Der andere erstarrte wie vom Blitz getroffen. Seine blauen Augen weiteten sich. Schockiert sah er schließlich auf den Hinterkopf des Mannes, der zärtlich Merle das Haar aus dem Gesicht strich.
Sie bemerkte panisch dem Blick des Wahnsinnigen hinter ihnen, welcher seine Waffe langsam auf den Kopf seines Freundes richtete. Seine Hand zitterte. Die Augen engten sich zu schlitzen. Er würde abdrücken. Jeden Moment. Und sie hätte wieder das Gesicht voller Blut. Einen neuen Alptraum vor sich.
Sie begann zu winseln und fing wieder an zu weinen. Wo der vor ihr kniende, endlich damit fertig war, ihr hübsches Gesicht sauber zu machen.
Der Dunkelhaarige spannte den Hahn. Seine Waffe zitterte sichtlich unter der Wut des Mannes.
„Ron hör auf ihr Angst zu machen!“, meinte der Blonde ruhig. Legte ihr seine Hand auf die Schulter.
Ron griff sich an den Kopf und brüllte: „Wieso zum Teufel nennst du mich beim Namen!“
Der andere verharrte und dachte kurz nach.
„Ups!“, meinte er schließlich ertappt.
„Ups?“, wiederholte ihn sein Freund fassungslos. „Ups?“, schrie er dem Kumpel ins Ohr. Der verzog etwas das Gesicht.
Merle sank vor Angst in sich zusammen.
„Hey! Jetzt lass den Mist!“, fuhr der Blonde seinen Freund an und stieß ihn weg. „Sie hat auch so genug Angst!“
„Sollte sie ja auch!“, brüllte der, weiterhin außer sich vor Wut. Ließ sie wieder wimmern. Fuhr sich durchs Gesicht und stampfte auf und ab. Schnaufte wütend ins Tuch um seine Nase. Sein Blick blieb rasend. Die blitzende Waffe in der Hand des überschnappenden Mannes, wurde von Merles Augen für keine Sekunde unbeachtet gelassen. Das Gefuchtel steigerte ihre Panik.
Sein Kumpel sah ihn an und sah lachend wieder nach Merle.
„Was geht denn hier wieder vor?“,kam es erneut aus der Tür. Alle Drei richteten ihre Blicke auf den Mann der lässig m Rahmen lehnte. Seine grauen Augen zeigten die Heiterkeit, die ihm auf dem Herzen lag. Er war älter. Von der Sorte Mann, die sehr schön alterte. Seine dunklen Haare hatten Ansätze von Grau an den Schläfen. Seine Haut war dunkel und gut gepflegt. Die Falten die sein Gesicht durchzogen machten ihn interessant. Sie weckten die Neugier. Auch sein Gesicht war von einem Tuch verhüllt. Die Hände in den Hosentaschen vergraben musste er bald wieder lachen, über den Unsinn den seine Schüler wieder anstellten.
Ron zeigte mit der Waffe auf die Tat seines Freundes und petzte:“ Sieh dir an was dieser Vollpfosten gemacht hat!“
Der Herr lachte bloß.
Wurde aber gleich ernst und deutete auf die Waffe, die Ron so unvorsichtig in der Luft schwang. Dieser sah schuldig drein und sicherte diese sofort.
Dann trat der Lehrer näher zum Grund des Streits. Das Seil um ihren Rumpf hatte schon ihre Haut aufgeschürft. Das Mädchen ließ den Kopf sinken und weinte. Ihre Tränen fielen ihr in den Schoß. Sie war schon mitten in einem Nervenzusammenbruch. Aber sie war noch jung und sollte sich leicht davon erholen, auch wenn sie es nie wieder vergessen würde.
„Ist sie nicht hübsch?“, fragte der blonde Mörder und sah sich nach dem Mann um, der ihn zum Killer ausgebildet hatte. Der nickte nur zur Antwort und trat weiter hinter den Stuhl. Zum Tisch an der Wand, auf dem alles lag, was ein Meuchelmörder brauchte um aus einem Klienten sämtliche Informationen zu entlocken. Oder ihm einfach nur Schmerzen zu bereiten. Begann ruhiger Hand die Sachen zu ordnen, die sein junger Schüler durcheinander gebracht hatte.
Ron kam wieder zur Besinnung. Strich sich, sein vom Austicken zerzaustes Haar, nach hinten. Atmete durch. Er trat hinter seinen Freund. Sah auf sie herab. Und musste durchatmen. Ihre zusammengekrümmte Gestalt ließ seine Raserei vergehen.
„Was machen wir jetzt mit ihr?“, wollte er vom Herren wissen, der hinter ihrem Rücken ein Tuch mit Chloroform tränkte. Der Mann zuckte die Achseln.
„Lasst sie gehen!“, schlug der leichthin vor und drehte die braune Flasche wieder zu.
