Was ist neu

Mein schwules Piano

Seniors
Beitritt
08.11.2001
Beiträge
2.833

Mein schwules Piano

Nachgeburt des Treffen im Pott - Mein schwules Piano

Mein schwules Piano

Es begann ganz harmlos. Was sich ja eigentlich von selbst versteht. Denn hätte es anders begonnen, ist es hoch wahrscheinlich, dass es nicht so weit gekommen wäre. Denke ich zumindest, denn man hofft ja. So gut man kann.

Es begab sich also zu der Zeit, als mein Mann und ich beschlossen, unser Leben sei bürgerlich. Wir beschlossen dies mit Widerwillen. Denn Bürgerlichkeit stand nicht auf der Liste unserer erstrebten Errungenschaften. Dennoch. Wir beschlossen dergleichen und sannen auf Abhilfe. 'Klavierstunden' lautete das Zauberwort.
Der Zauber erschließt sich nicht augenblicklich? Er verbirgt sich tief? Aber mitnichten! Klavierstunden waren der Weg in die verwegene Szene der Musik, der Kunst, der Unbürgerlichkeit schlechthin. Also schafften wir es an. Das bewusste Piano. Nur waren wir uns dessen zunächst nicht bewusst. Natürlich nicht.
Danach schafften wir auch noch den Klavierlehrer an. Ein wundervoller Mann, einen Seidenschal über die Schulter geworfen, schwungvoll, und Künstler durch und durch. Das Piano, bis zu seiner Ankunft stumm und leicht verstimmt, gab sich ihm voller Verzückung und mit einer gewissen obszönen Inbrunst hin. Wir lauschten, staunten, bezahlten und begannen.
Aber zu diesem Zeitpunkt, dem Moment als meine Finger die Tasten berührten, sie sanft niederdrückten und anfingen, sich virtuos über die Tasten zu wälzen, da erfuhren wir von der wahren Natur unseres Pianos.
Hatte es sich zuvor noch lasziv unter den Händen des Maestros geräkelt, so ging es jetzt mit jeder Saite, jedem Laut in seinem Inneren gegen mich an. 'Noch bin ich ja Anfänger', dachte ich und spielte unverdrossen ein paar weitere Takte. Aber nur ein paar.
Dann baten mein Mann und der Maestro mich schnell und dezent, beiseite zu treten und die Bank meinem Mann zu überlassen. Ich lehnte im Türrahmen, bereit ihm spöttisch zuzulächlen, bei einem ebenso missratenen Debüt. Aber mitnichten! Melodisch, geradezu unangenehm harmonisch flogen seine Hände von Schwarz zu Weiß, von Weiß zu Schwarz, von Oktave zu Oktave zu Oktave. Der Maestro lächelte, das Klavier ließ alle Hemmungen fallen und ich entfernte mich leise und ungestört in die Küche.
In den kommenden Monaten tat ich vieles, um mein Verhältnis zu diesem eigenartigen Instrument zu verbessern. Aber ohne den geringsten Erfolg. Noch heute gibt es nur verstimmte und missgelaunte Töne von sich, wann immer ich es berühre. Mein Mann hingegen verbringt nun täglich Stunden um Stunden mit dem Streicheln der Tasten, aus denen unter seinen Händen Sonaten und Kantaten erklingen, als sei das selbstverständlicher als alles auf der Welt.

