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Mein Weg zur Arbeit
Mein Weg zur Arbeit
Ein Katastrophenbericht
Es ist wieder mal Montagmorgen.
Nein! Das kann nicht sein. Es müsste doch Sonntag sein. Es war ja gerade erst Samstag.
Man hat mir den Sonntag gestohlen! Kann mir denn niemand helfen?
Nein, es hilft alles nichts, ich muss zur Arbeit. Bin schliesslich selber schuld, wenn ich den ganzen Sonntag verpenne.
Also, das heisst erst mal aufstehen.
„Brrr“, denke ich und ziehe die Decke noch ein Stück hoch. Ist heute nicht doch Sonntag?
Schon gut, schon gut. Ich stehe ja auf.
Langsam taste ich mich mit halb verschlossenen Augen und einem Gleichgewichtssinn, welcher noch nicht ganz in seiner vollen Blüte erstrahlt, zur Toilette. Von dort aus geht es in die Küche, wo mich bereits unser ehrwürdiger Kater erwartet (Kater? Den hatte ich doch gestern schon! Na ja, auch egal...) und sich so geschickt zwischen meine Beine einfädelt, dass der Gang zum Kühlschrank beinahe mein Letzter gewesen wäre.
Endlich. Ich sitze am sicheren Tisch und klammere mich an meinen Joghurtbecher.
Sobald dieser ausgelöffelt, setze ich mich wieder in Bewegung. Diesmal in Richtung Badezimmer. Dort wiederum erwartet mich ein scheusslicher Anblick.
Als ich mich dann vergewissert habe, dass mit dem Spiegel alles in Ordnung ist, mir die Zähne und all das Drumherumliegende geputzt und gebändigt habe, steht meinem Gang ins Verderben (andere nennen das „Arbeiten“) nichts mehr im Wege.
Schweren Schrittes schleppe ich mich zur Einstellhalle, wo mich mein Auto schon sehnsüchtigst erwartet. Zumindest bilde ich mir das ein, denn ein bisschen was Positives darf auch an einem Montagmorgen nicht fehlen.
Ich setze mich also in das Fahrzeug und drehe den Zündschlüssel. Der Motor springt an, ich lege den Rückwärtsgang ein und... Scheisse!
Schon wieder zu nahe am Pfosten parkiert. Dieses Knirschen! Metall auf Beton. Einfach unerträglich. Ich spüre, wie sich meine Zehennägel langsam aufrollen. Scheusslich.
Aber jetzt bin ich wach.
Geschickt manövriere ich mich aus dieser misslichen Lage und gleite mit röhrendem Motor aus der Einstellhalle.
„Frei! Endlich frei“, rufe ich, schleuse mich elegant in den Verkehr, schalte das Radio an, schiebe meine Lieblingskassette ein und fühle mich so richtig wohl. Ist ja gar nicht so schlimm, so ein Montagmorgen.
Beinahe vergesse ich den Grund meiner frühmorgendlichen Autofahrt und wundere mich noch ein kleines bisschen über den spärlichen Verkehr.
So sollte es immer sein. Keine Hektik, viel Platz zum Einspuren auf der Autobahn und das Beste: bei einigen Kreuzungen sind sogar die Lichtanlagen ausser Betrieb.
Ein Montagmorgen also, wie er schöner nicht sein könnte.
Als ich dann nach zwanzig Minuten die Firma erreiche und mein Auto auf dem leeren Parkplatz abstelle, beschleicht mich dann aber doch ein ungutes Gefühl.
Irgend etwas stimmt hier nicht.
Ein kräftiger Druck auf die Eject-Taste des Radios lässt die Kassette herausspringen.
Eine freundliche Stimme spricht zu mir:
„...für alle, die auch heute früh raus müssen, spielen wir nun den Song „What A Beautiful Morning“ und wünschen ihnen einen schönen Sonntag. Das Wetter heute...“
Und weil mich das Wetter heute nun wirklich nicht mehr interessiert, fange ich an zu weinen...