Meine Welt
Meine Welt ist eigentlich nicht anders als deine Welt.
Ich bin nicht anders als du. Ich bin nicht einmal behindert, im eigentlichen Sinne. Ich kann laufen, sehen, sprechen. Ich sehe auch ganz normal aus. Niemand merkt, dass ich in meiner eigenen Welt lebe, die sich doch so sehr von deiner unterscheidet.
In meiner Welt gibt es viele Dinge nicht, die andere Leute als normal erachten. Wundervolle Dinge, an die ich mich nur noch vage erinnere. Käse, frisches Brot, gebratenes Fleisch. Natürlich gibt es diese Dinge noch, ich kann sie sehen, ich kann sie anfassen, ich kann sie essen; nichts hat sich wirklich geändert.
Und doch sind jetzt alle diese Dinge irgendwie eindimensional, langweilig. Vieles ist nicht mehr so schön wie früher. Der Unterschied ist nicht so groß, wie ich befürchtet hatte, und doch viel größer, als wohl die Meisten ahnen.
Der Kaffee am Morgen schmeckt immer noch so gut wie früher, und doch... Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich meine Nase in die Kaffeedose halte. Und fast ist es wieder wie früher. Ein wundervoller Duft, stark und herb, aber dennoch so schön. Ich kann es kaum beschreiben.
Eine Sekunde später ist der Augenblick vorbei, und ich frage mich, ob alles nur Einbildung war. Noch einmal nehme ich einen tiefen Zug, doch da ist nichts mehr.
Wieder einmal stellt sich diese tiefe Enttäuschung ein.
Doch natürlich gibt es auch gute Seiten. Neulich, zum Beispiel, war ich wieder einmal beim Babysitten. Und wieder einmal die kategorische Frage: "Das Windelwechseln stört dich doch nicht, oder? Wenn er großes Geschäft macht, riechst du das schon." Und dazu dieser mitleidige Blick, auf den ich nur mit einem Schulterzucken antworte. Ich habe meine eigene Methode, zu merken, wann die Windel voll ist.
Als es dann soweit war, machte ich alles wie immer. Der Junge hatte tatsächlich großes Geschäft gemacht, doch was sollte einen daran stören?
Ich weiß es nicht. Als ich noch riechen konnte, habe ich keine Windeln gewechselt. Plötzlich werde ich neugierig. Ich halte mir die schmutzige Windel an die Nase, doch da ist nichts. Und ich weiß nicht, sollte ich jetzt enttäuscht sein, oder doch eher erleichtert?
Nach dem Gesichtsausdruck der Mutter zu urteilen, die kurz darauf zurückkommt und erstmal alle Fenster aufreisst, wäre wohl Erleichterung angebracht.
Nun ja, manchmal lebt es sich in meiner Welt eben doch nicht so schlecht.