Nicht lange ist es her, da kamen Freunde zum Abendbrot. Und er setzte sich, kaum dass sie das Zimmer betreten haben, ans Piano und zauberte einen Hauch der Kultur in die Bürgerlichkeit, die alle erblassen ließ. "Spielst Du auch?" Die Frage klang bedrohlich aufordernd. "Nein, bleibt doch noch! Besser nicht! Sie und das Piano haben persönliche Schwierigkeiten miteinander", witzelte mein Mann und erntete die Lacher. "Ja, ganz im Gegenteil zu Dir. Ihr hättet heiraten sollen, so viel Zeit, wie ihr miteinander verbringt!" Der Sarkasmus steht mir nicht, so viel habe ich begriffen. Aber ich fühlte mich angegriffen, von beiden verlassen und hoffte in diesem Moment, das Piano wäre genauso verletzt, wie mein Mann und zuvor schon ich.
Für diesen Satz keine Reaktion zu ernten, war beinahe so bitter, wie das Ende unseres Streits, der in diesem Augenblick entfesselt und später allein beendet wurde. Als Ergebnis dessen zog mein Mann aus dem Schlafzimmer aus und verbringt fortan seine Nächte auf der Couch. Direkt neben dem Piano. Ich bilde mir ein, er streichelt es zärtlich, wenn er 'Gut' Nacht' sagt.
Ein wahrlich ungewöhnliches Ende einer Ehe, das gebe ich zu. Mein Mann und sein schwules Piano suchen schon seit Tagen schon nach einer neuen Bleibe. Ich hätte es gern kommen sehen. Dann hätten wir eine Gitarre gekauft.

 

Hi Leute!

bei dem Regen-Grill-Marathon gestern wurde nach der ulitmativen Geschichte gesucht: Mein schwules Piano!

Dann hab ich heute mit Horni beschlossen, daß ich das schwule Piano schreibe und er die lesbische Gitarre.
Wohin sollten solche Geschichten? Bin für jede Verschiebung dankbar! :D

Also Horni! Jetzt leg mal einen nach!

Frauke

PS: ich bitte, das hier eher zu löschen, als mich zu steinigen!

 

Nettes GEschichtchen, ichbin vor allem beendruckt, wie schnell Du eine Idee umsetzen kannst!

Ich würde es evtl. in Humor setzen, sonst in Sonstige. Obwohl es in R/E natürlich auch eine gewisse Berechtigung hat...

 

Juhu!
Warum steht das im Kaffeekranz? Ist doch ziemlich geschichtig?
Wie wäre "Alltag"?
Als Schnellschuss nicht übel. Es fehlt der letzte Schliff, den die nächsten Tage vielleicht mit sich bringen.
Solltest entweder noch etwas abgehobener oder ironischer erzählen.
Insgesamt durchaus unterhaltsam.
Anmerkungen unten.
...para

----------------------------------------------------------------

Es begab sich also zu der Zeit, als mein Mann und ich beschlossen, unser Leben sei bürgerlich.
Wortwahl: eher "feststellen"

Denn Bürgerlichkeit stand nicht auf der Liste unserer erstrebten Errungenschaften.
"Eigenschaften"?

Dann baten mein Mann und der Maestro mich schnell und dezent, beiseite zu treten und die Bank meinem Mann zu überlassen.
Gleich eine ganze Bank? Reicht nicht einer von diesen unbequemen Drehhockern?

Ich lehnte im Türrahmen, bereit ihm spöttisch zuzulächlen, bei einem ebenso missratenen Debüt
"zu zulächeln"

Melodisch, geradezu unangenehm harmonisch flogen seine Hände von Schwarz zu Weiß, von Weiß zu Schwarz, von Oktave zu Oktave zu Oktave.
"Hände fliegen melodisch von Taste zu Taste"? Hmpf.

Und er setzte sich, kaum dass sie das Zimmer betreten haben, ans Piano und zauberte einen Hauch der Kultur in die Bürgerlichkeit, die alle erblassen ließ.
"von Kultur" wäre irgendwie ein wenig besser.
Wobei ich diesen kategorischen Unterschied zwischen Bürgertum und Kultur so nicht akzeptiere.

Als Ergebnis dessen zog mein Mann aus dem Schlafzimmer aus und verbringt fortan seine Nächte auf der Couch.
"dessen" kannst du auch streichen.
Zeitenbruch.

wenn er 'Gut' Nacht' sagt.
"Gute Nacht" würde dir allzuviele " ' " ersparen.

