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Menschen/Affen
Klar scheint die Sonne am blauen Himmel in den kühlen Tag. Selten ziehen weiße Wolkenfetzen vor die leuchtende Kugel, die mit ihren Strahlen die Luft vom Grau des Winters zu reinigen scheint. Jeder Atemzug erinnert die Lungen an den nahen Frühling, frischen Mutterboden, die ersten Blüten des Jahres. Es ist ein perfekter Tag um die Starre der kalten Jahreszeit abzuwerfen, aus dem Haus zu gehen und stundenlang dem Sonnenuntergang entgegen zu laufen.
Auf dem Weg fliegen ungewohnte Laute durch den Tag, ein Schreien, ein Brüllen, nicht menschlich und nicht klar zu zuordnen. Verwundert über die Unterbrechung in der Monotonie der Stadtgeräusche wird die Quelle dieser unzivilisierten Frequenzen gesucht. Dann ist es offensichtlich, das Pärchen hat sich unbewußt während ihrem eigentlich verliebt ziellosen spazieren dem Zoo genähert. Dem Denkmal, daß sich die Spitze der Schöpfung geschaffen hat. Die niederen Wesen, eh bloß Tiere, wurden in Käfige, Terrarien und Volieren gesperrt damit sich der Mensch daran ergötzen kann. Es stört die beiden nicht, sie sehen nur Wunderbares um sich herum.
Arm in Arm drängt sich das Pärchen durch die Gebäude gelockt von den exotischen Tieren, bemerken kaum, daß sie vorbei an Eltern mit ihren Kindern, Rentnern, Schulklassen und gröhlenden Kindergartengruppen laufen. Die Zwei haben nur Augen für sich, haben sich erst vor Kurzem lieben gelernt. Alle anderen starren in die Auen der Gefangenen, klopfen an die Scheiben der Aquarien, versuchen die Tiere mit lächerlichen Lauten zu locken, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken um sagen zu können: „Guck mal, das hat mich gesehen.“
Hinter den Gitterstäben und Panzerglasscheiben werden diese Versuche der Kontaktaufnahme nur noch ignoriert, zuviel Schrecken hat tier schon gesehen, gefangen in der Heimat, transportiert in kleinen Kisten, gepfercht in lächerliche Versuche die Natur nach zu ahmen. Selbst der Löwe, der König der Jäger, liegt müde in seinem 30 Quadratmeter großen Reich und döst, nimmt keinerlei Geräusche wahr, hat seine Wachsamkeit verloren.
Küssend steht das Pärchen im Affenhaus vor dem Orang-Utan Gehege und hat in diesem Moment der innigen Hingabe die künstlich erhitzte tropisch warme Welt um sich herum vergessen. Ein Kind stellt fest, daß die Menschen dort vor der Glasscheibe interessanter sind als die Affen dahinter. Es zeigt aufgeregt auf das Pärchen, ruft laut seine Mutter, fragt was die beiden da machen. Lachend bemerken die zwei das Kind. Inzwischen wird es von seiner peinlich berührten Mutter weiter gezerrt und bekommt einen Klaps auf den entblößenden Zeigefinger. „Wir sind hier um die Tiere anzuschauen“, hört man die Mutter sagen, „und starr nicht so die Leute an, daß macht man nicht!“
Ein Orang-Utan Junges pinkelt seiner Mutter derweil auf ihr Fell, während diese unbeeindruckt an einem Salatkopf nagt und entgeistert den Kopf über die dumme Menschenmutter schüttelt.
[Beitrag editiert von: SignoreSalami am 02.03.2002 um 19:35]