„Wir sollen sie nicht umbringen?“, fragte Ron erstaunt.
Das leise Schluchzen wurde heftiger, und ließ Ron böse Seitenblicke von seinem Freund kassieren.
Der Herr lachte auf. „Wozu? Bezahlen wird man euch eh nicht mehr!“
Ron sah seinen Freund vorwurfsvoll an, der gand allein die Schuld daran trug. Der wiederum, drehte bloß den Kopf weg. Es ging ihm nun mal gegen den Strich, diesen Auftrag nach belieben der Leiche auszuführen.
Alle drei Männer schwiegen. Nur Merle wimmerte leise ins Tuch.
„Sie würde bestimmt auch nichts verraten!“, nahm der Mörder sie in Schutz.
Er sah sich nach seinen Freunden um. Ron war nicht ganz sicher, ob es so einfach sein sollte. „Aber...aber sie weiß meinen Namen!“, wand Ron etwas unsicher ein.
Der Herr lachte erneut. Langsam wurde die Geschichte zu einem ulkigen Witz und erzählenswert.
Ron zeigte beleidigt mit dem Finger auf den noch immer knienden Freund und ließ den Mann noch lauter lachen. Er drehte sich zu Merle um, mit dem getränkten Lappen in der Hand.
Auch der Kniende lachte und zog sich das Tuch von der Nase.
Ron schlug sich daraufhin geräuschvoll die Hand vors Gesicht und heulte. Das war langsam zu viel der Dummheit. Noch ein bisschen und er würde sich in eine Nervenheilanstalt einweisen lassen. Freiwillig, nur um seinen unüberlegten Kumpel nicht mehr ertragen zu müssen.
„Du siehst nämlich wie ein kluges Mädchen aus!“, meinte der unüberlegte Kumpel und lächelte sie freundlich an.
Das Mädchen hatte, beim Anblick seines Gesichts noch panischer ins Tuch auf ihren Lippen, zu schreien angefangen. Dabei sah er gar nicht zum fürchten aus. Ganz im Gegenteil. Er lächelte, sehr freundlich und hatte mit diesem Lächeln immer viel Erfolg. Nur nicht in diesem Fall. Dieser Fall bildete die berühmte Ausnahme, von der man so oft sprach.
„Nun, das liegt wohl daran das sie weiblich ist!“, nuschelte Ron sarkastisch aus dem Hintergrund, der wusste, dass für seinen Freund keine Frau dumm aussah. Er verschränkte eingeschnappt die Arme. Diese Frau sah ja tatsächlich nicht dämlich aus. Andererseits würde sie nicht hier sitzen, wenn sie wüsste was gut für sie ist.
„Dir geht wohl nie das Wasser aus!“, bemerkte der Mörder scherzend, als er ihre roten Augen betrachtete.
Sie senkte den Kopf. Weinte. Zu mehr war sie nicht in der Lage.
Der blonde Killer lächelte breiter. Griff ihren Kinn. Seine grünen Augen sahen sie freundlich an. Er griff nach dem Knoten des Stricks und löste das Tuch von ihrem Mund. Merle wimmerte und schniefte, während das Tuch auf ihre Brust sank.
Sein netter Blick beruhigte sie tatsächlich, auch wenn die heißen Tränen noch immer liefen. Er tätschelte ihre Wange.“Du wirst doch nichts sagen oder?“, fragte er sie.
Sie schniefte und schüttelte den Kopf.
„Ich weiß nicht!“, äußerte Ron und verschränkte die Arme. Bloß weil sie jetzt den Kopf schüttelte, würde er sie nicht unbedingt beim Wort nehmen können. Vor allem wo noch nicht ein Mal ein Wort gefallen ist.
„Was soll sie denn machen?“,meinte plötzlich der Mann hinter ihr und lachte.“ Zur Polizei gehen? Es jemanden erzählen? Wer sollte ihr so etwas haarsträubendes schon glauben?“
Ron dachte nach und verzog die Mundwinkel zu einem leichten Grinsen.
Das war ihm vor lauter Panik gar nicht in den Sinn gekommen. Er hatte vor lauter Ereignisse vergessen klar zu denken. Das hatte ihm sein Kumpel leider voraus. Eine Eigenschaft, die sich der blonde Killer als Straßenjunge gut trainiert hatte. Die nötige Ruhe.
„Du wirst doch nichts verraten?“, fragte der Blonde wieder. Er sprach sanft mit ihr. Lächelte ihr aufmunternd zu.
Merle beruhigte sich. Schluckte den Rotz herunter und nickte. Das Mädchen wollte nur weg.
Der Mörder lächelte breiter beugte sich über sie und zog ihr Kinn vor. Sie hielt ängstlich den Atem an und versteifte sich. Ließ ihn amüsiert schmunzeln. Er wollte ihr einen Kuss zur Belohnung geben. Weil sie so ein hübsches und kluges Mädchen war.