Mein Mann und sein schwules Piano suchen schon seit Tagen schon nach einer neuen Bleibe.

Ein "schon" zuviel!

 

in R/E will ich das bestimmt nicht haben. Ich will doch meinen angekratzten Ruf nich aufbessern :D

Ich hab mit Horni rumgeblödelt, dann 30 min telefoniert und dann 20 min ( max ) geschrieben. Als ich den 1. Satz geschrieben habe, kannte ich nur den bekloppten Titel.
Deshalb fühlte ich mich nicht berufen, das in Humor zu setzen. Das ist ein reiner Schnellschuß für Nostalgiker :D

Frauke

 

hi Para!

danke für die Detail-Kritik. Ich kümmere mich spätestens morgen drum. Mehr als ein Schnellschuß sollte es auch nicht sein. Und deshalb steht es im Kaffeekranz - vorläufig - denn sonst wären paradoxerweise ernsthafte Humorautoren mit Recht beleidigt, fand ich. Warten wir auf die lesbische Gitarre und sehen weiter :D

Jetzt geh ich mal Video-Gucken!

Ciao,

Frauke

 

Ich verschieb vorerst mal nach Sonstige. Da steht die Geschichte immernoch besser als im KK.

 

So! Die lesbische Gitarre klampft einen Thread weiter! Zufrieden, Frauke? ;)

 

Stimme eindeutig dafür, daß Gitarren cooler sind, als Piano und möchte zu meiner Ehrrettung betonen, daß ich weder je ein Piano gequält, noch je eins unsittlich berührt habe.
Die Gitarre hat gewonnen!

;) Frauke

 

Ich würde sagen, wir schreiben noch ein Duett, dann haben wir beide gewonnen! ;)

 

Eine Frage: Sind Pianos nicht sächlich? Dadurch bleibt die Frage nach ihrem natürlichen Geschlecht unbeantwortbar, es könnte also auch weiblich und damit hetero sein. Das wäre auch eine Erklärung dafür, dass es auf Männer steht und auf Frauen nicht, was meint ihr?

:cool:

 

Uwe: *korinthenkack*
Okay - irgendjemand hier, der Zeit und Lust hat, dem Uwe zu erklären, was die Bienchen mit den Flöten und die Blumen auffem Piano und Jerry Lewis beim Burgerking nach dem Humoristenseminar und überhaupt...? Ich fühl mich heute pädagogisch nicht befähigt... :dozey:

 

ja, Uwe. Ich hatte gerade bei einem Piano echte Schwierigkeiten, es geschlechtlich zuzuordnen. Hast Du Hinweise darauf, daß ein Klavier weiblich ist? Ich würde gern meine Recherche ausweiten.
Ich behaupte jetzt nicht, daß die großen Hohlräume in einem Klavier hätten mich dazu motiviert.
Es lag einfach an Jack. Der hat mit diesem seltsamen Titel um sich geschmissen :D
und Horni hat mich dann so lange provoziert, bis ich den Kram hier geschrieben habe.

Aber ich glaube, die Frau in meiner Geschichte ist so unmusikalisch, daß zumindest sie meinen muß, das Klavier wäre ein Feindbild :D

Lieben Gruß und schön, daß es Dir gefallen hat(hoffe ich mal ;) ),

Frauke

PS: Horni.. vielleicht sind wir von den sexuellen Eskapaden unserer Instrumente auch nur verblendet... vielleicht hat er ja Recht ;)

 

hi Blackwood! wir driften ab. Aber Deine Erklärung ist ebenso schlüssig, wie mein Text, also stimme ich Dir voll und ganz zu. :D

derzeit komme ich wahrscheinlich nicht dazu, noch mehr Instrumente zu verunglimpfen ;)

Aber sobald ich mal Zeit hab, werd ich mich daran erinnern

Frauke

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom