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Mein Leben als Sieb

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28.12.2003
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Mein Leben als Sieb

Mein Leben als Sieb

Mein Leben als Sieb war immer sehr traurig. Alles was man mir erzählte, anvertraute oder was ich auch nur irgendwie mitbekam, musste ich weitererzählen. Ich war einfach viel zu durchlässig.
Schon als Kind wurde ich gemieden. Ich wurde damals, im Alter von zwei Monaten, von einem Holzlöffel und einer Kuchenform adoptiert. Meine leiblichen Eltern verunglückten bei einer Geschäftsreise von Marktkauf nach Combi. Als ich etwa ein Jahr alt war, wurden meine Familie und ich im Kaufland zum Verkauf angeboten. Wir standen im Regal und warteten darauf, gekauft zu werden. Meine Eltern mussten nicht lange warten, sie fanden schnell ein neues Heim. Ich hatte leider kein Glück und die langweiligen Jahre vergingen. Von Tag zu Tag machte ich mir immer mehr Feinde. Vom Joghurt bis zur Enthaarungscreme, keiner konnte mich leiden. Eigentlich ist das noch untertrieben, sie hassten mich, weil bei mir jedes Geheimnis „durchsickerte“. Keiner redete mehr mit mir oder vertraute mir etwas an. Ich war so allein.
Eines Tages wurde im Kaufland umgebaut. Alles war sehr spannend und ich konnte es kaum abwarten einen neuen Platz zu bekommen. Die anderen Siebe hatten auch nichts für mich übrig und ich weiß bis heute nicht, warum. Also stellte mich der nette Verkäufer in das letzte noch freie Regal neben die Nudeln und den Reis. Ich war sehr optimistisch hier neue Freunde zu finden. Alle waren sehr nett zu mir. Egal ob Spaghetti oder Makkaroni, Uncle Ben‘s oder Parboiled Reis, ich verstand mich mit allen. Wie konnte das sein? Warum hatten der Reis und die Nudeln kein Problem mit mir? Ich fand keine Erklärung dafür. Ich hatte mich nicht geändert. Bei mir blieb nichts geheim. Ich entschloss mich, mir keine Gedanken mehr darüber zu machen, sondern mein Leben von nun an zu genießen.
Meine Freude hielt nur leider nicht sehr lange an. An einem Montag gegen 16: 15 Uhr passierte etwas Schreckliches: Ich wurde gekauft. Eine kleine alte Frau legte mich in Ihren Einkaufskorb und schob damit in Richtung Kasse. Der Korb war total voll und eng. Die ganzen Lebensmittel ließen mir kaum noch Luft zum Atmen. Nachdem sie uns alle an der Kasse bezahlt hatte, packte sie uns in den Kofferraum und fuhr nach Hause. Dort angekommen hatte ich auch gleich meine Pflicht zu tun. Mir gefiel das gar nicht, weil ich gerade erst von meinen besten und einzigen Freunden getrennt worden war, ich war wieder so traurig.
Dann kam die Wende: Ich traute meinen Augen nicht. Vor mir auf der Spüle stand ein riesiger Topf mit Nudeln. Meine Freunde, ich war so glücklich! Zu meiner Erschütterung ging es Ihnen nicht so gut. Nachdem ich Sie mir in aller Ruhe angeguckt hatte, wunderte mich das auch nicht mehr. Sie waren gekocht worden. Sie wimmerten und baten mich um Hilfe. Die Nudeln brauchten eine Abkühlung, aber ich war zu schwach um den schweren Topf alleine zu heben. Dann kam die kleine, alte Frau und nahm den Topf mit den Nudeln. Sie stellte mich in die Spüle und schüttete meine kleinen Freunde in mich hinein. Außer den Nudeln kamen noch mehrere Liter heißes Wasser, welches durch meine kleinen Löcher ablief. Dann stellte sie den Wasserhahn an und schreckte die Nudeln ab. Sie lachten und freuten sich, sprangen auf und ab. Fürs Erste waren Sie gerettet.
Mir fiel es wie Nudeln von den Löchern. Jetzt wusste ich, warum die Nudeln und der Reis mich so mochten. Ich rettete Sie jedes Mal vor dem qualvollen Tod durch Ertrinken und Verbrennen. Das war der schönste Tag in meinem Leben. Endlich hatte ich Freunde gefunden, die mich als Sieb schätzten. Die Nudeln erklärten mir, dass es für Sie dann letztendlich nicht schlimm sei gegessen zu werden. Dieser Tod sei viel angenehmer.
Einige Tage später traf ich in dem Küchenschrank auch meine Eltern wieder. Die Wiedersehensfreude war groß. Trotzdem mussten auch meine Eltern schnell erkennen, dass ich mich nicht geändert hatte. Mein Vater, der Holzlöffel, verzieh mir aber recht schnell, dass ich meiner Mutter, der Kuchenform, seine Affäre mit dem Mixer erzählt hatte. Sie sprachen sich aus und wir verlebten noch viele schöne Jahre in diesem Haushalt.
Diese Geschichte wurde geschrieben von Verena Hilckmann.

 

Die Idee an sich finde ich sehr interessant. Allerdings ist die Geschichte nicht so lustig, wie ich es von einer Geschichte aus dieser Rubrik erwartet hatte. Natürlich ist es besonders schwierig den Leser nicht nur zu unterhalten sondern ihn auch zum Schmunzeln oder sogar Lachen zu bringen und braucht viel Übung, aber dafür gibt`s ja dieses Forum. Am Stil lässt sich eigentlich nichts kritisieren, schön flüssig und einfach. Die recht kurzen Sätze passen gut zur Atmosphäre, auch wenn ich persönlich den Kurze-Sätze-Stil nicht sehr mag, aber das ist nur subjektiv.

 

Hallo pauline,

erst einmal Herzlich Willkommen auf KG.de :)


Die erste Hälfte Deiner Geschichte hat mir gefallen. Da sind nette Ideen dabei, die einen schmunzeln lassen.
Überhaupt ist die Idee des Siebs, das keine Freunde findet, weil es "nichts für sich behalten" kann, nicht unoriginell.

In der zweiten Hälfte rutscht die Geschichte aber ziemlich ab, wie ich finde ... von da an, wo das Sieb gekauft wird.
Es kommt mir so vor, als sollte die Geschichte dann "irgendwie" zu einem Ende gebracht werden.
Der Humor vom Anfang verläuft dabei leider ziemlich im Sande.


Eine formale Anmerkung:

Die Angabe der Autorin würde ich mehrere Leerzeilen unterhalb der Geschichte setzen, sonst wirkt sie ungewollt als Schlußsatz der Geschichte ...


Fazit:

Bereut habe ich es auf keinen Fall, die Geschichte gelesen zu haben, sie war nett, aber Du könntest wirklich einiges mehr rausholen, wenn Du den Humor der ersten Sätze konsequenter beibehalten würdest.

Gruß

RaG

 

Moin pauline,

Erstmal herzlich willkommen auf KG.de

Deine Geschichte hat mir ganz gut gefallen. Die Idee war toll, der Stil dementsprechend naiv gehalten - das hat mir geut gefallen. Auch die Gags am Anfang saßen.
Allerdings muß ich mich Rag anschließen, gegen Ende verliert dein Text leider etwas den Humor und wirkt dann auch sehr konstruiert.

Die anderen Siebe hatten auch nichts für mich übrig und ich weiß bis heute nicht, warum.
Würde ich weglassen. Mit dieser Information kann der Leser nichts anfangen und sie hat auch nur indirekt mit dem Text zu tun. Reizvoll wäre es natürlich, wenn es einen Grund gäbe, aus dem die anderen Siebe es hassen. Da fällt dir sicher noch was schönes ein.
etzt wusste ich, warum die Nudeln und der Reis mich so mochten. Ich rettete Sie jedes Mal vor dem qualvollen Tod durch Ertrinken und Verbrennen.
Das hier meinte ich oben mit "konstruiert"? Woher wußten die Nudeln im Geschäft, daß das Sieb sie (bzw ihre Artgenossen) später retten wird und freunden sich daher mit ihm an?
Mein Vater, der Holzlöffel, verzieh mir aber recht schnell, dass ich meiner Mutter, der Kuchenform, seine Affäre mit dem Mixer erzählt hatte.
Wirklich eine gute Idee, die an dieser Stelle aber deplaziert wirkt, so als würdest du krampfhaft ein Happy End konstruieren wollen (der verstoßene Sohn wird wieder aufgenommen). Besser wäre es vielleicht, wenn du die Affäre des Vaters schon am Anfang des Textes erwähnt hättest. Laß die Eltern das Sieb aus der Familie verstoßen und erst am Ende wieder aufnehmen. Dann hast du ein Happy End.

Insgesamt aber eine wirklich nette Geschichte.

 

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