Noch bevor er ihre Lippen berühren konnten hatte Ron ihn am Kragen und riss ihn von ihr weg. „Hörst du jetzt mit diesem Scheiß auf!“, knurrte der Dunkelhaarige.
Merle atmete erleichtert auf. Die ängstliche Starre wich einem leichten Zittern im ganzen Körper. Sie wollte hier weg. Schnell. Sofort.
Der ältere Mann hinter ihr lachte und streichelte wieder ihr Haar. Beugte sich über sie und meinte: „Du musst ihnen verzeihen. Das ist ihr erster Auftrag und sie sind etwas durch den Wind.“
„Was soll das? Lass mich los!“, regte sich der Blonde auf und versuchte sich aus Rons Griff zu befreien. Der schüttelte den Kopf.“ Nichts da! Du hast schon genug angerichtet!"
Der Lehrer hielt ihr auflachend das Tuch vor den Mund. Sie schreckte auf, vom süßen Duft des Stoffes.
„Tief einatmen!“, bat sie der Mann. Unnötigerweise. Sie hatte keine andere Wahl, wenn sie Luft holen wollte.
„Wenn du aufwachst ist alles vorbei!“, sprach er leise weiter. Streichelte ihre Wange.
Ihr wurde mulmig. Sie trat weg.
Ihr Gesicht fiel in den weißen Lappen in seine Hand. Der Mann lächelte und schnitt das Seil durch. Stützte dabei den bewusstlosen Körper, damit sie nicht mit dem Kopf auf den Boden knallte.
„Und jetzt?“, wollte der Blonde wissen und sah seinen Lehrer an. Die Gegenwehr hatte im Moment ihrer Bewusstlosigkeit ein sofortiges Ende gefunden. Beide Schüler sahen sich nach ihrem Meister um.
Der lachte, griff hinter sich und warf ihnen eine Flasche Bleiche zu. Der Blonde fing sie auf und sah auf das Etikett.
„Ihr räumt auf!“, meinte er und nahm das Mädchen hoch.
„Och!“, machte der Blonde enttäuscht. Schlug die Plastikflasche frustriert auf den Beton. Ron schüttelte den Kopf. Spielte erneut mit dem Gedanken dem Kumpel eine Kugel zu verpassen, während ihr Lehrmeister aus dem Raum schritt. Zumindest hatte der alte Herr gute Laune und was zu Lachen gekriegt.
„Sieh zu Nikita!“, forderte er seinen Freund auf ging schritt in die Tür.
„Willst du mir nicht helfen?“, fragte der naiv.
„Nein!“, keifte Ron.
"Hey, sei nicht so vorlaut! Immerhin habe ich, im Gegensatz zu dir schon mal jemanden getötet!", bauschte sich der Blonde plötzlich auf. Ließ seinen Kumpel stoppen und sich wieder in den Raum drehen.
Ron lächelte seinen Kumpel dünn an und kommentierte:" Ja deinen Auftraggeber!"
Sie blinzelte. Ihr Kopf schmerzte. Sie sah sich um. Sah ihr Zimmer um sich herum. Ihren Schreibtisch und ihre Kommode. Die Tür zu ihrem Schrank. Das zarte rosa der Tapete, das sie eigentlich hasste, freute sie plötzlich. Sie hob den Oberkörper hoch und stützte sich auf die Ellbogen. Sie verfiel dem Gedanken es nur geträumt zu haben. Das alles nur ein Alptraum war. Doch das Tasten ihrer Stirn bewies das Gegenteil. Die Platzwunde schmerze und ließ sie eilig die Finger wieder einziehen.
Ihr wurde heiß. Sie musste etwas trinken.
Eilig rappelte sie sich vom Bett und musste sich stützen. Stolperte zur Wasserflasche auf ihrem Schreibtisch und kippte sich die Hälfte in den Rachen. Endlich war ihr Durst gestillt und sie setzte die Flasche wieder ab. Schnappte Luft und bemerkte den fremden Gegenstand auf der Tischplatte. Das kleine goldene Kästchen mit dem Zettel darauf. Akkurat platziert mitten auf dem aufgeräumten Arbeitsplatz. Tastete vorsichtig nach dem Kasten und machte es auf, wobei das Papier herunter rutschte. Es war mit rotem Samt ausgeschlagen und barg eine dünne goldene Kette. Sie lächelte. Bestimmt war es ein Geschenk ihres Vaters.
Sie nahm das Papier und schlug es auf. Las mit sterbenden Lächeln die Nachricht.
Nur ein einziges Wort stand darauf geschrieben.
Entschuldige
Ihr wurde wieder heiß.
Ihr wurde wieder schwarz vor Augen.